Tag: Bombenangriffe

  • Zweiter Weltkrieg: Erdölfelder im Prahova-Tal unter Bombenangriffen der Alliierten

    Zweiter Weltkrieg: Erdölfelder im Prahova-Tal unter Bombenangriffen der Alliierten

    Die 60 Kilometer nördlich der Hauptstadt Bukarest gelegene Stadt Ploieşti, Hauptstadt des Kreises Prahova und der gleichnamigen Ölregion, einer Region, die seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts für Glück und Wohlstand der Stadt sorgte, befand sich während des Zweiten Weltkriegs inmitten von Turbulenzen. In der Tat war die Ausbeutung des schwarzen Goldes der Hauptvorteil, den Rumänien auf den Tisch gelegt hatte, als es im Juni 1941 den Bündnisvertrag mit Nazi-Deutschland unterzeichnete. Es war das rumänische Erdöl, das die deutsche Kriegsmaschinerie am meisten brauchte. Nachdem Rumänien ein Verbündeter Deutschlands geworden war, befand es sich bald im Krieg mit den ehemals verbündeten Mächten, wie Gro‎ßbritannien und den Vereinigten Staaten.



    Die ölreiche Prahova-Region zog jedoch nicht nur die Begehrlichkeiten des deutschen Verbündeten auf sich, sondern auch den Zorn und die Bomben der feindlichen Flugzeuge. Die ersten Versuche, das Prahova-Ölgebiet und die Stadt Ploieşti zu bombardieren, wurden im Sommer 1941, gleich nachdem Rumänien in den Krieg gegen die UdSSR eingetreten war, von der sowjetischen Luftwaffe unternommen. Der Historiker Lucian Vasile, Autor einer Monographie über die Stadt Ploieşti, analysiert die Auswirkungen der Angriffe, die von den Flugzeugen der feindlichen Mächte zwischen den Jahren 1941 und 1944 gegen die Stadt verübt wurden:



    Es gibt keinen möglichen Vergleich zwischen der Gewalt der sowjetischen Angriffe im Jahr 1941 und der der amerikanischen Luftwaffe, drei Jahre später. Die Auswirkungen der sowjetischen Angriffe waren gering. Die sowjetischen Bombenangriffe, die mit ein paar Dutzend eher groben Flugzeugen durchgeführt wurden, kratzten kaum an der Stadt Ploieşti. Sie hatten es nur geschafft, ein paar Dutzend Bomben innerhalb der Stadt abzuwerfen. Es hatte einige Opfer in der Zivilbevölkerung gegeben, und einige der Raffinerien hatten kleinere Schäden erlitten. Und diese Razzien dauerten nicht länger als ein paar Wochen. Als sich die Front entfernte, war die Stadt Ploieşti bald au‎ßerhalb der Reichweite der sowjetischen Bomber.“




    Doch im Dezember 1941, nach dem japanischen Angriff auf Pearl Harbor und dem Kriegseintritt der Vereinigten Staaten, musste Rumänien angesichts des Bündnisspiels den Amerikanern den Krieg erklären. Und von diesem Moment an ändern sich die Daten des Problems völlig, denn die Vereinigten Staaten wollen um jeden Preis die Versorgungskapazitäten Deutschlands und seiner Verbündeten in Sachen Treibstoff vernichten. So fand der erste amerikanische Angriff auf die Stadt Ploieşti im Juni 1942 statt, durchgeführt von Staffeln, die in Nordafrika, in Benghazi, Libyen, stationiert waren. Lucian Vasile kennt diese erste Konfrontation zwischen den amerikanischen Piloten und den Verteidigern der Stadt Ploieşti:



    Der erste amerikanische Überfall, der 1942 stattfand, hatte sich als ein tagsüber durchgeführter Angriff materialisiert. Die Amerikaner hatten diese Lösung vor allem gewählt, um die Chancen zu erhöhen, ihre Ziele zu treffen. Natürlich riskierten sie, ihre Piloten zu enttarnen, und es war wahrscheinlicher, dass sie von der Flugabwehr der Stadt abgeschossen werden. Die Briten hingegen entschieden sich für einen Angriff bei Nacht. Das war zwar weniger zielsicher, doch sicherer für ihre Piloten, die unversehrt wieder zurückfliegen konnten.“




    Die unter deutschem Kommando organisierte Flugabwehr umfasste mehrere hundert Flugabwehrgeschütze und Dutzende von Kampfflugzeugen. Die im August 1943 durchgeführte Operation Tidal Wave“, an der 170 amerikanische schwere Bomber vom Typ B-24 Liberator teilnahmen, scheiterte am erbitterten Widerstand der gemeinsamen rumänisch-deutschen Verteidigung, der es gelang, 53 Flugzeuge abzuschie‎ßen, 440 amerikanische Soldaten zu töten und 220 Gefangene zu machen. Die Operation Tidal Wave“ galt später als einer der bittersten Misserfolge der amerikanischen Luftwaffe während des Zweiten Weltkriegs. Aber es sollte nicht lange so bleiben. Im Frühjahr 1944 konnte sich die amerikanische Luftwaffe tatsächlich rächen. Lucian Vasile, Monograph der Stadt Ploieşti, mit Einzelheiten:



    Die Bombenangriffe von 1944 haben die Stadt in Stücke gerissen. Die Industrie wurde hart getroffen, und auch die Wohngebiete. Ein Achtel der Gebäude wurde in Schutt und Asche gelegt, ein Drittel der Stadt wurde getroffen. Der Angriff im Mai 1944 zielte auf das Zentrum der Stadt. Der Feind wollte Schrecken verbreiten, die Moral der Einwohner brechen, ihre Rebellion provozieren, damit sie Sabotageakte produzieren, um so die Reaktionsfähigkeit der Stadtverteidigung zu verringern.“




    Aber der Krieg ist die Quelle aller Schrecken und Fehler. Eines der letzteren: die versehentliche Bombardierung und Zerstörung des Armenviertels der Stadt, des Mimiu-Viertels, das hauptsächlich von Roma-Bevölkerung bewohnt war. Lucian Vasile:



    Mimiu war ein Randbezirk, der an die Stadt angrenzte. Es wurde nicht per se angegriffen, sondern befand sich vielmehr in der Position eines Kollateralopfers, eines Opfers ihrer Armut. Wissen Sie, von Beginn des Krieges an gab es eine nächtliche Ausgangssperre, aber auch Tarnungen, weil wir Angst vor nächtlichen Angriffen hatten. So wurde alles in Dunkelheit getaucht, auch die Fabriken, die Raffinerien, mit einer Ausnahme: der Bezirk Mimiu. In der Tat zeigte die Analyse der Situation, die im Winter 41/42 durchgeführt worden war, dass nur der Bezirk Mimiu vom Himmel aus sichtbar war. Das lag daran, dass die Bewohner aufgrund ihrer Armut einen neuen Brennstoff zum Heizen verwendeten, nämlich mit Erdölprodukten getränkte Erde. Sie hatten kein Holz zum Heizen. Und so wurde in der Nacht die ganze Stadt in Dunkelheit getaucht, während der Stadtteil Mimiu mit tausend Lichtern erstrahlte. Dies war fatal für die Einwohner.“




    Am 23. August 1944 brach Rumänien sein Bündnis mit Nazi-Deutschland. Danach hörten die Bombenangriffe, die die Stadt Ploieşti in Trauer stürzten, endgültig auf. Auch die Ölindustrie kehrte zu einem Anschein von Normalität zurück, während die Menschen noch auf das Ende des Unglücks hofften, das der Zweite Weltkrieg für alle Zeitgenossen war.

  • Die amerikanischen Luftangriffe vom April 1944 auf Bukarest

    Die amerikanischen Luftangriffe vom April 1944 auf Bukarest

    Am 4. April 1944 starteten ein paar Hundert amerikanische Bombenflugzeuge aus Foggia, Italien. Deren Ziel war es, wichtige Punkte in Rumänien zu bombardieren. Die Vereinigten Staaten wollte ihren sowjetischen Alliierten im Kampf gegen die Achsenmächte unter der Leitung Nazi-Deutschlands helfen, zu denen auch Rumänien gehörte. Die amerikanischen Bombenangriffe hatten auch Bukarest als Ziel.



    Hier wollten die Amerikaner den Rangierbahnhof zerstören. Das führte jedoch auch zum Tod von ein paar tausend unschuldigen Zivilisten, die meisten von ihnen Flüchtlinge aus dem Norden der Moldau, wo gekämpft wurde. Am 8. April 1944 schrieb der Schriftsteller Mihail Sebastian in seinem Tagebuch:



    Gestern Nachmittag war ich im Grivița-Viertel. Vom Bahnhof bis zum Basarab-Boulevard blieb kein Haus unberührt. Die Ansicht ist herzzerrei‎ßend. Man bergt immer noch Tote, man hört noch Gestöhne unter den Trümmern. An einer Stra‎ßenecke weinten drei Frauen mit scharfen Schreien. Eine verkohlte Leiche wurde gerade aus den Trümmern geholt. Am Morgen hatte es leicht geregnet und im ganzen Viertel war ein Geruch von Schlamm, Asche und gebranntem Holz zu spüren. Ich konnte nicht weiter als Basarab gehen und kehrte mit einem Gefühl von Ekel, Entsetzen und Unfähigkeit nach Hause zurück.“



    Laut offizieller Bilanz kamen 2942 Menschen ums Leben, 2126 wurden verletzt. Der Dirigent Emanuel Elenescu wurde 1994 vom Zentrum für mündlich überlieferte Geschichte des rumänischen Rundfunks interviewt. Er erinnert sich, wie alles am 4. April 1944 begann:



    Eine Woche zuvor wurde für 10 Uhr eine passive Verteidigungsübung eingeplant. Da die Leute bei uns nicht diszipliniert sind, haben sie keinen Wert darauf gelegt. Die Sirenen haben geheult, das war das Zeichen, dass die Gefahr vorbei ist. Gegen 1:30 oder 1:40 Uhr — plötzlich erneutes Sirenengeheul: Fliegeralarm. Die Menschen haben das ignoriert, sie wussten ja, das sei eine passive Verteidigungsübung. Ich befand mich auf der Popa-Tatu-Stra‎ße, in der Nähe des Rundfunks, und habe meine Mutter und meinen Bruder getroffen. Sie a‎ßen gerade etwas in einem Selbstbedienungs-Restaurant in der Nähe des Buzești-Platzes. Als der Alarm zu Ende ging, hörte ich Flugzeug-Geräusche. Ich hatte ein feines Gehör und erkannte, dass es kein übliches Geräusch war, es deutete auf sehr schwere Flugzeuge hin. Der Himmel bebte. Ich sagte dann: ‚Mutter, gehen wir hier rein, in diesen Luftschutzbunker, der Alarm ist echt!‘ Dann begann der Bombenangriff. Es waren drei Flugzeug-Angriffswellen. Der Bunker bebte, es war einem Erdbeben ähnlich. Es waren Liberator-Flugzeuge, man nannte sie »fliegende Festungen«, sie waren mit Gewehren auf den Flügeln, auf dem Heck und am Bug ausgestattet.



    Als wir rausgingen, war der ganze Matache-Măcelarul-Platz voller Tote. Eine Stra‎ßenbahn lehnte an ein Haus, die Gleise waren verkrummt. Und alle umherliegenden toten Menschen waren nicht von der Bombenexplosion erfasst worden. Sie starben nur wegen der Druckwelle. Alle hatten etwas Blut im Gesicht, waren auch geschwollen. Bei einer Explosion entsteht Vakuum, und die Menschenkörper implodieren.“



    Der rumänische Rundfunk zog um. Emanuel Elenescu erinnert sich, wie dieser weiter ausstrahlte. Die amerikanischen Bombenabgriffe gingen ebenfalls weiter.



    Am Abend hatte ich Sendung mit dem Radio-Orchester, ich gehörte zum Orchester. Ich ging zum Rundfunk, alles war kaputt, man konnte nichts mehr machen. Alarme gab es jeden Tag, auch wenn keine Bombenangriffe stattfanden. Wir haben von Marschall Antonescu einen Zerstreuungsbefehl bekommen. Wir wurden nach Bod, nach Südsiebenbürgen, geschickt. Das war ein Sachsendorf, da lebten auch wenige Rumänen. Das Dorf war 2 Km vom Sender entfernt. In der Kneipe eines Sachsen, Schuster hie‎ß er, haben wir ein Studio eingerichtet. Und wir strahlten zwei Sendungen am Tag aus. Alles ging also weiter. Als wir ‚Achtung! Achtung!‘ hörten, wurden die ersten Flugzeug-Angriffswellen angekündigt. Wir unterbrachen dann unsere Sendung und gingen aufs Feld, in der Nähe von Bod.



    An einem Tag dirigierte ich die Pathetische Sinfonie von Tschaikowski. Auf einmal höre ich einen Pauken-Klang. Ich schaue zum Paukenspieler, er schaut zu mir. Was war das? Die amerikanischen Flugzeuge flogen tief über Bod und bereiteten sich vor, Brașov/Kronstadt zu bombardieren. Das war ein Fehler oder ein schlechter Scherz eines Toningenieurs, der uns nicht informiert hatte, dass Fliegeralarm geschlagen worden war. Und wir sind alle gerannt.“



    Auch der Lehrer Olimpiu Borzea wurde 2001 vom Zentrum für mündliche Geschichte interviewt. Er erlebte ebenfalls die Bombenangriffe von damals:



    Im April-Mai habe ich Krankenhäuser im ganzen Land besucht. Ich ging nach Socola, von dort aus nach Vaslui, von Vaslui nach Bukarest, auf dem Elisabeth-Boulevard. Dann zog ich in die Franziskaner-Stra‎ße um, da gab es eine Franziskaner-Schule mit Internat. Als der Bombenangriff begann, mussten wir in den Keller gehen. Man hörte die Bomben. ‚Oh, mein Gott‘, jammerte da einer, es war ein Soldat. Und ich sagte ihm: ‚Hey, du, schämst du dich nicht? Schau dir mal diese Mädels an, die Krankenschwestern, sie sind ruhig, und du jammerst, was für ein Kämpfer bist du?‘“



    Die amerikanischen Bombenangriffe hatten als Ziel, den Gegner zu entmutigen und Schaden zu verursachen. Leider haben aber auch Zivilisten einen hohen Preis bezahlt.



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