Tag: Balkanroute

  • EU-Parlament: Entschließung fordert schnellen Schengen-Beitritt für Rumänien und Bulgarien

    EU-Parlament: Entschließung fordert schnellen Schengen-Beitritt für Rumänien und Bulgarien

    Rumänien und Bulgarien sollten bis Ende dieses Jahres in den Schengen-Raum aufgenommen werden, so die am Mittwoch vom Europäischen Parlament angenommene Resolution. In dem Dokument, das bei der Abstimmung mit 526 Ja-Stimmen, 57 Nein-Stimmen und 42 Enthaltungen bedacht wurde, wird betont, dass Rumänien und Bulgarien bereits die notwendigen Voraussetzungen für die Aufnahme in den Schengen-Raum erfüllt haben und dass die Ausübung des Vetorechts gegen den Beitritt der beiden Länder antieuropäische Stimmungen schürt und der Wirtschaft schadet.



    Die Abgeordneten bedauern die Entscheidung des EU-Rates vom 8. Dezember 2022, die Mitgliedschaft abzulehnen, ohne dass eine rechtliche Begründung im Zusammenhang mit den Beitrittskriterien vorgelegt wurde“, wie es in der Entschlie‎ßung hei‎ßt. Nach Ansicht der Abgeordneten werden rumänische und bulgarische Bürger diskriminiert, da sie im Vergleich zu den Bürgern der Schengen-Länder mit Verzögerungen, bürokratischen Schwierigkeiten und zusätzlichen Kosten konfrontiert sind, wenn sie ins europäische Ausland reisen oder dort Geschäfte abwickeln wollen. Die Resolution fordert die Europäische Kommission au‎ßerdem auf, die finanziellen und wirtschaflichen Verluste sowie die Umweltschäden zu schätzen, die Rumänien und Bulgarien seit Juni 2011 infolge der negativen und ungerechtfertigten Entscheidung“ über ihren Schengen-Beitritt erlitten haben, und mögliche Entschädigungsmechanismen zu prüfen.



    In einem Interview mit Radio Rumänien legte der rumänische Europaabgeordnete Victor Negrescu jedoch Zurückhaltung nahe, da bis zum Jahresende noch drei Tagungen des Rates für Justiz und Inneres anstehen, bei denen eine Entscheidung über den Beitritt völlig offen bleibe. Aus Österreich, dem Land, das sich im Dezember 2022 stur gegen den Schengen-Beitritt Rumäniens gestemmt hat, gebe es noch keine Anzeichen, dass Wien seine Position revidiert habe:



    Unser Wunsch ist es, dass Rumänien bis Jahresende in den Schengenraum aufgenommen wird; dennoch ist keine voreilige Freude ratsam, sonst kommt es womöglich wie vergangenes Jahr, als wir viel über den Beitritt sprachen und dieser dann doch vereitelt wurde. Dieses Jahr sollten wir über die bestehenden diplomatischen Kanäle versuchen, Druck auszuüben, um die Meinung der österreichischen Regierung zu ändern und letztendlich eine positive Entscheidung zu erreichen. Aber im Moment sind wir noch nicht so weit. Ich denke, dieses Jahr ist es noch schwieriger als letztes Jahr, weil die Wahlen zum Europäischen Parlament und die Nationalrastwahl in Österreich immer näher rücken, und das vom österreichischen Bundeskanzler forcierte Thema der Migration wird wohl in beiden eine Rolle spielen.“



    Im Dezember 2022 hat Österreich den Schengen-Antrag Rumäniens blockiert — mit der Begründung, Rumänien sei Teil der Balkanroute für illegale Migration. Der Vorwurf wurde von der Regierung in Bukarest zurückgewiesen und von den europäischen Institutionen, einschlie‎ßlich der Europäischen Agentur für Grenzschutz und Küstenwache (Frontex), offiziell widerlegt. Derzeit sind von den 27 EU-Mitgliedstaaten nur Rumänien, Bulgarien, Zypern und Irland vom Schengenraum noch ausgeschlossen. Hingegen sind Nicht-EU-Länder wie Island, Norwegen, die Schweiz und Liechtenstein Teil des Freizügigkeitsabkommens.

  • Europas Umgang mit weichen Drogen

    Europas Umgang mit weichen Drogen


    Trotz heftiger Kritik seitens der Mitte-Rechts-Opposition, der Ärzteverbände und der Kirche verabschiedete das maltesische Parlament Mitte Dezember ein Gesetz, das jedem Erwachsenen den Besitz von bis zu 7 Gramm Cannabis und den Anbau von maximal 4 Pflanzen erlaubt. Malta ist damit das erste europäische Land, das den begrenzten Anbau und Besitz von Cannabis für den persönlichen Gebrauch erlaubt. Mit dieser Entscheidung steht Malta nicht allein in der Europäischen Union da – im Oktober legte Luxemburg ähnliche Pläne vor, diese wurden jedoch noch nicht vom Parlament gebilligt. Deutschland, das den medizinischen Cannabiskonsum 2017 legalisierte, kündigte an, einen regulierten Cannabis-Markt einrichten zu wollen, nachdem die Regierungen der Schweiz, Luxemburgs und der Niederlande ähnliche Entscheidungen bekannt gaben. In Italien sammelten Cannabis-Befürworter genügend Unterschriften, um ein Referendum zu diesem Thema abzuhalten.




    Der Richtungswechsel der europäischen Regierungen erfolgt, nachdem die Vereinten Nationen 2020 beschlossen hatten, Cannabis von der Liste der gefährlichen Substanzen zu streichen. Eine im November veröffentlichte Studie des Institute for Competition Economics in Düsseldorf zeigt, dass die Legalisierung von Cannabis beispielsweise Deutschland jährlich etwa 4,7 Milliarden Euro an Steuereinnahmen bringen würde. Hinzu kämen Einsparungen von 1,3 Milliarden Euro bei Polizei und Justiz, und 27.000 Arbeitsplätze würde zusätzlich geschaffen. Doch wie kann der Drogenkonsum kontrolliert werden, wenn diese Maßnahmen zum Zug kommen? Der europäische Drogen-Markt, der sowohl durch die inländische Produktion als auch durch den Handel mit Drogen aus anderen Teilen der Welt beliefert wird, wächst. Südamerika, Westasien und Nordafrika sind die Hauptursprungsländer für illegale Drogen, die nach Europa gelangen, während aus China neue psychoaktive Substanzen herkommen.




    Der im Juni 2021 vorgelegte europäische Drogenbericht warnt vor den Gefahren für die öffentliche Gesundheit, die von der Verfügbarkeit und dem Konsum einer breiteren Palette von Wirkstoffen ausgehen. Aus dem Dokument geht hervor, dass 15 % der jungen europäischen Erwachsenen, d. h. 18 Millionen, im vergangenen Jahr Cannabis konsumiert haben. Weiterhin haben mehr als 25 Millionen Menschen zwischen 15 und 64 Jahren, d. h. 7,6 % dieser Altersgruppe, im vergangenen Jahr Cannabis konsumiert. In dem Bericht heißt es auch, dass organisierte Verbrecherbanden illegale Drogen in Europa vermehrt herstellen, und er warnt davor, dass immer wieder neue, schädliche und starke psychoaktive Substanzen auf dem Markt kommen. Im Jahr 2019 wurden in der Europäischen Union 1,5 Millionen Drogendelikte verzeichnet, von denen 82 % auf den Konsum oder den Besitz für den persönlichen Gebrauch entfielen. Gleichzeitig wurden 370 illegale Labors ausgehoben.




    Nach Angaben der europäischen Beobachtungsstelle meldeten mehr als die Hälfte der 45 Städte, die für 2018 und 2019 Daten zu Kokain-Rückständen im Abwasser vorlegten, einen Anstieg. Aus den Daten geht auch hervor, dass in der EU nach wie vor große Mengen an Kokain und Heroin beschlagnahmt werden, was Anlass zur Sorge über die möglichen Auswirkungen auf die Konsumentenzahlen gibt. Fachleute in Rumänien weisen darauf hin, dass auch hier der Konsum von Cannabis und Wirkstoffen mit psychoaktiven Eigenschaften in letzter Zeit zugenommen hat und dass das Alter der Konsumenten immer jünger wird. In den ersten 11 Monaten des Jahres 2021 beschlagnahmten Polizeibeamte der Direktion für die Bekämpfung der organisierten Kriminalität in Rumänien fast eineinhalb Tonnen Heroin, nahezu 900 kg Kokain und mehr als 400 kg Cannabis. Damit verzeichneten sie einen Anstieg, im Vergleich zu den letzten Jahren. Die meisten dieser Substanzen bleiben jedoch nicht im Land, erklärte Victor Nistor, Hauptkommissar der Polizei, gegenüber Radio Rumänien:




    Alle großen Mengen, die in den letzten Jahren in Rumänien beschlagnahmt wurden, waren für den Transit und nicht für den rumänischen Markt bestimmt. Wie andere Länder in Europa ist auch Rumänien ein Ziel des Drogenhandels, da es Schwarzmeerhäfen hat und auf der klassischen Balkanroute des Heroins liegt, die von Afghanistan, dem Iran über die Türkei, Bulgarien und Rumänien bis nach Westeuropa führt. Wir sind, was die Bekämpfung anbelangt, im Vergleich mit den umliegenden Ländern, gut aufgestellt. Aber auch auf den rumänischen Markt gelangen immer mehr Drogen. Alle Berichte über den Drogenhandel spiegeln die Tatsache wider, dass auf dem Markt vermehrt alle Arten von Drogen angeboten werden und die Zahl der Konsumenten ständig zunimmt.“




    Victor Nistor ist überzeugt, dass Rumänien noch nicht für die Legalisierung der weichen Drogen bereit ist, auch wenn einige Verbände dies fordern. Maßnahmen diesbezüglich könnten schrittweise eingeleitet werden, um die Menschen durch das Gesundheits- und Bildungssystem über die Gefahren des Drogenkonsums aufzuklären. Erst dann kann eine Lösung gefunden werden, die nicht unbedingt die Legalisierung, sondern die Entkriminalisierung einiger Kategorien weicher Drogen vorsehen könnte.

  • Neue Flüchtlingsroute nach Europa über das Schwarze Meer?

    Neue Flüchtlingsroute nach Europa über das Schwarze Meer?

    Das Argument der Frontex zugunsten einer neuen Migrationsroute hängt mit der immer höheren Anzahl von Einwanderern zusammen, die auf dem Weg in das reiche Westeuropa zusammengepfercht in kleinen Booten rumänische Gewässer erreichen. Aktuelle Statistiken zeigen, dass die meisten entlang dieser Migrationsroute aus Syrien und dem Irak stammen.



    Unlängst hatte auch die Internationale Organisation für Migration (OIM) vor dem Erscheinen einer neuen Route durch Rumänien gewarnt. Der OIM-Regionaldirektor für die EU, Eugenio Ambrosi, meldete besorgt, dass bereits Hunderte von Migranten über das Schwarze Meer Rumänien erreicht hätten. Das sei ein klares Zeichen dafür, dass Schmuggler und Schlepper neue Varianten testen, um ihrem Geschäft nachgehen zu können“, schätzte Ambrosi. Aus Daten der Frontex geht hervor, dass die Anzahl der illegalen Migranten schwankt. 2014 waren es noch 430 Personen, ein Jahr später wurden 68 Fälle gemeldet und schlie‎ßlich bekommt es die Küstenwache derzeit wöchentlich mit derartigen Zwischenfällen zu tun. Kann hier die Rede von der Erschlie‎ßung einer älteren Route sein, die den Schlepperbanden bekannt ist? Professor Ştefan Popescu, der in der Geschichte internationaler Beziehungen promovierte, spricht von einer möglichen Testphase für diese Strecke.



    Momentan ist es noch zu früh, über eine alternative Route zu sprechen, finde ich. Ich glaube, das hängt mit der Sperrung oder zumindest den viel strengeren Kontrollen entlang der Balkanroute und vor allem in Libyen zusammen. Denn als Griechenland viel strengere Kontrollen einführte, hat Bulgarien die Grenze zur Türkei geschlossen — diese Grenze wird seit März 2016 sehr gut kontrolliert. Ein Gro‎ßteil der Migrantenströme führte über Jordanien, Ägypten bis nach Libyen. Und von dort aus gelangten sie in Booten nach Italien und sogar noch weiter, über Marokko bis nach Spanien. Diese Ströme konnte man nicht immer ganz unter Kontrolle halten, das wird allein dadurch ersichtlich, dass in diesem Jahr 121.000 Menschen das mittlere Mittelmeer überqueren konnten. Sicher ist die Zahl viel niedriger, letztes Jahr waren es noch 278.000 gewesen. Daran muss man denken, 278.000 sind an die italienische Küste gelangt, 9.000 kamen in diesem Jahr nach Spanien, ebenfalls über das Mittelmeer, schlie‎ßlich etwa 7.000 nach Griechenland. Wenn wir also die Zahlen mit den Entwicklungen bei uns vergleichen, haben wir es derzeit mit konkreten Testfahrten auf dieser Route zu tun, auch angesichts der Tatsache, dass die einfachste Route, die Balkanroute, gesperrt ist. Nicht nur, dass Griechenland die Kontrollen verschärft hat, es ist auch noch das Abkommen mit der Türkei in Kraft getreten, das mehr oder weniger funktioniert, trotz der Ansprachen und Androhungen des Herrn Erdoğan. Hinzu kommen noch Ma‎ßnahmen, die einschlie‎ßlich von Ungarn und Österreich ergriffen wurden, und sogar die Zurückhaltung Deutschlands.“




    Die meisten Migranten, die nach Rumänien gelangen, wollen nicht hier bleiben, sondern nach Westeuropa weiterreisen. Rumäniens Flüchtlingszentren beherbergen derzeit circa 1.500 Personen, wobei die von der Europäischen Kommission festgelegte Quote eigentlich vier Mal so viele Menschen bedeutet. Laut Angaben der Behörden stammen die meisten Einwanderer aus dem Irak, es folgen die Syrer, Afghanen, Pakistaner und Somalier. Es handelt sich um verzweifelte Menschen aus Kriegsgebieten, die mit ansehen mussten, wie ihre Nahestehenden getötet und ihre Häuser zerstört wurden. Darunter sind aber auch Wirtschaftsmigranten. Professor Ştefan Popescu wagt einen Ausblick.



    Somalia stand zur Diskussion, man sieht, dass Somalier ankommen, aber sie kommen aus Eritrea oder aus Nigeria. Um das Jahr 2050 wird die afrikanische Bevölkerung südlich der Sahara sich verdoppelt haben, also um eine Milliarde mehr betragen. Es werden also zwei Milliarden Menschen sein, oder 2,4 Milliarden, wenn wir Nordafrika noch dazu nehmen, die einen Druck auf Europa ausüben werden. Es ist also klar, dass diese Ströme zunehmen werden. Für uns ist die geographische Lage die Rettung. Denken sie daran, dass die italienische Insel Lampedusa der libyschen Küste näher ist als Europa. Da kommen die Migranten automatisch einfacher nach Lampedusa oder Malta.“




    Unterdessen ist auch die Anzahl der Migranten erheblich gestiegen, die über die serbische Grenze den Weg nach Rumänien suchen. Die Grenzpolizei meldete immer grö‎ßere Migrantengruppen, die illegal aus dem Mittleren Osten, Asien oder Afrika nach Westeuropa gelangen wollen. Allein im September erfassten die Grenzbeamten 150 illegale Migranten, die nach Westeuropa wollten. Das sind zwei Mal so viele Einwanderer wie die 75 Personen, die im August nach Rumänien eindringen wollten. Unter diesen Voraussetzungen kündigte das Innenministerium strengere Überwachungsma‎ßnahmen an der südwestlichen Au‎ßengrenze des Landes an.