Tag: Chinesen

  • Minderheiten: Ausstellung über Wahrnehmung ethnischer Gruppen in der visuellen Kultur

    Minderheiten: Ausstellung über Wahrnehmung ethnischer Gruppen in der visuellen Kultur

    Zwischen dem 20. August und dem 4. Oktober hat die Kulturstiftung PostModernism Museum in Brüssel das Forschungsprojekt Ethnische Minderheiten in der visuellen Kultur — Fokus Rumänien“ ausgestellt. Die Initiative ist im Kontext der aktuellen Frage der Integration der Flüchtlinge entstanden, die Europa beschäftigt. Eine wichtige Rolle spielte dabei die Tatsache, dass in Rumänien 18 Minderheiten leben, die durch je einen Abgeordneten im Parlament vertreten werden. Das Projekt erinnert an den 100. Jahrestag der Gründung Gro‎ßrumäniens, der am 1. Dezember 2018 gefeiert wird, und bringt Konzepte wie Identität, kulturelle Vielfalt und Staatsangehörigkeit in den Vordergrund. Wir haben den Kurator Cosmin Năsui um Einzelheiten gebeten:



    Unser Interesse als Forscher in diesem Feld lag nicht darin, neue Etiketten zu identifizieren, laut denen ethnische Gruppen eingestuft werden könnten, sondern den multikulturellen Faktor zu identifizieren und den durchaus wichtigen Beitrag der Minderheiten zu unserer jungen Nation zu betonen. Wir wollten dem Publikum bewusst machen, dass die ethnischen Volksgruppen einen entscheidenden Beitrag zur Schaffung der rumänischen Identität geleistet haben. Ganz interessant war für uns, zu erfahren, welche Minderheiten in den letzten 100 Jahren über unser Territorium nach anderen Teilen Europas gezogen sind und welche als sogenannte ‚übernationale‘ ethnische Gruppen eingestuft werden, das hei‎ßt Gruppen, die in ganz Europa leben, so zum Beispiel die Roma und die Juden. Sehr interessant war auch die Frage der Minderheiten, die in unserer Nachbarschaft leben, also der Volksgruppen, die im Kontext der politisch bedingten Schrumpfung und Ausdehnung des Territoriums entstanden, also als Rumänien zu einem gewissen Zeitpunkt in der Geschichte Bevölkerung der Nachbarstaaten eingliederte oder als sich solche Gruppen gro‎ßen Gemeinschaften auf unserem Territorium anschlossen. Ein gutes Beispiel wären die Ungarn und die Deutschen in der südostrumänischen Dobrudscha sowie die Schwaben im westrumänischen Banat. Es handelt sich also um vielfältige Gemeinschaften, die einen äu‎ßerst interessanten Beitrag zur sogenannten visuellen Kultur gebracht haben.“




    Die Ausstellung ist in zwei Abschnitte unterteilt: Die erste wird den alten Minderheiten und ihren Abbildungen in der visuellen Kultur Rumäniens gewidmet, also den Juden, Griechen, Lipowanern, Ungarn, Deutschen, Türken, Tataren, Roma, die zweite den neuen Minderheiten, die nach der Wende nach Rumänien gezogen sind — Chinesen, Engländer, Franzosen, Inder, Libanesen. Cosmin Năsui kommt erneut zu Wort mit Einzelheiten:



    Wir stellen sowohl Originalstücke der Malerei, Graphik, Skulptur und Fotografie als auch Werke der graphischen Datenverarbeitung aus, die letzteren werden verschiedenen Unterthemen gewidmet: Exotik, Diskriminierung, Autonomie, Exil und Kolonisation. Es handelt sich um Bild und Text, die überlappt werden, damit sie leicht verstanden werden, denn wir setzen uns mit einem Thema auseinander, dem wir über 100 Jahre folgen.“




    Die alten“ Minderheiten sind in interessanten Gemälden rumänischer Maler wie Iosif Iser, Nicolae Tonitza, Octav Băncilă, Nicolae Grigorescu und in Bildern und Postkarten abgebildet. Im Fall der Volksgruppen, die nach Rumänien nach der Wende gezogen sind, lässt sich eine andere Situation auszeichnen. Cosmin Năsui erläutert:



    Diese Volksgruppen sind meistens in der visuellen Kultur zu finden, zum grö‎ßten Teil im Bereich der Filmkunst. Die neue rumänische Kinowelle thematisiert oftmals das Leben der ethnischen Volksgruppen. In der Dokumentation »Anul dragonului« (»Das Jahr des Drachen«) setzen sich die Regisseure Adina Popescu und Iulian Manuel Ghervas mit dem Alltag der Chinesen in Rumänien auseinander, Radu Gabrea thematisiert in »Mănuşi roşii« (»Rote Handschuhe«) und »Cocoşul decapitat« (»Der geköpfte Hahn«), einer Verfilmung der gleichnamigen Romane von Eginald Schlattner, das Leben der Siebenbürger Sachsen. Es gibt zudem Spielfilme, Dokumentationen und Doku-Spielfilme wie die Produktion von Alexander Nanau »Toto şi surorile lui« (»Toto und seine Schwestern«), die sich mit der Situation der Roma-Minderheit auseinandersetzt. In Bukarest fanden au‎ßerdem zahlreiche Ausstellungen zum Thema Diskriminierung statt, in Kronstadt und Klausenburg gibt es eine Reihe von Denkmälern, die nach der Anerkennung des Holocausts errichtet wurden. Die ersten visuellen Zeichen, die an die Holocaust-Anerkennung auf rumänischem Territorium erinnern, waren die Schilder, die an die Wände der Bahnhöfe befestigt worden sind, von wo die sogenannten Züge des Todes ihre unheilvolle Reise in die Vernichtungslager antraten.“




    Das Projekt Ethnische Minderheiten in der visuellen Kultur — Fokus Rumänien“ regt zum Nachdenken an, die Kommentare, die das Publikum hinterlässt, werden zum Teil des Ausstellungskatalogs. Die Ausstellung wurde anschlie‎ßend nach Bukarest verlegt, wo sie zwischen dem 9. Oktober und dem 3. November im zum Museum der Stadt Bukarest gehörenden Villa Minovici zu besichtigen ist. Von Bukarest wandert die Ausstellung weiter nach Kronstadt, Klausenburg und Craiova. 2017 soll das Projekt die Benelux-Länder erreichen.




    Deutsch von Ana Nedelea

  • Klein, aber fein: Ting und sein chinesischer Schnellimbiss

    Klein, aber fein: Ting und sein chinesischer Schnellimbiss

    Er ist 28 Jahre alt uns lebt seit acht Jahren in Rumänien. Ting ist der Besitzer des Fast-Food-Restaurants Hao Chi“, (den Namen des Lokals würde man ins Deutsche sinngemä‎ß als Lecker“ übersetzen). Das Bukarester Restaurant ist nicht gro‎ß: zwei hohe Tische mit Blick auf die Stra‎ße, hohe Stühle und nicht zuletzt das Schaufenster, in dem schon am frühen Morgen frische chinesische Speisen ausgestellt sind. Es handelt sich um traditionelle Speisen, von Ting selber und seiner Mutter zubereitet. Seine rumänische Freundin, die Studentin Elena, macht auch mit, soweit es ihr die Zeit erlaubt. Ting führt also ein Familiengeschäft, das ihn sehr stolz macht. Warum aber in Rumänien?



    Ich bin ein Mann. Meine Familie vertritt die Ansicht, dass der Sohn eine Erfahrung im Ausland machen soll. Meine Cousine hatte sich schon lange hier in Rumänien niedergelassen, wo sie ein Geschäft führte, und ich wollte da mitmachen. Schlie‎ßlich habe ich mein eigenes Geschäft in Bukarest eröffnet. Jetzt fühle ich mich sowohl in China als auch in Rumänien zu Hause, und mein Leben ist hier ähnlich wie in meinem Heimatland. Seit zwei Jahren habe ich eine Freundin, sie ist Rumänin. Sie hilft mir bei der Arbeit im Restaurant, wenn sie Zeit hat. Sie studiert Marketing und jetzt lernt sie auch Chinesisch. Nach dem Studium wird sie bestimmt China besuchen.“




    Mittlerweile verbessert auch Ting sein Rumänisch. Mit seinen Freunden und den Kunden seines Restaurants spricht er Rumänisch, womit er Lob von allen Seiten erntet. Das Restaurant eröffnete er vor einem Monat und er tut sein Bestes, damit alles gut läuft.



    Wir möchten unseren rumänischen Kunden das beste chinesische Essen anbieten. Wir möchten, dass sie bei uns leckeres, frisches und günstiges Essen probieren. Ich stehe morgens um 6 Uhr auf, spätestens um 6.30 Uhr gehe ich arbeiten. Dann bereite ich hier, im Laden, die Speisen zu und erwarte meine Kunden. Ich bin sowohl der Koch als auch der Verkäufer, ich versorge das Restaurant mit Ware, ich mache alles…“




    Während unseres Gesprächs nahm seine Mutter eine Bestellung auf und bereitete die Speisen zu.



    Meine Mutter ist hergekommen, um mir zu helfen. Mein Vater ist in China geblieben, weil er noch nicht in Rente gegangen ist. Bald aber wird auch er hier mit uns sein. Meine Mutter hat sich noch nicht so gut eingelebt. In China hatte sie viele Freunde. Ihre Freizeit verbringt sie hier leider alleine, denn ich habe meistens keine Zeit, um ihr die Stadt zu zeigen.




    Ting hat so gut wie keine Freizeit. Er arbeitet die ganze Woche ohne Pause durch, von Montag bis Sonntag, von frühmorgens bis spätabends. Er hat auch keinen Urlaub, beklagt sich aber nicht. Ganz im Gegenteil. Die Chinesen seien daran gewöhnt, viel zu arbeiten. Als er in Rumänien ankam, wollte er ein Lederwarengeschäft eröffnen, er hat es sich aber anders überlegt. Er entschloss sich, den Rumänen qualitativ hochwertiges und günstiges Essen anzubieten. Seine Stammgäste sind meistens Begeisterte der chinesischen Küche in seiner Nachbarschaft und Angestellte des in der Nähe liegenden Sportclubs Dinamo. Seine neue Heimat gab ihm im Gegenzug dafür Ruhe.



    Rumänien ist nicht so lärmig wie China. Bei uns gibt es so viele Menschen, die so laut sprechen. In Europa spricht man hingegen leiser.“




    Wie erwartet hat Ting in Bukarest seine Lieblingsspeisen, denn er genie‎ßt die rumänische Küche: Polenta, die berühmten Mititei/Mici (eine Art ćevapčići), saure Kuttelsuppe. Etwas Ähnliches habe Ting einmal in der Türkei probiert:



    In Istanbul habe ich eine saure Kuttelsuppe gegessen, hat aber nicht geschmeckt. War nicht so lecker wie die rumänische.“




    Die Speisen seines Restaurants kann man auch online bestellen. Ting besucht oftmals auch Webseiten, die Nachrichten über sein Heimatland bieten und ihn auf dem Laufenden halten. Bisweilen geht er abends mit seinen Freunden etwas trinken. Er bleibt optimistisch und versucht, seine positive Lebenseinstellung zu bewahren.