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  • Projekte zur Integration der rumänischen Roma-Gemeinschaften

    Projekte zur Integration der rumänischen Roma-Gemeinschaften

    Die Roma stellen die ärmste und schutzbedürftigste Ethnie in Rumänien dar. Laut Statistik leben 80% der rumänischen Roma-Gemeinschaften unter prekären Bedingungen. Die Hauptprobleme, mit denen die Roma-Bevölkerung konfrontiert wird, sind nichtausreichende Einkommen, Mangel an Berufsausbildung, der niedrige Bildungsstand, Arbeitslosigkeit, begrenzter Zugang zu öffentlichen Anstalten, Diskriminierung. Was dennoch für die Eingliederung der Roma getan wird, erfahren wir aus dem folgenden Beitrag von Teofilia Nistor. Die deutsche Fassung bringt Florin Lungu.



    Die Mehrheit der Roma lebt in Häusern ohne Grundausstattungen wie Küche, Toilette, Dusche, Bad oder Elektrizität. Der grö‎ßte Anteil an Analphabetismus wird wiederum in der Roma-Bevölkerung verzeichnet. Auch wenn es Initiativen zur Verbesserung der Lebensbedingungen und zur sozialen Eingliederung der Roma sowohl auf nationaler als auch auf internationaler Ebene gegeben hat, stellen die Roma die europaweit meistdiskriminierte Gruppe, verglichen mit anderen Mnderheiten, dar.



    Um eine bessere Übersicht über die Lage dieser Gemeinden zu haben und in dem Versuch, ihre Lebensbedingungen zu verbessern, wurde neulich in Bukarest das Projekt Die soziographische Kartographie der rumänischen Roma-Gemeinden für eine Überwachung auf Gemeinschaftsebene der Änderungen hinsichtlich der Integration der Roma“ (SocioRoMap) ins Leben gerufen. Das Projekt soll Informationen und Daten für die öffentlichen Anstalten bieten, die Aufgaben in der Erarbeitung von öffentlichen Politiken haben, um Ma‎ßnahmen zur Eingliederung dieser Gemeinden zu treffen. Au‎ßerdem werden die Ergebnisse des Projekts die Behörden bei der Entwicklung von Programmen und Finanzierungsschemen für die Projekte zur Bekämpfung der Armut, für lokale Entwicklung und für die Förderung der Erfolgschancen einiger Randgruppen unterstützen.



    Das Projekt SocioRoMap wird von dem Institut zur Erforschung der Probleme der nationalen Minderheiten in Klausenburg in Zusammenarbeit mit der Stiftung für eine Offene Gesellschaft und dem Forschungszentrum für Zwischenethnische Beziehungen gefördert. Kartographiert werden sollen über 3000 rurale und urbane Verwaltungseinheiten. Dadurch soll man sich eine bessere Übersicht über die Bedürfnisse und Prioritäten dieser Roma-Gemeinden verschaffen. István Horváth, Präsident des Instituts zur Erforschung der Probleme der nationalen Minderheiten:



    Unser Ziel ist nicht nur eine einfache Inventur. Wir möchten, dass die Beschreibung und Vorstellung dieser Gemeinschaften auf möglichst verständlicher Weise erfolgt. Deren Probleme sollen visuell durch einige Karten vorgetragen werden. Darüber hinaus wollen wir ein Funktionsnetzwerk von Personen aufbauen, die relevante Informationen über den Stand dieser Gemeinden bieten können. Es wird Netzwerke der Sozialarbeiter geben, der NGOs, die bereits mit verschiedenen Gemeinden gearbeitet haben, der befugten Anstalten, also der Personen, die in Institutionen arbeiten, deren Aufgabe der Schutz der Roma ist. Dazu zählen Schul- und Sanitärmediatoren usw. Unser Ziel ist also, diese Gemeinden aufzuzeichnen, zu erfahren, welche Ma‎ßnahmen es gegeben hat und welche nicht, denn es gibt Gemeinden, für die man viele Ma‎ßnahmen getroffen hat, andere zu denen man gar nicht gelangen kann, denn sie sind zu arm und abgeschottet.“




    Bei der Einweihungsveranstaltung des Projekts SocioRoMap beteiligte sich Bruvik Westberg, die Botschafterin Norwegens in Rumänien und der Moldaurepublik:



    Ein leichterer Zugang zur Bildung und zum Gesundheitssystem für diese unterprivilegierten Völkergruppen, einschlie‎ßlich der Roma, sind die Hauptrichtungen dieses Programms. Es basiert auf dem Glauben, dass eine gute und gerechte Gesellschaft jene ist, die die ganze Bevölkerung miteinschlie‎ßt: Sie akzeptiert und toleriert jeden und bietet Dienstleistungen für alle. In Norwegen sind nicht alle gleich, doch die Gleichheit ist eine Norm. Menschen haben eine unterschiedliche Familienherkunft, unterschiedliche Einkommen, doch die Rechte sind für alle gleich, was sehr wichtig ist. Wir müssen die Realität in den rumänischen Roma-Gemeinschaften erkunden. Das haben wir durch dieses Projekt vor. Wir müssen den Entscheidungsträgern für die Planung der öffentlichen Politikrichtungen nützliche und relevante Informationen zur Verfügung stellen. Aus verschiedenen Gründen sind nur wenige Informationen über die Roma-Gemeinschaften auf Regierungsebene verfügbar. Wir müssen die fehlende Verbindung zwischen der Realität dieser Gemeinschaften und den Gesetzgebern herstellen. Wir müssen vielfältige Informationen über die Lage dieser Gemeinden sammeln: Lebensbedingungen, Bildungsstand und Zugang zu medizinischen Sozialdiensten.“




    Ein weiteres Projekt, diesmal zur Förderung der Kultur und der Künste in den benachteiligten Roma-Gemeinden wurde von vier rumänischen Verbänden ins Leben gerufen. Diese sind T.E.T.A., ADO, REPER 21 und Urbanium. Es handelt sich dabei um das Projekt Maskar“, ein Projekt zur Erziehung durch Theater. Dieses soll in zwei Städten im südlichen Landkreis Teleorman laufen: Alexandria und Turnu Măgurele. 40 Jugendliche und 60 Erwachsene aus diesen beiden Städten sollen 10 Monate lang Teil eines Projekts sein, das Kunstprogramme, Werkstätten, Ausstellungen und Aufführungen über die Kultur und Tradition der Roma beinhalten wird. Ausgehend von der Realität der beiden Städte, in denen zahlenmä‎ßig bedeutende Roma-Gemeinschaften leben, nimmt sich das Projekt vor, die positiven Geschichten dieser Städte vorzustellen. Mithilfe der Trainer sollen die Jugendlichen lernen, besser untereinander und mit anderen zu kommunizieren. Sie sollen au‎ßerdem ihr Selbstvertrauen stärken, ihr kreatives Potential entwickeln und sich derselben Rechte erfreuen. Ana Maria Pălăduş von dem Verband Kunst für Menschenrechte“ (ADO):



    Wir sprechen eine empfindliche Angelegenheit an, jene der Diskriminierung der Roma-Bevölkerung in diesen beiden Gemeinden. Wir machen das aber auf ganz neue Weise, durch Kunst. Wir schlagen das Theater als Mittel vor, um Brücken zwischen der rumänischen und der Roma-Kultur zu bauen. Wir werden zwei Gruppen von Jugendlichen bilden. Diese werden mehrere Monate lang an Werkstätten teilnehmen und anderen mitteilen, wie sie die Diskriminierung der Roma-Bevölkerung in ihrer Stadt sehen. Wir werden mit romastämmigen Jugendlichen, aber auch mit Nicht-Roma arbeiten. Diese werden einen Dialog untereinander führen. Am Ende der Werkstattreihe sollen zwei Theaterstücke inszeniert werden, eines in Turnu Măgurele und eines in Alexandria. Diese werden wir auch nach Bukarest und nach Klausenburg bringen.“




    Das besagte Projekt sieht auch die Einrichtung zweier Ausstellungen über die Roma-Kultur aus den beiden Städten und den umliegenden Ortschaften vor. Diese werden Kleidungsstücke, Handarbeit, Fotos, Schmuck, Melodien, Gedichte, Volkssagen oder Symbole beinhalten. Die Veranstalter des Projekts sind über den hohen Beteiligungsgrad der Roma-Kinder an diesem Projekt überrascht. Ana Maria Pălăduş:



    Wir haben eine unglaubliche Bereitschaft in den etwas schwächeren Schulen und Gymnasien der Stadt festgestellt. Als wir dort angekommen sind und nachgefragt haben, hat es, glaube ich, keinen Jugendlichen gegeben, der nicht mitmachen wollte, insbesondere da viele aus Roma-Familien stammen. Bei den etwas besseren Schulen und Gymnasien gab es eine starke Zurückhaltung, sogar eine rassistische Haltung der Roma-Bevölkerung gegenüber.“




    Die beiden Projekte, die den rumänischen Roma-Gemeinschaften gewidmet sind, werden durch den Norwegischen Finanzmechanismus finanziert.

  • Projekt für Waisenkinder: „Sei der Chef deines eigenen Schicksals“

    Projekt für Waisenkinder: „Sei der Chef deines eigenen Schicksals“

    Die alten Waisenhäuser hei‎ßen heute in Rumänien Einweisungszentren“, gerade um ihren transitorischen Charakter hervorzuheben. Theoretisch werden Kinder von hier entweder adoptiert oder bei Pflegeeltern untergebracht. Oft aber haben diese Kinder kein Glück und das Einweisungszentrum wird zu ihrem Zuhause von der Kindheit bis ins Alter von 18 Jahren. Ab diesem Zeitpunkt sind sie auf sich allein gestellt, in einer unbekannten Welt, ohne materielle Unterstützung. Oft haben sie keine besondere Ausbildung und müssen einen Arbeitsplatz finden. Au‎ßerdem müssen sie ohne Geldressourcen eine Wohnung finden, obwohl sie im Einweisungszentrum nicht darauf vorbereitet wurden.



    Um der Auswegslosigkeit der Waisen und der möglichen Ablehnung der späteren Jugendlichen auf dem Arbeitsmarkt vorzubeugen, hat der Verband zur Aktivierung der Menschenrechte (ADO Rumänien) ein Projekt ins Leben gerufen. Zwölf Jugendliche vom Eiweisungszentrum Nr. 5 in Periş, Landkreis Ilfov, werden kostenfrei eine Kochlehre besuchen. Anschlie‎ßend setzen die Projektveranstalter sie mit potentiellen Arbeitgebern in Verbindung. Rechtsanwältin Elena Corciu, Gründerin von ADO Rumänien, beschreibt das Projekt Sei der Chef deines eigenen Schicksals“ — die Bezeichnung des Projekts spielt auch auf die Bedeutung des Wortes Chef“ (rum. șef) im Englischen (chef = Küchenchef) an:



    Wir wollen dem Leben einiger Teenager, die gezwungen sind, bis ins Erwachsenenalter hinein in einem Weisenhaus zu leben, Sinn geben. Wenn sie da drau‎ßen sind, schlägt ihnen das reale Leben ins Gesicht, brutal und ungerecht, wo Drama, Ohnmacht und der Misserfolg die natürlichen Meilensteine ihres Schicksals sind. ‚Sei der Chef deines eigenen Schicksals‘ hat die Motivations- und Berufsberatung, die Berufseinweisung einer ersten Gruppe von 12 Jugendlichen als Ziel. Diese bereiten sich vor, das Einweisungszentrum Nr. 5 in Periş, Landkreis Ilfov, zu verlassen. Die Leistung eines Beratungsdienstes und der kostenlosen Rechtshilfe bezweckt die Aufstellung einer direkten Beziehung zu den Arbeitgebern aus der Gesellschaft, hinsichtlich der Einstellung der jungen Leute.“



    Sei der Chef deines eigenen Schicksals“ ist ein Projekt, das von dem berühmten Chefkoch Cezar Munteanu ins Leben gerufen wurde. Er ist nicht bei dem ersten Humanitärprogramm in seiner Karriere. Chef Cezar hat auch für die Kinder in Afrika gekocht und sich an Hilfsaktionen in den USA beteiligt. In Rumänin hat er die Drogenabhänigen, die aufhören wollten, und die Romakinder unterstützt. Nun hat er seine Aufmerksamkeit auf Periş gerichtet:



    Wir befinden uns in der zweiten Phase, in der unser ganzes Meisterkönnen ihnen zugute kommen wird. Unabhängig davon, ob es sich um psychologische Beratung oder Gastronomie handelt, werden die Kinder später auch Teil eines Überwachungsprogramms sein. Denken Sie nicht, dass wir uns nach Abschluss dieses Programms von ihnen abwenden. Das endgültige Ziel dieses Projekts ist die Einrichtung des ersten rumänischen Sozialrestaurants, der benachteiligten Kindern gewidmet werden soll.“



    Sei der Chef deines eigenen Schicksals“ erfreut sich auch der Unterstützung der Lokalbehörden. Bodgan Pantea, Exekutivleiter der Generaldirektion für Sozialhilfe und Kinderschutz des Landkreises Ilfov, hofft, dass diese Art von Programmen ein Beispiel für zukünftige Partnerschaften werden:



    Diese Art von Motivations- und Berufsberatung wird durch eine Arbeitsplatzberatung ergänzt. Es handelt sich um Kinder, die Eingliederungsprobleme haben, denn das Umfeld, in dem sie bis zum 18. Lebensjahr aufwachsen, das Einweisungszentrum, stellt ein Umfeld dar, von dem man sich nur schwer trennen kann. Die Generaldirektion für Sozialhilfe und Kinderschutz Ilfov hofft, dass sie in Zukunft gemeinsam mit ADO Rumänien oder anderen Verbänden in Projekten zusammenarbeiten wird, die eine regelrechte Eingliederung, zum Wohle der 18-jährigen Jugendlichen bieten sollen.“



    Nicu ist 16 und geht in die neunte Klasse des Eiweisungszentrum Nr. 5 in Periş. Er hat nicht immer dort gelebt, sondern blo‎ß nach dem Tod seiner Mutter. Im Zentrum hat er Flötespielen gelernt, aber er ist sich dessen bewusst, dass er eine vielseitige Ausbildung braucht, um sich im Leben durchzusetzen. Was er wohl von Kochen hält?



    Es zieht mich an. Im Leben musst du nicht einen einzigen Weg wählen, denn du wei‎ßt nicht, was dir im Leben weiterhilft. Du musst viel ausprobieren. Ich habe in der Küche zusammen mit den Damen dort gekocht, Pommes frites. Ich habe auch gelernt, Gemüse in den Suppentopf zu geben.“



    Dennoch ist das Erste, das er nach Verlassen des Zentrums tun möchte, den Rest seiner Familie wieder zu sehen, vor allem seinen 21-jährigen Bruder. Nicu:



    Ich möchte mit Ihnen in Verbindung treten, denn es fällt mir schwer, fern von ihnen zu sein. Besonders meinen Bruder möchte ich sehen. Er hat mich drei, vier mal besucht… Wenn er die Gelegenheit hat, besucht er mich.“



    Im Gegensatz zu Nicu kennt Nicoleta ihre Familie nicht. Sie ist 18 Jahre alt und bald wird sie das Einweisungszentrum verlassen. Seit wann sie hier lebt, erzählt sie selbst:



    Ich bin hier, seitdem ich acht war. Ich war in der Stadt Buftea und dort ging es mir schlecht. Meine Mutter hat mich verlassen. Ich habe versucht, sie zu suchen, habe sie aber nicht gefunden. Zwei Jahre lang habe ich aus Sehnsucht nach meiner Mutter gelitten. Aber ich habe mir gesagt, dass ich das auch überwinden kann und mir ein eigenes Leben gestalten werde. Ich habe einen Bedienerkurs abgeschlossen und nun nehme ich an diesem Kochkurs teil.“



    Nicoleta wei‎ß bereits wie man Rindfleischsalat, Auberginensalat, Fleischklö‎ßchen und Fleischklö‎ßchensuppe zubereitet. Sie hat das nicht nur mit dem Gedanken an einen künftigen Beruf gelernt.



    Schlie‎ßlich heiratet man und man muss kochen können, wenn dir der Mann sagt, er möchte eine Fleischklö‎ßchensuppe. Sowohl für dein Kind als auch für deinen Mann. Ich werde mein Kind nie im Leben in ein Waiseheim einliefern, denn ich habe gelitten und möchte nicht, dass es ihm auch so geht. Ich werde es bei mir behalten, ich werden nett zu ihm sein und ihm vieles über das Leben beibringen.“



    Das Projekt Sei der Chef deines eigenen Schicksals“ hat mit der psychologischen Beratung der 12 Kinder begonnen. Der Kochkurs soll bis September stattfinden.



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