Tag: Bolschewiki

  • Ausstellung im Europäischen Parlament: „Die Goldvorräte der Rumänischen Nationalbank“

    Ausstellung im Europäischen Parlament: „Die Goldvorräte der Rumänischen Nationalbank“

     

     

    Im Verhältnis zwischen Rumänien und Russland gibt es ein Vermächtnis, das die bilateralen Beziehungen seit über hundert Jahren belastet: der unrechtmäßig in Moskau zurückgehaltene Staatsschatz Rumäniens, der aus der Goldreserve der Rumänischen Nationalbank sowie kostbaren Gemälden und wertvollen Dokumenten aus dem Staatsarchiv besteht.

    Zu diesem Thema wurde Anfang März am Sitz des Europäischen Parlaments in Brüssel eine Ausstellung organisiert. Unter den Stichworten „Die Goldreserve der Rumänischen Nationalbank“ präsentiert das Bukarester Geldinstitut seine eigene Geschichte und stellt das Schicksal seiner Goldreserve dar, um die internationale Gemeinschaft für das Thema zu sensibilisieren.

    Für unser Feature „Rumänien einmal anders“ haben wir uns mit Brândușa Costache, der Leiterin des Sekretariats für Archiv, Bibliothek und Öffentlichkeitsarbeit der Rumänischen Nationalbank (BNR), über die Ausstellung unterhalten. Das telefonische Interview führte Ana-Maria Cononovici, im Studio begrüßt Sie Sorin Georgescu mit der deutschen Fassung des Gesprächs.

     

    Es gehöre zur Tradition der Rumänischen Nationalbank, ihre Geschichte einem breiteren Publikum bekannt zu machen, eröffnete uns zu Beginn des Gesprächs Archivleiterin Brândușa Costache:

    Die Ausstellung ist im Grunde eine Fortführung der Bemühungen Rumäniens aus der Zwischenkriegszeit, die belastende Geschichte im Verhältnis zu Russland bekannt zu machen. Die Geschichte fängt im Jahr 1916 an, als in den Wirren des Ersten Weltkriegs die staatlichen Institutionen Rumäniens, einschließlich der Nationalbank, sich angesichts der anrückenden Truppen der Zentralmächte gezwungen sah, sich nach Jassy zurückzuziehen. Die Goldreserve der Rumänischen Nationalbank – das waren 91,5 Tonnen Gold – und auch die Kronjuwelen der Königin Maria sowie die Reserven kommerzieller Banken und unzählige Güter des nationalen Kulturerbes wurden zur Verwahrung nach Russland verfrachtet, weil man der Auffassung war, dass sie auf dem Staatsgebiet einer damals verbündeten Großmacht sicher sein würden. Ein fataler Fehler, wie sich später herausstellen sollte. Denn das zaristische Reich stand auf wackeligen Füßen. Im Herbst 1917 rissen die Bolschewiki die Macht in Russland an sich. Kurze Zeit darauf, nämlich schon im Januar 1918, brach Moskau die diplomatischen Beziehungen zu Bukarest ab und beschlagnahmte die rumänischen Wertgegenstände, die im Kreml verwahrt wurden. Zwar wurden auf diplomatischen Kanälen gleich nach Kriegsende Verhandlungen über die Rückgabe aufgenommen, doch blieben sie für Rumänien erfolglos. Entlang der Zeit wurden zweimal einige Gegenstände aus dem Kulturerbe zurückgegeben, doch aus der in Moskau verwahrten Goldreserve der Nationalbank trat keine einzige Unze ihren Heimweg nach Bukarest an.“

     

    Schon in der Zwischenkriegszeit hat die Rumänische Nationalbank begonnen, das von Rumänien erfahrene Unrecht der internationalen Öffentlichkeit bekannt zu machen, erzählt weiter die Archivleiterin Brândușa Costache:

    Die Nationalbank bemühte sich um die Bekanntmachung dieses Problems, so dass sie bereits 1934 die Veröffentlichung eines einschlägigen Bands unterstützte. Das Buch trug den Titel »Der rumänische Staatsschatz in Moskau« und war von Mihail Grigore Romaşcanu verfasst worden, einem Diplomökonomen und Schriftsteller, der zugleich ein höherer Beamte der Nationalbank war. Nach 1990 wurden diese Bemühungen wiederbelebt; dazu gehörten Veranstaltungen wie das alljährliche Historiker-Symposium unter der Schirmherrschaft der Zeitschrift »Magazin istoric« zum Thema »Geschichte der Geldkultur und des Bankwesens« in Rumänien. Es folgten Bücher von Cristian Păunescu, dem Berater des Notenbankchefs, sowie die Beteiligung der Nationalbank an der Gründung eines rumänisch-russischen Arbeitsausschusses im Jahr 2003, das sich mit dem offenen Problem zwischen den beiden Staaten befassen sollte. Die Ausstellung über den konfiszierten Staatsschatz Rumäniens im Europäischen Parlament war ein weiterer Schritt auf diesem Weg.“

     

    Als nächstes erläutert unsere Gesprächspartnerin Brândușa Costache, Archivbeauftragte der Rumänischen Nationalbank, warum es gerade jetzt zur Ausstellung im Europäischen Parlament kam:

    Der heutige weltweite Kontext war günstig für die Internationalisierung des Problems. Denn Rumänien braucht die internationale Anerkennung seiner Ansprüche gegenüber Russland – Moskau muss Rumänien 91,5 Tonnen Feingold zurückerstatten. Die Dokumente im Archiv der Rumänischen Nationalbank belegen ohne weiteres, dass Russland Rumänien diese Schuld erbringen muss, und ihre Echtheit oder Rechtmäßigkeit kann nicht angezweifelt werden. Daher haben wir die Initiative des rumänischen Europaabgeordneten Eugen Tomac voll unterstützt, eine Entschließung des Europäischen Parlaments zu diesem Thema auf den Weg zu bringen. Und diese Initiative war erfolgreich – die Resolution war Gegenstand einer Debatte und wurde anschließend vom Europäischen Parlament verabschiedet. Darin wird Russland aufgefordert, die beschlagnahmte Goldreserve Rumäniens zurückzugeben, was die internationale Unterstützung in der Causa bezeugt.“

     

    Die Ausstellung im Europäischen Parlament zeigt historische Fotos, Landkarten und Abbildungen von wertvollen Dokumenten des rumänischen Kulturerbes, die unrechtmäßig von Moskau zurückgehalten werden. Zum Schluss unseres Interviews gibt Brândușa Costache, die Archivbeauftragte der Rumänischen Nationalbank, weitere Details über die Ausstellung:

    Die Ausstellung war eine gute Gelegenheit, einem breiten Publikum Kopien der Originaldokumente unter die Augen zu bringen. Es handelt sich um die in Jassy und Moskau unterzeichneten Protokolle zwischen Bukarest und Moskau, die den Transport nach und die Aufbewahrung der rumänischen Goldreserve und der anderen Wertgegenstände sowie der Kulturgüter in Moskau belegen. Auch die Anfang 1917 in Moskau erstellten Dokumente über den Empfang der Transporte aus Rumänien und deren Inventur waren unter den ausgestellten Abschriften vertreten. Die Dokumente waren vorher in den Büchern von Cristian Păunescu veröffentlicht worden, doch waren sie einer breiteren Öffentlichkeit vor dieser Ausstellung kaum bekannt. Das Schicksal des rumänischen Nationalschatzes nach 1918 wird ferner in der Ausstellung durch Schriftstücke dokumentiert, die der Historiker Ilie Schipor in russischen Archiven entdeckt, abgelichtet und in einem Buch veröffentlicht hat.“

     

    In seiner Entschließung fordert das Europäische Parlament Russland entschieden auf, die rechtswidrig beschlagnahmte Goldreserve der Rumänischen Nationalbank sowie die anderen Wertgegenstände und Kulturgüter umgehend Rumänien zurückzuerstatten. Die derzeitige russische Führungsriege reagierte unwirsch darauf: Rumänien habe weitaus höhere Kriegsreparationen im Zusammenhang mit dem Zweiten Weltkrieg an die ehemalige Sowjetunion zu entrichten, hieß es aus Moskau. Eine Lösung der Angelegenheit ist derzeit nicht in Sicht.

  • 100 Jahre seit der Bolschewistischen Revolution: ungebrochene Faszination für eine bessere Welt?

    100 Jahre seit der Bolschewistischen Revolution: ungebrochene Faszination für eine bessere Welt?

    In gewisser Weise vorausahnend, betitelte der bolschewistische amerikanische Journalist John Reed sein Buch über die von Lenin geführte Revolution Zehn Tage, die die Welt erschüttert haben“, ein Titel, der zu einer harten Realität wurde. Auch Rumänien wurde nach 1945 durch die Umsetzung des kommunistischen Gedankenguts von Grund auf umgekrempelt. Gemeinsam mit dem Historiker und Politologen Ioan Stanomir haben wir versucht, zu erfahren, welche Bedeutung der Erste Weltkrieg gehabt hat, der die gro‎ßen Veränderungen des 20. Jh. ausgelöst hat.



    Der Bedeutung nach ist es das erste wichtige Ereignis des 20. Jh., denn es hat eine Ereigniskette ausgelöst, die noch nie dagewesene Tragödien in der modernen Welt verursacht hat. Dem Ersten Weltkrieg entspringt die bolschewistische Revolution und aus der bolschewistischen Revolution entspring die Art von Reaktion, die zur Entstehung des Nazismus führt. Es ist ein Ereigniskontinuum, das in seinem Kern den Ersten Weltkrieg hat. Für alle verwickelten Länder hat der Erste Weltkrieg einen Wendepunkt sowohl für die Sieger als auch für die Verlierer dargestellt. Russland befand sich, vergessen wir nicht, in einer paradoxalen Lage: Es war weder ein Sieger noch ein Verlierer. Es befand sich au‎ßerhalb des internationalen Systems. Von hier entsteht auch das Gefühl der Mittäterschaft gegenüber Deutschland, das von dem Rapallo-Abkommen zu dem Deutsch-Sowjetischen Pakt übergeht.“




    Ein Regime wie der Kommunismus wäre aber ohne eine Ideologie unmöglich. Ioan Stanomir zur Entstehung dieser Ideologie:



    Der Kommunismus hatte die Ideologie des Marxismus-Leninismus zugrunde, eine radikalisierte Form der Ideenlehre von Marx, gekreuzt mit dem leninistischen Stamm der Revolutionspartei. Hinzu kommen die lokalen Eigenarten wie Maoismus, Castrimus, Polpotismus. Es gibt sehr viele Variationen zu dem betreffenden Thema. Der Marxismus-Leninismus wurde auf zwei Axiomen aufgebaut: der Klassenkampf und die Politik, verstanden als Gewaltkunst, der Exterminierung des Gegners. Die beiden sind ineinander verflochten. Er hatte, um aus den Klassikern zu zitieren, ein Gedankengeflecht als Suprastruktur: Sozialgleichheit, Justiz, Bruderschaft, Ruhe, Seligkeit. Aber diese Suprastruktur hatte eine Ansatzweise zugrunde, die den Kompromiss, die Akzeptierung des Gegners als Gegner und nicht als Feind aus dem Weg räumte und die Verfolgung utopischer, prometheischer Ziele forderte. Die prometheischen Unternehmungen, sei es Rasseneugenik, sei es Sozialeugenik, können nur Katastrophen verursachen, denn diese gehen von dem Grundsatz einer perfekten Menschheit und eines imperfekten Segments aus, das ausgeschieden werden muss. Der Kommunismus betrachtete die Massen, die Arbeiter als diese perfekte Menschheit an und diejenigen, die sich ihm widersetzten, als den Klassenfeind, als imperfekte Menschheit, die ausgeschieden werden musste. Im Erbgut dieser Ideologie befand sich die Vorliebe zur Gewalt. Beweis dafür steht, dass alle Parteien, die Marxismus-Leninismus zugrunde hatten, totalitär waren.“




    Dennoch haben viele behauptet, dass das sowjetische Regime nur eine falsche Umsetzung der leuchtenden Grundsätze des Kommunismus war. Der Politikwissenschaftler Ioan Stanomir widerspricht dieser These:



    Der Marxismus kann nur zu einer unterdrückenden Gesellschaft führen, denn der pure Marxismus, so wie dieser bereits im Manifest der Kommunistischen Partei dargestellt wird, ist eine Ideologie des Konflikts. Der revisionistische Marxismus ist etwas ganz anderes, dieser geht von der Möglichkeit der Vereinbarung der Interessen, nicht durch Revolution, sondern durch die Abstimmung aus. Und das ist es, was zur Sozialdemokratie führt. Der andere Weg führt zu Stalin über Lenin. Überhaupt nicht zufällig hat der Marxismus-Leninismus als Praxiseinheit unmittelbar zum Stalinismus geführt. Stalin war ein Revolutionär und die revisionistischen Historiker hatten Schwierigkeiten, diese Beziehung zwischen Lenin, dem guten Menschen, und Stalin, dem schlechten Menschen, zu erläutern. Au‎ßerdem hat man versucht, zwischen einem guten und einem schlechten Stalin zu unterscheiden. Es gibt keinen guten Lenin, es gibt nur Lenin, den Gründer eines totalitären Regimes. Und Stalin ist weder gut noch schlecht, Stalin ist ein Leninist. Wenn wir diese Urteile akzeptieren, könnten wir ein klareres Verständnis der Gesetzlichkeiten haben, um einen marxistischen Ausdruck zu verwenden.“




    Rumänien hatte das historische Pech, 45 Jahre lang die Erfahrung des Kommunismus zu machen. Was hat der rumänische Kommunismus bedeutet? Ioan Stanomir:



    Der direkte Impakt des Jahres 1917 war das Jahr 1921, das Jahr der Spaltung der sozialistischen Bewegung. Die Komintern war in Rumänien besonders aktiv und nutzte die Unfähigkeiten des Bukarester Regimes aus. Somit schaffte sie es, einen Teil der nationalen Minderheiten, eigentlich eine Minderheit in der Minderheit für den Kommunismus zu begeistern. Ich denke, dass einer der Mythen, die wir bekämpfen müssen, jener des Judäo-Bolschewismus ist. Es ist ein Gründungsmythos der Rechtsbewegungen, der auch heute im Gedächtnis einiger Rumänen bleibt, die behaupten, der Kommunismus sei von den Juden eingeführt und durchgesetzt worden, was vollkommen falsch ist. Die rumänische kommunistische Erfahrung ist der Aufprall zwischen Repression und Kollaboration, zwischen der Repression der ersten 15-20 Jahre und dem Sozialpakt zwischen dem Kommunismus und der rumänischen Gesellschaft unter Nicolae Ceauşescu. Somit wurde das gewalzt, was der Schriftsteller Vladimir Tismăneanu Nationalstalinismus bezeichnet hat. Der Nationalstalinismus war eine perverse Idee, die wir auch nach dem Tod des Securitate-Generals Iulian Vlad zu hören bekamen, laut der es zwei Arten von Geheimpolizei Securitate gegeben habe, jene des KP-Generalsekretärs Dej, die mit fremden Elementen durchsetzt gewesen sei, das hei‎ßt mit Juden, und die patriotische, die das Land verteidigt habe. In Wirklichkeit hat es eine einzige Securitate gegeben, die politische Polizei eines illegitimen und kriminellen Regimes.“




    100 Jahre nach seiner Entstehung als politisches Regime ist die Einstellung der Nachfolgegenerationen gegenüber dem Kommunismus verwirrender denn je. Diese pendelt zwischen Nostalgie, Anarchie und Autoritarismus und dem Kampf gegen Kapitalismus in neuen Formen. Die Faszination für eine bessere Welt ist allerdings erhalten geblieben.

  • Rumänische Kommunisten in der französischen Résistance

    Rumänische Kommunisten in der französischen Résistance

    Die Generation derer, die gegen den Faschismus gekämpft haben, wurde von den Idealen des Sozialismus und Kommunismus geprägt. Manche dieser Ideale wurden von anständigen Menschen vertreten, die von der Rassentheorie entsetzt waren. Die Aggression des Faschismus in Europa war für einige linksorientierte junge Menschen Grund genug, um sich den freiwilligen Kämpfern gegen die Faschisten anzuschlie‎ßen. Laut dem internationalistischen Marxismus-Leninismus stellte der Faschismus die bösartigste Verkörperung des Kapitalismus — den Nationalismus — dar. Die Besetzung Frankreichs war für die rumänischen Kommunisten ein Signal, zu handeln.



    Der bekannte Historiker Vladimir Tismăneanu, Professor an der amerikanischen Maryland-Universität, stammt aus einer marxistischen Familie. Seine beiden Eltern haben im spanischen Bürgerkrieg gekämpft, sein Vater verlor im Kampf einen Arm. Die Schwester seiner Mutter war in der französischen Widerstandsbewegung tätig und wurde mit der höchsten Auszeichnung geehrt. Vladimir Tismăneanu erinnerte sich an die Reise seiner Mutter nach Spanien im Jahr 1936. Sie meldete sich freiwillig bei den Internationalen Brigaden. Damals begann die Geschichte des rumänischen Widerstands gegen den Faschismus im 2. Weltkrieg.



    Über Frankreich machte sich meine Mutter auf den Weg nach Spanien. Es gab eine Politik der Nichteinmischung, die praktisch den direkten Weg zu den Internationalen Brigaden in Spanien sperrte. Der Weg verlief entweder über Italien, so wie mein Vater vorgegangen ist, oder über Frankreich. Meine Mutter war in Frankreich angekommen, der Zentralpunkt war Paris, wo die Französische Kommunistische Partei ihren Sitz hatte. Sie war damals ziemlich naiv und ich muss folgende Geschichte in Erinnerung bringen. Sie kam nach Paris, wo sie einen Monat lang blieb. Sie bekam ein Zimmer und wurde unterwiesen. Der Verantwortliche in Paris war Palmiro Togliatti, der über Spanien und Moskau nach Paris gekommen war. Meine Mutter stieg in den Zug in Richtung Perpignan. Sie war sehr naiv und hatte nichts anderes zu tun, als sich eine Zeitung zu kaufen, um im Zug zu lesen. Und was kauft sie sich? Ihre Deckgeschichte war, dass sie als Studentin der Kunstgeschichte Klöster besichtigen wolle. Und dann kauft sie sich die Zeitung »L’Humanité«. Das war ihr erster gro‎ßer Fehler. Sie fuhr Richtung Spanien, sprach mit ausländischem Akzent und hatte eine »L’Humanité« in der Hand. Im Wagen war nur noch eine weitere Person, die ihr beim Aussteigen sagte: ‚Du fährst bestimmt nach Spanien, zu den Internationalen Brigaden.‘ Sie bestritt das, aber die Person sagte ihr: ‚Mädel, nächstes Mal kauf nicht mehr die »L’Humanité«, die offizielle Zeitung der Französischen Kommunistischen Partei!‘ Er war der kommunistische Abgeordnete der Region.“




    Es war das Problem des Internationalismus, das die meisten Rumänen der Widerstandbewegung dazu gebracht hat, sich der Bewegung anzuschlie‎ßen, meint weiter Vladimir Tismăneanu.



    Man muss an die Definition Stalins für den proletarischen Internationalismus denken. Der Marxismus ist eine internationalistische Doktrin. Der Nationalismus und der Marxismus sind nicht komplementär. Wenn man ein echter Nationalist ist, kann man kein Marxist sein, und wenn man ein Marxist ist, kann man kein Nationalist sein. Die Sachen sind ganz klar. Es gab sicherlich allerlei Allianzen, das ist aber etwas anderes und gerade das müssen wir erklären. Stalin definierte den proletarischen Internationalismus folgenderma‎ßen: Der Prüfstein des proletarischen Internationalismus, der bis zum sowjetisch-chinesischen Konflikt gültig blieb, sei die Einstellung gegenüber der Sowjetunion, so Stalin im Jahr 1927. Jemand, der die Richtigkeit der Linie der bolschewistischen Partei der Sowjetunion in Frage stellte, war nach ihrer Auffassung kein echter Internationalist.“




    Olga Bancic, Cristina Luca, Mihail Florescu, Gheorghe Gaston Marin, Alexandru Jar waren einige der aktivsten Namen des rumänischen kommunistischen Exils in Frankreich. Aber auch andere antifaschistische Persönlichkeiten des kulturellen und wissenschaftlichen Lebens haben die Demarche unterstützt, so wie der Pilot Traian Vuia. Vladimir Tismăneanu über die Beziehung von Vuia zum französischen Widerstand und zu den rumänischen Kommunisten in Frankreich:



    Ich wei‎ß, dass die Beziehungen Vuias zur Résistance eng waren eng, ich wei‎ß das von meiner Tante, sie haben sich mehrmals getroffen. Eine sehr starke Beziehung gab es zu Elena Văcărescu, sie pflegte diese Beziehung mit Hilfe des Schriftstellers Ilarie Voronca. Auch zur Schauspielerin Elvira Popescu gab es ein enges Verhältnis. Die wichtigen Figuren der rumänischen Intelligenz, die nach Frankreich gingen, waren linksorientiert. Ich erinnere mich an die Ballerina Lisette Codreanu, die Freundin von Brâncuşi. Es gab hier einen Gegensatz: Umso weniger sie im Land linksorientiert waren, desto mehr wurden sie in Paris zu Linken. Alle gehen in Richtung sozialistischer oder kommunistischer Linke. Vuia war, soviel ich wei‎ß, unter keinen Umständen ein Kommunist, aber er hatte Beziehungen zu ihnen, bot ihnen Unterkunft an, er hatte ein Haus, das von der Widerstandbewegung genutzt wurde. Diese Art von Beziehung konnte in Nordfrankreich für gro‎ße Komplikationen sorgen. Als De Gaulle 1946 die Kommunisten aus der Regierung absetzt, auch Thorez war damals Minister, beginnt der Kalte Krieg. 1948-49 werden aus Frankreich massiv rumänische Kommunisten ausgewiesen. Damals kommt zum Beispiel Mihai Şora zurück. Einige von ihnen hatten die französische Staatsbürgerschaft nicht erlangt.“



    Nach dem Sieg gegen den Faschismus atmeten diejenigen, die an einer besseren Welt glaubten, erleichtert auf. Sie hatten den Eindruck, dass der Sozialismus die ganze Menschheit retten werde und dass die Leiden ein Ende haben werden. Doch die Geschichte nahm einen anderen Lauf.



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  • Rumänien in den Kriegsjahren 1916-1918

    Rumänien in den Kriegsjahren 1916-1918

    Unter Besatzung der Armeen der Mittelmächte und mit einem schlechten Image in den Augen seiner Alliierten wegen des separat abgeschlossenen Friedens, versuchte Rumänien im Herbst 1918 eine verzweifelte Lage zu überwinden. Die Änderung der Machtverhältnisse zwischen den Mittelmächten und der Entente im Herbst 1918 brachte Rumänien ins Siegerlager. Die günstige Folge war die Vereinigung de alten Königreichs Rumänien mit Bessarabien, der Bukowina und Siebenbürgen. Das war aber keine leichte Unternehmung. Bis 1920 musste die politische Elite und die ganze Gesellschaft die Hürden im Wege der internationalen Anerkennung des neuen Staates überwinden.



    Der Historiker Ioan Scurtu erläutert die Geschehnisse im Rumänien der Kriegsjahre 1916-1918:



    Theoretisch hätte Rumänien vorbereitet sein müssen, weil es 1916 in den Krieg eingetreten war, also 2 Jahre nach Beginn des Weltkriegs. Das war eine Zeitspanne, die man normalerweise für die Aufrüstung und die Vorbereitung der Armee und der Reservisten hätte nutzen müssen. Leider war das nicht der Fall. Nach dem Enthusiasmus des Kriegseintrittes, als die Soldaten mit Gesang und Blumen in den Krieg einzogen und von der Menge applaudiert wurden, als ob sie zu einer Party gehen würden, kam nach etwa 10 Tagen das Desaster von Turtucaia. Ersta dann kam die Ernüchterung für die rumänische Regierung. Im November folgte der Rückzug aus Siebenbürgen und Anfang Dezember die Besetzung der Hauptstadt Bukarest. Es folgte der Rückzug nach Iași. Hier gab es schon Probleme wegen der vielen Flüchtlinge, dazu kam auch die Cholera, die tausende Menschen tötete. Als ob das nicht schon ausreichte, führte ein Bahnunfall zum Tod von über 1000 Menschen, als ein Zug in der Nähe von Iași entgleiste.“



    1917 folgten jedoch die glorreichen Momente. Die rumänische Armee stoppte in Mărăşeşti, Mărăşti und Oituz den Vormarsch der deutschen und österreich-ungarischen Truppen. Die russische Revolution führte aber zur Kapitulation Rumäniens und dessen Besatzung durch den Feind. Obwohl Rumäniens Goldschatz an Russland verloren ging, das Land einen separaten Frieden mit seinen Gegnern abschloss und mit den bolschewistischen Revolutionen in Russland und Ungarn konfrontiert wurde, war Rumänien dennoch im Stande, alle Hürden zu überwinden. All das sei einer visionären politischen Elite zu verdanken, glaubt der Historiker Ioan Scurtu.



    Alle diese Hürden wurden überwunden, weil Rumänien eine wertvolle politische Klasse hatte. Ich meine vor allem Ion I. C. Brătianu, den Vorsitzenden der Nationalliberalen Partei, der in den Ereignissen involviert war und eine wichtige Rolle bei der gro‎ßen Vereinigung spielte. Sowohl Bessarabier, als auch Bukowiner und Siebenbürger schickten vor der Vereinigungs-Erklärung Gesandte nach Iași. Sie diskutierten mit König Ferdinand und Ion I. C. Brătianu und anderen Politikern über die Vereinigung. Ion I. C. Brătianu hat die rumänische Delegation bei der Friedenskonferenz in Paris geleitet. Hier konfrontierte er sich mit gro‎ßen Politikern seiner Zeit, mit dem amerikanischen Präsidenten Wilson und dem britischen Premier. Das war letzen Endes ein Sieg, denn durch die Friedensverträge von 1919-1920 wurden die Vereinigungsakten von Kischinew, Czernowitz und Alba Iulia ratifiziert.“



    Das königliche Paar Ferdinand und Maria hat aber die Energie der Nation mobilisiert. Ioan Scurtu:



    König Ferdinand war ein Deutscher, er war früher Offizier im deutschen Heer gewesen. Als der Kronrat die Meinung für den Kriegseintritt Rumäniens gegen sein Herkunftsland und seine Familie äu‎ßerte, hat er seine persönlichen Überzeugungen aufgeopfert. Das war für Rumänien sehr wichtig. Gleich nach dem Kronrat gab es zwischen ihm und Petre P. Carp ein Wortgefecht. Carp warf ihm vor, er habe vergessen, dass er ein Deutscher sei. Der König antwortete, er wüsste sehr wohl, dass er ein Deutscher sei. »Wären die Interessen meines Landes im Einklang mit den Interessen Rumäniens gewesen, hätte ich gerne anders gehandelt«, sagte der König. Er war aber König der Rumänen und handelte im Interesse des Landes, das er führte.“



    Das Opfer des Volkes war auch das Opfer des königlichen Paares. Starke Persönlichkeiten kommen in schweren Momenten zum Zuge. Der Historiker Ioan Scurtu:



    Königin Maria war von Anfang an eine Anhängerin des Kriegseintrittes Rumäniens auf der Seite der Entente. Sie war Engländerin und spielte eine wichtige Rolle, als es um die Überzeugung Ferdinands ging, dieses persönliche Opfer im Interesse des rumänischen Volkes zu akzeptieren. Der König und die Königin waren ständig auf Seite der Rumänen, der Armee, der wichtigsten politischen Anführer. Als die Frage des Rückzugs von Iaşi nach Odessa, auf russisches Territorium, gestellt wurde, sagte König Ferdinand, er werde dieses Land nicht verlassen. Es gab die Gefahr der Besetzung der ganzen Moldau durch die deutschen Truppen. Genauso ging auch Ion I. C. Brătianu vor. Es war eine Geste, die das öffentliche Bewusstsein mobilisiert hat, auch einige Politiker, die es eilig hatten, in der Ukraine, in Städten fern von der Front Unterkunft zu bekommen.“



    Das als Gro‎ßrumänien“ bezeichnete Ziel der Generation Anfang des 20. Jahrhunderts war, alle mehrheitlich von Rumänen bewohnten Gebiete in einem Staat zu vereinigen. Ein Ziel, das von allen, die daran geglaubt haben, erreicht wurde. Möglich wurde dies durch die Befolgung einiger Vorbilder und Prinzipien, durch die Überwindung der Emotionen und des Zögerns und durch einen starken Willen.



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