Tag: Drei Kilometer bis ans Ende der Welt

  • Regisseur Emanuel Pârvu: „Mir geht es um die menschlichen Beziehungen“

    Regisseur Emanuel Pârvu: „Mir geht es um die menschlichen Beziehungen“

     

     

    Seit der Einführung des Sonderpreises im Jahr 2010 wurden mit der Queer Palm in Cannes bemerkenswerte Filme ausgezeichnet, die sich dem Thema der Diversität menschlicher Sexualität und geschlechtlicher Identität widmen. Der Preis wurde dem Regisseur Emanuel Pârvu vom belgischen Filmemacher Lukas Dhont überreicht, der 2018 für „Girl“, seinen ersten Spielfilm über eine Transgender-Ballerina, dieselbe Auszeichnung erhalten hatte.

    In der Begründung der Jury hieß es: „Ein System der Gewalt kommt hier schonungslos unter das Seziermesser. Die Perspektive enthüllt langsam die patriarchalische Welt, in der unsere Figuren aufgewachsen sind, in der der eigene Existenzraum durch tief verwurzelte Gedankenstrukturen unmöglich gemacht wird. In diesem faszinierenden Film scheinen die Menschen wie von Fäden festgehalten zu werden, die sie vom Licht wegziehen, bis einige von ihnen beginnen, sich zu befreien.“

     

    Neben Regisseur Emanuel Pârvu schritten auch die Schauspieler Bogdan Dumitrache, Valeriu Andriuță, Ciprian Chiujdea und Ingrid Micu-Berescu über den roten Teppich. Die rumänische Premiere von „Drei Kilometer bis ans Ende der Welt“ findet im Rahmen des Transilvania International Film Festival (TIFF) Mitte Juni in Klausenburg statt. „Drei Kilometer bis ans Ende der Welt“ schließt die Trilogie des Filmemachers ab, die mit „Meda oder Der nicht so glückliche Sachverhalt“ (zwei Auszeichnungen beim Sarajevo Film Festival 2018 für die beste Regie und den besten Hauptdarsteller), dem Spielfilmdebüt von Emanuel Pârvu, begann und mit „Marokko“ (ausgewählt für das San Sebastian Film Festival 2021) fortgesetzt wurde.

     

    Der Regisseur Emanuel Pârvu eröffnete, wie er den Stoff für seine Filme findet:

    Ich würde nicht sagen, dass ich mich nach meinen bisherigen Filmen derselben Thematik nie wieder nähern werde. Für mich schließt sich mit dieser letzten Debatte zwar ein Kreis, aber ich denke, die Diskussion, die ich anstoße, kann ewig weitergehen. Die Liebe zwischen Kindern und Eltern etwa, die meiner Meinung nach die stärkste Form der Liebe ist, bleibt ein Gebiet, das endlos erforscht werden kann. Ich weiß allerdings nicht, ob meine künftigen Projekte zu diesem Thema zu meinen bisherigen Filmen passen werden. Ich kann nur sagen, dass ich mich mit diesen Sujets wirklich schwer getan habe, sie haben mir wirklich Spaß gemacht. Natürlich werde ich mich weiterhin mit damit befassen, mir geht es um die menschlichen Beziehungen schlechthin, darum werden sich auch meine künftigen Filme drehen, aber ich werde nach anderen Wegen suchen. Diese Eltern-Kind-Bindung war kein einfaches Thema, es war ein Thema, das mich sehr beschäftigt hat, das mich nachts wach gehalten hat, das mein Innenleben gequält hat. Deshalb ist nach dieser Trilogie eine Pause sehr willkommen. Ich glaube, dass auch diese Phasen des Innehaltens ihren Sinn haben, man kann sich nicht ständig verausgaben.“

     

    Emanuel Pârvu führte bei zahlreichen Theaterstücken Regie, bevor er sich dem Film zuwandte; sein Debütstück „Sector S“ wurde für die Preisverleihung der rumänischen Theaterunion UNITER nominiert. Er ist auch ein begabter Schauspieler, der in Filmen wie „Abitur“ (Regie: Cristian Mungiu), „Porträt des Kämpfers in seinen jungen Jahren“ (Regie: Constantin Popescu), „Die Geburtstagsfeier“ (Regie: Dan Chișu), „Das Wunder“ (Regie: Bogdan Apetri) und „Familienangelegenheiten“ (Călin Peter Netzer) denkwürdige Rollen spielte. Seine Doktorarbeit setzt sich mit dramaturgischen Strukturen auseinander. Seit mehreren Jahren unterrichtet Emanuel Pârvu an der Hochschule für Darstellende Kunst der Ovidius-Universität in Constanța. Im Folgenden spricht er über seine pädagogischen Ansätze.

    Ich arbeite nie an zwei Projekten gleichzeitig, ich kann mich z.B. nicht auf eine Rolle konzentrieren und gleichzeitig Regie führen. Ich weiß, dass es Kollegen von mir gibt, die das können, aber bei mir funktioniert das nicht, ich konzentriere mich gerne auf eine Sache und widme mich gänzlich dem betreffenden Projekt. Auch meine Lehrtätigkeit liegt mir sehr am Herzen. Zusammen mit dem Schauspieler Adrian Titieni und Daniela Vitcu, der Dekanin der Kunstfakultät der Ovidius-Universität in Constanța, habe ich den ersten und bisher einzigen Masterstudiengang für Filmschauspiel in Rumänien ins Leben gerufen. Ich halte es für sehr wichtig, dass dieser Masterstudiengang an einer staatlichen Universität angeboten wird, denn mir liegt sehr viel an den Begegnungen mit unterschiedlichen Studenten. Vielleicht auch, weil ich ein vierzehnjähriges Kind habe, bin ich sehr an der nächsten Generation interessiert. Denn wir sollten nicht vergessen, dass in den letzten zwanzig Jahren in Rumänien nur der Sport und der Film internationale Erfolge feiern konnten. Sportlerinnen wie Simona Halep, Cristina Neagu, der Schwimmer David Popovici und zahlreiche Filmregisseure haben internationale Erfolge auf höchstem Niveau erlebt. Deshalb will ich auch in meine Lehrtätigkeit investieren, denn mich interessiert die Zukunft des Landes. Ich bin sehr daran interessiert, wie sich die jungen Menschen entwickeln, ich möchte nicht, dass wir als Bürger zweiter Klasse in Europa betrachtet werden, die nur zum Erdbeerpflücken oder Spargelstechen eingesetzt werden. Ich persönlich bin sehr stolz auf meine Heimat, und deshalb erachte ich auch die Zukunft des Bildungswesens in diesem Land als wichtig. Ich glaube, dass durch die Menschen viel Gutes geschaffen werden kann und dass wir uns nur so als Gesellschaft weiterentwickeln können.“

     

    Der Film „Drei Kilometer bis ans Ende der Welt“ ist eine Produktion des Vereins FAMArt. Das Drehbuch stammt von Emanuel Pârvu und Miruna Berescu, für das Bild zeichnet Silviu Stavilă, den Schnitt bewerkstelligte Mircea Olteanu, das Bühnenbild und die Kostüme entwarf Bogdan Ionescu.

  • Nachrichten 25.05.2024

    Nachrichten 25.05.2024

    Ein rumänischer Staatsbürger ist unter dem Vorwurf des Landesverrats in Untersuchungshaft genommen worden. Er wird verdächtigt, für Russland zu spionieren. Der Staatsanwaltschaft für OK und Terrorismusbekämpfung zufolge habe er Bilder von rumänischen oder NATO-Zielen in Tulcea (Ost) an die russische Botschaft in Bukarest geschickt. Er sammelte auch andere militärische Informationen und übt diese Aktivitäten seit 2022 aus. Nach Angaben der Justiz handelt es sich bei dem Rumänen um Alexandru Piscan, einen jungen Politiker aus Ploiesti. Die Staatsanwälte haben auch seine Wohnung durchsucht, wo sie mehrere Beweismittel sichergestellt haben. Das Außenministerium hat einen Diplomaten der russischen Botschaft in Bukarest nach diesem Vorfall zur Persona non grata in Rumänien erklärt. Russland werde auf diese Entscheidung angemessen reagieren, teilte die Sprecherin des russischen Außenministeriums, Maria Zaharova, kurz darauf mit.

    Der rumänische Film „Drei Kilometer bis zum Ende der Welt“ hat am Freitagabend in Cannes die Queer-Palme gewonnen. Der alternative Preis wird jedes Jahr an einen Spielfilm vergeben, der sich mit „LGBT-Charakteren oder -Themen“ beschäftigt. Der Film war zuvor für den offiziellen Wettbewerb um die Goldene Palme der Internationalen Filmfestspiele von Cannes ausgewählt worden. Unter der Regie von Emanuel Pârvu erzählt er die Geschichte von Adi, einem 17-jährigen Teenager, der seine Sommerferien in seinem Heimatdorf im Donaudelta verbringt. Eines Nachts wird er auf der Straße gewaltsam überfallen. Am nächsten Tag ist seine Welt völlig auf den Kopf gestellt, seine Eltern sehen ihn nicht mehr so an wie früher und der scheinbare Frieden des Dorfes beginnt gestört zu werden. Den Vorsitz der Queer Palm-Jury hatte in diesem Jahr der belgische Regisseur Lukas Dhont („Close“, „Girl“) inne, der zwischen 18 Filmen aus allen Sektionen zu entscheiden hatte. In Cannes waren auch zwei weitere rumänische Produktionen vertreten. Der Film NASTY, bei dem Cristian Pascariu, Tudor D. Popescu und Tudor Giurgiu Regie führten, wurde in der Sektion „Special Screenings“ gezeigt und bietet dem Publikum einen fesselnden Einblick in das Leben des legendären Ilie Năstase, des ersten Rebellen in der Geschichte des Tennis. Das Projekt „Human Violins: Prelude“ von Ioana Mischie feierte seine Weltpremiere in Cannes im immersiven Wettbewerb, der der virtuellen Realität gewidmet ist und zum ersten Mal in der Geschichte der Veranstaltung vorgestellt wurde.

    Vier Tennisspielerinnen aus Rumänien stehen im Hauptfeld von Roland Garros, dem zweiten Grand-Slam-Turnier des Jahres, das morgen beginnt. In der ersten Runde trifft Sorana Cîrstea, die Nummer 30 der WTA-Rankings, auf die Russin Anna Blinkova, die Nummer 45 der Weltrangliste. Jaqueline Cristian, Nummer 67., bekommt es mit der Lettin Jelena Ostapenko zu tun, der Weltranglistenzehnten. Ana Bogdan, Nummer 63. der WTA-Rangliste kämpft gegen die Französin Elsa Jacquemot (150 der WTA-Rangliste) und Irina Begu (126 der WTA-Rangliste) auf die Argentinierin Julia Riera, Nummer 93 der Rankings. Ebenfalls in Frankreich haben am Samstag die Rumänin Monica Niculescu und die Spanierin Cristina Bucșa das Doppelfinale des WTA 500-Turniers in Straßburg gewonnen. Das Paar schlug Asia Muhammad aus den Vereinigten Staaten/Aldila Sutjiadi aus Indonesien mit 3-6, 6-4, 10-6. Monica Niculescu hat somit ihren 11. WTA-Doppeltitel gewonnen und 23 Finals gespielt. Sie hatte seit 2021 kein Turnier mehr gewonnen, dem Jahr des Turniersiegs in Nur-Sultan, Kasachstan.

  • Filmfestspiele in Cannes: Die rumänischen Highlights in der Auswahl

    Filmfestspiele in Cannes: Die rumänischen Highlights in der Auswahl

    Rumänische Filme sind dieses Jahr bei den berühmten Filmfestspielen von Cannes vertreten, einem der wichtigsten Kinoereignisse der Welt, das sich dem Ende zuneigt. Der Spielfilm „Drei Kilometer bis ans Ende der Welt“, bei dem Emanuel Pârvu Regie führte, hatte seine Weltpremiere im „Offiziellen Wettbewerb“. Er erzählt die Geschichte von Adi, einem 17-jährigen Teenager aus einem Dorf im Donaudelta, der dank der Bemühungen seiner Eltern in Tulcea studiert. Als seine Eltern mit einer Wahrheit konfrontiert werden, die sie nicht verstehen können, verschwindet plötzlich die bedingungslose Liebe, die er von ihnen erhalten sollte, und Adi bleibt nur noch eine Lösung.

    Nach dem Ende der Vorführung wurde der Film bereits vom Publikum mit einem kräftigen Applaus „belohnt“. Und auch die anschließenden Kritiken würdigten den rumänischen Film und seinen Regisseur. „Drei Kilometer bis ans Ende der Welt“ ist der dritte Spielfilm des Regisseurs Emanuel Pârvu, nach seinem Debüt „Meda oder Der nicht so glückliche Teil der Dinge“ (2017) und „Marokko“, der 2021 auf dem Filmfestival von San Sebastian seine internationale Premiere feierte.

    „Der offizielle Wettbewerb in Cannes ist etwas, wovon man als Filmemacher wahrscheinlich sein ganzes Leben lang träumt, der Ort, an dem man mit seinen Filmen gesehen werden möchte, wo man sein möchte. Es gibt so viele ‘Wege’, die man auf einmal einschlagen kann – von der Filmidee zum Drehbuch, von den Drehorten zu den eigentlichen Dreharbeiten, von der Schauspielerei zum Schnitt, dass man gar nicht genau weiß, wo das alles zusammenhängt. Auf jeden Fall von Gott. Ein großes Dankeschön an alle Beteiligten, wir haben ein großartiges Team gebildet, und hier ist unsere erste Anerkennung“. sagte Emanuel Pârvu.

    Ein weiterer rumänischer Film, NASTY, unter der Regie von Cristian Pascariu, Tudor D. Popescu und Tudor Giurgiu, wurde in der Sektion Special Screenings präsentiert. Der Spielfilm bietet dem Publikum einen spannenden Einblick in das Leben des legendären Ilie Năstase, des ersten Rebellen in der Geschichte des Tennis. Er dominierte die rumänische und weltweite Tennisszene in den 1970er Jahren und war der erste Spitzenreiter der ATP-Rangliste nach deren Gründung. Ilie Năstase wurde am Ende der Vorführung in Cannes mit stehenden Ovationen bedacht. Für den Regisseur des Dokumentarfilms, Tudor Giurgiu, ist die Auswahl der Produktion in Cannes etwas Außergewöhnliches. „In Frankreich wird Ilie Năstase genauso geliebt wie in Rumänien. Die Aufnahme des Dokumentarfilms in die Auswahl des Festivals ist eine Anerkennung unserer Teamarbeit und ein Beweis dafür, dass man in Cannes auch mit einem Film ausgewählt werden kann, der nicht unbedingt in den Bereich des Autorenkinos fällt”, so Tudor Giurgiu.

    Bei den diesjährigen Filmfestspielen 2024 in Cannes wird es zum ersten Mal einen „immersiven Wettbewerb“ geben. Dabei geht es um VR-Kreationen (Virtual Reality), und unter den 8 Projekten befindet sich auch ein rumänisches – „Human Violins: Prelude“.  Das Projekt der Künstlerin Ioana Mischie ist von einer erschütternden Tatsache inspiriert: Während des Holocausts durften sich viele Juden einen einzigen Gegenstand aussuchen, bevor sie in die Konzentrationslager gebracht wurden, und einige wählten ihre Geige.