Tag: Aussterben

  • Artenschutz: Überbevölkerung ist auch keine Lösung

    Artenschutz: Überbevölkerung ist auch keine Lösung

    Eine Säugetierspezies von vier und eine Vogelspezies von acht sind vom Aussterben bedroht. Darauf lenkte vor vier Jahren der Bericht einiger Spezialisten die Aufmerksamkeit, laut denen die pflanzlichen und tierischen Spezies heute tausendmal schneller erlöschen als vor der Entstehung des Menschen auf Erden. Die Ursache dafür ist die schädigende Tätigkeit des Menschen. Die Situation ist umso ernster, je mehr sich dieses Phänomen beschleunigt. Dieses sei so intensiv, dass Experten über das sechste massive Aussterben“ sprechen, das dem Aussterben der Dinosaurier vor 65 Millionen Jahren folge. Zahlreiche Säugetierspezies werden in den kommenden fünf Jahrzehnten aussterben, hei‎ßt es in einer Studie, die von dänischen und schwedischen Wissenschaftlern durchgeführt und neulich in der Fachpublikation Proceedings of the National Academy of Sciences veröffentlicht wurde. Die nordischen Wissenschaftler haben bewiesen, dass das sechste Massenaussterben derzeit stattfindet und dass dieses nicht von Naturkatastrophen, sondern vom Menschen verursacht wird. Die Ausrottungen erfolgen in einem so schnellen Rhythmus, dass der Evolutionsvorgang mit diesem Phänomen nicht schritthält, behaupten Forscher.



    Was kann man tun? Gemä‎ß dem optimistischsten Szenario werden die Menschen aufhören, die Tierhabitate zu zerstören und zur Ausrottung der Spezies beizutragen. Aber auch in dem Fall, dass dieses optimistische Szenario wahr wird, würden die Säugetiere drei bis fünf Millionen Jahre benötigen, um sich genug zu vervielfältigen, damit der Evolutionsbaum seine Äste regeneriert, die er laut Schätzungen in den kommenden 50 Jahren verlieren wird. Rumänien zählt zu den Ländern, die dank seiner geografischen Lage und seines Reliefs sich einer reichen Tierwelt erfreut. Der Versuch, diese Speziesvielfalt zu erhalten, hat zur Verabschiedung von Gesetzen geführt, wodurch mehrere Tierarten wie der Bär, der Hirsch oder der Karpatenluchs, die Gämse, das Auerhuhn, der Fuchs, der Echte Marder, der Biber, das Wildschwein und der Wisent geschützt werden.



    Ein übertriebener Artenschutz kann allerdings zur exzessiven Vermehrung führen, die schwer zu bewältigende Situationen hervorrufen kann. Das trifft in Rumänien auch im Falle der Bären zu. Laut offiziellen Angaben gibt es hier rund 6800 Exemplare. Wenn man andere Statistiken in Betracht zieht, belaufe sich die wahre Zahl auf rund 8000 Exemplare, also deutlich über die offizielle Zahl von 6000, für die sich Rumänien vor der Europäischen Kommission verpflichtet hat, diese in den Forstämtern zu pflegen. Universitätsprofessor Mircea Duţu, Präsident der Ökologischen Universität Bukarest, erläutert:



    Immer muss es in der Natur ein Gleichgewicht geben. Wenn dieses Gleichgewicht auseinanderfällt, befinden wir uns in keinem natürlichen Zustand mehr. Wir befinden uns in einem beschädigten Zustand, der für die beiden Partner, in diesem Fall der Mensch und die Biovielfalt, nicht mehr günstig ist. Was diese allgemeine Frage anbelangt, würde ich da anfangen, dass der Bär und sogar der Wolf bei uns in erster Linie ein natürliches und kulturelles Symbol darstellen. Dieses ist die Quelle der lokalen Konflikte und der Medienkampagnen zur Steigerung des Bewusstseins über die Notwendigkeit der Rettung seines natürlichen Habitats. Folglich ist das ein europäisches und internationales Problem aus Sicht der Seltenheit und der Bedrohung des Aussterbens einiger Spezies, einschlie‎ßlich des Bären, und aus dieser Sicht leitet sich die Notwendigkeit seines Schutzes durch den Menschen ab. Folglich haben eine schlechte ökologische Wahrnehmung und die Haltung, die wir in dieser Hinsicht entwickeln müssen, in Rumänien zu einem umgekehrten Problem geführt — die Überbevölkerung mit einer bestimmten Spezies bewirkt die Störung des ökologischen Gleichgewichts. Somit erhalten die anderen Elemente, die in Betracht gezogen müssen, auch einen unterschiedlichen Anteil. Diese sind wirtschaftliche Aspekte, der Schutz der Menschen und die Beseitigung einer Gefahr.“




    Der Bär ist eine Spezies von gemeinschaftlichem Interesse. Um zu überleben, brauchen diese Tiere günstige Artenerhaltungsbedingungen. Allerdings befinden wir uns in Rumänien in einer offenbar absurden Situation, fügt Professor Duţu hinzu. Dies nicht unbedingt infolge eines übertriebenen Artenschutzes, sondern wegen einer Reihe von Faktoren. Somit wurde man in die Situation versetzt, in der diese Spezies sich über ihre natürliche Kapazität hinaus entwickelt hat, die ein derma‎ßen wichtiges Gleichgewicht sichern kann. Universitätsprofessor Mircea Duţu erneut am Mikrophon:



    Wir befinden uns in einer Krise. Seit 2016 hat man nicht mehr die jährlich festgelegte Anzahl von Tieren gejagt, die ein Gleichgewicht innerhalb der Spezies gewährleisten könnte. Wenn sich die Lage weiterhin so entwickelt, ist es sehr wahrscheinlich, dass diese au‎ßer Kontrolle gerät. Folglich benötigt man eine Studie, die den aktuellen Zustand schildern soll, sowie die Ursachen, die zu einem solchen Zustand geführt haben und die Konsequenzen dieses Zustands. Darüber hinaus muss man einen kurz-, mittel- und langfristigen Plan zur Verwaltung dieses Problems erarbeiten, sodass man dieses innerhalb kurzer Zeit löst. Es ist absurd — ganz Europas ist besorgt, dass es keine Bären hat, und Rumänien hat zu viele Bären. Diese werden zu einer Bedrohung für das ökologische Gleichgewicht, für die Wirtschaft und gleichzeitig sogar für die Bevölkerung.“




    In den letzten Jahren machten in einigen Gebieten Rumäniens die Bären ihre Anwesenheit täglich auf den Höfen der Dorfbewohner bemerkbar. Sie verursachten beträchtliche Schäden und verletzten sogar Menschen. Ihre Zahl steigt besorgniserregend und genauso nimmt die Angst der Einwohner vor au‎ßer Kontrolle geratene Tierbestände zu. Die Menschen in den betroffenen Gebieten fordern die Verlagerung der Bären und weitere Ma‎ßnahmen zur Wiederherstellung des Gleichgewichts.

  • Erde steht vor neuem Massenaussterben

    Erde steht vor neuem Massenaussterben

    Allein in den letzten 40 Jahren sind 60% der Wirbeltiere ausgestorben — bedroht sind insbesondere Tiere in den Wäldern, Flüssen, Seen und Feuchtgebieten, so der Bericht von WWF. Verantwortlich für diese Entwicklung ist der Mensch, der die Wildgebiete zur Erschlie‎ßung von Acker- oder Bauland zerstört und dabei ganze Bevölkerungen von asiatischen Tigern, Rhinozerossen, afrikanischen Elefanten, Adlern oder Fischen geopfert hat. Die Umweltverschmutzung trägt das Ihrige dazu bei. In der Landwirtschaft werden gro‎ße Mengen an Chemikalien eingesetzt, die sich auf die Habitate und Arten entweder unmittelbar oder indirekt, durch die Verschmutzung von Boden und Wasser auswirken. Schwertwale und Delfine in den Meeren Europas leiden aufgrund der Industrie. Ein Drittel aller Haifisch- und Rochenarten ist bereits vom Aussterben bedroht, vor allem wegen der Überfischung.



    Den Report deutet in der Folge Magor Csibi, Direktor von WWF in Rumänien: Was uns der Bericht eigentlich sagt, ist klar: Leben wir weiter so wie bislang, beeinflussen wir die Natur wie bisher, beginnt das sechste Massenaussterben auf unserem Planeten. Der Bericht kommt au‎ßerdem zum Schluss, dass wir in einer neuen geologischen Ära leben, im so genannten Anthropozän. Erscheinen Spuren der Vulkane und Meteoriten in den Gesteinsschichten von vor 100 Tausend Jahren, so werden in Millionen Jahren auch unsere eigenen Spuren zu sehen sein: zum Beispiel Plastik und andere verschmutzende Substanzen, die wir im Moment produzieren. Der Menschen beeinflusst also nicht nur die unmittelbare Umwelt, er hinterlässt eine geologische Spur, die in Zukunft sichtbar sein wird“, sagt Magor Csibi.



    Die bisherige Ausgabe des Berichts, die 2014 veröffentlicht wurde, geht von einer Halbierung der Arten in den letzten 40 Jahren aus. Dieser Trend geht weiter, befürchtet Magor Csibi: Seit 1970 haben wir 58% der Artenvielfalt eingebü‎ßt. Geht dieser Trend weiter, werden wir in den nächsten vier Jahren zwei Drittel aller Arten verlieren. Und die Verluste sind nicht gleichmä‎ßig — in manchen Gebieten sterben mehr aus. In den Sü‎ßwassergewässern haben wir 80% der Biodiversität verloren, auf dem Festland sind es 53%. das Problem ist extrem ernst – wir verlieren jetzt mittlerweile auch Arten, die uns sehr nahe sind. Normalerweise denken wir gleich an Tiger, an Elefanten, an schwarze Rhinozerosse usw. Aber es geht um mehr. Thunfisch zum Beispiel ist sehr wichtig als Nahrung und wird in den nächsten zehn Jahren zur Neige gehen – und dann ganz verschwinden. In Rumänien werden im Frühling ganz viel Maiglöckchen gepflückt, weshalb dieser Art auch verschwinden würde. Wir haben dann ein ganz gro‎ßes Problem mit den Bienen, deren Zahl massiv rückläufig ist. Treffen wir jetzt keine Gegenma‎ßnahmen, wird es für uns in Zukunft sehr unangenehm“, vermutet der Chef von WWF-Rumänien.



    Wissenschaftlern zufolge muss der Mensch sein Verhalten dringend ändern und Lösungen finden, um die Ökosysteme, von denen er abhängt, wiederherzustellen. Weniger Lebensmittelabfall und erneuerbare Energien wären ein guter Anfang, glaubt Magor Csibi: Wir Endverbraucher müssen uns ändern, wir müssen der Verschwendung Einhalt gebieten. In der Landwirtschaft sind die Probleme sehr akut — wir ernähren uns heute mit 12 Pflanzen- und fünf Tierarten, haben also eine riesige Vielfalt durch 17 Arten ersetzt. Das wird die Zukunft stark beeinflussen. Die Landwirtschaft ist das grö‎ßte Problem für die Wälder. Sie ist der Hauptgrund für die Abholzung und braucht 70 Prozent der Wasserressourcen auf. Dabei werfen wir einen guten Teil der Lebensmittel weg, mehr als ein Drittel. Energiepolitisch muss auch viel verändert werden — bewegen wir nichts zum Abbau unserer Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen, geht der Klimawandel weiter voran. Im Gro‎ßen und Ganzen können wir davon ausgehen, dass wir am Abgrund stehen.“



    Living Planet bringt aber auch positive Beispiele — sie zeigen, dass der Mensch auch etwas bewirken kann, wenn es den Willen gibt. In Frankreich waren Luchse 1970 faktisch ausgestorben, heute gibt es wieder 108 Exemplare. Riesenpandas oder Biber gelten heute nicht mehr als bedroht. Und in Rumänien laufen gerade Versuche, den Auerochsen wieder in sein natürliches Habitat einzuführen.