Tag: Disco

  • Reenactment: Disko im Stil der 1970er–80er Jahre wiederbelebt

    Reenactment: Disko im Stil der 1970er–80er Jahre wiederbelebt

    Mehr als 200 Bewohner der Stadt Oradea (dt. Gro‎ßwardein) nahmen an der Eröffnung der Dauerausstellung Die Diskothek der 1970er und 1980er Jahre“ im Städtischen Museum teil. Eine Zeitreise, die es den Teilnehmern ermöglichte, herauszufinden, wie die Jugendlichen in den 70er und 80er Jahren in den Diskos in Rumänien Spa‎ß hatten.



    Die Tonbandgeräte, Kassettenrekorder und Tonbänder waren ein Teil der damaligen Wirklichkeit. Allerdings war es damals nicht erlaubt, der gewünschten Musik ohne Weiteres zuzuhören. Es gab einen sogenannten Kontrollausschuss, der diskret entschied, was für Musik in einer Diskothek aufgelegt werden durfte. Die Museographin Cristina Puşcaş erzählte uns, dass mehrere Spenden an das Museum die Veranstaltung einer solchen Ausstellung anregten. Gefolgt von einer gründlichen Recherche.



    Im Jahr 2016 starteten wir die Kampagne »Wirf die Vergangenheit nicht weg, bring sie zum Museum!«. Zahlreiche Bewohner der Stadt Oradea beteiligten sich aktiv an dieser Kampagne zur Sammlung von Gegenständen aus dem Kommunismus. Tausende Gegenstände und Geräte wurden uns gespendet, darunter Vinylschallplatten, Schallplattenspieler, Tonbandgeräte, Tonbänder. Somit brachten wir eine beträchtliche Kollektion zusammen, die von der Ausstattung der Diskotheken in der damaligen Zeit zeugt. Wir dachten, es wäre besser, diese Gegenstände, Geräte und Vorrichtungen der Öffentlichkeit vorzustellen, als dass sie irgendwo in einem Lager in Vergessenheit geraten. Und so entstand der Ausstellungsentwurf. Wir sind vom Gedanken ausgegangen, dass bislang niemand eine solche Recherche, über die Art und Weise, in der früher — also im Kommunismus — die Diskotheken organisiert waren, durchgeführt hat. In der vorbereitenden Phase der Recherche fanden wir keine Regelung über die Organisierung der Aktivität in Diskotheken. Danach untersuchten wir das Archiv. Und da fanden wir tatsächlich einige Vorschriften über die Funktionsweise der Diskotheken. Es gab zentral angeordnete Bestimmungen in Bezug auf die Musik und die Inhalte, die in Diskotheken vorgeführt werden durften. Wir konnten nachvollziehen, worin die Zensur bestand, was für Einschränkungen es gab. Doch wir beschränkten uns nicht auf die Erforschung einer einzigen Stimme, der Stimme der öffentlichen Institutionen. In einem zweiten Schritt unterhielten wir uns mit DJs in Oradea, die während des Kommunismus, vor allem in den 70er und 80er Jahren, in Diskotheken Musik aufgelegt hatten. Und so entstand diese Diskothek in unserem Museum. Sie stellt nicht nur Gegenstände und Geräte aus der kommunistischen Zeit aus, sondern versucht auch die damalige Stimmung erneut ins Leben zu rufen.“




    Die Diskotheken waren in der Regel in den örtlichen Gemeindezentren beherbergt. Tanzabende mit Diskomusik wurden auch in Klubs, Bars oder Restaurants veranstaltet. Manchmal auch in Hotels oder in anderen Erholungseinrichtungen. Diese Veranstaltungsräume mussten verbindlich die Regeln für die Veranstaltung von Diskothek- und Videothek-Programmen“ beachten. Die Diskotheken bedurften demnach einer jährlich durch den Ausschuss für sozialistische Kultur und Bildung erlassenen Genehmigung. Der Erlass der Genehmigung wurde nur nach Zustimmung eines technischen Ausschusses gebilligt, der sich zum Inhalt der in der Diskothek aufgeführten Programme im Voraus äu‎ßerte. Die von den Diskos aufgeführten Programme sahen in den 80er Jahren eine verbindliche Quote rumänischer Musik vor. Und zwar mussten zwei Drittel der aufgelegten Musik einheimischer Herkunft sein. Wir erkundigten uns bei Cristina Puşcaş, wie die Ausstellung von den Besuchern wahrgenommen wurde, was die Besucher im Museums erlebten:



    Die Besucher betreten eine echte Diskothek — mit Disko- und Spiegelkugel, Stroboskop, UV-Lampen, buntem Licht. Die Ausstellung umfasst auch Vinylschallplatten mit Musik aus der damaligen Zeit. Wir haben auch mehrere Tonbandgeräte der Marken Tesla oder Tescam, aber auch Schallplattenspieler und Originalfotos, die einen DJ aus der damaligen Zeit bei der Arbeit abbilden. Die Fotos sind eine Spende des Inhabers. Wir verfügen über wenig Dokumentarmaterial zum Thema, die DJs lie‎ßen sich nicht unbedingt fotografieren, sie hatten keine Ahnung, dass sie irgendwann mal ein Teil der Geschichte der hiesigen Gemeinschaft sein würden. Wir verfügen auch über Songtexte, die von der Hand von den Jugendlichen der 70er Jahre geschrieben wurden. Wir haben auch Liebesbriefe von jungen Menschen, die sich einander erzählten, was für Musik sie hörten. Oder sie schickten sich Ausschnitte aus Zeitungen mit verschiedenen Musikern. Das sind alles Originalteile. Wir sind stolz, ein derartig umfangreiches Dokumentarmaterial zu besitzen.“




    Cristina Puşcaş erzählte uns auch, wo die Ausstellung untergebracht ist:



    Die Ausstellung wurde in der Stadtburg veranstaltet, wo derzeit auch das Museum der Stadt Oradea untergebracht ist. Im zweiten Stock, im A-Gebäude, fanden wir einen geeigneten Raum. Es ist der grö‎ßte Saal, über den wir verfügen. Und hier organisierten wir unsere Diskothek. An der Eröffnung nahmen so viele Besucher teil — mehr als 200 –, dass er viel zu eng schien. Wir hatten nicht mit einem solchen Erfolg gerechnet. Nachdem Musik ertönte und die Leute zu tanzen anfingen, hatten wir nach einer Weile den Eindruck, der Sauerstoff sei alle. Der nach der klassischen Eröffnung veranstaltete Diskoabend mit Musik aus den 70er und 80er Jahren war ein Riesenerfolg. Es beteiligten sich viele Nostalgiker, aber auch junge Menschen, die gerne zur damaligen Musik tanzen. Der Tanzabend brachte uns allen viel Freude!“




    Zu kommunistischen Zeiten dauerte das Diskothek-Programm zwischen 2 und 4 Stunden. Daher machte auch die im Museum der Stadt Oradea veranstaltete Diskothek rechtzeitig um 8 Uhr abends ihre Türe zu.

  • DISCO BTT: Ausstellung über Diskos im Kommunismus

    DISCO BTT: Ausstellung über Diskos im Kommunismus

    Die rumänische Filmregisseurin Iulia Rugină kam in diesem Zusammenhang auf den Gedanken, eine Ausstellung zum Thema Diskos im Kommunismus“ zu veranstalten. Die Ausstellung DISCO BTT — Diskos im Kommunismus“ wurde zum ersten Mal vor einem Jahr in Bukarest mit Hilfe der staatlichen Agentur für die Verwaltung des nationalen Kulturerbes veranstaltet. Die Veranstaltung war eine gro‎ßer Erfolg — mehr als 5.000 Gäste besuchten im Herbst 2017 die im Bukarester Ştirbei-Palais untergebrachte Ausstellung. Das Projekt wurde entsprechend geehrt — es erhielt einen bedeutenden Preis in der Kulturbranche.



    Das Konzept der Ausstellung Disco BTT“ entwickelte die Filmregisseurin Iulia Rugină, bekannt unter anderem für ihre Filme Breaking News“, Love Building“ (2013) und Gefangen zur Weihnachtszeit“ (rum. Captivi de Crăciun“ — 2010). Wir baten sie, uns mehr über die Entstehungsgeschichte der Ausstellung zu erzählen:



    Vor etwa 2–3 Jahren recherchierte ich für einen Actionfilm. Ich bin Filmregisseurin. In dem Film, den ich damals drehte, gab es eine Figur, die als DJ in den 80ern in Rumänien gearbeitet hatte. Somit lernte ich Sorin Lupaşcu kennen, der im Kommunismus DJ war. Wir dachten, es sei interessant, dem Publikum eine Zeit vorzustellen, über die man nur wenig wei‎ß. Gewiss gibt es viele Geschichten darüber, allerdings wurden sie niemals auf einen gemeinsamen Nenner gebracht. Wir versuchten, einen Schritt in diese Richtung zu machen.“




    Die Ausstellung DISCO BTT — Diskos im Kommunismus“ begleitet ihre Gäste durch unkonventionelle Räume. Inspirationsquelle waren die Diskos im Kommunismus und das dazugehörige Zubehör. Die Ausstellung lädt zu einem Spaziergang durch verschiedene Räume ein, die die damalige Wirklichkeit wiederzugeben versuchen. Die Besucher haben die Möglichkeit, eine individuelle Erfahrung zu erleben. Sie können ungestört durch die sechs Räume gehen und sich so viel Zeit nehmen, wie sie eben möchten. Mit mehr Einzelheiten dazu Iulia Rugină:



    Unsere Idee war, ein originelles Kunstwerk zu entwerfen, eine Ausstellung in der Form einer Installation, aufgeteilt auf mehrere Räume. Jeder Raum sollte ein bestimmtes Element der damaligen Zeit veranschaulichen. Wir bezogen uns hauptsächlich auf die wenigen Orte, in denen Musik gehört werden konnte. Denn zu kommunistischen Zeiten herrschte fast überall Zensur. Die Menschen hatten nur beschränkt Zugang zu Musik, häufig nur vermittelt, über die DJs, die in Diskos arbeiteten, die damals Musik-Moderatoren genannt wurden. Ich bin fest davon überzeugt, dass sich viele daran erinnern können. In einem ersten Schritt überlegten wir, wie der Raum auszustatten sei. Wir unterhielten uns mit Leuten, die irgendeine Verbindung zu diesem Geschäft im Kommunismus hatten. Wir wollten nämlich Geschichten aus der damaligen Zeit sammeln, aber auch Materialien für die Ausstellung zusammen bringen: Musikanlagen, Posters und sogar Musik. Auch Tonbandgeräte, Audiokassetten, Schallplatten. All das kann in der Ausstellung gesehen werden. Wir bieten unseren Gästen eine eher sensorische Erfahrung.“




    Der Besucherandrang übertraf die Erwartungen der Projektleiterin:



    Ich hatte diesen Erfolg nicht erwartet. Ich dachte an unsere Zielgruppe, die vermutlich mit innovativen Kulturveranstaltungen nicht besonders vertraut ist. Allerdings waren wir überrascht festzustellen, dass das Publikum sehr bunt war — Leute, die die damalige Zeit miterlebt haben, brachten ihre Kinder und Enkel mit, damit auch diese sehen können, wie man früher lebte. Es kamen viele junge Leute, sie zeigten gro‎ßes Interesse für eine derartige Kulturveranstaltung. Und kamen danach wieder, zusammen mit ihren Eltern. Die Ausstellung erregt viele Emotionen, die Gäste fühlen sich gerührt, unabhängig davon, ob sie die damalige Zeit erlebt haben oder nicht.“




    Die Ausstellung wird im Herbst auch in Klausenburg besichtigt werden können. Die Öffnungszeiten richten sich nach den Öffnungszeiten der Diskotheken im Kommunismus. Die Ausstellung umfasst auch viele andere Überraschungen. Der Zutritt ist frei. Was werden die Besucher diesmal entdecken? Dazu Iulia Rugină:



    Die Ausstellung in Klausenburg stimmt zu 90% mit der in Bukarest überein. Die Änderungen sind auf die Räumlichkeiten zurückzuführen, denn sie sind ein bisschen verschieden. Allerdings handelt es sich um ein Gebäude mit 6 Zimmern. In jedem Zimmer wird ein anderes Element aus der damaligen Zeit betont. Es ist viel Musik zu hören, zahlreiche Fotos sind zu sehen, man bekommt Einblick in viele Archivmaterialien. Manchmal habe ich den Eindruck, dass die Ausstellung die Gäste verschluckt. Denn in einem der Zimmer fangen sie an zu tanzen. Sie kommen als Besucher und enden als Teilnehmer. Der letzte Raum sieht wie eine Disko aus den 80ern aus. Der Raum lädt zum Tanzen ein und die Leute nehmen die Einladung gerne an. Somit verwandeln sie sich fast in Exponate. Die Ausstellung ist wie eine Zeitreise.“




    Als Berater für das Konzept der Ausstellung stand der Regisseurin Sorin Lupașcu zur Seite. Sorin Lupașcu war ein bekannter DJ zu kommunistischen Zeiten. Andreea Popa übernahm das Bühnenbild. Sie ist eine bekannte Szenographin, hat im Laufe der Zeit mit Regisseuren wie Claude Lelouche, Joel Schumacher, Cristi Puiu, Cristian Nemescu und Nae Caranfil zusammengearbeitet. Der Lichtdesigner Alin Popa entwarf die Beleuchtung. Und zum Schluss eine gute Nachricht für Fans historischer Nachstellungen: Die Veranstalter wünschen sich, die Ausstellung in möglichst vielen Städten landesweit vorzustellen.