Tag: Einschüchterung

  • Wahlfälschung 1946: Kommunisten zählten auf Einschüchterung und Betrug

    Wahlfälschung 1946: Kommunisten zählten auf Einschüchterung und Betrug

    Am 19. November 1946 fand die grö‎ßte Fälschung einer Wahl in der Geschichte Rumäniens statt. Die Folgen waren entscheidend für die politische Geschichte des Landes in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Nach dem 6. März 1945 und der Amtseinführung des prosowjetischen Kabinetts unter Petru Groza hatte sich das politische Klima in Rumänien erheblich verschlechtert: Sowjetische Soldaten nehmen entgegen der im September 1944 vereinbarten Waffenruhe Kriegsgefangene mit, die verheerenden Folgen des Kriegs führen das Land in die Krise, Politiker, Parteien und Oppositionsmedien werden verfolgt, die von Kommunisten besetzten Staatsbehörden geben sich Gewaltakten hin — eine Strategie für die Machtübernahme, dafür hatte die kommunistische Partei auch unterschiedliche Banden mit Waffen ausgerüstet.



    Die Wahlfälschung am 19. November 1946 war brutal und offensichtlich, sie gilt bereits als Fallstudie für den Missbrauch totalitärer Systeme, die ihre politische Autorität so ausüben. Der wirkliche Ausgang der Wahl bleibt unbekannt, für den Betrug bedienten sich die Kommunisten einer einfachen Methode: Sie tauschten die Urnen aus.



    Aller Wahrscheinlichkeit nach hätten die beiden demokratischen Traditionsparteien Rumäniens, die Nationale Christdemokratische Bauernpartei und die National-Liberale Partei, gemeinsam mehr als 78% der Stimmen bekommen. Der von den Kommunisten geführte sogenannte Block Demokratischer Parteien wäre auf geschätzte 22% gekommen. Nachdem das Wahlergebnis genau auf den Kopf gestellt worden war, erklärte sich die prosowjetische Regierung zum Wahlsieger und berief sich dabei auf eine Legitimität, die ihr während der eigenen Regierungszeit nie zuteil werden sollte. Schlie‎ßlich sei es nicht wichtig, wie das Volk wählt, es ist wichtig, wer die Stimmen zählt“ — lautet ein dem sowjetischen Anführer Stalin zugeschriebenes Zitat. Alles, was folgte, kann als Auswirkung der Parlamentswahl vom 19. November 1946 gesehen werden, am Wochenende sind genau 70 Jahre seitdem vergangen.



    Im Archiv des Zentrums für Mündliche Geschichte des Rumänischen Rundfunks sind mehrere Aussagen von Zeitzeugen aufgezeichnet, die den gro‎ßen Wahlbetrug mit eigenen Augen gesehen oder bestätigt bekamen. Nicolae Magherescu war Büroleiter des liberalen Ministers Mihail Romniceanu in der Regierung Rădescu, zwischen Dezember 1944 und März 1945. Er erinnerte sich im Interview für das Archiv an die Stimmung vor der Wahl.



    Am 19. November wohnte ich für einen Monat im Landkreis Galatz. Ich kann Ihnen nicht beschreiben, was ich alles gesehen habe: wie die Menschen geschlagen wurden, alles wurde mit Gewaltanwendung erreicht. Die sogenannten Kommunisten kamen aus der Kreishauptstadt Galatz, sie fuhren in einem Autokonvoi durch die Dörfer und bedrohten die Menschen, sollten sie die Liberalen wählen, würden sie aus ihren Häusern vertrieben und ihr gesamtes Hab und Gut verlieren. Es waren unvorstellbare Dinge, die geschahen. Ich kann mich noch erinnern, dass ich in einer Gemeinde wohnte, wo ein Kollege von uns namens Dimofte sich getraut hat, einigen von diesen Menschen, die uns angehalten hatten, zu erwidern. Und da hat Dimofte sofort eine Ohrfeige bekommen, weil man wusste, dass er in der Familie eine liberale Tradition hatte. Und da bin ich mir bewusst geworden, dass gegen solche Menschen kein gerechter Kampf geführt werden kann.“




    Dumitru Pop, Bürgermeister der Maramurescher Gemeinde Ieud, und Ştefan Balea, Mitglied der ortsansässigen Filiale der Nationalen Bauernpartei, waren Zeugen des Urnengangs in ihrer Region.



    Die Wahlen waren eine Zumutung. Anstatt in unserer oder der benachbarten Gemeinde Wahllokale einzurichten, schickten sie uns in eine dritte Gemeinde, ein fast verlassenes Dorf. Wir mussten dorthin laufen, unter ganz schlechten Wetterbedingungen. Die armen Leute gingen zu Fu‎ß, und ihre Opanken (die traditionellen Bundschuhe, rum. ‚opinici‘) hielten die Strecke nicht aus, die Riemen und Schnüre rissen. Und dennoch gingen die Leute zu Fu‎ß ins Wahllokal. Die rumänischen Bauern wollten nichts von den Kommunisten wissen, diese wurden von allen missachtet und verabscheut. Ihre politische Grundlage war die Lüge, ihre Politik war auf Lügen aufgebaut und kein normaler Mensch mit gesundem Verstand und Anstand hätte sich an so etwas beteiligen können. Man hat Soldaten in das Dorf mit dem Wahllokal gebracht, es sah aus, als ob unser Dorf unter Belagerung stand, die Soldaten hatten den Auftrag, uns am Überqueren einer kleinen Brücke zu hindern, die zum Lokal führte. Die Bauern haben sich aber durchgeschlagen und sind doch in das Gebäude vorgedrungen. Und dann begann der Urnengang. Ich war Helfer in der Validierungskommission. Die Parteisymbole hatten sich geändert, die Bauernpartei hatte davor das Rad als Symbol gehabt, jetzt hatte war ein Auge ihr Parteizeichen. Und die Älteren wussten nicht so genau, wo sie ihre Stimme abgeben sollten und fragten mich: ‚Wo ist das Auge?‘ Und hin und wieder zeigten wir ihnen, wo es war. Der Vertreter der Kommunisten hatte all das beobachtet und er nahm die Wahlzettel, um sie in die Urnen zu stecken. Und wenn er den Wahlzettel eines älteren Wählers hatte, bohrte er seinen Finger durch das Papier, um den Zettel nichtig zu machen.“




    Eva Hirsch war in der Zwischenkriegszeit zu den Kommunisten gesto‎ßen und 1996 beschrieb sie die Welle der Gewalt, die zur Wahlfälschung von 1946 geführt hatte.



    Im Vorfeld der Wahlen hat [die spätere Vizeministerpräsidentin und Au‎ßenministerin] Ana Pauker angeordnet, dass wir in den Fabriken und auf den Baustellen Beitrittserklärungen verteilen. Sie meinte, dass wer eine solche Erklärung unterzeichnet, uns auch seine Stimme schenken wird. Aber die Wahl wurde gefälscht. Wir haben die Wahllokale eingerichtet und die Beobachter in die Wahlkommissionen entsendet, in denen theoretisch jede Partei einen Vertreter hatte. Nur waren alle Beobachter eigentlich unsere Hintermänner. Dann hatte Maniu, der Vorsitzende der Bauernpartei, vor den Wahlen eine Konferenz im Athenäum abgehalten, und wir sind dorthin geschickt worden, um Unruhe zu stiften und Maniu nicht sprechen zu lassen. Wir sind dorthin und haben uns mit den Bauernparteileuten gerauft. Ich hatte überhaupt keine Angst, ich war so überzeugt, dass meine Werte die richtigen waren! Und als die Wahl begann, haben sie uns in mehrere Lokale geführt, um mehrere Stimmen abzugeben. Wenn unsere Leute in Schlüsselpositionen waren, haben wir dort gewonnen. Und es waren viele so wie ich, sehr viele.“




    Für die Menschen des 21. Jahrhunderts kann eine so grobe Wahlfälschung eigentlich nur ein Gefühl der Empörung, gemischt mit Bestürzung und Mitgefühl, verursachen. Die gefälschte Parlamentswahl vom 19. November 1946 ist der Beleg dafür, dass das kommunistische Regime von allen verabscheut wurde. Als ob es nach der Erfahrung mit der Sowjetunion noch eines Belegs bedürft hätte.

  • FreeEx-Bericht: Medien in Rumänien nur teilweise frei

    FreeEx-Bericht: Medien in Rumänien nur teilweise frei

    Das Jahr 2013 war für die Presse weltweit alles andere als günstig, so mehrere NGO, die die Medien beobachten. Freedom House schreibt, dass nur einer von sieben Menschen in Ländern lebt, wo die politischen Nachrichten glaubwürdig sind, wo die Sicherheit der Journalisten garantiert ist, wo der Staat sich in Medienangelegenheiten wenig einmischt und wo die Presse nicht unter wirtschaftlichem Druck steht. Laut Freedom House sei die jetzige Lage noch schlechter im Vergleich zu den letzten Jahren. Schuld dafür sei der Wunsch autoritärer Regierungen, den Inhalt der Nachrichten zu bestimmen, sei es durch Drangsalierung der Journalisten, sei es durch Kontrolle des Internets und der sozialen Netzwerke. Rumänien stellt keine Ausnahme dar. Was dem Jahresbericht für 2013 von Freedom House zu entnehmen ist, erfahren wir von Cristina Guseth, Leiterin der rumänischen Zweigstelle der internationalen Organisation:



    Rumänien hat 41 Punkte erreicht und gilt ein Land mit einer teilweise freien Presse. Der Bericht analysiert den gesetzlichen, den politischen und den wirtschaftlichen Rahmen. Ungarn erzielte 35 Punkte und belegt einen besseren Platz als Rumänien. Rumänien liegt näher an Ländern, die keine EU-Mitglieder sind, wie Albanien, Kosovo, Mazedonien oder Bosnien.“




    Cristina Guseth meint, Grund dafür sei die besondere wirtschaftliche Lage Rumäniens:



    Rumänien hat — verglichen mit seiner wirtschaftlichen Entwicklung — sehr viele Medien-Institutionen. Die private Presse wird im Allgemeinen von der Wirtschaft befördert. Die Wirtschaft kann aber in Rumänien nicht so viele Medien-Institutionen unterstützen. Ich spreche über Zeitungen, private Radio- und Fernsehsender. Die Medien-Institutionen sind politisiert. Das kann unmittelbar geschehen, durch Medieneigentümer, die zugleich Politiker sind, oder indirekt. Es gibt eine massive Politisierung der Presse. Das Geld, das in die Presse flie‎ßt, kommt nicht aus der Wirtschaft oder aus einer wirtschaftlichen Tätigkeit, so wie es natürlich wäre. Der zweite Aspekt bezieht sich auf die Gesetzesordnung. Es geht nicht nur um den gesetzlichen Rahmen, so wie er auf dem Papier steht, sondern auch darum, wie das Gesetz umgesetzt wird. Hier wurde ich den Nationalrat für audiovisuelle Medien (CNA) erwähnen, der zwar über Gesetze verfügt, sie aber nicht umsetzt.“




    Jahr für Jahr veröffentlicht die Organisation Active Watch in Rumänien ihren Bericht namens FreeEx, in dem die Lage der rumänischen Presse analysiert und Gründe für etwaige Einschränkungen der Pressefreiheit genannt werden. Der FreeEx-Jahresbericht für 2013 bestätigt die Informationen von Freedom House über die Verschlechterung der Medienunabhängigkeit und bringt Einzelheiten. Răzvan Martin, Vertreter von Active Watch, sagte über den Bericht für 2013 folgendes:



    Ich würde mit der auf der Strecke bleibenden redaktionellen Unabhängigkeit und dem Hintergehen des öffentlichen Interesses beginnen, was die Folge der exzessiven Politisierung des Medienmarktes und der Zusammensetzung der Eigentümerschaft ist. Zahlreiche Pressemagnaten sind auf der politischen Bühne aktiv. Es gibt viele bedeutende Presse-Institutionen, die von einflussreichen politischen Akteuren in Rumänien kontrolliert werden. Es gibt genügend Fälle, die beweisen, dass sie diese Institutionen nutzen, um politische und wirtschaftliche Vorteile zu erzielen und um Druck auf die Justiz auszuüben.“




    Eine besondere Form, Druck auszuüben, ist die Art und Weise, in der einige Medien Journalisten in Bedrängnis bringen. Răzvan Martin mit Einzelheiten:



    Im vergangenen Jahr haben zwei Journalisten Haftstrafen bekommen. Sie waren der Erpressung beschuldigt worden. Die Medien selbst haben sich zu einem der schlagfertigsten Mittel entwickelt, um Journalisten oder Bürgeraktivisten unter Druck zu setzen oder einzuschüchtern. Auch im Jahr 2012 hatten wir einen ähnlichen Fall. Ein gefährliches Phänomen ist die Abmahnung der Journalisten, um ihre kritische Berichterstattung zu unterlassen. Andernfalls hat man ihnen mit Prozessen gedroht. Es scheint mir absurd, dass Vertreter eines Berufes, der sich von Pressefreiheit nährt, Branchenkollegen drohen, um ihr Schweigen zu gewinnen.“




    Die Autoren des FreeEx-Berichts meinen weiter, nebst diesen Neuigkeiten im Jahre 2013 sei auch die gängige Praxis der Informationsverweigerung fortgesetzt worden. Răzvan Martin dazu:



    Informationen werden dem Publikum aus Sicherheitsgründen vorenthalten, zum Beispiel das Thema der mutma‎ßlichen CIA-Gefängnisse in Rumänien. Der Staat hat in diesem Fall eine regelrechte Informationsblockade errichtet, damit die Journalisten nicht mehr recherchieren können. Es gab ferner zahlreiche Übergriffe der Ordnungskräfte gegen Demonstranten. Ich beziehe mich hier in erster Linie auf die Situation [der gegen Schiefergas-Bohrungen Protestierenden] in Pungeşti, wo mehrere verfassungsrechtlich verbriefte Grundrechte wie Reisefreiheit, Versammlungsfreiheit und Meinungsfreiheit verletzt wurden.“




    Die beschriebenen Fehlentwicklungen kamen vor dem Hintergrund der Wirtschaftskrise, die die finanzielle Unabhängigkeit der Medien erschwert. Viele Zeitungen haben ihre Printausgaben aufgegeben und erscheinen nur noch im Internet. Einigen privaten TV-Sendern geht es auch nicht gut, sie sind bereits knapp bei Kasse. Die Ausgaben für Werbung sind sichtbar gesunken. Es gibt aber einen Schimmer Hoffnung: Die wenigen Produkte des Qualitätsjournalismus scheinen dennoch gefragt zu sein. Das widerspricht der These, dass nur Unterhaltung und Boulevardjournalismus Einschaltquoten und Leser bringen.



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