Tag: Behinderungen

  • Climb Again: durch Klettertherapie zu mehr Eigenständigkeit

    Climb Again: durch Klettertherapie zu mehr Eigenständigkeit





    Climb Again“ ist ein Bukarester Sportverein, der seit 2014 kostenlose Klettertherapiesitzungen für Kinder und Jugendliche mit verschiedenen Behinderungen organisiert: Seh- und Hörbehinderungen, Autismus oder neuromotorische Störungen lassen sich durch Klettern besser in den Griff bekommen. Gegründet wurde der Verein von Claudiu Miu, einem ehemaligen Balkan-Klettermeister, der ein gro‎ßes Herz für Kinder und Jugendliche mit besonderen Bedürfnissen hat. Bei Climb Again“ darf jeder mitmachen und das soziale Engagement des Vereins unterstützen. Nichtbehinderte Menschen bezahlen für Kurse und Mitgliedschaften und ermöglichen somit die kostenlose Beteiligung von Kindern und Jugendlichen mit verschiedenen Behinderungen.



    Răzvan Nedu ist Trainer bei Climb Again“ und erläutert die therapeutische Wirkung des Kletterns:



    Es ist ein Sport, der dich zwingt, geistesgegenwärtig zu sein, genau zu verstehen, was in deinem Körper vorgeht, er ermöglicht einem, sich bestimmter einschränkender Ängste bewusst zu werden, die man verinnerlicht hat oder einem eingeflö‎ßt wurden. Es gilt zu erkennen, dass man Dinge einfach tun kann, wenn man seine Angst überwindet. Man lernt, Menschen zu vertrauen und mit ihnen zu kommunizieren, denn Klettern ist ein Sport, bei dem der eine klettert und der andere den Partner absichert — es ist ein Teamsport. Und für Menschen mit Behinderungen ist Klettern — wie für normale Menschen — ein Sport, bei dem die Route Standard ist, aber die menschlichen Fähigkeiten eben unterschiedlich sind. Manche haben einen grö‎ßeren Körperbau, manche sind stärker oder schwächer, manch andere haben eine Sehbehinderung, wiederum andere haben eine Lähmung oder ein fehlendes Körperglied. Man lernt, es auf seine eigene Art zu tun, man lernt, sich dem anzupassen, was der Körper hergeben kann, um die Kletterpartie zu bewältigen.“




    Entgegen gängiger Meinungen ist Klettern kein Extremsport. Es geht darum, aus eigener Kraft eine Felswand oder eine künstliche Platte hochzuklettern, um den Gipfel zu erreichen oder eine vorgegebene Route zu bewältigen. Solange der Kletterer und sein Sicherungspartner alle Sicherheitsma‎ßnahmen befolgen, ist das Risiko gleich null. Für Menschen mit Behinderungen kann das Klettern zudem enorme körperliche und geistige Vorteile mit sich bringen, erläutert weiter der Trainer Răzvan Nedu:



    Der Schwerpunkt liegt nicht auf dem, was ein Kletterer mit einer körperlichen Behinderung nicht tun kann. Wen jemand mit Sehbehinderung z.B. die Griffe nicht sehen kann, dann sagt ihm der Partner, wo sie sind. Wenn jemand sein Bein nicht hoch genug heben kann, arbeiten wir entweder an der Beweglichkeit oder wir finden einen anderen Weg, etwa die Hände so zu positionieren, dass es einfacher wird. Es geht vor allem darum, Lösungen zu finden. Im Alltag suchen Menschen mit Behinderungen nicht immer nach Lösungen. Sie bleiben bei der Tatsache stehen, dass es zu viele Hindernisse, zu viele Nachteile gibt. Beim Klettern wird man gezwungen, Lösungen zu finden, die den eigenen körperlichen Fähigkeiten entsprechen. Es gibt viele Möglichkeiten und Wege, Hindernisse zu überwinden, man muss es nur wollen. Und das überträgt sich auf das alltägliche Leben. Wenn man gelernt hat, Lösungen auf einer Kletterroute zu finden, bleibt diese Fähigkeit nicht auf die eine oder zwei Stunden in der Woche in der Kletterhalle beim Verein beschränkt. Denn wenn man gelernt hat, Hindernisse zu überwinden, kann man das auch im Alltag anwenden.“




    Beim Klettern lernen Kinder und Jugendliche mit Behinderungen, ihren eigenen Kräften zu vertrauen, und entkommen somit dem überfürsorglichen Milieu, in dem sie oft eingemauert werden, weil ihre Angehörigen befürchten, dass sie sich an eine nicht selten unfreundliche oder gar feindliche soziale Umgebung nicht anpassen könnten. Indem sie zusammen mit nichtbehinderten Kindern klettern, verstehen sie, dass sie nicht weniger wert sind als sogenannte normale“ Kinder. Der Trainer Răzvan Nedu ist ein lebendes Beispiel dafür, dass man Leistungssport auch mit einer Behinderung treiben kann. Im folgenden erzählt er, wie er als Sehbehinderter zum Klettern kam.



    Vor fast sieben Jahren tourte der Sportverein »Climb Again« mit einer mobilen Werbetafel durch Schulen für Sehbehinderte im ganzen Land und kam eines Tages auch ins Gymnasium, das ich damals besuchte. Ich war schon damals sportlich und machte viel Bewegung und Krafttraining. Das Klettern fesselte mich auf Anhieb, es gefiel mir besser als die Fitnessübungen im Studio. Und als ich das erste Mal vor einem Felsen stand, hat mich das total fasziniert. Ich kann zwar nicht sagen, dass meine Fähigkeiten am Anfang au‎ßergewöhnlich waren; doch Claudiu, der Gründer von »Climb Again« und Trainer der Gruppe, sagte: ‚Komm, lass uns zu Wettkämpfen gehen, dort kannst du spüren, wie es wirklich ist.‘ Und das taten wir! Am Anfang hatte ich keine herausragende Leistung, aber ich war sofort motiviert, mich weiterzuentwickeln.“




    Răzvan Nedu kann laut Ärzten nur 1 % von dem sehen, was Menschen mit intaktem Sehvermögen wahrnehmen. Tagsüber nimmt er seine Umgebung wie abstrakte Kunst wahr, wie er selber sagt, d.h., er kann nur Licht und Schatten unterscheiden und nur durch Logik und mit Hilfe anderer Sinne herausfinden, in welcher Umgebung er sich gerade befindet. In der Nacht wird alles schwarz mit wei‎ßen Punkten. Er besucht gerne Schulen für Sehbehinderte, um Menschen wie ihm den Umgang mit dem wei‎ßen Tast- und Signalstock beizubringen. Aber seit er das Klettern für sich entdeckt hat, kann er sich ein Leben ohne diese Sportart nicht mehr vorstellen. Klettern ist zu seinem Lebensinhalt geworden. Nebst seiner Tätigkeit als Trainer beim Verein Climb Again“ ist er Mitglied des Nationalen Paraclimbing-Teams. Er ist mehrfacher Medaillengewinner bei Weltcups und Weltmeisterschaften im Klettern für Menschen mit Behinderungen. Und er hat bislang den Mont Blanc, den Elbrus, den Aconcagua und das Matterhorn bestiegen. Zum Schluss erzählt Răzvan Nedu, wie er die innere Kraft findet, all diese Leistungen zu vollbringen.



    Die Grenzen liegen eher in unserem Kopf als in unserem Körper. Wir denken, dass wir bestimmte Dinge nicht tun können, und dann tun wir sie einfach nicht. Wenn wir aufhören, darüber nachzudenken, und einfach loslegen, wird es immer eine Lösung geben. Die Natur und unsere Welt sind wunderbar. Man muss sie nur entdecken wollen, die Angst ablegen, Köpfchen haben, aber nicht kopfüber hineinspringen. Und wenn man es langsam angeht und versteht, dass es Zeit braucht, dann kann man in kleinen Schritten fortschreiten und dabei viel weiter kommen, als man es sich anfangs vielleicht vorgestellt hatte. Es braucht einfach Beständigkeit.“

  • Unkonventionelle Therapien für behinderte Kinder

    Unkonventionelle Therapien für behinderte Kinder

    Unterstützt von ihren Eltern in den ersten Lebensjahren, müssen Kinder mit verschiedenen Behinderungen oder Leiden, mit der Zeit, Fähigkeiten erlernen, wodurch sie unabhängig werden und schlie‎ßlich für sich selbst sorgen. Deshalb rufen die Verbände, die sie unterstützen, in diesem Sinne, frühzeitig Aktivitäten und Kurse ins Leben. Das macht auch das Erziehungszentrum Raluca“, ein klausenburger Verband zur Unterstützung der Jugendlichen mit Down-Syndrom. Das Zentrum wurde von Adriana Avram und ihrem Ehemann gegründet. Sie haben beschlossen, diese Jugendlichen und gleichzeitig auch ihre Tochter Raluca zu unterstützen. Nach dem Schulabschluss blieb Raluca au‎ßerhalb der Gesellschaft, meint ihre Mutter, denn sie konnte nicht arbeiten.



    Adriana Avram: Mit den beruflichen Tätigkeiten haben wir im Frühling 2013 angefangen, als wir eine quasi-professionelle Küche eingerichtet haben. An ihrer Einweihung nahm auch der Gewinner von MasterChef Rumänien teil. Damals stellten wir fest, dass diese jungen Leute in der Küche sehr begabt sind: sie haben gemeinsam das Essen zubereitet. Zu diesem Anlass haben wir beschlossen, auf das Pausenbrötchen von zuhause zu verzichten und gemeinsam mit dem Verband ein Mittagessen zuzubereiten. Seitdem sind zwei Jungen täglich in der Küche im Einsatz.“



    Au‎ßer Kochen, lieben die Jugendlichen des Erziehungszentrums Raluca die Malkunst, sie stellen Blumendekore und Festtagsschmuck her. Deshalb streben sie auch Qualifizierungen in ähnlichen Bereichen an.



    Adriana Avram: Gerade dieses Jahr haben wir einen Kurs für Landschaftsgestalter-Floristen abgeschlossen. Dafür gibt es auch ein anerkanntes Diplom. Jetzt organisieren wir auch Kurse für Handelsarbeiter. Um ehrlich zu sein aber, sind ihre Chancen, einen Arbeitsplatz zu bekommen, niedrig. Grund dafür ist, dass man das Potential dieser Menschen nicht erkennt. Alle beeilen sich, keiner hat Geduld mit den Personen mit Down-Syndrom. Wir haben beschlossen, dieses Jahr, eine geschützte Einrichtung zu eröffnen, wo alle Personen arbeiten können, die zu unserem Zentrum gehören. Au‎ßerdem wollen wir etwas im Lebensmittelbereich unternehmen. Ich wei‎ß aber noch nicht was dieses etwas“ bedeutet, denn wir müssen immer mit vielen Vorurteilen und einer gro‎ßen Zurückhaltung kämpfen. Der einzige Ort, wo man den Jugendlichen mit Down-Syndrom gegenüber nicht zurückhaltend war, ist eine Pizzeria in Klausenburg. Dort leistet einer der Jugendlichen des Erziehungszentrums Raluca sein Praktikum in der Hoffnung, dass er oder andere, eines Tages, dort arbeiten können.“



    Besser im Ausland bekannt als in Rumänien, ist Dyslexie eine Lernstörung, die erst in den ersten Schuljahren des Kindes erkennbar wird. Folglich tritt diese bei Kindern mit einem normalen Intelligenzquozient auf und wirkt sich durch Lese-, Schreibe- und Textverfassungsschwierigkeiten aus. Störungen können auch beim Erlernen von Mathematikbegriffen. Für sie, aber auch für ihre Eltern, hat OMV Rumänien das erste Camp zur Entwicklung der Persönlichkeit und Kreativität der legasthenischen Kinder und Jugendlichen in Rumänien, mithilfe des Rumänischen Verbandes für Legasthenische Kinder Târgu Mureş veranstaltet.



    Das Camp ist Teil des Sozialprogramms der Gesellschaft Geh weiter, indem du liest“. Das ist das erste Programm in Rumänien, das legasthenischen Kindern gewidmet ist. Die Schauspielerin Angela Ioan, Gründerin des Bukarester Verbandes für Legasthenische Kinder“ und Mutter eines Mädchens, das an Dyslexie leidet, stellt uns die Struktur des Camps vor.



    Das Camp hat zwei Abschnitte. In der ersten Phase sind Kinder im Alter von bis zu 10 Jahren und eine Gruppe älterer Geschwister gekommen, die ihrerseits auch diese Störungen gehabt, sie aber grö‎ßtenteils überwunden haben. Zu ihnen gehört auch meine 15-jährige Tochter, ein weiteres 17-jähriges Mädchen, sowie eine junge Frau die einst legasthenisch war. Jetzt ist sie Psychologin und hat viele solcher Hindernisse überwunden. Nun ist sie gerade in dem Fachgebiet spezialisiert, das ihr so viele Probleme bereitet hat. Zum zweiten Abschnitt des Camps gehören etwas ältere Kinder, von bis zu 15 Jahren. Hier gibt es auch eine Gruppe älterer Geschwister. Die Übungen innerhalb des Camps dienen der Erkenntnis und der Selbsterkenntnis sowie dem Aufbau einer Beziehung zwischen Eltern und Kinder. Sehr viel hat man an dem Zusammenhalt zwischen Eltern und Kinder und dann an dem Zusammenhalt zwischen der Elterngruppe und der Kindergruppe gearbeitet. Letztendlich war es ein Camp für die Eltern mit legasthenischen Kindern. Dem Eltern offenbarte sich, dass ihre Kinder, abgesehen von den Problemen, die sie in der Schule haben, au‎ßergewöhnliche Kinder sind.“



    Beweis dafür ist auch, dass Kinder mit Dyslexie künstlerisch begabt sind. Diese Begabung kann aber nur durch Selbstwertgefühl und durch das Vertrauen der Eltern entwickelt werden.



    Angela Ioan: Das Hauptthema unserer Diskussionen war das Vertrauen. Wir haben festgestellt, dass wir alle beim Kapitel Vertrauen“ Mängel aufweisen. Wir sind mit zu wenig Vertrauen, dieses Problem unserer Kinder zu bewältigen, in dieses Camp gekommen. Wir sind mit zu wenig Vertrauen unseren Kindern gegenüber gekommen, auch wenn wir theoretisch wissen, dass sie spitze sein können. Bei unseren Kindern mangelte es auch an Selbstvertrauen. Sie sind aber, durch den Kontakt zu anderen Kindern, die ihnen ähneln, zur Erkenntnis gekommen, dass ihr Problem gelöst werden kann. Somit haben sie Selbstvertrauen gewonnen, wie auch wir, die Eltern unseren Vertraeunsmangel überwunden haben und mit einem positiven Gefühl nach Hause zurückgekehrt sind.“



    Somit, kann die Gesellschaft durch viel Vertrauen an die Fähigkeiten der Kinder und ohne Vorurteile, für diese Jugendliche, wie für andere Jugendliche auch, Platz schaffen. Dafür braucht man nur ein bisschen Ermutigung.

  • Regierung verbessert Leistungspakete der staatlichen Krankenkassen

    Regierung verbessert Leistungspakete der staatlichen Krankenkassen

    Die Regierung in Bukarest hat am Dienstag den Beschlussentwurf über das Mindest- und das Grundleistungspaket der staatlichen Krankenkasse gebilligt. Es ist eine wichtige Ma‎ßnahme für das Gesundheitssystem und für die gesamte Bevölkerung. Es geht um eine Neudefinition des minimalen Leistungspakets und des Grundleistungspakets zugunsten der Patienten“, erklärte im Anschluss Gesundheitsminister Nicolae Bănicioiu.



    Laut Angaben des Ministers, hätten mehrere Grundsätze den Erneuerungsprozess begleitet: etwa die Verbesseung des Zugangs von Patienten zu den von Hausärzten und Polikliniken angebotenen Dienstleistungen, oder die Weiterentwicklung der Präventionsleistungen. Das Grundleistungspaket beinhaltet zum ersten Mal die Früherkennungsuntersuchungen bei asymptomatischen Personen. Diese setzen einen Hausarztbesuch alle drei Jahre für Bürger unter 39 Jahren, sowie einen jährlichen Hausarztbesuch für Personen über 40 voraus.



    Zu diesem Zweck wurde der Etat nach oben geschraubt, so dass die ambulante Behandlung im Vergleich zu den Dienstleistungen im Krankenhaus kostengünstiger angeboten werden kann. Gleichzeitig werden die Krankenhäuser durch die gesenkte Anzahl von eingelieferten Patienten entlastet. Au‎ßerdem sieht der neue Vertrag vor, dass die in den Leistungspaketen enthaltenen Dienstleistungen nicht in Rechnung gestellt werden dürfen. Zudem soll die Bürokratie reduziert werden, mit der Einführung der elektronischen Überweisungsscheine, der elektronischen Rechnung und der elektronischen Krankenakte.



    Ebenfalls am Dienstag haben der Gesundheits- und der Arbeitsminister eine allgemeine Verordnung unterzeichnet, betreffend die Änderung der Kriterien für die Einordnung von Patienten mit unvollständigen Lähmungen in die unterschiedlichen Pflegestufen. Die beiden Ministerien hatten diese Ma‎ßnahme für notwendig befunden, weil Patienten mit Hemiparesen in der Vergangenheit nicht dieselben Rechte wie Personen mit sonstigen Behinderungen genossen. Damit setzt Rumänien die Kriterien und Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation hinsichtlich der Personen mit unvollständigen Lähmungen um. Insgesamt wird die neue Regelung etwa 70.000 Patienten in Rumänien zugute kommen.