Tag: antikommunistischer Widerstand

  • Kommunismus auf dem Lande: Überwachungsapparat wandte brutale Methoden an

    Kommunismus auf dem Lande: Überwachungsapparat wandte brutale Methoden an

    Die politische Überwachung in Rumänien während des kommunistischen Regimes (1945–1989), war eine der Säulen des Terrors, auf denen das System beruhte. Der Sicherheitsdienst Securitate“, die Miliz (die damalige Polizei) und das Netzwerk von Spitzeln, in Deutschland inoffizielle Mitarbeiter genannt, verfolgten unschuldige Menschen und brachten viele davon ins Gefängnis. Der Apparat der politischen Überwachung und Repression war allgegenwärtig und schreckte auch vor Mord nicht zurück.



    Die politische Überwachung im Kommunismus ist in den Städten gut dokumentiert. In den gro‎ßen städtischen Ballungsräumen, wo die Lebensbedingungen schwierig und das Risiko eines Widerstandes grö‎ßer waren, konzentrierte das Regime mehr Ressourcen. Darüber hinaus gaben dem Regime gerade die Arbeiter, wegen ihrer Fähigkeit zur Solidarität, mehr Grund zur Sorge.



    Aber auch auf dem Lande war der Überwachungs- und Repressionsapparat des Staates vertreten. Die Geschichte der kommunistischen Überwachung und Unterdrückung begann im Grunde genommen auf dem Lande und hörte erst 1989 auf. Der bewaffnete antikommunistische Widerstand, gebildet aus Soldaten und Bauern, die sich gegen die Zwangskollektivierung wehrten, veranlasste den kommunistischen Staat, den Terror zunächst auf dem Lande zu etablieren. Der Staat brauchte Spitzel, um herauszufinden, wer die Partisanen in den Bergen waren, wer die Bauern in den Dörfern und Gemeinden waren, die sie unterstützten, und wie die Netzwerke der Partisanen, Bauern und der städtischen Bevölkerung funktionierten.



    Die Überwachung auf dem Lande war also von gro‎ßer Bedeutung. Spitzel hatten einen wichtigen Beitrag zur Liquidierung der Partisanengruppen, sagen die Geschichtsforscher. In Massengräbern wurden Dutzende Bauern entdeckt, die auf den Feldern, am Waldrand oder an anderen abgelegenen Orten erschossen wurden.



    Der Historiker Gheorghe Miu hat den Überwachungs- und Repressionsapparat in der Region Buzău, im Südosten Rumäniens, erforscht.



    Diese militarisierten Strukturen des kommunistischen Regimes operierten auf dem Lande, in den sozialistischen Dörfern, indem sie die Milizposten der Gemeinden nutzten. Die Securitate hatten gut ausgebaute Informationsnetzwerke mit konspirativen Häusern, inoffiziellen Mitarbeitern und einer Informationsstruktur, wie aus den durch gesichteten Dokumenten hervorgeht. Der Milizposten war eine Informationsquelle. Von dort aus wurden Netzwerke von inoffiziellen Mitarbeitern überwacht und beaufsichtigt. Meistens übernahm der Leiter des Milizpostens auch die Aufgaben des Sicherheitsoffiziers, der für das Gebiet zuständig war. Er gab Informationen an den Sicherheitsbeauftragten weiter, der üblicherweise als operativer Sicherheitsmitarbeiter bezeichnet wurde.“




    Ein Überwachungs- und Repressionsapparat könnte ohne inoffizielle Mitarbeiter nicht auskommen. Diese kamen aus allen Gesellschaftsschichten und bespitzelten aus den unterschiedlichsten Gründen. Einige gaben Erpressung nach, andere erhielten laut den Archiven materielle Vorteile: Sie oder ihre Familienmitglieder bekamen begehrte Arbeitsplätze, erhielten bessere Wohnungen, höhere Gehälter oder finanzielle Belohnungen, wieder andere durften ins Ausland reisen. Aber auf dem Lande gab es keine Belohnungen, die inoffiziellen Mitarbeiter bespitzelten aus Angst, sagt Gheorghe Miu.



    Wir haben unzählige inoffizielle Mitarbeiter entdeckt, die Decknamen trugen. Sie kamen aus unterschiedlichen sozialen Verhältnissen. Im Allgemeinen stammten sie aus dem Umfeld der Zielperson, die von der Securitate und der Miliz ins Visier genommen wurde. Sie waren Nachbarn oder LPG-Bauern. Aber wir haben auch Lehrer gefunden, die inoffizielle Mitarbeiter waren. Wir entdeckten sogar einen Bank-Angestellten, der den Bauern die Vorteile der CEC-Bank vorstellen sollte und gleichzeitig einen konkreten Auftrag von den Sicherheitsbeamten hatte. Die Spitzel auf dem Lande erhielten keine materiellen Vorteile. Die Miliz und die Securitate operierten auf dem Lande mit der Methode des Terrors: Sie erzeugten Angst. Die Leute wurden zum Milizposten einbestellt und sagten aus Angst oder aus eigenem Willen aus.“




    Der Historiker Gheorghe Miu erklärt die Arbeitsweise der Securitate am Beispiel seines Gro‎ßvaters väterlicherseits.



    Eine Fallstudie betrifft meinen Gro‎ßvater, Vasile Miu, einen Bauern, der sich der Kollektivierung widersetzte. Er trat bis 1989 nicht der landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft bei, musste dafür aber die Konsequenzen tragen. Er wurde vernommen und ihm wurde ein Strafverfahren angehängt. Mein Gro‎ßvater war ein Bauer aus der Mittelschicht, hatte 9 Hektar Land und wurde als Reaktionär, als Feind des kommunistischen Regimes abgestempelt. Unter dem Vorwand eines Briefes, den er an den Vorsitzenden des Volksrates in Padina, Gigel Stoicescu, einen der Köpfe der Kollektivierung in Padina, im Kreis Buzău, schickte, wurde er von der Securitate überprüft und gegen ihn wurde eine strafrechtliche Ermittlungsakte eröffnet. Was darauf folgte, war eine Tortur. Obwohl der Bauer Vasile Miu nicht als politischer Gefangener eingestuft wurde, wurde er für drei Monate inhaftiert, weil er ein Pferd verkauft hatte, das von den kommunistischen Steuerbehörden für anstehende landwirtschaftliche Schulden auf dem Markt beschlagnahmt wurde.“




    Der Überwachungs- und Repressionsapparat des kommunistischen Regimes operierte auf dem Lande mit der gleichen Brutalität wie in den Städten. Und viele Bauern erinnern sich noch gut an die Methoden der Securitate, der Miliz und auch an die Spitzel auf dem Lande.



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  • Antikommunistischer Widerstand in den 1950er Jahren: die  Arnăuțoiu-Gruppe

    Antikommunistischer Widerstand in den 1950er Jahren: die Arnăuțoiu-Gruppe

    Am 14. Februar 1921 wurde einer der Helden des antikommunistischen Widerstands in Rumänien, Leutnant Toma Arnăuțoiu, geboren. Er war der Anführer einer der am längsten bestehenden Partisanengruppen in der Gegend von Muscel, in Zentralrumänien, am Südhang des Făgăraș-Gebirges. Als Entstehungsort der rumänischen Schriftsprache betrachtet, wurde Muscel während seiner Geschichte von freien Bauern mit einer guten wirtschaftlichen Situation bevölkert, und seine Residenz, die Stadt Câmpulung, hat eine wichtige multikulturelle Geschichte. Die Musceler profitierten immer von der Verwaltungsautonomie und hatten enge Beziehungen zum Fürstentum Siebenbürgen jenseits der Karpaten.



    Leutnant Toma Arnăuțoiu war Mitglied der kulturellen Elite der Gemeinde Nucșoara. Er war das dritte Kind eines Lehrers, sein älterer Bruder Ion, ein Kavallerieoffizier, war 1943 auf der Krim gefallen. Elena Florea Ioan war die Schwester von Toma Arnăuțoiu und sie wurde im Jahr 2000 vom Zentrum für mündlich überlieferte Geschichte des Rumänischen Rundfunks interviewt. Dabei betonte sie, dass die Familie des Lehrers Arnăuțoiu eine der angesehensten in der Gemeinde Nucșoara war, mit starken Werten und Prinzipien, die damals allerdings kaum förderlich für die Frauen in traditionellen Familien waren:



    Ich habe eine besondere Dankbarkeit gegenüber meiner Mutter, die uns sehr gut erzogen hat und mich geführt und alles gelehrt hat, so dass ich im späteren Leben wusste, wie man alle Schwierigkeiten angehen kann. Meinen Vater konnte ich mit seiner Sanftmut und Güte nie aus der Fassung bringen. Ich konnte ihn nie ärgern, was ein Beweis dafür war, dass ich auf alles hörte, was er sagte. Und er lie‎ß mich nicht auf die Schule gehen, damit die Jungen zur Schule gehen, lernen und sich weiterbilden können. Und was die Ehe anbelangt, haben meine Eltern tatsächlich meinen zukünftigen Ehemann für mich ausgesucht, und ich konnte nie sagen, dass sie sich geirrt haben. Sie haben mich immer auf den richtigen Weg geführt und mir beigebracht, ehrlich, flei‎ßig und respektvoll zu sein und mich in der Gesellschaft so zu verhalten, dass ich vor niemandem erröten müsste.“




    An der Front verwundet, wurde Toma Arnăuțoiu in den Reihen des Königlichen Gardebataillons aufgenommen, einer militärischen Eliteeinheit. Nach dem Staatsstreich vom 23. August 1944 begann eine weitere bittere Seite in der Geschichte Rumäniens, die die gesamte Gesellschaft umkrempeln sollte: die militärische Besetzung durch sowjetische Truppen und die Einsetzung einer prokommunistischen Regierung am 6. März 1945. 1947 aus der Armee entlassen, ging Toma Arnăuțoiu 1948 nach Bukarest und wurde Student an der Handelsakademie. Dort lernt er den Oberst Arsenescu kennen, und zusammen mit weiteren 30–40 Kommilitonen schmieden sie einen Plan zur Organisation einer Gruppe von Partisanen, die in den Bergen gegen die Regierung kämpfen sollte. Im Jahr 1949 setzten sie ihren Plan um und Toma Arnăuțoiu wurde von seinem jüngeren Bruder Petre begleitet. Elena Florea Ioan beschrieb, wie die von ihrem Bruder angeführten Partisanen von den Einheimischen aus Nucșoara unterstützt wurden. Doch bald beginnen die Zusammenstö‎ße mit den Truppen des Innenministeriums.



    Man schickte ihnen dort, in den Bergen, Lebensmittel und alles, was sie brauchten, aber die Geheimpolizei begann, die Gemeinde zu bewachen, und sie hatten keinen sicheren Ort mehr, an den sie gehen konnten, um sich zu ernähren. Und sie begannen oben in den Bergen zu verzweifeln, denn sie hatten kein Essen mehr, sie hatten nichts. Eines Nachts gingen sie hinunter ins Dorf, zu unserem Haus, und jemand aus ihrer Umgebung, eine Informantin namens Ileana, und ich kann mich an ihren Nachnamen nicht mehr erinnern, setzte die Securitate in Kenntnis. Der Spitzel war ein Dienstmädchen in einer Molkerei. Und dann kam ein ganzes Regiment hinter ihnen her. Es gab einen Zusammensto‎ß zwischen der Securitate und ihnen, und dabei ist ein Unteroffizier der Securitate ums Leben gekommen.“




    Nachdem die Arnăuțoiu-Brüder in die Berge geflüchtet waren, verhaftete die Securitate ihre gesamte Familie — die Eltern, die Schwester, ihren Mann, die Frau von Petre. Elena Florea Ioan wurde auch mehrfach verhört; an eine bestimmte Episode, die sich im Gefängnis in Pitești ereignet hatte, erinnerte sie sich besonders:



    Das zweite Mal wurde ich zu fünf Jahren verurteilt, das galt als Verwaltungsstrafe wegen unterlassener Denunziation. Ich würde wissen, wo sich meine Brüder in den Bergen aufhielten, und würde verweigern, der Securitate zu helfen, sie aufzuspüren und festzunehmen. Sie verhafteten mich immer wieder oder bestellten mich zur Securitate und legten mir nahe, ich solle mich als Schwester bei ihnen einschleichen, um ihren Aufenthaltsort ausfindig zu machen. Ich beteuerte immer wieder, meinen Brüdern nie geholfen zu haben, was mir die Securitate-Leute bei den Verhören nie abkaufen wollten. Als ich im Gefängnis in Pitești war, kam eines Nachts ein Oberst aus Bukarest und verhörte mich, so gegen 1–2 Uhr nachts. Er zerrte an meinem Hemd, bis die Knöpfe abrissen, sprang auf und fragte mich, warum gerade ich als Schwester meinen Brüdern nicht geholfen haben sollte, wo doch andere rund 100 ‚Bastarde‘ aus dem Dorf ihnen geholfen hätten?“




    1958, nach neun Jahren der Verfolgung durch Securitate-Truppen, wurde die Gruppe der Partisanen in Muscel gefangen genommen. Die Securitate stellte ihnen eine Falle: Durch einen Freund von Toma Arnăuțoiu wurden den Partisanen Pässe und die Erlaubnis versprochen, das Land zu verlassen. Die Anführer der Arnăuțoiu-Gruppe wurden schlie‎ßlich in der Hütte eines Hirten gefasst. Nebst den Arnăuțoiu-Brüdern wurde auch Tomas zweijährige Tochter und ihre Mutter, Maria Plop, festgenommen. Toma Arnăuțoiu Schwester, Elena Florea Ioan, erinnerte sich im Jahr 2000 im Interview mit dem Zentrum für mündlich überlieferte Geschichte des Rumänischen Rundfunks an diesen Moment:



    Dieser [von der Securitate eingewiesene] Freund meiner Brüder kam mit etwas Schnaps, dem Betäubungsmittel beigemischt worden waren, und den Pässen zu ihnen. Und während sie sich unterhielten, bot er ihnen einen Becher Schnaps an. Toma wollte nicht trinken, Petrică trank eine Tasse Schnaps. Und als sie sich dort unterhielten und planten, wie sie flüchten sollten, standen drau‎ßen plötzlich die Securitate-Leute drau‎ßen, sie stürmten herein sund chnappten sich Toma. Er wehrte sich, sie wussten, dass er ein Tütchen mit Gift am Revers trug, damit er nicht lebendig gefangen genommen wird, sollte man ihn erwischen. Sie stürzten sich sofort auf Toma und nahmen ihm das Gift ab. Petrică schaffte es, zu entkommen, während Toma noch mit ihnen kämpfte. Er überquerte einen Fluss und bestieg ein Hügel, wo ihn jemand sah und und der Securitate verpfiff. Sie verfolgten ihn mit einem Hund und fanden ihn mit seinem Gürtel um den Hals, bereit, Selbstmord zu begehen.“




    Nach ihrer Verhaftung am 20. Mai 1958 werden die Mitglieder der Gruppe mehr als ein Jahr lang verhört. In der Nacht vom 18. auf den 19. Juli 1959 werden Toma Arnăuțoiu, sein Bruder Petre und 14 weitere Menschen, die ihnen neun Jahre lang geholfen hatten, erschossen.

  • Heldinnen des antikommunistischen Widerstands (1950er-60er Jahre): Elisabeta Rizea

    Heldinnen des antikommunistischen Widerstands (1950er-60er Jahre): Elisabeta Rizea

    In den Gebirgen Rumäniens hat sich schon beginnend mit dem Herbst 1944 ein antikommunistischer und antisowjetischer Widerstand gebildet. Zu diesem Widerstand in den rumänischen Karpaten gehörten Militärs, Studenten, Landwirte, Arbeiter, Männer und Frauen. Erst nach der Wende haben die Rumänen erfahren, dass auch Frauen Teil der Widerstandsbewegung waren. Dank der TV-Sendung Memorialul Durerii“ (zu deutsch: Denkmal des Leidens) wurde die Landwirtin Elisabeta Rizea aus der Gemeinde Nucşoara, Landkreis Argeş, dem breiten Publikum bekannt.



    Wenn wir heutzutage objektiv urteilen, könnten wir sagen, dass Elisabeta Rizea nichts Heldenhaftes unternommen habe. Sie hat an keiner Front gekämpft, hat niemandem das Leben gerettet, hat sich nicht aufgeopfert, damit jemand überlebt. Sie hat aber etwas anderes geschafft: Sie hat ihre Prinzipien eingehalten. Elisabeta Rizea hat nicht gelogen, hat ihre Nachbarn oder ihre Verwandte für die Securitate, die kommunistische Sicherheitspolizei, nicht bespitzelt. Sie hat niemals die Hoffnung verloren, dass die Gerechtigkeit siegen werde. Elisabeta Rizea stand auf der Seite derer, die für die Wahrheit und Gerechtigkeit kämpften und hat ihnen auch geholfen: Sie hat die Widerstandskämpfer mit Lebensmitteln versorgt und hat sie vor ihren Verfolgern beschützt.



    Elisabeta Rizea verkörperte den anständigen Bauern, der sein kleines Universum — Eigentum, Familie, Glaube — verteidigt hat. Dafür musste sie 12 Jahre im Gefängnis verbringen. Im Jahr 2000 hatte das Zentrum für mündliche Geschichte des Rumänischen Rundfunks die Ehre, Elisabeta Rizea zu interviewen. Sie war damals 88 Jahre alt. Sie erzählte über die Partisanen-Gruppe Arsenescu-Arnăuţoiu.



    Ich misch‘ mich in die Politik nicht ein, ich bin eine anständige Frau. Wenn man Rumäne ist, warum soll ich dann auf der Seite eines anderen Landes stehen und nicht auf der Seite meiner Rumänen? Ich habe sie [die Partisanen] nicht direkt getroffen. Wir hatten eine Weide, die hatte eine Baumhöhle, und sie diente als Postkasten. Wenn ich die Armee vorbeimarschieren sah, schrieb ich auf einen Zettel: ‚Vorsicht, die Armee kommt!‘ Wenn die Securitate-Offiziere kamen, denn sie kamen und beobachteten mich, hängte ich einen Krug an die Wand. Was die da drüben diskutierten, hörte ich aus dem anderen Zimmer. Ich schlich mich gleich weg. Ich hatte eine Leiter, ging die Leiter runter und steckte den Zettel in die Baumhöhle. Und die Jungs um Herrn Kapitän Arnăuţoiu fanden den Zettel und er las die Nachricht. Ich teilte ihm mit, wo sich die Armee aufhält, wo sie das Essen finden.“



    Laut ihren eigenen Aussagen wurde Elisabeta Rizea während der Ermittlungen gegen sie bewusstlos geschlagen. Ihre Haare hingen an einen Haken. In den Momenten machte sie mit der Zunge ein Kreuzzeichen und betete an Gott, nichts von dem, was sie wusste, verraten zu müssen. Elisabeta Rizea erinnert sich an die Besuche der Securitate vor ihrer Verhaftung:



    Ich hörte immer den Mann von der Securitate mit seinen Stiefeln auf den Holzbrettern treten. Wenn ich die Stiefeln hörte, hatte ich Angst, mein Herz schlug stark. Da dachte ich: Jetzt holen sie mich, sie werden mich erschie‎ßen. So habe ich [in ständiger Angst] gelebt, warum soll ich da lügen. Sie machten die Lampe stärker, lie‎ßen mich aufstehen und fragten mich über sie [die Partisanen] aus. Und ich sagte ihnen, ich wüsste nichts. Ich habe ihnen nichts gesagt. In dem Zimmer habe ich geschworen — auf dem Tisch lagen das Evangelium und das Kreuz. Ich habe das Kreuz in die Hand genommen und auf die Bibel geschworen. Oberst Arsenescu war auch da, Herr Tomiţă (Arnăuţoiu) war auch da und einige Ärzte. Alles gebildete Menschen. Ich habe geschworen, sie nie zu verraten. Und das habe ich auch eingehalten.“



    Vor mehr als 200 Jahren sagte der irische Philosoph und Staatsmann Edmund Burke (1729-1797): Damit das Böse siegt, müssen die Guten nichts tun.“ Im Fall von Elisabeta Rizea haben aber die guten Menschen die bösen unterstützt. Die Nachbarn haben sie bespitzelt und der Securitate berichtet. Sie wurde verhaftet. 1963 wurde sie aus der Haft entlassen und überlebte auch das politische Regime, das ihre Existenz geprägt hat.



    Der Einfluss Elisabeta Rizeas auf die öffentliche Meinung in Rumänien war sehr gro‎ß, insbesondere in den 1990er Jahren und Anfang des 21. Jahrhunderts. Als man den Vorschlag machte, ein Denkmal für den nationalen antikommunistischen Widerstand zu errichten, hat die rumänische Zivilgesellschaft sofort an eine Statue von Elisabeta Rizea gedacht.



    Im Jahr 2003 verlie‎ß die 91-jährige Bäuerin Elisabeta Rizea diese Welt und hinterlie‎ß die Erinnerung an ihre Würde. Ein kleines Beispiel dafür, wie ein Mensch gequält, gedemütigt, gepeinigt, aber niemals besiegt werden kann.



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