Tag: Architektur

  • Spiel für Kinder und Erwachsene: Die Suche nach Architektur-Schätzen

    Spiel für Kinder und Erwachsene: Die Suche nach Architektur-Schätzen

    Mit der Rückkehr der sonnigen Tage und dem Rückgang der Gesamtzahl der COVID-Infektionen haben die Menschen ihre spielerische Seite wiederentdeckt. In einem Gebiet in Bukarest hat die lokale Gemeinschaft eine Schatzsuche von Architekturelementen organisiert. Es gibt kein Spielerlimit, und jeder kann sich anmelden, entweder als Gruppe oder einzeln. Die Teilnahme ist kostenlos, und wenn man sich angemeldet hat, ist es egal, wo man anfängt, nur wie viele Hinweise man findet. Es gibt keinen vordefinierten Rundgang. Hat man einen Hinweis gefunden, muss man nur ein Foto von der Stelle machen, um sie zu markieren.



    Elena Lucaci, eine Vertreterin der Părinţi de Cireşari-Gemeinschaft, der Organisatorin der Jagd, sagt, dass die Gemeinschaft, die sie vertritt, vor ein paar Jahren aus dem Bedürfnis heraus geboren wurde, mehr Grünflächen zu schützen und zu schaffen.



    Wir organisieren Gemeinschaftsveranstaltungen und bündeln unsere Bemühungen, da wir alle Nachbarn sind – im wahrsten Sinne des Wortes. Im November 2020 haben wir 23 Setzlinge auf einem Spielplatz gepflanzt. Wir organisieren Müllsammelaktionen und alle möglichen Arten von Bürgeraktivitäten. Jetzt organisieren wir diese Architektur-Schatzsuche, die uns hilft, unsere Nachbarschaft besser kennenzulernen. Viele Leute, die hier leben, wissen nicht, dass ein Teil des Viertels eigentlich ein Schutzgebiet ist.



    Das Gebiet, auf das sich Elena Lucaci bezieht, wurde in der Tat nach dem Ersten Weltkrieg erschlossen, als in einem Teil des damaligen nördlichen Bukarests ein neuer Stadtteil namens Domenii-Park entstand. Auf Wunsch der Anwohner wurde 1935 die Caşin-Kirche gebaut. Die Schutzheiligen der Kirche sind die Erzengel Michael und Gabriel, aber auch die Heilige Katharina, was sie zu einer der größten orthodoxen Kirchen in Bukarest macht. Aus architektonischer Sicht ist die Kirche eine Mischung aus dem Brancoveanu-Stil und weiteren eklektischen Stilen, die auch in anderen Gebäuden in der Nachbarschaft zu sehen sind.



    Die Hinweise für die Schatzsuche sind witzig geschrieben, wie z.B. Finde ein Flachrelief oder Finde eine steinerne Ziege, und die Teilnehmer erhalten Punkte für jede Stelle, die sie identifizieren. Die größte Punktzahl entscheidet über den Sieger. Elena Lucaci erzählte uns, dass solche Gemeinschaftsveranstaltungen sehr beliebt sind.



    Wir haben eine große Anzahl von Teilnehmern aus der lokalen Gemeinschaft, wir müssen nicht auf Leute aus anderen Stadtteilen zurückgreifen, da wir eine ziemlich starke Gemeinschaft bilden. Wir kennen uns alle untereinander, obwohl wir recht zahlreich sind. Im Moment haben wir etwa 650 Mitglieder, darunter 50-60 sehr aktive Familien mit Kindern in allen Altersklassen.



    Wir haben Elena Lucaci gefragt, welche anderen Veranstaltungen sie organisiert hat und ob es eine Altersgrenze für die Schatzsuche gibt. Sie sagte uns Folgendes:



    Wir haben Anfang des Jahres eine Eiersuche für Kinder von 2-6 Jahren veranstaltet. Diese Schatzsuche richtete sich an Erwachsene und Kinder ab 11 Jahren. Die Hinweise sind nicht so komplex, und Kinder ab 11 Jahren können sich frei anmelden.



    Und da die architektonische Schatzsuche ein Stadtspiel ist, bei dem die Teilnehmer das architektonische Erbe der Stadt entdecken oder wiederentdecken und sich mit den Grundlagen der Architektur vertraut machen, erzählte uns Elena Lucaci von einigen der Hinweise, die die Teilnehmer am vergangenen Wochenende finden mussten.



    Es gab eine bestimmte Straße, in der sie einem bestimmten Geruch folgen mussten. Ein anderer Hinweis war, zwei Schwestern zu finden, die Rücken an Rücken stehen. Es gibt alle Arten von Hinweisen, die in der Architektur des Viertels versteckt sind. Es ist ein wenig seltsam, denn manche Leute halten an und fragen uns, was genau wir fotografieren, und wir fühlen uns verpflichtet zu erklären, dass es ein Spiel ist, dass wir in dieser Nachbarschaft leben und daran nichts falsch sei. Ich habe für dieses Projekt auch mit einem Team von Architekten zusammengearbeitet, die diese Art von Veranstaltungen in ganz Bukarest durchführen. Sie haben ähnliche Projekte mit anderen geschützten Bezirken gemacht.



    Die architektonische Schatzsuche ist ein idealer Zeitvertreib für das Wochenende, passend zu dem schönen Wetter draußen.



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  • Fürstenlandhaus in Potlogi: ein Kleinod der Brâncoveanu-Architektur

    Fürstenlandhaus in Potlogi: ein Kleinod der Brâncoveanu-Architektur

    Auf der A1-Autobahn ist der kleine Ort Potlogi im Kreis Dâmboviţa bequem zu erreichen. Der dortige Palast von Brâncoveanu war bis unlängst fast verwahrlost und für Touristen nicht zu besuchen. Ovidiu Cârstina, Direktor des Museums der Herrscherhöfe in Târgovişte, das auch den Palast in Potlogi betreut, kennt die Geschichte der Wiedergeburt dieses Baudenkmals:



    Der Palast in Potlogi hat zu einem neuen Leben gefunden, nachdem der Kreisrat Dâmboviţa eine Finanzierung der EU herangezogen hat. Der Standort ist wieder lebendig, man erlebt die Geschichte hautnah“, begeistert sich der Museumsdirektor. Der Palast ist einer von vier, den der Herrscher für seine vier Söhne bauen lie‎ß. Der Fürst hatte bereits ein Gut in der Gegend gekauft, weil es genau in der Mitte auf der alten Stra‎ße zwischen der alten Hauptstadt Târgovişte und Bukarest lag. Die 40 Kilometer schaffte der Herrschertross an einem Tag. Brâncoveanu lag Târgovişte sehr am Herzen, er war dort als Kind aufgewachsen und fand später auch die Mittel, um den fürstlichen Hof und den Palast zu sanieren — das geschah natürlich mit Zustimmung des Sultans in Konstantinopel. Jedes Jahr kam er gegen Ende des Sommers oder Anfang des Herbstes zum fürstlichen Hof nach Târgovişte, unter dem Vorwand, er müsse sich um die Weinlese kümmern, erzählt der Museumsleiter.



    Der Palast von Potlogi war für Brâncoveanus älteren Sohn Constantin bestimmt, den der Fürst als Thronfolger sah. Von den vier gebauten Palästen ist das Gebäude in Potlogi der Originalform nahezu getreu geblieben. Brâncoveanus Palast in Mogoşoaia direkt neben Bukarest ist von späteren Fürsten umgebaut worden, der Palast von Potlogi behielt seine ursprüngliche Form. In den 1950er Jahren wurde er vom Architekten Ştefan Balş restauriert. Nachdem Fürst Brâncoveanu zusammen mit seinen vier Söhnen und seinem Ratgeber Enache Văcărescu am 15. August 1714 in Konstantinopel vom Sultan hingerichtet wurde, plünderten die Türken den Palast in Potlogi und setzten ihn in Brand — sie hofften, auf die vermeintlichen legendären Reichtümer Brâncoveanus zu sto‎ßen.



    Im heute wieder restaurierten Palast können die Besucher die Innenräume besichtigen, aber auch die Küche, die sogenannte Droschkerei (Anbauten für die Verwahrung der fürstlichen Gefährte und der im Haushalt notwendigen Gerätschaft) und das Dienerhaus. Das sind feste Bestandteile, sie gehören zu allen Palästen Brâncoveanus — sie folgten derselben Blaupause, meint der Museograph Ovidiu Cârstina:



    Der Besucher entdeckt den Palast, in dem die Ausstellung versucht, jeden Raum in seiner Funktion darzustellen. Zu besuchen sind der Westteil, wo die Gemahlin des Fürsten ihre Gemächer hatte und sich auch die Kinderzimmer befanden, aber auch der Ostflügel ist sehr gut in Szene gesetzt — dort befanden sich der Festsaal und das Arbeitszimmer des Fürsten, dazu ein kleiner Thronsaal, wo er Gäste aus dem Ausland empfing und Verwaltungsentscheidungen traf“, erklärt der Wissenschaftler die Anordnung der Räume.



    Der Nordausgang führt in einen Park, wie ihn der Fürst an jedem Palast anlegen lie‎ß. Übrigens Park: Brâncoveanu veranlasste immer auch die Einrichtung eines kleinen Teichs, denn er lie‎ß gerne frischen Fisch servieren. Die Küche ist ebenfalls so wahrheitsgetreu wie möglich nachgebaut worden, man kann sich also sehr gut vorstellen, wie es um 1714 dort aussah und wie die Menschen dort arbeiteten. Es muss einen Riesenaufwand gegeben haben — es ist überliefert, dass den Gästen bis zu 72 einzelne Gänge aufgetischt wurden, allerdings kam es wegen der Entfernung zum Küchenhaus offenbar auch dazu, dass das Essen kalt wurde. Am Herrscherhof wurde ja nicht so gespeist, wie wir das heute tun, erläutert der Museumsfachmann — man sa‎ß stundenlang zu Tisch, unterhielt sich, Essen und Wein waren aufeinander abgestimmt.



    Und dann kommt man zur Droschkerei — das war sozusagen etwas wie die Hausmeisterei. Hier lag alles aus, was man zur Instandhaltung des Palastes, des Hofs, des Fischteichs brauchte, aber auch die Kutschen und sehr vieles mehr. Gleich hinter der Droschkerei liegt wie damals ein Garten — kein ansehnlicher, denn nicht für das Wohl des Auges war er eingerichtet, sondern für das leibliche Wohl. Hier wurde nämlich das ganze Gemüse angebaut, das für eine gute Küchenführung während Brâncoveanus Besuche in Potlogi notwendig waren, führt der Museograph Ovidiu Cârstina aus.

  • Französisch-rumänischer Architekt liebt Landleben und traditionelle Handwerke

    Französisch-rumänischer Architekt liebt Landleben und traditionelle Handwerke

    Pierre Bortnowski ist Architekt, hat an dem Saint Luc Architecture Institute in Brüssel studiert und anschlie‎ßend ein MBA an der Upper School of Commerce in Paris gemacht. Dann kam er mit einem Erasmus-Stipendium an der Polytechnischen Universität von Timişoara in Rumänien an. Pierre Bortnowski hat mit dem Architekten Şerban Sturdza an zahlreichen Projekten gearbeitet, er war an Städtebau-Workshops in Timişoara beteiligt, er hat an den Restaurierungsworkshops in Curtişoara, im Süden Rumäniens, teilgenommen, er hat zusammen mit zwei anderen Kollegen die Handwerker-Mappe gegründet und derzeit ist er Partner und Gründungsmitglied eines Architekturbüros in Bukarest. Wie die rumänische Erfahrung für Pierre begann, erfahren wir in den folgenden Minuten:



    Ich hatte Glück, dieses Erasmus-Studium aufnehmen zu können. Ich kannte Rumänien bereits, weil mein Vater Rumäne ist, er ist in Bukarest geboren, mein Gro‎ßvater in Sinaia und meine Gro‎ßmutter stammt aus Oltenien. Er verlie‎ß Rumänien im Jahr 1973 und wir hatten die Gelegenheit, ein paar Mal hierherzukommen, als ich noch ein kleiner Junge waren. Trotzdem — das Erasmus-Studium hat den Ausschlag gegeben. Ich war im vierten Studienjahr, es war ein wunderbares Jahr in Timişoara — dem schönsten Dorf in Rumänien. Ich sage spa‎ßeshalber ein Dorf, weil ich zuerst in Paris und dann in Brüssel gelebt habe. Es ist also der Grö‎ßenunterschied. Es ist auch eine Universitätsstadt und, vier Monate nach meiner Ankunft, traf ich jedes Mal, wenn ich in die Stadt fuhr, jemanden, den ich kannte, und ich hatte den Eindruck, dass wir wie in einem Dorf sind, wo man alle kennt, wenn man auf die Stra‎ße geht. Es war sehr angenehm. Ich habe dort viele Aktivitäten besucht, ich habe einige motivierte Studentengruppen kennengelernt, die jeweils an bestimmten Aktivitäten beteiligt waren. Ich habe versucht, an allem teilzunehmen, es war äu‎ßerst motivierend. Ich bin für das letzte Studienjahr nach Brüssel zurückgekehrt und bin am Ende meines Studiums endgültig nach Rumänien zurückgekommen. Abgesehen von der Zeit, als ich vor zwei Jahren meinen MBA gemacht habe, lebe ich seit 2009 in Rumänien. Ich hatte die Möglichkeit, fünf Jahre mit Şerban Sturdza zu arbeiten, der für mich mehr als nur ein Lehrer war. Er war ein Mentor, es war eine unglaubliche Erfahrung. Aber vorher — und das ist ein weiterer Grund, warum ich hierhergekommen bin — hatte ich die Chance, mein eigenes Praktikum zu machen, nicht das, das ich brauchte, um als Architekt unterschreiben zu können. Ich habe mit Handwerkern gearbeitet. Wir haben jedes Jahr Sommercamps in Curtişoara organisiert. Das Grundstück hatte mein Gro‎ßvater Anfang des 20. Jahrhunderts gekauft, er hat die Liegenschaft auf Vordermann gebracht und ich fühle mich sehr wohl, wenn ich dort bin, auch deshalb, weil es genau genommen ein gro‎ßartiger Ort neben Curtişoara ist. Jeden Sommer mit den Studenten führen mein Vater, meine Schwester und unsere Freunden diesen Workshop durch und bieten ihnen die Möglichkeit, Materialien in die Hände zu nehmen, so wie ich meinerzeit machte, und sie helfen uns, den Ort zu restaurieren. Es ist eine Win-Win-Partnerschaft. Vor kurzem habe ich mit meiner Frau, weil ich inzwischen auch verheiratet bin, ein Architekturbüro eröffnet, und wir sind sehr glücklich, weil wir viele Kunden haben. Im Moment haben wir jemanden angestellt, damit wir keine Aufträge verlieren.“




    Rumänien ist für Pierre Bortnowski ein sehr attraktives Land, voller Möglichkeiten und im Wachstum begriffen. Wie sieht Pierre sein zweites Zuhause?



    Durch meine Augen gesehen ist Rumänien ein wunderbares Land, deshalb sind wir ja hierhergekommen, das ist klar. Es gibt viele Möglichkeiten, es ist ein sehr schönes und sehr reiches Land, und es scheint mir, dass es viel zu tun gibt. Es scheint mir auch ein sehr motivierender Ort zu sein. Das hei‎ßt nicht, dass alles perfekt ist, aber ich sehe dies als Chance. Und auf meinem Gebiet, im Bauwesen, in der Architektur, scheint mir, dass so viele Dinge gut gemacht wurden, wobei ich mich auf das Bauerbe beziehe. Ich bin vorsichtiger, wenn wir über die Art und Weise sprechen, in der heute gebaut wird. Ich denke, dass nur sehr wenige neue Gebäude 100 Jahre später noch vorhanden sein werden, und hier spreche ich sowohl die Struktur als auch die Qualität an. Das Bauerbe ist hingegen gut, denn wenn es noch steht, bedeutet das, dass es gut gebaut wurde. Ein weiteres echtes Problem ist dieser massive Exodus, der mir die Chancen, die sich hier bieten, zu schwächen scheint, denn es ist sehr schwierig, jemanden zu finden, mit dem man arbeiten kann. Handwerker sind die, die die Grundlagen am besten beherrschen, und es ist sehr schwer, Qualität zu fordern, wenn die Kontrolle fehlt, die früher in den Händen der guten Handwerker lag, die heute nicht mehr so leicht zu finden sind.“




    Pierre Bortnowski ist per Definition ein Stadtmensch, aber er liebt das Landleben, die Traditionen und das Handwerk und wünscht sich, dass diese mehr geschätzt, bewahrt und gefördert werden. Was ist das Einzigartige an Rumänien?



    Das aktive ländliche Leben, das gegenwärtig gefährdet ist. Das scheint mir ein Element zu sein, mit dem Rumänien sich noch unterscheiden kann, aber wir hinken schon ein bisschen hinterher. Die Schulen in jedem Dorf, das öffentliche Leben dort sollten sehr schnell und kraftvoll wieder aufgebaut werden. Die Menschen sollten ermutigt werden, nicht mehr wegzuziehen. Ländliche Landwirtschaft mit nicht intensiver Subsistenz ist das, was im Westen verschwunden ist und auf touristischer und kultureller Ebene am meisten gefragt ist. Dies ist eindeutig eine Priorität für mich: Dorf, Kultur und Landwirtschaft, die von unendlichem Reichtum sind. Aber es gibt keine Kontinuität, es hörte jetzt auf. Deswegen sage ich: Es ist dringend! Wir sollten aufwachen und etwas zu tun! Es ist kurz vor Zwölf.“

  • Architektur-Studentin aus Brasilien: „Rumänien ist ein sicheres Land“

    Architektur-Studentin aus Brasilien: „Rumänien ist ein sicheres Land“

    Hallo, ich hei‎ße Nayara Suila Santiago Sacramento, ich bin Brasilianerin und komme aus der Stadt Salvador da Bahia. Zurzeit lerne ich die rumänische Sprache an der Technischen Universität für Bauingenieurwesen in Bukarest. Ab nächsten Jahr werde ich an der Ion-Mincu-Universität für Architektur und Stadtplanung in Bukarest studieren. Nayara Suila ist ein alter brasilianischer Eingeborenen-Name, der ‚sensible Frau, gut für die Seele, wie man sie wünscht‘ bedeutet. Santiago, der Nachname meiner Mutter, ist spanischer Herkunft, und Sacramento ist der Familienname meines Vaters. Seine Familie stammt von den afrikanischen Sklaven, die von portugiesischen Kolonisten nach Brasilien gebracht wurden.“




    Bis 2018 studierte Nayara Suila Santiago Sacramento Architektur und Stadtplanung in Brasilien an der Universidade Federal da Bahia. Während einer postgradualen Spezialisierung erfuhr sie von einer Kollegin, wie es möglich sei, in Rumänien durch das Stipendiensystem zu studieren, das der rumänische Staat ausländischen Staatsbürgern zu Verfügung stellt.



    In meiner Kindheit, als ich spielte, stellte ich mir immer vor, ich wäre Architektin. Ich zeichnete sehr viel. Ich liebe es, den Raum zu strukturieren, zu organisieren. Durch eine optimale Raumverteilung kann man viele Probleme lösen, damit sich die Menschen wohl fühlen. Ich mag die Art, wie ein Architekt bei der Gestaltung eines Gebäudes das Licht und den Wind einbeziehen muss.“




    Rumänien ist das erste fremde Land, das Nayara kennengelernt hat. Wie findet sie Rumänien?



    Sicherheit ist das Erste, was mir hier aufgefallen ist, Rumänien ist ein sicheres Land. Für mich ist das besonders wichtig, denn in Brasilien, in fast jeder kleinen oder gro‎ßen Stadt, fühlt man sich wegen der Gewalt nicht sicher. Brasilien ist ein sehr schönes Land, aber dort gibt es viel Gewalt. In Rumänien ist das nicht der Fall. Au‎ßerdem sind die Leute hier sehr höflich zueinander, ich bemerke kleine Gesten, die den Unterschied ausmachen, zum Beispiel, wie jemand die Tür öffnet, um einen anderen hereinzulassen. Gleichzeitig gibt es Unterschiede zu Brasilien. Wir Brasilianer sind offener für alles Neue. Ein Beispiel: Wenn wir einfach Schlange stehen oder auf den Zug warten, kommen wir sofort ins Gespräch und aus dieser einfachen Unterhaltung kann sich eine langjährige Freundschaft entwickeln.“




    In ihrer Freizeit hört Nayara Suila Santiago Sacramento gerne Musik, geht mit Freunden in die Stadt oder liest Bücher:



    Ich liebe die Musik, für mich ist das eine Möglichkeit, meine Fremdsprachenkenntnisse zu verbessern. Die Musiktexte haben mir geholfen, Englisch zu lernen, und sie helfen mir auch, Rumänisch zu lernen. Ich höre rumänische Sänger und Musikgruppen wie Ioana Ignat, Andra, Carla‘s Dreams — ganz besonders mag ich ein Lied, »Forever«, es ist sehr romantisch. Ich lese gern brasilianische Schriftsteller, zum Beispiel Machado de Assis, einen romantischen Autor. Er hat »Senhora« geschrieben, ein Buch über eine Frau, die unabhängig wird. Ich habe immer die Unabhängigkeit bei einer Frau bewundert.“




    Im Sommer 2019 wird Nayara höchstwahrscheinlich nach Brasilien fliegen, um ihre Familie zu besuchen. Sie vermisst ihre Familie, aber gleichzeitig genie‎ßt sie jede neue Erfahrung in Rumänien:



    Ich möchte reisen und im Ausland arbeiten. Das habe ich mir schon immer gewünscht. Mit jedem Tag fühle ich mich immer stärker. Ich lebe sehr intensiv und fühle, wie ich mich von Tag zu Tag entwickle. Meine Familie vermisse ich sehr. Meine Mutter ist Psychologin und mein Vater arbeitet auf dem Gebiet der technischen Chemie. Ich habe zwei Schwestern, eine ist neun Jahre älter als ich, und die andere ist ein Jahr jünger. Meine ältere Schwester ist Geographielehrerin, und meine jüngere Schwester ist Chemieingenieurin. Und ich vermisse auch meinen Hund, einen Labrador namens Sol (»Sonne« auf Portugiesisch). Ich schaue mir immer wieder Fotos und Videos mit meinem Hund an. Ich vermisse sie alle.“




    Im Jahr 2022 sollte Nayara Suila Santiago Sacramento ihr Magisterstudium im Bereich Architektur an der Ion-Mincu-Universität für Architektur und Stadtplanung in Bukarest abschlie‎ßen. Wie sehen ihre Zukunftspläne aus?



    Ich möchte arbeiten, finanziell unabhängig sein, und dies kann entweder hier in Rumänien oder in Brasilien geschehen. Wir erleben ziemlich schwierige Zeiten, in Brasilien ist es nicht einfach, im Architekturbereich zu arbeiten, umso mehr, dass es in unserer Familie keine Architekten gibt. Ich würde sehr gern in dem Bereich arbeiten, wofür ich mich vorbereitet habe. In meiner Heimat Brasilien habe ich bereits ein wenig in diesem Bereich gearbeitet, ich habe Praktika absolviert, aber ich würde auch gerne hier in Rumänien als Architektin in einem Unternehmen arbeiten, es wäre schon interessant. Oder ich könnte auch Lehrerin werden, weil ich gerne unterrichte, ich mag alles, was mit Pädagogik und Unterricht zusammenhängt.“

  • Feminismus und weibliche Protagonisten in der rumänischen Kunst

    Feminismus und weibliche Protagonisten in der rumänischen Kunst

    Neulich veranstaltete der Verband 4Culture“ in Zusammenarbeit mit der Bukarester Filiale des Rumänischen Architektenverbandes die Debatte Istorii şi naraţiuni. Despre feminism în România“ (Geschichten und Erzählungen. Über Feminismus in Rumänien“). Andreea Căpitănescu, Gegenwartstanz-Choreographin, Kulturmanagerin und künstlerische Leiterin des Verbands 4Culture“, spricht über die Frauenpräsenz in den Performance-Künsten in Rumänien:



    Im Bereich Gegenwartstanz sind die männlichen Choreographen viel mehr zu sehen, sie sind bekannter als die Choreographinnen, auch wenn die Anzahl der Frauen, die ein Choreographie-Studium abschlie‎ßen, viel höher als die der Männer ist. Ein Grund dafür wäre, dass sowohl in den Theatern als auch in anderen wichtigen Kunsteinrichtungen oder bei wichtigen künstlerischen Ereignissen die Führungsposten und die Entscheidungsstellen überwiegend von Männern belegt werden. Es ist in der Tat viel schwieriger, sich als Frau im Bereich der Künste Gehör zu verschaffen, sichtbar zu werden. Wir reden hier von übertriebenem Stolz: Die Männer versuchen, uns einzuschüchtern, sie sind ziemlich aggressiv und auf einen solchen Machtkampf sind die Frauen nicht immer vorbereitet.“




    Es gibt aber auch Frauen, die sich im Kunstbereich bewähren und die Dinge in Bewegung setzen. Die Kulturmanagerin Andreea Căpitănescu dazu:



    Es gibt sicherlich auch wichtige Künstlerinnen und Kuratorinnen, wie zum Beispiel Valentina Iancu, die an unserer Debatte teilgenommen hat. In der Zeit, als sie Kuratorin am Nationalen Kunstmuseum Rumäniens war, versuchte Valentina Iancu, rumänische bildende Künstlerinnen zu fördern und bekannt zu machen. Es ging dabei um Künstlerinnen, die nicht einmal andere bildende Künstler kannten. Diese Frauen wurden absichtlich ignoriert oder fälschlicherweise mit politischen Bewegungen vom Anfang des 20. Jh. in Zusammenhang gebracht. Valentina Iancu hat sich bemüht, diese vergessenen Künstlerinnen vor die Öffentlichkeit zu bringen, sie hat Ausstellungen veranstaltet, hat auch ein Album herausgegeben… sie hat schon Spuren hinterlassen. Und es gibt auch andere feministische Künstlerinnen und Kuratorinnen. Seit einigen Jahren arbeite ich mit Olivia Niţiş zusammen, sie ist eine aktive Feministin und tut alles, um Künstlerinnen zu fördern. Ich kenne auch mehrere Frauen, die Kurse über Gender Studies halten und regelmä‎ßig über die Bedeutung der Frauenbildung, des freien Zugangs der Frauen zu Bildung schreiben. Sie setzen sich für die Frauen in den marginalisierten Gesellschaftsbereichen ein, sie kämpfen für Frauenrechte, sie kämpfen gegen Gewalt. Ich könnte jetzt auf Anhieb Oana Băluţă und Mihaela Miroiu erwähnen, aber es gibt viele andere Künstlerinnen, wie zum Beispiel Marilena Preda-Sânc, die ihrerseits versuchen, andere Frauen weiterzubilden und weniger bekannte Aspekte der Frauendiskriminierung in den Mittelpunkt zu bringen.“




    Valentina Iancu ist Expertin für visuelle Künste, Kulturjournalistin und selbsterklärte Feministin. Für sie ist der Feminismus mit der Definition des ursprünglichen Konzepts eng verbunden, er ist eine Bewegung, die fest daran glaubt, dass Frauen und Männer gleiche Rechte genie‎ßen müssen“. Darüber hinaus gibt es aber auch viele Nuancen, denn jeder kann diese Bewegung gemä‎ß der persönlichen Grundsätze und Ideologien interpretieren. Valentina Iancu:



    In Rumänien ist der neoliberale Feminismus vorwiegend, das ist der Feminismus, der von den amerikanischen Forschern als »wei‎ßer Feminismus« definiert wird. Der sog. »wei‎ße Feminismus« kümmert sich vor allem um die Probleme der Frauen, die die Mehrheit der Bevölkerung ausmachen, und neigt dazu, andere Schichten und andere Erfahrungstypen zu ignorieren. Auch in der Kunst spielgelt sich vor allem dieser »akademische Feminismus« in den Werken und den Aktionen der meisten rumänischen Künstlerinnen wider. Eines finde ich aber interessant: Neulich gruppierten sich mehrere junge Künstlerinnen in eine etwas radikalere Initiative, um eine neue Frauenzeitschrift herauszugeben. Die erste Auflage der Zeitschrift »CUTRA« [zu deutsch in etwa: »DIE HINTERHÄLTIGE« – Anm. d. Red.] wurde am 1. Dezember vorgestellt. Ziel der Zeitschrift »CUTRA« ist, zum ersten Mal in Rumänien die Grundsätze des intersektionellen Feminismus bekannt zu machen. Es geht darum, dass eine Frau mit vielen verschiedenen Problemen konfrontiert wird, je nachdem, welcher ethnischen Gemeinschaft sie angehört. Eine Frau definiert ihre Identität nach vielen Kriterien, nicht nur dadurch, dass sie weiblich ist.“




    Was die Präsenz von Frauen im Bereich der visuellen Künste angeht, so ist die Situation etwa dieselbe wie im Bereich Theaterregie. In den Kunstuniversitäten gibt es sehr viele Studentinnen, aber nach dem Abschluss haben es Frauen viel schwieriger, eine Karriere zu starten. Frauen werden fast immer verdächtigt, dass sie eines Tages die Kunst beiseitelassen und sich für die Familie entscheiden würden. Die Expertin für visuelle Künste Valentina Iancu dazu:



    Wir haben den Eindruck, dass es mehr Künstlerinnen gibt, aber wir sehen sie nicht, zumindest nicht in den Strukturen, wo viel Geld zu Verfügung steht und viel Macht ausgeübt wird. Die Künstlerinnen entdecken wir am Rande des Geschehens, wir sehen, wie sie ums Überleben, um einen Platz in der Öffentlichkeit kämpfen. Bei den älteren Generationen ist das Problem deutlicher, wir sprechen von etablierten männlichen Künstlern im Alter von 60–70 Jahren, die in ihrer Karriere ein gewisses Niveau erreicht haben, und von weiblichen Künstlerinnen in demselben Alter, die zur gleichen Zeit debütiert, genauso viel gearbeitet und genauso oft ausgestellt haben, und leider nicht dieselbe Anerkennung genie‎ßen.“




    Die Debatte bleibt weiterhin offen. Andreea Căpitănescu, Gegenwartstanz-Choreographin, Kulturmanagerin und künstlerische Leiterin des Verbands 4Culture“, ist aber der Meinung, die rumänische Gesellschaft sei noch nicht offen genug für solche Debatten. Die meisten Männer im Kulturbereich schmunzeln vor sich hin, wenn sie von Veranstaltungen über Feminismus hören. Das Thema sei für sie, leider, immer noch etwas Frivoles.

  • Zur Entwicklung der Bukarester Stadtarchitektur: Jugendstil leitete Moderne ein

    Zur Entwicklung der Bukarester Stadtarchitektur: Jugendstil leitete Moderne ein

    In der Modernisierung spielt aber nicht nur die rumänische Hauptstadt eine Rolle, sondern auch der Rest des Landes — eine Residenzstadt wächst nämlich niemals von alleine. Also ist Bukarest die Synthese der allgemeinen städtischen Entwicklung in Rumänien, mit Einflüssen aus der westlichen Architektur, die mit der Moderne gleichgesetzt wurden, aber auch mit Wurzeln in der traditionellen rumänischen Baukunst.



    Bukarest hat in der Zwischenkriegszeit seine bedeutendste Verwandlung erfahren, während der Herrscherzeit Karls II., also zwischen 1930 und 1940. Sorin Vasilescu ist Professor an der Bukarester Universität für Architektur und Stadtplanung Ion Mincu“. Er berichtet, die Architektur der Zwischenkriegszeit sei in Bukarest stets in enger Verbindung mit dem Königshaus gewesen.



    Wenn es um die rumänische Architektur der Zwischenkriegszeit geht, können wir eigentlich nur von der königlichen Architektur reden. Auch für Bukarest gibt es eine Phase Karls I., eine Phase, die der Herrscherzeit von Ferdinand I. zugeordnet werden kann, und die unglaubliche Phase Karls II., der dem damaligen Bürgermeister träumerisch sagte, er wollte von der Stadt aus das Meer sehen. Es war keine uninteressante Idee, er wollte eigentlich vom Königspalast bis auf den Hauptboulevard sehen können, die Aussicht war ihm damals von den Königlichen Stiftungen versperrt. Er wollte sie verschwinden sehen. Das Unterfangen, das zum heutigen Gesamtbild des Palast-Platzes geführt hat, wurde unter seiner Aufsicht abgeschlossen, dadurch wurde der Platz völlig verändert. Links und rechts von den Königlichen Stiftungen, der aktuellen Zentralen Universitätsbibliothek, standen zwei wichtige Gebäude. In einem hatte der Rumänische Jockey-Club den Sitz, und das Innenministerium, das ehemalige Zentralkomitee der Kommunistischen Partei, war hinter einem Gebäude verborgen, praktisch auf einem anderen Platz. Dieser Platz wurde erweitert und, wie bei jeder lobenswerten und umstrittenen Architektur-Aktion, entstand dort eines der Jugendstil-Wunder der Stadt, das Meisterwerk von Daniel Renard und Téophile Bradeau, das Athénée-Palace-Hotel.“




    Den stärksten Einfluss auf die Bukarester Architektur hatte der Jugendstil. Vertreten sind ferner auch die sogenannte Staatsarchtitektur“, die faschistische Architektur aus Italien, und gegen Ende der 1920er und in den 1930ern der nordamerikanische Art-Noveau-Stil. In der rumänischen Architektur hat der Jugendstil aber die Moderne eingeleitet, wei‎ß Sorin Vasilescu.



    Der glänzende Jugendstil hier kann in mehrere Kategorien eingeteilt werden. Es gibt ein französischer Art Noveau von französischen Architekten, ein französischer Art Noveau von rumänischen Architekten, einen siebenbürgischen Jugendstil ungarischer Architekten der Ödön-Lechner-Schule, die ihrerseits in der Wiener Secession ihren Ursprung hatte. Für Rumänien gab es vielfache Inspirationsquellen. Für das Alte Königreich ist der Jugendstil der Übergang von einer Welt zur anderen, ein Schnitt der Nabelschnur zwischen der Moderne und dem Historismus. Der italienische Kunsthistoriker Giulio Carlo Argan hatte also nicht umsonst gesagt, dass die erste Form der Moderne der Jugendstil war. Unser Jugendstil, egal ob wir ihn als Ur-Art-Nouveau bezeichnen, wie etwa den neorumänischen Stil, oder ob wir vom Sezessionsstil sprechen, wenn es um Siebenbürgen, das Banat und die Bukowina geht — damit meinen wir immer ein und denselben Baustil. Es war der erste Moment, in dem wir den Anschluss geschafft hatten, in dem unsere Architektur nicht mehr minderwertig und abgekupfert war und die Baukunst im Westen nicht mehr überlegen war.“




    Der Einfluss der Tradition war nicht weniger wichtig, als in der Bukarester Architektur ein moderner rumänischer Stil entstand. Das sei der neurumänische Stil gewesen, erklärt Sorin Vasilescu.



    Unser junge Art Nouveau, der mit Ion Mincus Namen stark in Verbindung steht, ist ein Stil gewesen, der mit den ganzen Invarianzen und den spezifischen Stilelementen durch Grundformen in die Geschichte unserer Architektur eingegangen ist. Das bedeutet nicht, dass wir jemals die westliche Architektur geprägt hätten, aber mit dem Gespür eines Jagdhundes ist es unseren Architekten kategorisch gelungen, die Realität jener Zeit zu erfassen, den stilistischen Werdegang der Epoche, das, was in der Architektur geschah, und die Art und Weise, in der die traditionellen Elemente in eine unterschiedliche Sprache übersetzt werden konnten. Würde man die Tradition literweise messen, so würde man bei der Moderne ein Meterma‎ß nehmen. Wir sehen uns also mit unterschiedlichen Ma‎ßeinheiten konfrontiert, die nicht vollständig ineinanderflie‎ßen können. Aber der Versuch unserer Architekten, eine Identität zu finden, ist ein Element, das bereits seit der Brâncoveanu-Zeit pulsiert. Die Werte des neuen rumänischen Stils verarbeiten und verändern die Skala nicht zufällig. Die Skala der gro‎ßen, raffinierten Elemente der Brâncoveanu-Zeit bekleidet orientalische Werte in westlicher Planimetrie und Kompositionsgrundsätzen. Das ist die Quelle der ersten Form rumänischer Moderne. Man muss nur durch Bukarest spazieren und die neorumänischen Werke von Petre Antonescu sehen. Sie waren beeindruckend, stie‎ßen aber auch auf Kritik, weil sie die traditionelle Werteskala auf den Kopf stellten. Doch die Wenigsten waren darauf gekommen, dass die veränderte Skala im Baustil von Petre Antonescu auch auf die vor genau 100 Jahren verdoppelte Bevölkerungsskala Rumäniens zurückzuführen war. Ein Bürgermeisteramt für 8 Millionen Einwohner hatte eine Verwaltung von einer gewissen Grö‎ße, aber eines für 18 Millionen Einwohner, die rumänische Bevölkerung vor 100 Jahren nach der Vereinigung, ist von einer ganz anderen Grö‎ßenordnung.“




    Die Architektur in Bukarest erreichte in der Zwischenkriegszeit ein Höchstma‎ß an Integration westlicher Ideen und an Innovation. Trotz der eher unglücklichen Veränderungen nach 1945 trägt die rumänische Hauptstadt noch die Handschrift der Architekten aus der Zeit der Monarchie.

  • Urban Eye Festival: Architektur als Inspiration für Schmuckdesign

    Urban Eye Festival: Architektur als Inspiration für Schmuckdesign

    Geräusche, die an einer Schlosserwerkstatt erinnern: Ein Hammer schlägt in regelmä‎ßigem Takt auf ein Metallstück, ein Schleifgerät ist in Betrieb, eine Drahtbürste reibt das Metallteil. Das Ergebnis? Ein Schmuckstück. Oder besser gesagt, eine Juwelensammlung angeregt durch die Stadtlandschaft. Ganz genau — das war das Thema des Workshops Urbane Spuren im zeitgenössischen Schmuckgeschäft“, veranstaltet von der Organisation UrbanEye & Assamblage. Leiter des Workshops war der Designer David Sandu, der Stifter einer Schule für Schmuckmacher.



    Die Verbindung zur Architektur und zum Urbanismus im Rahmen des von Urban Eye veranstalteten Workshops ist sehr interessant. Es handelt sich eigentlich um ein Architekturfilmfestival, das heuer Kunst und Design in den Vordergrund bringt. Die Veranstalter des Festivals dachten, es sei interessant, auch Leute, die eine Leidenschaft für Architektur und zeitgenössischem Schmuck haben, zum Festival einzuladen. Ihnen sollte die Gelegenheit geboten werden, mit verschiedenen Texturen, Oberflächen und anderen Dingen zu experimentieren, die mit verschiedenen urbanen Elementen in Verbindung gebracht werden können.“




    Alma Levent ist 21 Jahre alt und studiert an der Universität für Architektur und Urbanismus Ion Mincu“. Sie meldete sich für diesen Workshop aus folgenden Gründen an:



    Die Idee, ausgehend von urbanen Elementen Schmucksachen zu fertigen, fand ich besonders attraktiv. Das bedeutet, ich muss von einem gro‎ßen Element ausgehen und es so stark synthetisieren, bis ich ein Detail, ein kleines Teilchen erreiche, das ich persönlich gerne tragen würde. Ich bin von einem für Bukarest definitorischen Element ausgegangen — und zwar von der U-Bahn. Ich wollte alles in einer vereinfachten Form darstellen, viel mehr eine Ahnung hervorrufen, als eine deutliche Erklärung. Zum Schluss werden Sie eine Struktur erkennen sowie zusammengefasste Formen und übertragene Architekturelemente.“




    Anca Croitoru ist 27 Jahre alt. Sie ist Architektin. Sie erzählte uns, warum sie am Workshop teilnahm:



    Das Thema war sehr spannend, meiner Ansicht nach. Ich habe mich in der Vergangenheit an einem Kurs für Schmuckdesign hier beteiligt und ich nehme auch weiterhin an verschiedenen Kursen teil. Es ist das erste Mal, dass ich die Verbindung zwischen Schmuck und Architektur ins Detail untersuche. Es besteht eine enge Verbindung auf ästhetischer Ebene, sowie was die Geometrie und die Stoffe anbelangt. Ein Unterschied, der mich immer wieder positiv überrascht, ist die Dimension, mit der gearbeitet wird. Bei der Schmuckherstellung gibt es immer ein Verhältnis von 1 zu 1 zum geschmiedeten Gegenstand. Der Gegenstand wird von einem selbst entworfen und handgemacht. Im Vergleich dazu arbeiten die Architekten mit Entwürfen im Kleinformat. Nachdem die Pläne feststehen, kümmern sich die Baumeister um ihre Umsetzung. Bei diesem Workshop versuchte ich, das Museum Kolumba, entworfen von Peter Zumthor in Köln, nachzustellen. Es ist ein einmaliges Museum, eine unwiederholbare Grabungsstätte. Es hat eine spannende Geschichte. Ursprünglich war es eine Kirche. Sie wurde bei einem Bombardement, zusammen mit der ganzen Stadt, zerstört. Mehrere Jahre wurde diesbezüglich nichts getan. Und dann wurde irgendwann die Errichtung des Museums in einem Architekturwettbewerb ausgeschrieben. Der Architekt Peter Zumthor gewann den Wettbewerb und integrierte auch die Grabungsstätte in sein Projekt. Denn dort wurden auch romanische und gotische Ruinen aufgefunden, die nun zum Museum gehören. Das Museum umfasst auch eine Kapelle, die zur Erinnerung an die ehemalige Kirche gebaut wurde. Das Museum bietet eine neue architektonische Perspektive, ein einmaliges Bild. Denn indem sie sich das Museum anschauen, lesen die Besucher eigentlich die Geschichte der Stadt.“




    Was gibt denn das Schmuckstück wieder von der ganzen Geschichte? Dazu Ana Croitoru:



    Der von mir gefertigte Schmuck wird ein Fassadenelement wiedergeben. Ich glaube, es wird letztendlich eine Brosche werden. Wer so etwas herstellt, muss sich an alle richten, das Bild spricht für sich.“




    Auch von Zoran Popovici, einem 39-jährigen Architekten, wollten wir erfahren, warum er sich an dem Workshop beteiligte:



    Aus purer Neugierde. Ich wollte schauen, was die Juwelanfertigung an sich hat. Was es bedeutet, mit verschieden Stoffen zu arbeiten. Ich war angenehm überrascht festzustellen, dass sich die Stoffe anders anfühlen und bearbeiten lassen als erwartet. Sie haben ihre eigene Sprache, sie sind lebendig. Ich werde eine Brosche in Form eines Möbiusbands entwerfen. Ich versuche damit, die Bewegungen innerhalb der Stadt zu erfassen. Ich bemühe mich, das optimale Stadtbild wiederzugeben.“




    Wir erkundigten uns bei David Sandu, dem Leiter des Projektes, was für urbane Details als Arbeitsgegenstand ausgesucht werden und was wir durch ein Juwel ausdrücken können:



    Es gibt ganz viele Möglichkeiten! Es gibt berühmte Schmuckkollektionen. Es gibt Schmuckkollektionen, die auf Kanaldeckel aus Gusseisen in Italien oder Frankreich aufbauen. Es gibt Schmuckstücke, die den Umriss mancher Gebäude nachstellen oder berühmte Architekturpläne, die in den 1970er Jahren zu Juwelen bearbeitet wurden. Berühmte Designer und Architekten der Zeit arbeiteten zusammen und versuchten sich auch im Schmuckdesign.“




    Was die im Rahmen des Workshops angefertigten Schmuckstücke betrifft, habe der Projektleiter David Sandu überhaupt keine Erwartungen:



    Ich wünsche mir, dass die Teilnehmer ihren Spa‎ß daran haben. Es ist schön, die Möglichkeit zu haben, zu experimentieren. Das Endergebnis ist niemals das, was man ursprünglich erwartet hatte. Das bedeutet, die Teilnehmer entdecken neue Wege im Laufe der Arbeit, es gibt keinen vorgegebenen Plan. Die Herausforderung besteht darin, authentisch und kreativ zu sein, sich von gut einstudierten Lektionen zu entfernen.“




    Wer sich für Architektur und Urbanismus interessiert, kann zahlreiche Veranstaltungen im Rahmen des Urban Eye Festivals genie‎ßen. Das Festival findet im Bukarester Kulturhaus ARCUB statt. Ebenfalls dort erwartet die Ausstellung Understanding Design“ ihre Besucher. Die Ausstellung stellt die Ergebnisse des Architektur- und Schmuck-Workshops aus.

  • Stadterkundungen: Bukarest durch Geschichte, Literatur und Street Art entdeckt

    Stadterkundungen: Bukarest durch Geschichte, Literatur und Street Art entdeckt

    ARCEN und Interesting Times Bureau sind zwei Kulturvereine, die uns einladen, Bukarest mittels Stadtführungen zu entdecken. Dabei erfährt man mehr über die Stadt in der Zwischenkriegszeit, über die Geschichte unterschiedlicher Gebäude und über das Leben im Kommunismus. Edmond Niculuşcă, Vorsitzender und Gründer von ARCEN, dem Rumänischen Verein für Kultur, Bildung und Normalität, glaubt, dass die Menschen sich mehr für die Stadt interessieren würden, wenn sie ihre Geschichten kennen würden. Deswegen wurde auch das Projekt ARCEN ins Leben gerufen, als er noch Schüler der Zentralen Schule in Bukarest war.



    ARCEN versucht die Bewohner näher an ihre Stadt zu bringen, an die subjektive Stadt, an die intime Stadt, an die persönliche Stadt, wie Mircea Eliade sagen würde, durch eine Reihe von kulturellen Routen.“



    Dieses Jahr hat ARCEN zusammen mit dem Französischen Institut in Bukarest die Event-Reihe Eliade 110“ organisiert. Dabei handelte es sich um ein neues Format der kulturellen Route Durch das Bukarest von Mircea Eliade“, ein Projekt, das an ein paar Wochenenden in 2015 mehr als 5000 Teilnehmer zusammengebracht hat. Die von ARCEN organisierten Spaziergänge kombinieren die Architektur und Geschichte alter Bukarester Viertel, die für das Werk und Leben des Schriftstellers Mircea Eliade wichtig sind, mit Geschichten aus seiner Kindheit und Fragmente aus seiner fantastischen Literatur. Edmond Niculuşcă, Vorsitzender von ARCEN, dazu:



    Die Teilnehmer werden in die Geschichte dieser Viertel eingeführt, man erzählt ihnen, wie sich diese bis heute entwickelt haben. All diese Geschichten und Informationen zur Architektur führen wir mit Literatur-Fragmenten, insbesondere mit Fragmenten aus der fantastischen Literatur von Mircea Eliade, zusammen. Wir spazieren zum Beispiel auf der Stra‎ße Popa Soare, da, wo sich die Handlung der Novelle »Im Hof des Dionysos« abspielt und wo Anfang der 1920er Jahre Leana sang. Diese weibliche Gestalt erscheint in vielen fantastischen Novellen von Mircea Eliade.“




    Während sich ARCEN vorgenommen hat, das Erbe und die Geschichten der Stadt aufzubewahren, hat sich Interesting Times Bureau zum Ziel gesetzt, die städtische Kultur und die Stra‎ßenkunst zu fördern. Dafür brauche man ein Publikum, das die Stra‎ßenkunst schon versteht, meint Doru Răduţă von Interesting Times Bureau, und das wären zurzeit überwiegend ausländische Touristen:



    Der Hauptgrund, warum die meisten Gäste ausländische Touristen sind, ist, dass diese die Lektion schon kennen, die interessieren sich, welches das Angebot an Stra‎ßenkunst in einer Stadt ist, und suchen es. Knapp 90% unserer Gäste sind ausländische Touristen. Wir organisieren Stra‎ßenkunst-Führungen auch für Schüler und Studenten, die meisten davon kostenlos, insbesondere währen der Woche — unter den Stichworten »Schule einmal anders«. Natürlich wünschen wir uns ein zahlreiches rumänisches Publikum. Unser Ziel ist es aber, Fonds für Stra‎ßenkunst-Projekte zu sammeln.“




    In Rumänien unterscheiden viele nicht zwischen Graffiti und Stra‎ßenkunst. Das ist auch einer der Gründe, warum die Führungen von Interesting Times insbesondere von ausländischen Gästen geschätzt werden. Andererseits bietet Bukarest ein spezielles Erlebnis im Vergleich zu anderen europäischen Metropolen. Die Stadt wurde kulturell und touristisch nicht allzu viel gefördert. Durch seine Führung möchte Interesting Times auch die Einstellung der Einwohner und der Behörden ändern. Doru Răduţă berichtet weiter:



    Es ist ein Versuch, Mentalitäten zu ändern, insbesondere die der Menschen, die in Rumänien und, in diesem Fall, in Bukarest wohnen. Zugleich geht es dabei um die Änderung der Mentalität der Unternehmen und der lokalen Behörden. Ich glaube, wir haben zumindest in einem kleinen Ma‎ß an der Änderung dieser Mentalitäten beigetragen. Ich freue mich, dass wir es geschafft haben, in 2017 die Unterstützung einiger Unternehmen zu gewinnen. Zudem haben wir die formelle Unterstützung der lokalen Behörden bekommen, so dass mehr Stra‎ßenkunst entstehen kann. Ich glaube aber, dass wir die Mentalität der Menschen in Bukarest ändern müssen. Ich meine damit zum Beispiel die Hausbesitzer, die Wände zur Verfügung stellen könnten. All diese Sachen brauchen aber Zeit. Ich bleibe jedoch optimistisch und glaube, dass sich die Lage in den nächsten Jahren ändern wird.“

  • Nachrichten 30.03.2017

    Nachrichten 30.03.2017

    Rumäniens Staatschef Klaus Iohannis hat am Donnerstag beim Kongress der Europäischen Volkspartei (EVP) in der maltesischen Hauptstadt Valletta erklärt, Rumänien sei gegen ein Europa der konzentrischen Intetgrationskreise und gegen ein Europa mit mehreren Geschwindigkeiten, das zu einer Vertiefung der sozialen und wirtschaftlichen Unterschiede zwischen den EU-Mitgliedsstaaten führen könnte. Die Europäische Union befinde sich in einer komplizierten Lage, mit komplexen Krisen von höchster Intensität. Die wichtigsten Herausforderungen seien in diesem Moment die Terrorangriffe, die Migration, der Nationalismus, der Populismus, der Brexit und vor allem die Eskalation des Euroskeptizismus, so Klaus Iohannis. Ich habe die Hoffnung, dass dieser Kongress, der in Malta, dem Land, der zur Zeit die turnusmäßige EU-Ratspräsidentschaft innehat, die Kohäsion innerhalb der EU stärken wird“, sagte noch der rumänische Staatspräsident in seiner Rede beim Kongress der Europäischen Volkspartei.



    Die linksgerichtete Regierung in Bukarest bereitet ein Memorandum über die Auswirkungen des Brexits auf Rumänien vor, sagte die Vizepremierministerin Sevil Shhaideh am Donnerstag. Sie erklärte, jeder Minister analysiere seit einer Woche den Impakt des EU-Austritts Großbritanniens. Das Memorandum werde in zwei Wochen vorgelegt und werde Maßnahmen, die nach dem Brexit getroffen werden müssen, enthalten. Die Exekutive in London legte am Donnerstag ein Plan vor, wie die EU-Normen ins nationale Recht übernommen werden können. EU-Ratspräsident Donald Tusk gab bekannt, er werde am Freitag einen Vorschlag mit den Hauptrichtungen des Verhandlungsprozesses präsentieren.



    Der britische Thronfolger Prinz Charles, der einen Rumänienbesuch unternimmt, ist am Donnerstag mit dem rumänischen Premierminister, Sorin Grindeanu, zusammengekommen. Themen der Gespräche waren die bilateralen Beziehungen, vor allem im militärischen und politischen Bereich, die Außenpolitik und die Situation der rumänischen Gemeinde in Großbritannien. Ebenfalls am Donnerstag traf Prinz Charles mit dem Patriarchen der Rumänischen Orthodoxen Kirche, Daniel, zusammen, und besuchte das Dorfmuseum in Bukarest. Am Mittwoch hatte der rumänische Staatspräsident, Klaus Iohannis, dem britischen Thronfolgers, Prinz Charles, den Nationalorden Stern von Rumänien im Großkreuz-Rang, die höchste Auszeichnung der Republik Rumänien, verliehen. In den letzten 20 Jahren war Prinz Charles oft in Rumänien, dies ist erst sein zweiter offizieller Besuch. Prinz Charles gründete in Rumänien seine eigene Stiftung, mit dem Zweck, die Pflege des Kulturerbes und die nachhaltige Entwicklung zu unterstützen. Prinz Charles hat eine Vorliebe für die mittelalterliche sächsische Architektur in Siebenbürgen und besitzt auch einige Häuser in Rumänien. Während seines Besuches erklärte der britische Thronfolger, er versuchte in den letzten 20 Jahren, seit er Rumänien regelmäßig besucht, den Rumänen zu helfen, sich immer wieder an die Einzigartigkeit ihrer Kultur, an ihr Architekturerbe und besonders an ihr Potential in der heutigen Welt zu erinnern. Prinz Charles hat am Mittwoch in Bukarest einen Kranz am Denkmal des unbekannten Soldaten niedergelegt.



    Das europäische Unternehmen Airbus Helicopters und das rumänische Unternehmen IAR Ghimbav haben am Donnerstag einen Vertrag für die Herstellung des Hubschraubers H 215 in Ghimbav unterzeichnet. Zur Zeit wird das Modell in Frankreich hergestellt, aber das europäische Unetrnehmen will die ganze Produktion nach Ghimbav übertragen. Die Investition in Ghimbav beziffert sich auf 50 Millionen Euro; dadurch werden 350 Arbeitsplätze entstehen. In der Fabrik werden jährlich 15 Hubschrauber gebaut. Ebenfalls am Donnerstag kamen die Vertreter des europäischen Unternehmens mit dem rumänischen Premierminister Sorin Grindeanu und dem Wirtschaftsminister zusammen. An den Gesprächen beteiligte sich auch Olivier Michalon, der erste Vizepräsident von Airbus Helicopters für Europa. Am Mittwoch waren der rumänische Ministerpräsident und der Wirtschaftsminister mit den Vertretern der US-Unternehmen Bell Helicopters und Boeing zusammengekommen.



    Zwei rumänische Spielfilme, ”Doar o răsuflare” Nur ein Atemzug, von Monica Lăzurean-Gorgan, und ”Câini” Hunde von Bogdan Mirică, sind beim Filmfestival LETS CEE in Wien mit Preisen ausgezeichnet worden. Der Streifen ”Doar o răsuflare” Nur ein Atemzug, von Monica Lăzurean-Gorgan, wurde bester Film im Dokumentarfilm-Wettbewerb und das Soziale Drama ”Câini” Hunde von Bogdan Mirică erhielt eine Lobende Erwähnung in der Abteilung Promising Debuts. Bei der 5. Auflage des Internatinonalen Filmfestival LETS CEE in Wien, das vom 21. bis 27. März stattgefunden hat, wurden 17 rumänische Produktionen und Koproduktionen vorgeführt – 7 Streifen im Festival-Wettbewerb und 10 Filme in der Sonderabteilung Fokus Rumänien.

  • Kulturprojekte zur Förderung des gemeinschaftlichen Zusammenhalts

    Kulturprojekte zur Förderung des gemeinschaftlichen Zusammenhalts

    Einige Initiativen zur Annäherung der Menschen an die Kultur und an die anderen wurden z.B. von der NGO Home Made Culture“ ins Leben gerufen. Diese fokussierte in den letzten Jahren auf Theaterschauspielen an unkonventionellen Orten wie z.B. in einer Hochhauswohnung. In diesem Herbst wurde die Wohnung durch ein Treppenhaus ersetzt, wo an sieben Abenden sieben Schauspiele inszeniert wurden. Diese wurden gemeinsam mit dem Publikum, den Hochhausbewohnern, ausgewählt. Die Veranstaltung Wir spielen mit offenem Treppenhaus“ war ihrerseits ein Teil eines umfangreicheren Projekts. Dieses trug den Namen Generator“ und nahm sich vor, die Bürger zu fördern, Aktivitäten vorzuschlagen, die ihren alltäglichen Sozialisierungsbedürfnissen entgegen kommen. Nach etlichen Versuchen sto‎ßen die Initiatoren des Vorhabens Wir spielen mit offenem Treppenhaus“ schlie‎ßlich auf Bereitschaft in einem Hochhaus des Bukarester Stadtviertels Crângaşi. Cristina Epure, Mitglied des Verbandes Home Made Culture“, erzählt uns, wie die Menschen ihre Initiative entgegen genommen haben.



    Sie waren von Anfang an sehr offen, was eher selten zu finden ist. Bevor wir dieses Wohnhaus gewählt haben, haben wir einen Aufruf gemacht, wir sind von Tür zu Tür gegangen, zu allen Wohnungen, aber die Menschen zeigten Zurückhaltung. Es handelte sich um etwas Neues. Darüber hinaus hat sich mit der Zeit eine Art Furcht oder Distanz unter den Nachbarn entwickelt. Deshalb wird etwas Neues zuerst als mögliche Gefahr betrachtet. Au‎ßerdem ist das Treppenhaus ein Niemandsland. Keiner beansprucht es, aber wenn jemand dort etwas unternehmen möchte, dann nehmen einige Bewohner das Treppenhaus plötzlich wieder in Anspruch als ihren Raum.“




    Langsam wandelte sich das Treppenhaus in einen Ort um, an dem man für jeden etwas fand. Man hat Schauspiele inszeniert, Opern aufgeführt, Origami-, Mal- und Collage-Werkstätten veranstaltet hat. Es hat alles Mögliche gegeben, alles kostenlos, oder jeder Nachbar hat als Entgelt ein kleines Häppchen mitgebracht. Somit hat man den Gemeinschaftsgeist zusammengeknüpft, und die Menschen haben erfahren, dass sie mit wenig Ressourcen gemeinsam eine schöne Zeit verbringen können. Cristina Epure.



    Jean-Lorin Sterian, der Mensch, der unseren Verband ins Leben gerufen hat, hat eine breite Vision und kennt die rumänische Künstlerszene sehr gut. Er hat Leute vorgeschlagen, die Projekte mit sozialem und erzieherischem Effekt vorlegen. Wir betrachten nicht nur die künstlerische Seite. So war zum Beispiel das erste Stück »Böse Kinder« mit Katia Pascariu. Das ist Bildungs-Theater. Wir wollten eine sowohl für Kinder als auch für Erwachsene zugängliche Thematik haben. Auch wenn die Zeitspanne kurz war, haben wir gefühlt, dass es eine Wirkung hatte. Ich hoffe, die Menschen werden sich an diese Events erinnern, wenn sie durchs Treppenhaus gehen, und an eine Alternative zum Fernsehen oder zum Computer denken.“




    Nicht nur durch Bildungstheater kann man den Gemeinschaftsgeist stimulieren, sondern auch durch Architektur-Projekte. Genau das tun zwei junge Architekten von StudioBasar“. 2016 haben sie die 2014 angefangene Zusammenarbeit mit der Städtischen Bibliothek Bukarest fortgesetzt. Ihrer Meinung nach stellen die öffentlichen Bibliotheken eine der wenigen Ressourcen dar, die den Gemeinschaftsgeist wieder erwecken können. Der Architekt Alex Axinte von StudioBasar“ dazu:



    Ich glaube, das ist eine Folge der Nachwendezeit, es ist ein Element, das wir verloren haben, und jetzt fragen wir uns, warum das Essen keinen Geschmack mehr hat. Wir wissen nicht, dass dem Essen das Salz fehlt. Wir Architekten von StudioBasar haben uns gedacht, dass das ein Notfall ist. Architekten müssen auch handeln und mit ihren eigenen Mitteln die Überreste des Gemeinschaftsgeistes, da wo es diese noch gibt, identifizieren.“




    In diesem Sommer haben die Architekten von StudioBasar zusammen mit Architektur- und Soziologie-Studenten die Filiale der Städtischen Bibliothek auf einem viel befahrenen Boulevard in Bukarest umgestaltet, um diese sichtbarer zu machen. Sie haben auch dazu beigetragen, eine andere Filiale im Militari-Viertel, einem gro‎ßen Plattenbau-Viertel aus der kommunistischen Zeit, wieder zu eröffnen. Die Bewohner zeigten sich froh darüber, dass die Bibliothek wieder eröffnet wird, auch wenn sie vergessen hatten, dass es sie gegeben hat. Alex Axinte dazu:



    Wir haben mit den Besuchern der Kinder-Bibliothek von nebenan diskutiert und auch mit Bibliothekaren und Bibliothekarinnen. Wir alle waren uns einig, dass die Bibliothek mehr Platz für andere Tätigkeiten braucht, ohne aber die Zahl der Bücher zu reduzieren. Die Geselligkeit im kulturellen Kontext stellt eine riesige Notwendigkeit in einem Viertel mit 300 Tausend Einwohnern dar. Vor dem Projekt haben die Studenten eine Befragung gemacht. Auf die Frage ‚Wo treffen sie Ihre Bekannten?‘ lautete meistens die Antwort ‚im Supermarkt, im Treppenhaus‘. Es gibt ein Problem, wenn die Supermärkte zu sozialen Treffpunkten geworden sind. Die Leute freuen sich, dass eine Bibliothek von 40 Quadratmetern wieder eröffnet wird.“




    Die öffentlichen Bibliotheken können Treibstoff für den Gemeinschaftsgeist sein, wenn sie nicht nur mit Büchern assoziiert werden, meint auch Anca Râpeanu, die Leiterin der Städtischen Bibliothek. In den 33 Filialen in Bukarest werden auch Strickerei-Workshops, IT-Kurse und Fremdsprachen-Kurse kostenlos organisiert. Zudem wurde im letzten Sommer die Initiative Märchen-Karawane“ ins Leben gerufen. Auch an diesem Projekt nahm Alex Axinte teil. Er stellte einen passenden Anhänger zur Verfügung. Wie ein Tag im Leben dieses Projekts ausschaut, sagt uns jetzt Anca Râpeanu:



    Es ist 5.30 — 6 Uhr in der Früh. Aus dem Lagerbereich werden alle Schachteln mit Spielzeug, Stiften, Bällen, Theater-Puppen, Brettspielen geholt. Sie werden dann der Reihe nach in den Anhänger gepackt, um sie dann in den Park zu bringen. Die Karawane setzt sich in Bewegung. Im Park werden alle Schachteln ausgepackt, alles wird in Ordnung gebracht und um 10 Uhr fangen die Workshops an: Basteln, Zeichnen, Spielen im Freien. Um 11 Uhr beginnt das Hüpfen und Spielen. In der Zwischenzeit diskutieren meine Kollegen mit den Eltern und erklären ihnen, was wir mit der Bibliothek und der Karawane vorhaben. Um 7 Uhr abends gibt es Puppen-Theater und dann eine Zumba-Werkstatt. Am Abend müssen meine Kollegen von den kurzen Pausen profitieren, um alles wieder einzupacken, denn ansonsten kann die Karawane nicht mehr nach Hause fahren.“




    Das alles, um zu beweisen, dass die Bibliothek in erster Reihe ein öffentlicher Platz ist und erst nachher ein kultureller Platz. Und die freiwilligen Helfer hoffen, dass dieser in 2017 sichtbarer wird.

  • Zukunftsfähig und nachhaltig: Geodätische Kuppelhäuser

    Zukunftsfähig und nachhaltig: Geodätische Kuppelhäuser

    Viele Menschen wünschen sich, in einem ein-, höchstens zweistöckigen Haus zu wohnen. Vermutlich aus Sicherheitsgründen, denn die Wohnhäuser sind stabiler als z.B. Hochhäuser, demnach auch sicherer im Falle eines Erdbebens. Womöglich auch wegen des erhöhten Komforts, den ein solches Haus anbietet. Allerdings kann ein Haus nicht von heute auf morgen errichtet werden. Sämtliche Schritte müssen sorgfältig geplant werden. Baustoffe, Transportmöglichkeiten, Bauarbeiter, geeignete Bauzeit — alles muss genau überlegt werden.



    Für die Zukunft sind Nachhaltiges Bauen und erneuerbare Energien von gro‎ßer Bedeutung. In diesem Zusammenhang wird auch in Rumänien zunehmend Wert auf geodätische Kuppelhäuser gelegt. Alexandru Dinulescu ist Bauingenieur. Er beschloss, Bauwesen zu studieren, um sein eigenes Haus bauen zu können. Während des Studiums stie‎ß er auf die Bauwerke des amerikanischen Architekten Buckminster Fuller, die ihn tief beeindruckten. Er entwickelte die Technologie der geodätischen Kuppeln weiter und benutzte dabei erstmals den Begriff Geodesic“ (dt. geodätisch, abgeleitet von Geodäsie). Alexandru Dinulescu erkannte unverzüglich die Vorteile der von Fuller vorgeschlagenen Architektur:



    Die geodätische Kuppel weist viele Vorteile auf, sowohl aus technischer wie auch aus wirtschaftlicher Sicht. Geodätische Kuppeln zeichnen sich durch ihre hohe Stabilität (Erdbebensicherheit) und Windstabilität aus. Geodätische Kuppeln sind Konstruktionen von sphärischen Kuppeln mit einer Substruktur aus Dreiecken. Das hei‎ßt, für die Konstruktion werden weder Stützbalken noch Stürze gebraucht. Daher ist der Innenraum flexibler zu gestalten. Als Baustoffe werden Holz und Bindeglieder aus Metall eingesetzt. Demnach ist das Gewicht der Konstruktion viel kleiner. Das Bauwerk braucht kein massives Fundament, so wie bei den üblichen Häusern. Das günstige Verhältnis von Material zu Volumen stellt einen finanziellen Vorteil dar. Bei der Konstruktion einer geodätischen Kuppel werden lediglich 60% der Baustoffe eingesetzt, die bei einer gewöhnlichen Würfelkonstruktion gebraucht werden.“




    In den USA werden Kuppelhäuser von den Menschen vorgezogen, die sich vor Taifune absichern wollen. Geodätische Kuppeln sind au‎ßerdem erdbebensicher, sie weisen eine höhere Stabilität auf im Vergleich zu herkömmlichen klassischen Wohnhäusern. In den USA gibt es etwa 2 Millionen solcher Kuppelhäuser. Der Preis für ein Haus beginnt bei 80.000 USD. Alexandru Dinulescu recherchierte über die Kuppelarchitektur. Er nahm sich vor, Kuppelhäuser zu einem vernünftigen Preis als Alternative zu den Wohnungen in Hochhäusern anzubieten.



    Die geodätische Kuppel steht im Einklang mit meiner Denkweise. Kuppelhäuser bieten mir die Möglichkeit, die Innenräume flexibel zu gestalten. So kann ich auch den Kundenwünschen entsprechend entgegenkommen. Ich kann die Innenräume so gestalten, wie sie sich das vorstellen.“




    Alexandru errichtete bis jetzt Kuppelhäuser mit einer Innenoberfläche von etwa 100 Quadratmetern. Er strukturierte den Innenraum zweistöckig. Im Erdgeschoss ist der Wohnbereich mit Wohnzimmer und Küche, im ersten Stock sind die Schlafzimmer. Der von ihm entworfene Bauplan setzt auf einen hohen Komfortgrad. Alexandru Dinulescu baut geodätische Kuppeln und lässt einen Traum Wirklichkeit werden. Schon als Jugendlicher faszinierten ihn atypische Bauwerke wie z.B. Pyramiden, Iglus und Jurten. Einen Traum zu erfüllen, bringt eine gro‎ße Genugtuung:



    Ich erfuhr zum ersten Mal von geodätischen Kuppeln in der Hochschule. Wir lernten damals deskriptive Geometrie. Danach lernte ich das im Bukarester Sportpark »Tei« errichtete Bauwerk kennen. Ich scherzte mit meinen Freunden und sagte ihnen, das werde ich irgendwann einmal selber machen. Und das tue ich derzeit. Ich glaube, im Leben ist alles schon vorbestimmt. Ich nahm mir also vor, Kuppelstrukturen zu bauen. Doch dann brach die Wirtschaftskrise aus, es kamen viele Schwierigkeiten auf, wir mussten viele Baustellen schlie‎ßen. Die Wirtschaftskrise bot mir die Gelegenheit, nach innen zu schauen, meine Pläne zu hinterfragen. Ich versuchte herauszufinden, wo ich hinwollte, im Vergleich zu dem, was ich schon erreicht hatte.“




    Wir wollten von Alexandru Dinulescu wissen, ob er selber in einer geodätischen Kuppel wohnt. Seine Antwort darauf:



    Wer 100% seiner Energie in Projekte seiner Kunden steckt, findet oftmals keine Zeit für eigene Projekte oder mit anderen Worten: ‚Der Schuster hat die schlechtesten Schuhe.‘ Derzeit arbeite ich an meinem eigenen Haus — ein weiterer spektakulärer Bauplan. Allerdings baue ich keine Häuser, sondern jedes Mal ein Zuhause.“




    Anfangs war es nur ein Traum. Alexandru Dinulescu lie‎ß sich aber von einer bereits umgesetzten Idee inspirieren, nutzte eine Krisensituation zur Selbstbetrachtung aus und änderte das Hauskonzept grundsätzlich um.

  • Ausbaufähig: Wahlfächer in rumänischen Schulen

    Ausbaufähig: Wahlfächer in rumänischen Schulen

    Seit einigen Jahren beinhalten die Gymnasialprogramme in Rumänien auch einige Wahlfächer. Durch die Zusammenarbeit zwischen Schulen, Eltern und Schülern kann man diese Fächer bereits ab der 3. Klasse wählen. Eines der Wahlfächer für die Drittklässler ist Architektur. Kurz nach dessen Genehmigung hat der Verband De-a arhitectura“ (Architektur — spielend gelernt“) mithilfe des Architektenordens einen Kurs und ein Lehrbuch für die 3. und 4. Klasse ausgearbeitet. Dieses Lehrbuch kann man entweder im Laufe eines Jahres oder zweier Jahren in der 3. und 4. Klasse unterrichten. Die Architektin Miruna Grigorescu — Gründungsmitglied des Verbandes De-a arhitectura“ — über den Kurs, den sie entworfen haben.



    Dieser Kurs wurde im Rahmen eines Pilotprojekts in 7 Bukarester Klassen im Schuljahr 2012-2013 vorgestellt. Dann ist der Unterricht dieses Kurses exponentiell gestiegen. Im folgenden Jahr hatten wir 60 Klassen und seitdem wird dieses Wahlfach in über 100 Klassen im ganzen Land unterrichtet. Letztes Jahr haben wir Lehrbücher nach 37 Ortschaften versandt.“




    Die Kinder, die diesen Kurs besuchen, erfreuen sich auch der Anwesenheit eines freiwilligen Architekten in der Klasse, der die Lehrerin beim Unterricht begleitet. De-a arhitectura“ ist ein Kurs, der Theorie mit Praxis verbindet. Der Fokus wird auf die Entdeckung der Stadt gelegt, in der die Kinder leben, und zwar geht es um eine Erkundung zu Fu‎ß. Miruna Grigorescu:



    Im Alter von neun, zehn oder elf Jahren ist es wesentlich für unsere Kinder, mir der Stadt zu experimentieren. Man muss sie leiten und fördern, damit sie diese auf verschiedene Weisen verstehen. Zurück in der Klasse werten sie gemeinsam mit dem Architekten das aus, was sie erfahren haben, und dann bauen sie von Hand verschiedene Miniaturmodelle und sogar Miniaturstädte, zu denen die ganze Klasse beiträgt. Die Kinder lernen somit, auf einen gewissen Ma‎ßstab herunter zu gehen, und verstehen was eine Plandarstellung, eine Fassade oder Ergonomie ist. Ab jetzt studieren sie Materialien und Texturen sowie den geografischen und klimatischen oder sogar historischen Kontext der Gebäude. Dann erfahren sie über die Stadt, wie diese als ein Mechanismus oder Organismus funktioniert. Sie lernen über das urbane Regelwerk und dessen Bedeutung.“




    Da die bereits unterrichteten Wahlfächer sehr beliebt sind, besprechen die Bildungsbehörden gemeinsam mit der Zivilgesellschaft die Möglichkeit der Einführung weiterer Fächer. Eines davon ist Rechtserziehung. Richter Cristi Danileţ, Mitglied des Obersten Rates der Richter und Staatsanwälte, beteiligte sich an diesen Gesprächen. Er hat sogar ein Lehrbuch für Gymnasiasten erarbeitet, das verwendet werden kann, wenn Rechtserziehung in den Lehrplan aufgenommen wird. Was glaubt Richter Danileţ, dass dieses neue Lehrfach beinhalten müsste?



    Wir überwinden die Theorieebene und sagen den Kindern konkret, was sie tun dürfen und was sie nicht dürfen, um die Gesetze des Staates, von der Verfassung bis zum Strafgesetz, nicht zu brechen. Sie erfahren, welche Verpflichtungen und auch welche Rechte sie haben, wenn sie auf der Stra‎ße zur Schule gehen oder in der Familie sind. Au‎ßerdem lernen sie über ihre Rechte und Verpflichtungen, wenn sie mit einer öffentlichen Anstalt in Kontakt treten. In den letzten Jahren ist die Zahl der Kinder gestiegen, die Rechtswidrigkeiten begangen haben. Es gibt immer mehr Kinder als Delinquenten, immer mehr Opfer-Kinder und immer mehr Kinder, die von ihren Eltern missbraucht werden. Wenn die Gesellschaft nichts unternimmt, um Rechtsverletzungen vorzubeugen, könnte es sein, dass diese Kinder in zehn Jahren, wann sie erwachsen sind, zu Gesetzesbrechern werden.“




    Das Lehrbuch für Rechtserziehung beinhaltet bereits Kapitel, die die Kinder mit den geltenden Gesetzen vertraut machen. Cristi Danileţ:



    Es enthält 15 Lektionen für Rechtserziehung, wodurch den Kindern in einer verständlichen Sprache mit vielen Beispielen die richtige Verhaltensweise in der Gesellschaft beigebracht wird, beginnend mit ihren Rechten bis zur Ausstellung oder Erneuerung des Personalausweises. Aus dem Buch lernen die Kinder, was mit ihnen passiert, wenn ihre Eltern im Ausland leben und arbeiten oder wenn sie geschieden sind, und wie sie sich im Falle häuslicher Gewalt schützen können und was eine Kinderentführung darstellt. Au‎ßerdem erfahren sie, welche Genussmittel Minderjährigen verboten sind. Ich spreche über Alkohol, Tabak und Drogen und wie sie sich schützen können, wenn sie ein Produkt mit überzogenen Verfalldatum oder ein Elektrogerät kaufen, das nicht richtig funktioniert. Weitere Kapitel beziehen sich auf Verkehrsregeln, was passiert, wenn ein Kind ohne Fahrkarte in öffentlichen Verkehrsmitteln erwischt wird, wann ein Kind ein Bankkonto eröffnen kann, ab welchem Alter es einen Dienstleistungs- oder sogar einen Arbeitsvertrag schlie‎ßen kann.“




    All diese praktischen Aspekte werden von den Schülern sehr geschätzt, wie wir von Horia Oniţă, dem Vorsitzenden des Nationalen Schülerrates, erfahren:



    Wir haben diese Initiative von Anfang an unterstützt, ausgehend von unserem Gedanken, dass die Schule den Schüler erziehen müsste, um ein guter Bürger zu sein, um sich in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Leider tut die Schule zurzeit weder das eine noch das andere. Die Schule bietet eine Menge theoretischer Kenntnisse, die für den Schüler uninteressant sind. Dieser lernt nicht, wie er lernen soll, wie er sich selbst vorbereiten kann. Diese Wahlfächer bringen Mehrwert in das System und viele finden eine breite Anwendung. Ich spreche über Rechtserziehung und über finanzielle Kenntnisse. Wir haben vor einigen Monaten sogar eine Umfrage unter 7000 Schülern durchgeführt. Diese sagten, sie waren enttäuscht, dass sie 12 Klassen abschlie‎ßen, viele Informationen sammeln, dass man ihnen aver nicht beigebracht hat, was ein Arbeitsvertrag ist, welchen Unterschied es zwischen einem Gesetz und einem Regierungsbeschluss gibt, welche Aufgaben das Parlament hat. Egal wo sie später mal arbeiten, werden sie mit diesen Sachen zu tun haben: Was ist die Mehrwertsteuer, was ist eine Steuer usw. Es sind Sachen, über die man im rumänischen Bildungswesen nicht spricht.“




    Auch die bereits genehmigten Wahlfächer können nicht so gewählt“ und unterrichtet werden, wie sich die Schüler das wünschen würden. Horia Oniţă:



    Leider wählen nicht sehr viele Schulen diese Fächer so aus, wie sie es tun müssten — durch eine einfache Mehrheitsentscheidung. Schüler und Eltern wählen aus den Wahlfächern aus, die die Schule vorschlägt. Leider beinhaltet dieses Angebot oft nicht Fächer wie Rechtserziehung, Architektur oder andere, denn die Schule schlägt nur klassische Fächer als Wahlfächer vor, damit das Arbeitspensum der Lehrkräfte aufgestockt wird.“




    Neulich hat der Bildungsminister den Rahmenplan für das Gymnasium zur öffentlichen Debatte gestellt. In diesem Rahmenplan finden sich mehr Wahlfächer als bisher wieder.

  • Der Brâncoveanu-Stil in der Kunst und Architektur der Walachei

    Der Brâncoveanu-Stil in der Kunst und Architektur der Walachei

    Die Brâncoveanu-Kunst ist in der Walachei, dem ehemaligen südlichen rumänischen Fürstentum im Mittelalter, in der Architektur, Malerei und in der Bildhauerei vertreten. Der Fürst Constantin Brâncoveanu war zwischen 1688 und 1714 Fürst der Walachei. Diese Epoche hat die anschlie‎ßende künstlerische Entwicklung geprägt. Der Begriff wird für die Kunstwerke, die bis um das Jahr 1730 geschaffen wurden, benutzt. Kunsthistoriker vergleichen die Entstehung dieses Stils mit der westlichen Renaissance. Die Grundsteine des Brâncoveanu-Stils wurden während der 20jährigen Herrschaft des Fürsten Matei Basarab im 17. Jahrhundert gelegt. Während dieser Zeit war die Walachei politisch stabil und die Künste konnten sich entwickeln. In der Periode nach Brâncoveanu hat sich insbesondere die Architektur der Herrenhäuser entwickelt. Die Kunsthistorikerin Adriana Scripcariu über die Brâncoveanu-Kunst:



    In 2014, dem Brâncoveanu-Jubiläumsjahr, haben wir ein Projekt eingeleitet, ein Buch. Wir wollten dem breiten Publikum die Schönheit des Brâncoveanu-Kulturerbes näher bringen. Das Buch ist eine Darstellung mit vielen Bildern, mit vielen einfachen Erklärungen, mit einem Lexikon für die unterschiedlichen Themen der Brâncoveanu-Kunst. Ein Kapitel ist dem Kloster gewidmet, ein anderes dem Schloss. Ein weiteres Kapitel behandelt unterschiedliche Handwerke: Steinmetzarbeit, Tischlerei, Weberei, Goldschmiedekunst. Ein Kapitel ist den Stiftern und den Stiftungen gewidmet. In diesem versuchen wir zu zeigen, wie der Wille der Stifter das ganze Monument beeinflusst. Es gibt Details, die den Baudenkmälern Leben einflö‎ßen. Wir sind mit relativ technischen Erklärungen gewohnt, mit der Grö‎ße, dem Baujahr, dem Namen des Stifters. Die Geschichten, die sich hinter diesen Stiftungen verbergen, werden uns seltener vorgestellt.“




    Bis jetzt wurden viele Bücher über das Brâncoveanu-Kulturerbe geschrieben, über die unterschiedlichen Stifter und über den Bau der wunderbaren Werke. Viele unserer Historiker haben über dieses schöne Kapitel in der rumänischen Geschichte geschrieben. Wozu dann noch ein weiteres Buch darüber? — könnte man sich vielleicht fragen. Insbesondere weil das Buch keine unbekannten Details entdeckt, die von einem Archäologen erforscht wurden. Trotzdem ist das Buch innovativ, der Leser wird verstehen, warum“ — steht im Vorwort des Buches von Adriana Scripcariu Das Brâncoveanu-Kulturerbe für alle“. Die Autorin erläutert weiterhin die Struktur ihres Buchs:



    Wir haben ein Anfangskapitel, das wir »Glossar der Brâncoveanu-Zivilisation in Bildern« genannt haben. In diesem Kapitel erklären wir dem Leser die Hauptelemente der mittelalterlichen rumänischen Mentalität, wer die Bojaren waren, wer die Fürsten waren und wie die unterschiedlichen sozialen Schichten in Kontakt miteinander kamen. Wir erklären die Rolle der Kirche, ein paar theologische Begriffe, die zum Verstehen des Themas beitragen. Am Ende haben wir ein sehr schönes Kapitel, das von der Kunsthistorikerin Luiza Zamora geschrieben wurde und der Kunst nach Brâncoveanu gewidmet ist. Es ist die längste Periode in der rumänischen Kunst, aus der wir viele Baudenkmäler haben. Viele von diesen sind heutzutage leider im Ruinenzustand. Das Buch sei eine angenehme Lektüre, hat man mir schon gesagt, und sehr attraktiv wegen der Bilder. Der Fotograf unseres Projekts ist George Dumitriu, der sich seit Jahrzehnten mit dem Fotografieren der Kulturdenkmäler beschäftigt. Man spürt die Erfahrung und die Herzlichkeit, mit der er gearbeitet hat. Graphisch ist das Buch auch besonders, wir wollten kein herkömmliches Kunst-Album erstellen.“




    Die Sommerresidenzen des Fürsten Constantin Brâncoveanu in Potlogi und Mogoşoaia sowie der Alte Palast in Bukarest sind historische Monumente, die im Brâncoveanu-Stil gebaut wurden. In der religiösen Architektur sind die Grö‎ße und das einheitliche Konzept zu erwähnen. Das Sinaia-Kloster, das Horezu-Kloster und das Antim-Kloster in Bukarest sind einige der wichtigsten religiösen Bauten im Brâncoveanu-Stil. Die Kunsthistorikerin Adriana Scripcariu:



    Man kann sich in die Brâncoveanu-Zivilisation verlieben, wenn man die Details entdeckt und die Ernsthaftigkeit, mit der die Stifter jede kleine Geste behandelten, Gesten, die zusammen die Schönheit, die wir auch heute bewundern, mit sich brachten. Ich denke hier an ein Beispiel, an das Sinaia-Kloster, das von Mihail Cantacuzino gestiftet wurde, nachdem er von einer Pilgerfahrt zu den heiligen Stätten zurückkam. Man kann viele Details über diese Reise und über die Art und Weise, auf der diese Reise in der Seele dieses Stifters Spuren hinterlassen hat, entdecken. Wir können diese auf den Fresken im Sinaia-Kloster wiederfinden.“



    Leider wurden echte Juwelen der Brâncoveanu-Architektur wie die Klöster Cotroceni und Văcăreşti vom kommunistischen Regime Mitte der 1980er Jahre abgerissen. Das Kloster Cotroceni wurde aber in den Jahren 2003-2004 auf demselben Platz wieder aufgebaut.