Tag: Demokratieverständnis

  • Kulturkonsumbarometer: kulturelle Teilhabe fördert auch Demokratieverständnis

    Kulturkonsumbarometer: kulturelle Teilhabe fördert auch Demokratieverständnis





    2023 wurde das sogenannte Kulturkonsumbarometer 18 Jahre alt. Das Nationale Institut für Kulturforschung und -bildung (INCFC) führt diese wichtige Erhebung jährlich durch. Allerdings wurden während der Pandemiezeit die Erhebungen ausgesetzt, weil die meisten kulturellen Einrichtungen teilweise geschlossen waren und die Daten somit irrelevant gewesen wären. Im Jahr 2022 war es wieder soweit, und der kürzlich erschienene Kulturkonsumbarometer für 2022 macht deutlich, dass nach dem Rückgang der kulturellen Aktivitäten in den Jahren 2020 und 2021 noch keine Wiederankurbelung des Kulturbetriebs stattgefunden hat.



    Im Zeitraum der Pandemie mit Beginn im Jahr 2019 bis nach nach Aufhebung der Einschränkungen im Jahr 2022 hat der Kulturkonsum einen dramatischen Rückgang erfahren. Abgenommen haben im öffentlichen Kulturkonsum beispielsweise: der Besuch von Theateraufführungen von 29 % der Gesamtbevölkerung im Jahr 2019 zu 20 % im Jahr 2022, Kinobesuche von 35 % im Jahr 2019 zu 26 % im Jahr 2022, der Besuch von Museen, Ausstellungen oder Kunstgalerien von 38 % im Jahr 2019 zu 30 % im Jahr 2022. Lediglich der Besuch historischer Denkmäler oder archäologischer Stätten stieg um 14 %, wobei solche Bildungsausflüge in der Regel im Schnitt auch nur einmal im Jahr stattfinden. Weitere Einzelheiten der Studie kennt Carmen Croitoru, Leiterin des auftraggebenden Instituts:



    Wir haben festgestellt, dass sich die Trends fortsetzen. Wir sind zwar etwas besser dran als 2021, es gibt also einen Aufwärtstrend, doch sind wir immer noch nicht auf dem Niveau des Kulturlebens von 2019. Es gibt offensichtlich eine überwiegende Tendenz zum Kulturkonsum im Internet in privaten Räumlichkeiten. Menschen, die den Kulturkonsum in den eigenen vier Wänden für sich entdeckt haben, tun sich schwer, diese Gewohnheit aufzugeben, weil der Besuch kultureller Veranstaltungen in der Öffentlichkeit ein Verlassen der Komfortzone und damit eine Herausforderung der eigenen Bequemlichkeit bedeuten würde. Erfreulicherweise gibt es aber einen entgegengesetzten Trend in der Altersgruppe der 18- bis 35-Jährigen, d.h., die jungen Menschen sind aktiver und gehen öfters aus, weil sie auch diese Art der kulturvermittelnden Sozialisation brauchen. Generell gibt es jedoch leider stark zurückgehende Zahlen, wenn es um den Kulturkonsum geht. Erfreulicherweise gibt es wiederum einen anhaltend steigenden Trend bei der Besichtigung von Stätten des nationalen Kulturerbes. Das hei‎ßt letzten Endes, dass die Bedeutung des Kulturerbes im öffentlichen Bewusstsein in Rumänien zugenommen hat.“




    Von 2019 bis 2022 hat der Konsum kultureller Produkte im Internet deutlich zugenommen — dabei handelt es sich insbesondere um Filme auf Streaming-Diensten oder das Hören von Musik auf verschiedenen digitalen Plattformen. Auch das Lesen und der Kauf von Büchern im Internet haben zugenommen, obwohl die Rumänen insgesamt immer noch sehr wenig lesen. Neuere Daten des Nationalen Instituts für Statistik (INS) vom Herbst dieses Jahres ergaben, dass mehr als die Hälfte der Bevölkerung Rumäniens in den letzten 12 Monaten keine Bücher gelesen hat, wobei die Hauptgründe Zeitmangel (35 %) und mangelndes Interesse am Lesen von Büchern generell (32 %) waren.



    Das Kulturkonsum-Barometer bestätigt diesen Trend und zeigt, dass das Lesen von Büchern in Papierformat von 2019 bis 2022 um 9 % zurückging, während der Konsum von e-Books, Artikeln und anderen Medien in digitalem Format um 11 % zunahm. Au‎ßerdem zeigen die Untersuchungen des Instituts für Kulturforschung und -bildung bestimmte sozial-ökonomische Barrieren auf, die den Konsum von Kultur im öffentlichen Raum erschweren oder schlicht verhindern. Zu diesen Hindernissen gehört auch die fehlende Stra‎ßeninfrastruktur: Wenn die Menschen viele Kilometer zu Fu‎ß zurücklegen oder infrastrukturell mangelhafte öffentliche Verkehrsmittel benutzen müssen, um ein Theater, ein Kino oder eine Buchhandlung zu erreichen, verzichten sie ganz auf Kultur. Anda Becuț-Marinescu, Leiterin der Forschungsabteilung des auftraggebenden Instituts für die Erforschung der Kulturteilhabe, spricht im folgenden über diese Hindernisse, die ihrer Meinung nach nur durch angemessene Ma‎ßnahmen der öffentlichen Politik beseitigt werden könnten.



    Geografische Barrieren beziehen sich auf den Mangel an Infrastruktur in bestimmten Gebieten. Es handelt sich erstens um die Unterscheidung zwischen Stadt und Land, die in unseren Barometern ständig unter die Lupe genommen wird. Diese Hindernisse tauchen nicht nur im Stadt-Land-Gefälle auf, sondern auch im Städte-Ranking: kleine Städte gegenüber gro‎ßen Städten, die auch Universitätszentren sind. Es gibt Landkreise, die nicht einmal über elementare Infrastruktur verfügen. Und sicherlich gibt es auch finanzielle Hindernisse. Die Rede ist hier von sozialen Schichten mit bescheidenen Einkommen, für die der Kauf eines Buchs einfach unerschwinglich ist. Man kann sie als gefährdete Sozialschichten betrachten, und junge Menschen aus benachteiligten Familien sind eine solche gefährdete Gruppe. Und dann sind da noch die kulturellen Bildungsbarrieren, die mit der Einstellung und der Wahrnehmung einhergehen. Dabei geht es um die Kompetenz, künstlerische Botschaften entschlüsseln zu können. Menschen, die seit ihrer Kindheit nie mit Kultur in Berührung gekommen sind, werden im Laufe ihres Lebens ohne direkte Intervention von Kultureinrichtungen diese Fähigkeit nie entwickeln.“




    Während der Zusammenhang zwischen Bildungsniveau und Kulturverständnis seit langem bekannt ist, beleuchtet das Kulturkonsumbarometer 2022 auch die Beziehung zwischen kultureller Teilhabe, bürgerschaftlichem Engagement und dem Verständnis für demokratische Mechanismen. Carmen Croitoru, Leiterin des Instituts für Kulturforschung und -bildung, erläutert zum Schluss unseres Features die Zusammenhänge:



    Je höher die Werte des kulturellen Konsums sind, desto wahrscheinlicher ist es, dass die Menschen an einer freien Gesellschaft teilhaben und ihre Rechte, aber auch ihre Pflichten gegenüber der Gesellschaft verstehen. Zugehörigkeit, Identität, Toleranz, Vertrauen, Integration, staatsbürgerliche Anliegen und Freiheit sind die Themen, zu denen das Forschungsteam Fragen formuliert hat, und die Antworten sind recht interessant, aber meist paradox und beunruhigend. Wenn wir zum Beispiel über Vertrauen sprechen, geht es um die Tatsache, dass das Vertrauen in Informationen, die über soziale Medien verbreitet werden, sehr gering ist, obwohl der Prozentsatz derer, die auf sozialen Medien aktiv sind, höher ist als bei allen anderen. Die Menschen vertrauen nicht mehr dem, was im Fernsehen, im Radio und in Printmedien veröffentlicht wird, doch das ist die Folge einer bestimmten Art und Weise, mit Nachrichten umzugehen.



    Kultur bedeutet auch Respekt für den Bürger und vor der Freiheit des Bürgers, seine kulturellen Rechte wahrzunehmen. Aus unserem Kulturkonsum-Barometer geht deutlich hervor, wie viel Vertrauen wir den mündigen Bürgern schenken und welchen kulturellen Horizont ihnen dieser Staat zumisst. Die Rede ist von der jetzigen Generation im Durchschnittsalter, die das Ergebnis einer 20- oder 25-jährigen Ignoranz gegenüber kultureller Bildung ist. Und vielleicht sollten wir dann wenigstens etwas für die nächste Generation tun, für die jetzt noch jungen Menschen, damit sie sich der kulturellen Teilhabe selbst ermächtigen können.“

  • Jugendliche in Rumänien: armutsgefährdet und politisch unterrepräsentiert

    Jugendliche in Rumänien: armutsgefährdet und politisch unterrepräsentiert

    Die 2018 durchgeführte Umfrage zeigt die Einstellung, Perspektive und das Selbstbild der Rumänen im Alter zwischen 14 und 29 Jahren zu Themen wie Familie, Bildung, Lebensstil, Religion und Demokratie. Sie wurden mit jungen Menschen aus anderen europäischen Ländern, EU- und Nicht-EU-Mitgliedern, verglichen.



    Alle wirtschaftlichen und sozialen Indikatoren, die sich auf junge Menschen in Rumänien beziehen, sehen sehr schlecht aus, sagt Gabriel Bădescu, einer der Autoren der Umfrage, die zusammen mit Daniel Sandu, Daniela Angi und Carmen Greab erstellt wurde. Einige dieser Indikatoren müssen jedoch in einem breiteren europäischen Kontext angewendet werden. So stimmen beispielsweise mehr als die Hälfte der rumänischen Befragten zu, dass Demokratie eine gute Regierungsform ist, aber 23% glauben immerhin, dass Diktatur unter bestimmten Umständen eine bessere Regierungsform als Demokratie sein könnte. Im Vergleich zu den anderen neun in die Erhebung einbezogenen Ländern Südosteuropas genie‎ßt die Demokratie in Rumänien die geringste Unterstützung, ungeachtet der in allen europäischen Ländern sichtbaren autoritären Tendenzen.



    Bemerkenswert ist, dass der Generationswechsel allein schon bessere, demokratieliebendere Bürger mit sich bringt, sagt Gabriel Bădescu:



    Dieser Rückgang der Bindung der Menschen an die Demokratie ist nicht gleichmä‎ßig über alle Altersgruppen verteilt. Tatsächlich hängt es sehr stark vom Alter des Befragten ab. Wenn wir von der Qualität der Demokratie sprechen, sollten wir wissen, dass junge Menschen eine gefährdete und problematische Kategorie sind. Problematisch, denn Studien zufolge ist es äu‎ßerst schwierig, bestimmte Einstellungen, sobald sie in jungen Jahren geprägt sind, später zu ändern; sie bleiben verwurzelt und verselbstständigen sich.“




    Die Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung untersuchte neben den Mentalitäten auch das Ausma‎ß der Unterstützung von Minderheiten in Rumänien und den anderen neun Ländern. Gabriel Bădescu erzählt uns, was die Ergebnisse sind:



    Die Unterstützung für Minderheitenrechte ist bei jungen Menschen gering. Rumänien hat bei mehreren Kategorien von Minderheiten aus allen zehn Ländern die niedrigste Unterstützung. Sie hat auch die zweitniedrigste Unterstützung für die ethnischen Minderheiten und die drittniedrigste, wenn es um die Rechte der Armen geht.“




    Die Studie hat auch ein Gefälle zwischen den Regionen Rumäniens sowie zwischen den ländlichen und städtischen Gebieten festgestellt. Das Gefälle zwischen jungen Menschen in den städtischen Gebieten und denen in den ländlichen Gebieten widerspiegelt eine Benachteiligung der letzteren. Nach anderen Umfragen lag die Armutsgefährdungsquote im Jahr 2017 im ländlichen Raum bei 37,3% und damit sechsmal höher als in städtischen Gebieten. Die 2018 durchgeführte Umfrage unter Jugendlichen zeigt, dass 23% der Jugendlichen in ländlichen Regionen unter der Kategorie NEET fallen, die für Not in Education, Employment or Training“ (dt. nicht in Ausbildung, Arbeit oder Schulung“) steht, was bedeutet, dass sie keine formale Ausbildung absolvieren und auch nicht beschäftigt sind. Diese Zahl ist in den ländlichen Gebieten doppelt so hoch wie in den städtischen Gebieten, ein Unterschied, der in anderen EU-Ländern nicht zu finden ist.



    Die wirtschaftliche Situation wird von den Autoren der Umfrage zum Anlass genommen, um den relativ hohen Anteil junger Menschen zu erklären, die auswandern wollen. Im Gegensatz zu 2014, als eine ähnliche Umfrage durchgeführt wurde und 60% der 14- bis 29-Jährigen emigrieren wollten, sank diese Zahl 2018 auf fast 30%. Der Soziologe Daniel Sandu weist darauf hin, dass diese Zahl den Wünschen und nicht unbedingt konkreten Plänen entspricht, das Land zu verlassen:



    Es ist nicht entscheidend, wie intensiv dieser Wunsch ist, um festzustellen, ob sie das Land tatsächlich verlassen werden. Der Wunsch, zu gehen, kann vielmehr als Antwort auf die Frage interpretiert werden: Wie beurteilen Sie Ihre Chancen auf Selbstentfaltung in Ihrem eigenen Land? Wenn die wirtschaftliche Situation in Ihrem eigenen Land schwierig ist, wie im Jahr 2014, und wenn es weniger Möglichkeiten gibt, dann besteht die Tendenz, Ihre Abreise zu planen oder das Land verlassen zu wollen.“




    Zur Frage, wer das Land am stärksten verlassen will, zeigt die Umfrage einige überraschende Antworten, sagt der Soziologe Daniel Sandu:



    Wenn wir genauer hinsehen, bemerken wir eine bimodale Verteilung der Migrationsabsichten. Es gibt zwei sehr unterschiedliche Gruppen, an den gegenüberliegenden Enden. Eine Gruppe besteht aus jungen Menschen aus begünstigten Familien, die ein Auslandsstudium planen. Die Gruppe besteht aus jungen Menschen aus Familien, die Zugang zu materiellen Gütern haben, aber nicht aufgrund des Wohlstands ihrer Familien, sondern weil verschiedene Familienmitglieder bereits im Ausland sind. Sie schicken Geld zurück ins Land und geben diesen jungen Menschen Zugang zu Gütern, aber sie geben ihnen keine Stabilität und keine wirklichen Zukunftsaussichten in diesem Land.“




    Die Wahrnehmung der Zukunft basiert in der Tat darauf, wie die Gegenwart wahrgenommen wird. In diesem Zusammenhang bestätigt die Umfrage andere Statistiken. Die Vertreterin der Friedrich-Ebert-Stiftung in Rumänien, Victoria Stoiciu, erklärt:



    Wie aus unserer Umfrage und anderen Studien hervorgeht, sind junge Menschen eindeutig eine unterprivilegierte Kategorie, in erster Linie wirtschaftlich. Wenn wir uns die Armutsquote unter jungen Menschen ansehen, und da meine ich die Jugendlichen zwischen 14 und 25 Jahren, werden wir sehen, dass sie sehr hoch ist, höher als in anderen Altersgruppen. Wir beziehen uns in der Regel auf ältere Menschen oder Rentner, wenn wir solche Vergleiche anstellen. Das bedeutet nicht, dass ältere Menschen keine Probleme haben, sondern dass die wirtschaftliche Situation junger Menschen viel schlechter ist. Au‎ßerdem sind junge Menschen politisch unterrepräsentiert.“

  • Hörerpostsendung 28.4.2019

    Hörerpostsendung 28.4.2019

    Liebe Freunde, herzlich willkommen zur Hörerpostsendung von RRI!



    Wir schreiben heute den Ostersonntag in der orthodoxen Kirche und passend zum Thema hinterlie‎ß uns Paul Gager, einer unserer Stammhörer aus Österreich, eine Frage im Internetformular:



    Werte Redaktion!



    Im englischsprachigen Programm von Radio Slowakei International erzählte die Moderatorin aus Rumänien über einen Ostermontagsbrauch, wo Frauen in Rumänien an der Grenze zu Ungarn mit Parfum bespritzt werden. In der Slowakei eher mit Wasser. Gibt es diesen ungewöhnlichen Brauch noch immer? Und was steckt dahinter? Werden nur unverheiratete Frauen bespritzt? Oder jede? Der rumänischen Moderatorin von RRI hat das früher überhaupt nicht gefallen.



    Mit grübelnden Grü‎ßen


    Paul Gager



    Vielen Dank für Ihre Zeilen, lieber Herr Gager. Ich war meinerseits verwundert, zu erfahren, dass bei RSI jemand aus Rumänien arbeitet. Ich habe dann die Webseite der englischen Redaktion von RSI besucht, und in der Tat: Unter den Mitarbeitern befindet sich tatsächlich eine Dame mit rumänischem Namen. Nun aber zu Ihrer Frage. Den Brauch zu Ostermontag gibt es tatsächlich noch, und zwar nicht allein an der Grenze zu Ungarn, sondern in ganz Siebenbürgen und darüber hinaus auch in den benachbarten Landesteilen Bukowina und Marmarosch. Der Brauch stammt von den Siebenbürger Ungarn, wurde aber auch von der rumänischen Mehrheit übernommen und wird wie gesagt auch au‎ßerhalb von Siebenbürgen praktiziert. Allerdings wurden Mädchen und unverheiratete junge Frauen ursprünglich mit Quellwasser oder frischem Brunnenwasser bespritzt, erst später wurde das Wasser durch Kölnischwasser oder Parfum ersetzt. Damit sollten junge Frauen das ganze Jahr über schön bleiben, und dem Brauch liegt eine Legende zu Grunde. Es hei‎ßt, ein christliches Mädchen soll einmal mit einem Eierkorb durch den Wald gegangen sein. Dabei soll ihr ein heidnisches Mädchen über den Weg gelaufen sein. Das Christenmädel versucht die Altersgenossin zu bekehren und erzählt ihr von Jesus, Gottesfurcht und Nächstenliebe. Das heidnische Mädchen erwidert, sie würde sich nur dann bekehren lassen, wenn Gott ein Wunder geschehen und die Eier im Korb rot werden lasse. Und so kam es auch — die Eier färbten sich auf einmal rot, und vor lauter Aufregung und Ehrfurcht fielen die beiden Mädchen in Ohnmacht. Vorbeiziehende entdecken die beiden Mädchen und bespritzen sie mit Wasser, damit sie wieder zu sich kommen, und so sei dieser Brauch zu Ostermontag entstanden, wobei das Wasser später durch Parfum ersetzt wurde. Heute wird meistens auch ein kleiner Spruch dazu gesagt. Burschenscharen ziehen von Haus zu Haus, um die unverheirateten jungen Frauen ausfindig zu machen. Dabei sagen sie ein kleines Gedicht auf, das sinngemä‎ß so klingt: Ich bin der Gärtner und hab ein Fläschchen in meiner Tasche. Wo ist das schöne Röslein hier, das benetzt sein will?“ Der Brauch wird natürlich in unterschiedlichen Varianten praktiziert, in manchen Dörfern werden auch verheiratete Frauen bespritzt, manchmal artet es in einer regelrechten Spritzorgie aus — das ist wohl, was der Kollegin von RSI nicht gefallen hat. Meistens endet das Ganze mit einem Festgelage in einem grö‎ßeren Bauernhof. Und mancherorts dürfen die jungen Frauen am nächsten Tag Revanche nehmen, am Dienstag nach Ostern bespritzen sie dann die Burschen im Dorf.



    Von Wien geht es weiter nach Grafing bei München, von wo sich unser Hörer Werner Schubert meldete:



    Hallo Sorin, hallo liebe Redaktion,



    es wird mal Zeit, dass sich ein ehemals flei‎ßiger Hörer und Schreiber wieder meldet, die Ostertage haben auch mir mal wieder etwas Gelegenheit zu einem Besuch auf den kurzen Wellen gegeben.



    Der Empfangsbericht vom heutigen Tage stammt aus dem Inntal mit meiner dortigen guten Ausrüstung, aber auch in meiner ungünstigen Grafinger Wohnlage ist RRI wieder wie gewohnt in guter Qualität zu hören. Schön, dass man das Geld für die Kurzwelle noch hat, wenn es auch am Versandmaterial für die Hörer zunehmend fehlt. Aber das ist nicht nur bei RRI so. Besorgniserregend ist z.B. die Situation bei der Stimme der Türkei“, wo der deutschen Redaktion im Rahmen einer Umgestaltung“ einfach der Zugang zur eigenen Homepage genommen wurde.



    Im Mai ist ja Europawahl, normalerweise melde ich mich immer freiwillig als Wahlhelfer, aber an diesem Tag habe ich einen anderen Termin. Den würde ich nur streichen, wenn mich die Stadtverwaltung anschreibt, weil es zu wenig Helfer gibt. Die meisten Wahlhelfer kommen aus dem öffentlichen Dienst, weil es für den Sonntag einen anderen Tag frei gibt. Für mich als Angestellten in einer Firma gilt das nicht, ich bekomme zwischen 30 und 50 Euro für so einen Sonntag. Wer gut verdient, ist natürlich nicht scharf darauf, dafür einen ganzen Tag zu opfern, deswegen gibt es gelegentlich einen Mangel an Freiwilligen, auch wenn es Getränke und Wurstsemmeln dazu gibt.



    Das bringt mich zu einer Frage: Wer stellt sich in Rumänien als Wahlhelfer zur Verfügung? Setzt man auf Freiwillige oder werden Beamte verpflichtet, zu erscheinen, und gibt es eine Aufwandsentschädigung? Danke schon mal für die Antwort!



    Das mal eben von mir, ich melde mich bald mal wieder. Lieber Sorin, ich hoffe Ihr Rücken ist auch wieder ganz in Ordnung.



    Herzliche Grü‎ße aus dem frühlingshaft warmen Grafing von


    Werner Schubert




    Vielen Dank für Ihre Zeilen, lieber Herr Schubert, und danke auch für die Frage nach meinem Gesundheitszustand. Nun, dem Rücken geht’s besser, allerdings habe ich in letzter Zeit Schmerzen im Schultern- und Nackenbereich. Das kommt vom vielen Sitzen vor dem Rechner, und ich habe meine Gymnastik-Übungen in letzter Zeit auch etwas vernachlässigt. Ärzte sagen, nach einer Verletzung der Wirbelsäule verbleibt eine lebenslange Empfindlichkeit. Auf jeden Fall hat mir der kleine Unfall vor Augen gebracht, wie zerbrechlich ein Menschenleben ist — man kann von einem Augenblick auf den anderen im Rollstuhl landen, ich hatte auf jeden Fall Glück, mir keine schlimmere Verletzung zugezogen zu haben.



    Nun zu Ihrer Frage, zu deren Beantwortung mir unser ehemaliger Mitarbeiter Mihai Stoicescu geholfen hat, der selber öfter als Wahlhelfer im Einsatz war. In Rumänien ist die Zusammensetzung der Wahlausschüsse für Wahllokale durch ein kompliziertes Gesetz von 2015 geregelt. Demnach müssen der Präsident und der Vizepräsident Juristen sein — im Gesetz steht sogar Richter“. Da dies aber in der Praxis oft nur schwer umzusetzen ist, werden in der Regel Beamte aus der Lokalverwaltung damit beauftragt. Die übrigen Kommissionsmitglieder sind Vertreter aller kandidierenden Parteien und Wahlbündnisse, zudem Beobachter im Auftrag zivilgesellschaftlicher Vereine oder NGOs. Weil vor allem kleinere Parteien nicht immer über ausreichend Personal verfügen, greift man oft auf Volontäre zurück, die sich rechtzeitig anmelden und selbstverständlich unbescholtene Bürger sein müssen. Oft sind es Schullehrer, denn die meisten Wahllokale werden in Schulen organisiert. Allesamt unterzeichnen eine eigenverantwortliche Erklärung, dass sie somit einen staatlichen Auftrag erhalten und ihn nach bestem Wissen und Gewissen erfüllen müssen. Die Aufwandsentschädigung ist — trotz auch hierzulande üblicher Verpflegung mit belegten Brötchen und Getränken — auch in Rumänien eher bescheiden: umgerechnet 25 Euro pro Wahlhelfer. Allein der Präsident und der Vizepräsident beziehen höhere Zulagen, die bis zu 100 Euro reichen können, weil sie als Berufsbeamte in der entsprechenden Funktion auch eine grö‎ßere Verantwortung haben. Der Einsatz ist allerdings nicht auf den Wahltag beschränkt. Am Freitag vor den Wahlen werden die Wahlhelfer zunächst eingewiesen; am Samstag nimmt man die Wahlzettel entgegen und versiegelt die Wahlurnen. Nach abgeschlossener Wahl am Sonntag kann sich das ganze Drumherum mit Auszählung der Stimmen, Protokollierung usw. bis Montagabend hinziehen, es ist also kein Spa‎ßjob. In der Regel werden daher drei Tagessätze als Entschädigung bezahlt. In der Schule im Kiez, wo ich wählen gehe, habe ich unter den Wahlhelfern einen Nachbarn aus meinem Hochhaus und eine Verkäuferin aus einem Laden im Viertel erblickt. Alles in allem ist es also ähnlich wie in Deutschland, und ich hoffe somit, Ihre Frage zufriedenstellend beantwortet zu haben, lieber Herr Schubert. Herzliche Grü‎ße nach Bayern!



    Unser Hörer Carsten Fenske (der normalerweise in Greifswald zu Hause ist) meldete sich von einem neuen, malerischen Standort per E-Mail:



    Liebe Radiomacher von Radio Rumänien INTERNATIONAL, Deutscher Dienst,



    nach einer kleinen Pause melde ich mich nun, von einem neuen Empfangsort, bei Ihnen zurück.



    Das Winterquartier als Camper habe ich aufgegeben und stehe nun bis Ende Oktober auf einem Campingplatz im Fischerdörfchen Freest. Direkt vor mir in ca. 300 m Entfernung verläuft die Küste, auf die ich einen ungehinderten Blick habe. So kann ich aus- und einlaufende Schiffe sehen und abends auch hören. Ein sehr stimmungsvolles Bild, was nie langweilig wird.



    Nun aber zu Ihren Sendungen. Die Umstellung auf die Sommerfrequenzen macht sich bei mir deutlich bemerkbar. Der Empfang ist (bisher) schlechter, aber ausreichend. Ich höre Sie auf der Frequenz 9570 kHz, stets 18:00 Uhr UTC. Zur Verbesserung des Signals habe ich mir eine 6 m lange, stationäre Antenne gebaut. Zur Veranschaulichung hänge ich mal ein kleines Video an diese Mail. Damit erreiche ich eine Verstärkung von ca. 30% und somit ist wieder alles, wie es sein soll.



    Zu Ihren Sendungen kann ich nur sagen: Daumen hoch und bitte den Programmaufbau so lassen. Durch die kurzen Beiträge, Nachrichten und Musikstücke ist immer etwas für mich und sicher auch die anderen Hörer dabei. Didaktisch gut gemacht ist auch die stets zum Beginn moderierte Sendungsübersicht. Man wei‎ß also, was kommt. Da kann ich mich nur Ihrem deutschen Hörer Helmut Matt aus Herbolzheim anschlie‎ßen, den Sie am 21.04. zitierten.



    Aufschlussreich war auch Ihre Programmrückschau vom gleichen Tage, in welcher Sie von einer Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung berichteten. Wenn junge Menschen von 14 bis 23 Jahren eine Diktatur besser finden als eine parlamentarische Demokratie, lässt das aufhorchen. Es zeigt aber auch ein gro‎ßes Ma‎ß an Naivität und früher war alles besser“… Ich für meinen Teil möchte nicht wieder in einer Diktatur leben. Auf Kommunismus habe ich auch nach drei‎ßig Jahren noch keine neue Lust.



    Damit möchte ich meine Zeilen auch schon fast beenden, nicht ohne noch ein herzliches Danke zu sagen für den ersten Preis beim Radioquiz. Ich verbleibe bis zum nächsten Mal mit freundlichen Grü‎ßen



    Ihr Hörer


    Carsten Fenske



    Vielen Dank für das ausführliche Feedback, lieber Herr Fenske, und herzliche Grü‎ße an die Ostsee!



    Zeit für die Postliste. Einen Postbrief erhielten wir von Frank Bresonik aus Gladbeck, der uns u.a. vom Tod seines Vaters unterrichtete. Unser herzliches Beileid, lieber Herr Bresonik, möge er in Frieden ruhen! E-Mails erhielten wir bis einschlie‎ßlich vergangenen Freitag von Heinrich Eusterbrock, Volker Willschrey, Jörg-Clemens Hoffmann, Reinhold Meyer, Andreas Mücklich, Werner Schubert, Carsten Fenske und Michael Willruth (D) sowie von Sutomo Huang (Indonesien), Reinhard Schumann (SE) und Paul Gager (A).




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