Tag: digitale Revolution

  • Künstliche Intelligenz: Wieviel vom Menschen können Roboter ersetzen?

    Künstliche Intelligenz: Wieviel vom Menschen können Roboter ersetzen?

    In den letzten Jahrzehnten sind neue Disziplinen, neue Spezialisierungen, neue Konzepte und neue Begriffe in der digitalen Welt entstanden. Immer häufiger wird von der vierten industriellen Revolution“ gesprochen, wie die digitale Revolution bezeichnet wurde. Im Mittelpunkt stehen künstliche Intelligenz, Roboter und das Internet der Dinge“, mit dem verschiedene Geräte, Dienste und automatische Systeme verbunden werden, so dass ein Netzwerk von Objekten entsteht. Die Buchhandlung Humanitas Cişmigiu“ in Bukarest war Gastgeberin einer Debatte über dieses Phänomen der zeitgenössischen Welt, an der u.a. Alexandra Cernian, Dozentin an der Fakultät für Automatik und Computer der Polytechnischen Universität Bukarest, teilnahm. Alexandra Cernian über künstliche Intelligenz:



    Der Begriff »künstliche Intelligenz« ist keineswegs neu. Dieser Begriff und die ersten praktischen Implementierungen stammen aus den 1960er Jahren, als die ersten sogenannten Expertensysteme auf der Grundlage sehr umfangreicher Regelwerke erarbeitet wurden. Diese Systeme waren in der Lage, eine Entscheidungsunterstützung ähnlich der menschlichen zu erreichen. Die Idee, von der die Wissenschaftler ausgegangen waren, war die Entwicklung digitaler Systeme, die menschliche Experten auf einem bestimmten Gebiet ersetzen sollten. Wie auch in vielen anderen Fällen waren die ersten praktischen Anwendungen der Expertensysteme im militärischen und im meteorologischen Bereich.“




    Was sich in den letzten Jahren sehr schnell entwickelt hat, ist die Datenspeicherkapazität. Cloud-Speichersysteme sind unter diesem Gesichtspunkt nahezu unbegrenzt. Es handelt sich also um eine Datenverarbeitungsgeschwindigkeit ohne Verzögerungen. Zu diesem Zeitpunkt können Daten in Echtzeit von Milliarden von Sensoren gesammelt werden und nahezu zeitgleich erfolgt auch die Analyse und Verarbeitung der jeweiligen Daten. Der Begriff künstliche Intelligenz“ hat eine neue Dimension bekommen, da die aktuelle Technologie bei der Analyse dieser Daten den Prozess des Machine Learning“ verwendet. Mit Details Alexandra Cernian:



    Diese gesamte Geschichte wurde dann mit neuronalen Netzwerken weitergeführt, die versuchen, die Funktionsmechanismen des menschlichen Gehirns zu replizieren. Diese Maschinen begannen, bei der Erweiterung der Muster und dem Erlernen neuer Dinge eine sehr hohe Geschwindigkeit zu haben, vorausgesetzt, dass die Menschen die notwendigen Daten zur Verfügung stellen, aus denen die Computer lernen können. In den letzten fünf Jahren war die Entwicklung spektakulär. Es wird bereits vom Transhumanismus gesprochen, und es gab gewisse Fortschritte diesbezüglich. Wir haben bereits bionische medizinische Prothesen und alle Arten von genetischen Behandlungen.“




    Und wenn die digitale Welt versucht, menschliche Eigenschaften zu erfassen und zu übernehmen, tritt auch die moralische Dimension ein. Constantin Vică ist Dozent an der Philosophischen Fakultät der Universität Bukarest und hat in derselben Debatte eine Unterdisziplin der Ethik, die sich auf die virtuelle Welt bezieht, zur Diskussion gestellt.



    Die Ethik betrifft alle Probleme, die entstehen, wenn wir direkt mit dem menschlichen Gehirn interagieren können. Wir können über Privatsphäre sprechen, d.h. die Privatsphäre des Gehirns, wir können über Cyborgs sprechen, über diese Dimension des Transhumanismus. Wir können über kognitive Verbesserung nach genetischen Grundlagen sprechen, einschlie‎ßlich der Bildungsaspekte. Seit es Menschen auf dieser Welt gibt, werden auch ununterbrochen neue Menschen ‚gestaltet‘. Seit etwa zweihundert Jahren geschieht dies sogar in einem institutionalisierten System, das als ‚Schule‘ bezeichnet wird.“




    Ein Bereich mit unglaublicher Entwicklung in den letzten Jahren ist die digitale Technologie, die die Verformbarkeit von Daten und Algorithmen impliziert. In jüngster Zeit beschäftigt man sich auch mit der kognitiven Technologie, die die Verformbarkeit von Gehirn und Geist umfasst. Aber können Maschinen das menschliche Gehirn vollständig ersetzen und ein moralisches Gewissen erlangen? Constantin Vică:



    Warum braucht man heute noch Ethik? Weil die künstliche Intelligenz alles tun kann, au‎ßer moralische Entscheidungen treffen. Deshalb brauchen wir noch den Menschen mit seinem moralischen Sinn. Andererseits ist es heute eine ziemlich gro‎ße Herausforderung, automatische Systeme zum Treffen von moralischen Entscheidungen zu entwickeln. Werfen Sie z.B. einen Blick auf die vielen Gespräche über automatische Autos. Zurzeit wird diese Diskussion vorerst von Menschen getragen. Es wird interessant sein, wenn wir solche Diskussionen mit intelligenten Computern führen können, die uns nicht vorprogrammierte Antworten geben, sondern mit einem gewissen moralischen Sinn reagieren.“




    In den Vereinigten Staaten, Japan oder Südkorea gibt es Versuche, die menschliche Intelligenz zu entschlüsseln und auf Roboter zu übertragen, so dass die Roboter sie übernehmen und einsetzen. Alexandra Cernian glaubt jedoch, dass trotz der gegenwärtigen Entwicklung die menschliche Natur nicht durch künstliches Denken ersetzt werden könnte:



    Es ist ein faszinierendes Gebiet, es gibt einige absolut fantastische Entwicklungen und Ergebnisse, aber das kann nicht von der Idee der Ethik getrennt werden, d.h. ob etwas, was wir tun, gut oder nicht gut ist. Ich habe nie die Idee unterstützt, dass Roboter uns irgendwann komplett ersetzen werden. Ich ermutige auch niemanden, von einer so fatalistischen Prämisse auszugehen. Tatsächlich gibt es bereits Automatisierung, es gibt Fabriken, die so gut wie keine menschlichen Mitarbeiter mehr haben, wo nur Roboter arbeiten und ein einziger menschlicher Mitarbeiter ihre Aktivität kontrolliert. Aber das betrifft nicht alle Arten von Arbeit, und man kann nicht alle menschliche Fähigkeiten und Kompetenzen durch Roboter ersetzen.“




    Der grö‎ßte Wunsch der heutigen Wissenschaftler ist es, eine Art von künstlicher Intelligenz zu implementieren, die das Arbeitsmodell der menschlichen Intelligenz, eine sogenannte allgemeine künstliche Intelligenz erreicht. Vorläufig gibt es jedoch keinen Konsens und keine eindeutige Hinweise darauf, dass eine solche digitale Intelligenz erreicht werden kann.

  • Digitale Revolution: Bleibt das Lesen von Büchern auf der Strecke?

    Digitale Revolution: Bleibt das Lesen von Büchern auf der Strecke?

    Schon im zarten Alter gewöhnen sich die Kleinen an die Fernbedienung, das Tablet oder den Laptop und verbringen viel Zeit vor den Bildschirmen — zum Nachteil von Spielen im Freien oder später, wenn sie im Schulalter ankommen, zum Nachteil von Lesen. Welche Auswirkungen hat die Nutzung von Bildschirmen bei Kindern? Diana Mocanu, Leiterin des Verlags Gama“ in Iaşi, der hauptsächlich Bildungsprojekte durchführt, fasst zusammen:



    Nach europäischen Statistiken verbringen Kinder unter 5 Jahren etwa 3 Stunden pro Tag vor dem Bildschirm, was viel ist, zu viel sogar. Meines Erachtens muss ein Kleinkind seine Feinmotorik, sein Vokabular entwickeln, die Schaffung neuer neuronaler Verbindungen durch Interaktion mit realen Objekten, und nicht virtuell fördern. Aus diesem Grund muss ein 3-jähriges Kind von den Bildschirmen ferngehalten werden und einigen Regeln unterliegen. Mit dem Wachstum nimmt das Digitale in seinem Leben immer mehr Platz ein. Teenager müssen sogar ihre Computerkenntnisse entwickeln, denn das ist die Zukunft. Es ist jedoch ebenso wichtig, einen Geschmack für das Lesen zu entwickeln, und aus diesem Gesichtspunkt haben Eltern eine sehr wichtige Rolle zu spielen, da sie die richtigen Bücher bereitstellen und die Kinder zum Lesen anregen und motivieren können.“




    Um das Lesen unter jungen Leuten zu fördern, startete der Gama Verlag in Iaşi die Kampagne Der Tag, an dem wir Zeit haben“ für Kinder und Eltern. Diana Mocanu dazu:



    Die Kampagne begann mit Rundtischgesprächen. Eines davon fand auf der Buchmesse Gaudeamus in Bukarest, das andere in Iaşi statt. Für beide Rundtischgespräche haben wir Experten aus den Bereichen Bücher, Erziehung und Informatik eingeladen, um das Thema aus verschiedenen Blickwinkeln zu betrachten. Wir wollten Eltern helfen, die mit diesem Problem konfrontiert werde, und versuchen, praktische Lösungen zu finden.“




    Die Büchersammlungen, die von den Eltern gemeinsam mit den Kindern gelesen werden können, sind eine gro‎ße Hilfe. Das Kind kann ohne viel Aufwand leichter lesen. Diana Mocanu:



    Wenn wir das Buch mit dem Smartphone oder dem Tablet vergleichen, stellen wir fest, dass digitale Geräte attraktiver sind, mehr Spa‎ß machen und weniger Aufwand erfordern. Das Lesen ist dagegen eine komplexe Tätigkeit, die Anstrengung über mehrere Jahre voraussetzt. Im Wettbewerb mit dem Bildschirm wird das Buch nicht gewinnen, solange sich das Kind mit dem Lesen schwer tut.“




    Eine solche Kampagne ist jedoch nicht wirksam, wenn sie nicht gleichzeitig an die Eltern gerichtet ist, um sie zu erziehen — glaubt Dichter Robert Şerban, der an einem der unter dem Motto Der Tag, an dem wir Zeit haben“ organisierten Rundtischgespräche teilgenommen hat. Was antwortet er den Eltern, die besorgt sind, weil sie feststellen, dass ihre Kinder zu viel Zeit vor den Bildschirmen verbringen? Robert Şerban:



    Eltern vergessen, in den Spiegel zu schauen. Sie vergessen, den Fernseher auszuschalten; sobald sie zuhause sind, vergessen sie, ihre Laptops und Tablets beiseite zu legen. Mit anderen Worten, fordern sie die Kinder auf, das zu tun, was sie nicht selbst tun können, sie fordern von den Kindern Dinge an, die für sie selbst unmöglich erscheinen. Jetzt wissen wir es nur zu gut: Kinder übernehmen die Verhaltensweisen, die sie bei ihren Eltern sehen, bei Erwachsenen, die ihnen als Vorbilder dienen. Freunde, die Kinder haben, fragen mich seit Jahren, was zu tun ist, welche Strategien sie anwenden sollen, um ihre Kinder zum Lesen zu veranlassen. Und meine Antwort lautet immer: ‚Und was machen Sie, wenn Sie nach Hause gehen?‘, ‚Was ich mache? Ich setze mich aufs Sofa und schalte den Fernseher ein.‘, ‚Also, was erwartest du dann von deinem Kind? Sieht er dich oder deine Frau bzw. deinen Mann etwas lesen?‘ Das ist die Erklärung. Diese Kampagnen sind wichtig, aber damit es nicht nur bei Theorie oder guten Ansätzen und Slogans bleibt, müssen solche Kampagnen auch die Eltern und nicht nur die Kinder ansprechen.“




    Die Faszination des Internets und der elektronischen Spiele auf Kinder ist für Robert Șerban, selbst ein Elternteil, nicht unbekannt. Er wei‎ß nur zu gut, dass digitale Geräte gute Lernmittel sein können, wenn sie entsprechend eingesetzt werden. Robert Șerban:



    Wir benutzen diese nicht als Werkzeuge, sondern lassen uns von ihnen benutzen. Sie stehlen unsere ganze Zeit. Sie sind faszinierend, fabelhaft. Ich frage mich oft, was ich in den 70er–80er Jahren gemacht hätte, als ich noch ein Kind war, wenn ich solche Geräte in Reichweite gehabt hätte. Ich bin sicher, ich wäre genauso verführt worden wie meine Kinder jetzt. Ich habe einen 8-jährigen Jungen und ein 12-jähriges Mädchen. Auch ich muss mit den Werkzeugen kämpfen, zu denen sie Zugang haben. Ich versuche, sie zu schützen, und ich versuche zu verstehen, dass sie Werkzeuge sind, nicht mehr. Das Handy wird verwendet, um zu telefonieren, und nicht um den ganzen Tag am Bildschirm hängen zu bleiben. Wir sehen fern, wenn wir uns einen Film oder die Nachrichten anschauen wollen, wir wollen aber nicht süchtig werden. Das Lesen ist persönlichkeitsprägend. Egal, ob Sie einen Bildschirm, ein Blatt Papier oder ein Buch vor sich haben, es ist wichtig, dass Sie lesen. Es ist wissenschaftlich nachgewiesen, dass Lesen uns beim Konzentrieren hilft, es entwickelt unser Nervensystem, es entwickelt das Gehirn und die Vorstellungskraft.“




    Die Kampagne, die von dem Gama Verlag ins Leben gerufen wurde, endete mit einem Tag, an dem Eltern und Kinder elektronische Geräte — Computer, Tablets, Smartphones — beiseitegelegt und den Fernseher ausschaltet haben, um denjenigen, die sie lieben, näher zu kommen, in Begleitung eines Buches, eines Spiels oder bei einer Wanderung.