Tag: Alexandru Călinescu

  • Rumänien beim Buchsalon in Paris

    Rumänien beim Buchsalon in Paris

    Mit der Teilnahme Rumäniens am 34. Pariser Buchsalon hat die rumänische Literatur an Sichtbarkeit auf dem französischen Literaturmarkt gewonnen“, erklärte der Leiter des Rumänischen Kulturinstituts ICR, Lilian Zamfiroiu. Das vom Rumänischen Kulturinstitut zusammengestellte Programm lief unter dem Motto Des livres à venir, lavenir des livres“ / Cărţile viitorului, viitorul cărţii“ / Die Bücher der Zukunft, die Zukunft der Bücher“ und enthielt Rundtischgespräche, Buchvorstellungen und Treffen mit Verlegern, Schriftstellern, Übersetzern und Journalisten.



    Die Schriftsteller George Arion, Sylvain Audet, George Banu, Jean-Pierre Brach, Roxana Bauduin, Linda Maria Baros, Michel Carrassou, Alexandru Călinescu, Corina Ciocârlie, Cosmin Ciotloş, Florica Ciodaru Courriol, Benoit-Joseph Courvoisier, Augustin Cupşa, Mark Despot, Reginald Gaillard, Michel Gavaza, Dinu Flamând, Dominique Ilea, Nicolae Manolescu, Mircea Martin, Bujor Nedelcovici und Matei Vişniec beteiligten sich vom 21.-24. März am 34. Internationalen Buchsalon in Paris. Am rumänischen Stand wurden aufregende Debatten geführt, zu den Themen Avangardă şi modernitate“ (Avantgarde und Moderne“), Ezoterism şi sacralitate în lumea de azi“ (Esoterik und Sakralität in der heutigen Welt“), Les livres à venir, lavenir des livres“ (Die Bücher der Zukunft, die Zukunft der Bücher“), Livres français, lecteurs roumains / Livres roumains, lecteurs français“ (Cărţi franceze, cititori români / Cărţi româneşti, cititori francezi“ Französische Bücher, rumänische Leser / Rumänische Bücher, französische Leser“), Realitate şi ficţiune în sport. O altă scriitură?“ (Realität und Fiktion im Sport. Eine andere Schreibart?“) und “Présences de la peinture contemporaine roumaine en France“ (Pictori contemporani români în Franţa“, Rumänische Kunstmaler der Gegenwart in Frankreich“).



    Die Journalistin und Schriftstellerin Adela Greceanu war beim Pariser Buchsalon dabei und meinte, Rumänien habe ein lebendiges, vielfältiges Programm präsentiert und viel Interesse bei den ausländischen Lesern und Journalisten hervorgerufen. Adela Greceanu über den diesjährigen Internationalen Buchsalon in Paris:



    In den letzten Jahren ist der Pariser Buchsalon zum wichtigen Ereignis auf dem europäischen Literaturmarkt geworden. Das diesjährige Gastland Argentinien hatte einen beeindruckenden Stand, der von der Ausstellung »Julio Cortázar« dominiert wurde. 2014 feiert die literarische Welt 100 Jahre seit der Geburt des gro‎ßen argentinischen Schriftstellers, und gedenkt gleichzeitig seinem 30. Todestag. Für mich war es ein au‎ßerordentliches Geschenk, dass Argentinien als Gastland in Paris eingeladen war, dass ich noch nicht veröffentlichte Fotos von Julio Cortázar und vor allem ein Heft mit Notizen für seinen Anti-Roman »Rayuela: Himmel-und-Hölle« sehen konnte. Dieses Heft befand sich in einem Schaufenster und man konnte es digital durchblättern. In Bezug auf die Präsenz Rumäniens beim Buchsalon scheint es mir sehr wichtig, dass ich rumänische Bücher auch an anderen Ständen sah, und nicht nur am Stand Rumäniens. Ich habe den Eindruck gewonnen, dass die rumänische Literatur immer bekannter wird. Die Bücher von Gabriela Adameşteanu waren beim Verlag Gallimard zu sehen, der Roman »Viaţa şi faptele lui Ilie Cazane« (»Leben und Taten von Ilie Cazane«) wurde vom Verlag Zulma verkauft, und beim Stand des Verlags Actes Sud sah ich den Roman »Ferestrele zidite« (»Zugemauerte Fenster«) von Alexandru Vona.




    Eine Debatte, die ein zahlreiches Publikum anzog, war Perspektiven der europäischen Integration der Moldaurepublik“. Daran beteiligten sich der Botschafter der Republik Moldau in Frankreich, Oleg Serebrian, der Historiker, Schriftsteller und Direktor des Kischinjower Verlags Cartier“, Matei Cazacu, und der moldawische Schriftsteller Emilian Galaicu-Păun. Botschafter Oleg Serebrian sprach über die Bemühungen seines Landes um die EU-Integration. Beginnend mit 2009 wurden diese Aktionen beschleunigt. Wir hatten viele Erfolge auf diesem Weg; vor allem das Unterschreiben des Freihandelsabkommens war ein wichtiger Schritt vorwärts für die moldawische Wirtschaft. In einigen Jahren werden wir auch die positiven Wirkungen dieser Schritte spüren“, sagte Oleg Serebrian. Die Schriftstellerin und Journalistin Adela Greceanu dazu:



    Nach der Debatte unterhielt ich mich mit dem Schriftsteller Emilian Galaicu-Păun in einem Interview über die EU-Integration der Republik Moldau. Dabei sagte er mir, wie wichtig es war, da‎ß dieses Jahr moldawische Schriftsteller, die in rumänischer Sprache schreiben, am Stand Rumäniens beim Pariser Buchsalon anwesend waren. Für diese Schriftsteller bedeutet das eine Anerkennung der Tatsache, da‎ß sie sowohl der rumänischen Literatur als auch der Literatur der Europäischen Union angehören.“




    Florica Ciodaru Courriol präsentierte beim Pariser Buchsalon ihre französische Übertragung des Romans Acasă, pe Cîmpia Armaghedonului“ (Notre maison dans la plaine de lArmageddon“, Unser Haus auf der Armageddon-Ebene“) von Marta Petreu. Der Verlag L’Âge dHomme“, der die französische Übertragung vorstellte, hat bereits Werke der rumänischen Autoren Mateiu Caragiale, Lucian Blaga, Vintilă Horia und Ion Caraion veröffentlicht. Über den Roman von Marta Petreu sagte die Übersetzerin Florica Ciodaru Courriol:



    Ich liebe diesen Roman. Es handelt sich um einen autobiographischen Roman, der auch grausame Momente enthält wie zum Beispiel die Obduktion des Vaters. Kurzum: Es handelt sich um die Geschichte einer Bauernfamilie aus Siebenbürgen, die sich über ein Jahrhundert erstreckt. Parallel zu dieser Geschichte ist das Buch auch ein Bildungsroman — wir erleben die Entwicklung der jungen Erzählerin, die mit der Autorin Marta Petreu vieles gemeinsam hat. Für die Leser aus dem Westen wäre es interessant, zu erfahren, was in einer Region in Rumänien in einer Zeitspanne von etwa 100 Jahren geschehen ist — die Geschichte beginnt vor dem Zweiten Weltkrieg, es wird der Einmarsch der sowjetischen Truppen in Cluj/Klausenburg beschrieben, es folgen die Desertion des Vaters aus der Armee, die Zwangskollektivierung, die marxistische Erziehung in der Schule, die Religionsprobleme in Siebenbürgen. Marta Petreu bringt die Erzählung bis in die Gegenwart, sie klagt gegen den Verfall der rumänischen Wirtschaft und gegen die Zerstörung der Umwelt. Der Roman ist vielschichtig und kann aus vielen Gesichtspunkten betrachtet werden. Im Vorwort zur französischen Ausgabe schrieb ich, es handele sich um einen metaphysischen Roman.“




    Zum Schlu‎ß einige Eindrücke von Florica Ciodaru Courriol über die diesjährige Auflage des Pariser Buchsalons:



    Das rumänische Programm war von höchster Qualität, es war eine Bestätigung nach dem vorigen Jahr, als Rumänien Gastland des Pariser Buchsalons war. Dieses Jahr wurde der Poesie besondere Aufmerksamkeit geschenkt, und ich finde es sehr gut, weil die Poesie oft im Hintergrund bleibt, sowohl in Rumänien als auch in Frankreich. Wir warten weiterhin auf Reaktionen betreffend die Rezeption der rumänischen Literatur in Frankreich.“




    Der Internationale Buchsalon in Paris ist sowohl den Profis im Verlagswesen als auch dem breiten Publikum gewidmet. Nachdem Rumänien im Jahr 2013 Gastland des Pariser Buchsalons war, kam die rumänische Literatur mit mehr als 20 neuen Titeln auf den französischen Literaturmarkt, unter anderen mit Werken von Radu Aldulescu, Ana Blandiana, Lucian Boia, Norman Manea, Lucian Dan Teodorovici, Adina Rosetti, Răzvan Radulescu, Varujan Vosganian.



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  • Die rumänische Revolution von 1989 in Jassy

    Die rumänische Revolution von 1989 in Jassy

    Timişoara / Temeswar ist die Symbolstadt der rumänischen Revolution vom Dezember 1989. Am 16. Dezember haben die Bürger der Banater Hauptstadt entschieden, dass Rumänien sich wandeln muss. Ceauşescus Rumänien, eigentlich ihr Land und das Land ihrer Kinder, konnte nicht dasselbe bleiben, während in der ganzen kommunistischen Welt der Wandel nicht mehr gestoppt werden konnte. Heldenhaft und sehr entschieden gingen die Temeswarer auf die Stra‎ße, um ihre Sehnsucht nach Freiheit und ihr Recht auf ein besseres Leben zum Ausdruck zu bringen.



    In einer anderen Ecke des Landes bereitete sich die Hauptstadt der Moldauregion Iaşi vor, sich der kommunistischen Tyrannei Ceauşescus zu widersetzen. In den 1980er Jahren bildete sich hier eine Protestbewegung um die Schriftsteller Dan Petrescu, Tereza Petrescu, Luca Piţu und Alexandru Călinescu. Am 12. Dezember 1989 hat der Wirtschaftler Ştefan Prutianu zusammen mit ein paar weiteren Intellektuellen der Organisation Rumänische Volksfront“ in der ganzen Stadt Manifeste verbreitet, die die Bevölkerung aufforderten, am 14. Dezember um 16 Uhr an einer Kundgebung auf dem Vereinigungsplatz teilzunehmen.



    Die kommunistische Sicherheitspolizei Securitate hatte aber die Untergrundorganisation seit langem im Visier. Zehn Stunden vor Beginn der Kundgebung wurden Organisatoren des geplanten Protests verhaftet. Als erster wurde Ştefan Prutianu selbst verhaftet. Er hatte am 10. Dezember das Manifest geschrieben. Prutianu, Wirtschaftsprofessor an der Universität Alexandru Ioan Cuza“ in Iaşi, erzählte später, er habe damals gedacht, das sei die logische Folge seiner Taten.



    Gemischte Trupps der Miliz, Sicherheitspolizei und der patriotischen Garden haben den Vereinigungsplatz besetzt und Dutzende Menschen verhaftet, die zu diesem Platz eilten. Die Revolution in Iaşi wurde folglich vor ihrem Beginn gestoppt. Adrian Cioroianu, Dekan der Bukarester Fakultät für Geschichte, glaubt, man habe einigerma‎ßen erwartet, dass die antikommunistische Revolution in einer gro‎ßen Provinzstadt startet und nicht in der Hauptstadt. Diese Stadt musste eine Grenzstadt sein, in der die Geschehnisse bei den Nachbarn einen starken Impuls zum Wandel darstellten. Solwohl Iaşi als auch Timişoara — zwei der gro‎ßen Industriezentren Rumäniens — erfüllten dieses Kriterium.



    Ich würde auf folgendes Detail aufmerksam machen: Die Bewegungen gegen Nicolae Ceauşescu starteten in exzentrischen Städten, in Städten, die nahe an unseren Nachbarn liegen. Russland war damals die ehemalige Sowjetunion. Iaşi lag geographisch nahe der Ostgrenze. In der ehemaligen Sowjetischen Moldaurepublik war die Lage aus der Perspektive der Perestroika viel fortgeschrittener als in Bukarest. Dann Temeswar, die Stadt lag an der Westgrenze des Landes. Meiner Meinung nach können wir nicht behaupten, eine echte Revolution hätte nicht in Iaşi ausbrechen können. Schlie‎ßlich war Iaşi auch die Stadt einer offensichtlichen Widerstandsbewegung, zumindest auf geistiger Ebene gab es hier einige Mutige, die ihre Standpunkte öffentlich bekannt machten und von denen wir erst nach 1990 erfahren haben. Möglicherweise ist die notwendige kritische Masse für die Entstehung eines Schneeball-Effekts nicht zustande gekommen, wie es in Temeswar der Fall war. Temeswar war vor dem Hintergrund seiner konfessionellen und ethnischen Vielfalt auch der entsprechende Ort, um eine Widerstandsbewegung ins Leben zu rufen, an der sich Bürger beteiligen, die etlichen Glaubensrichtungen, Ethnien, einschlie‎ßlich Rumänen, beteiligen. Wenn in Temeswar die Rumänen nicht mitgewirkt hätten, dann, glauben wir, hätte Ceauşescu alle Gründe gehabt, zu behaupten, es handele sich um eine Einmischung unserer Nachbarn, was er allerdings auch gesagt hat. Durch die Beteiligung der Rumänen in Temeswar hat man diesem Protest einen nationalen und globalen Charakter verliehen. Man muss auch das, was in Iaşi passiert ist, in Betracht ziehen und untersuchen, aber infolge einer tiefgründigen Bewertung kommt man zum Schluss, dass die revolutionsreifste Stadt eine an der Westgrenze hätte sein müssen, wie es bei Temeswar auch der Fall war.“



    Temeswar ist der Ort, an dem die Revolution ausbrach und der der ganzen Welt über die Hoffnungen der Rumänen bezeugte. Adrian Cioroianu hat nachgewiesen, welche Vorteile Temeswar gehabt hat. Wir haben unseren Gesprächspartner gefragt, was in Iaşi gefehlt hat, um dort das Revolutionssignal Rumäniens zu geben.



    Es hat an einem Samen der Unzufriedenheit gefehlt, wie ihn Tőkés in Temeswar verkörpert hat. Wir müssen uns eingestehen, dass Revolutionen meistens nicht von Intellektuellen ausbrechen. Natürlich bereiten die Intellektuellen diese vor, doch wenn es keine massive Unterstützung gebe, würden die Intellektuellen selber keine gro‎ße Macht haben. Das Element Tőkés hat dem Aufstand in Temeswar einen mehrkonfessionellen rumänisch-ungarischen Charakter verliehen, dem sich natürlich auch die Deutschen und Serben aus der Gegend anschlossen. Deshalb stellte man eine gro‎ße Bereitschaft der Menschen fest. Wenn ich ‚Menschen‘ sage, dann beziehe ich mich auch auf die Reaktion des damaligen Westens Europas. Das hat dem Ceauşescu-Regime ein Ende gesetzt, denn diesem warf man bereits seit einem Jahrzehnt vor, eine Politik gegen die Minderheiten der Ungarn und der Deutschen durch die Gleichschaltung regionaler Unterschiede im Land durchzusetzen. Aus diesem Gesichtspunkt hatte Temeswar einen Vorteil, den Iaşi oder andere Städte des Landes nicht hatten.“



    Die rumänische Revolution in Iaşi war das Ergebnis eines Vorsto‎ßes derer, die ihren Alltag nicht mehr aushielten, ein Vorgang, der die stillschweigende Unterstützung der ganzen rumänischen Gesellschaft hatte. Temeswar und Bukarest sind die Städte, in denen die Rumänen ihre Freiheit wiedererlangten. Dennoch kann man auch Iaşi nicht die Rolle abstreiten, das Anfangssignal des grö‎ßten Augenblickes in der Neugeschichte Rumäniens gewesen zu sein.



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