Tag: Eiserne Garde

  • Aufstand der faschistischen Legionäre vor 80 Jahren: Gewalt, Chaos, Mordkommandos

    Aufstand der faschistischen Legionäre vor 80 Jahren: Gewalt, Chaos, Mordkommandos

    Vor 80 Jahren, vom 21. bis 23. Januar 1941, begannen paramilitärische Kräfte der Eisernen Garde, Rumäniens faschistischer Partei der Zwischenkriegszeit, den Aufstand gegen die von General Ion Antonescu geführte Regierung, die von der Wehrmacht unterstützt wurde. General Ion Antonescu, der auch von Hitler als Verbündeter angesehen wurde, entlie‎ß die faschistischen Legionäre aus der Regierung, nachdem er im September 1940, also viereinhalb Monate zuvor mit ihnen zusammen die Regierung gebildet hatte.



    Die unter Beteiligung der Legionäre gebildete Regierung Antonescus behielt die Gesetzgebung von 1938 bei, nach der die Juden die rumänische Staatsbürgerschaft verloren und ihre Geschäfte enteignet und an rumänische Unternehmer vergeben wurden. Die Spannungen zwischen Antonescu und den Legionären begannen Anfang Dezember 1940. Ein Jahr später, 1941, als der Innenminister der Legionäre, Constantin Petrovicescu, aus der Regierung entlassen wurde, schlugen die Spannungen in Stra‎ßenkämpfe um. Die Rebellion bestand aus Angriffen der Legionäre gegen die wichtigsten Institutionen des Staates, wie die Armee und die Gendarmerie, Angriffen auf Synagogen und der Ermordung von 120 Juden. Chaos und Gewalt herrschten für einige Tage in Bukarest und vielen anderen Städten.



    Die Historikerin Eliza Campus, die 1999 vom Zentrum für Mündliche Geschichte des rumänischen Rundfunks interviewt wurde, erinnert sich an die damaligen Ereignisse. Als Jüdin hatte Eliza Campus das Glück, von Menschen umgeben zu sein, die den Fanatismus der Legionäre nicht teilten:



    Während des Aufstandes wohnte ich in der Stra‎ße, die heute Bela Breiner hei‎ßt, und mein Vermieter war ein Legionär namens Niculescu. Er hatte aber eine gewisses Faible für mich. Hinten gab es ein Reihenhaus und vorne eine Wohnung. Ich sprach mit ihm und fragte ihn, ob er dachte, dass es irgendwelche Razzien geben würde. Er sagte mir, wenn das passieren würde, würde er sagen, dass nur Christen auf seinem Grundstück leben. Und das war’s. Er war ein anständiger Mann. Aber die Legionäre taten meinen Schülern und ihren Eltern schreckliche Dinge an. Und als der Aufstand vorbei war, lebten die Menschen immer noch in Angst. Die Leute gingen normal auf der Stra‎ße herum, es war nichts Besonderes los, aber in den Häusern lebten sie in Angst und wussten nicht mehr, wie sie sich verteidigen könnten. Wir gingen wie immer die Stra‎ße entlang, das tat ich jeden Tag. Aber die Legionäre drangen in die Häuser ein, schnappten sich die Leute, nahmen sie als Geiseln oder töteten sie geradewegs. Mit Gewehren in der Hand übernahmen sie die Schule, in der ich unterrichtete, und führten uns mit vorgehaltener Waffe auf den Hof, alle 800 Schüler. Zum Glück war es ein geräumiger Innenhof. Sie besetzten nur die Schule und lie‎ßen uns auf dem Hof allein. Aber sie haben alle Unterlagen aus der Schule mitgenommen. Am Ende habe ich alles im Staatsarchiv gefunden und konnte sie zurückbekommen.“




    Constantin Matei arbeitete als Techniker bei Radio Rumänien und war Leiter der Legionärszelle in dieser Einrichtung, der kleinsten Organisationsform der Faschisten an der Parteibasis. Er war im September 1940 der Eisernen Garde beigetreten. 1994 gab er folgendes Zeugnis ab:



    Ich ging zur Arbeit ins Studio. In der Sendung sprach ein Armeesprecher, dann der Vertreter des Ministerrats, dann die Leute von der Legionärsbewegung. Ich wurde in das Büro des Vorsitzenden, des Generaldirektors Mînzatu, bestellt. Ich war dort im Auftrag der technischen Abteilungen. Es war Mitternacht, Ion Antonescu war im Pyjama da, sein Stellvertreter Mihai Antonescu war da, er lehnte an einem Bücherregal und fragte: »Wer hat Ihnen den Befehl gegeben, die Kommuniqués der Legionäre zu senden?« Das fragte er Minzatu, der antwortete: »Sie waren es, Sie haben angeordnet, dass alles, was vom Präsidialamt oder der Legionärsbewegung kommt, gesendet wird.« Und dann sagte Antonescu: »Will [Faschistenführer] Horia Sima mir weismachen, dass das Land auf seiner Seite ist, weil die Arbeiter der Malaxa-Werke hinter ihm stehen? Ich werde Ihnen morgen zeigen, dass die Intellektuellen und die Armee auf der Seite von General Antonescu sind, und damit basta! Keine weiteren Kommuniqués, keine Unruhen! Ihr werdet nur noch das senden, was ihr vom Präsidialamt bekommt!« Ich ging zum Sendeturm in Băneasa, Truppen der Wehrmacht waren da. Ein deutscher Hauptmann, der sehr gut Rumänisch sprach, sagte uns: »Horia Sima hat keine Ahnung von. Es tut mir leid für Sie, gehen Sie Ihrer Arbeit nach, Antonescu hat diese Runde gewonnen.«“




    Mihail Baron, ein General der Gendarmerie, wurde 1995 fürs Archiv des Rumänischen Rundfunks aufgezeichnet, als er sich an die Unruhen während des Legionärsaufstandes vom Januar 1941 erinnerte und wie er seine Befehle ausführte:



    Am Morgen des 21. Januar begannen sie, die Sitze der lokalen und zentralen Behörden im ganzen Land anzugreifen. Mit dem Vorteil des Überraschungseffekts übernahmen sie das Justizministerium, das Amtsblattbüro und alle anderen zentralen Stellen, wie die Nationalbank, die Nationale Sparkasse und das zentrale Postgebäude. Das Gebäude des Zentralen Rundfunks konnten sie nicht einnehmen. Es gelang ihnen aber, den Radiosender in Bod (nahe Kronstadt) zu besetzen, nicht jedoch in Bukarest, weil dort Gendarmerie-Wachen aufgestellt waren, die sofort reagierten. Und dann, um mit der Bevölkerung und ihren Anhängern kommunizieren zu können, kappten sie das unterirdische Kabel und richteten ein mobiles Studio ein, das in der Hauptstadt herumfuhr und Geschichten verbreitete, wie zum Beispiel dass die Regierung gestürzt worden sei und dass die Legionäre die Macht übernommen hätten. Sie hängten auch Plakate auf. Es waren rote oder gelbe Plakate, einige griffen die Freimaurer an, andere die Kommunisten, um eine angespannte Atmosphäre zu schaffen. Am 21. Januar waren die Stra‎ßen voll von Legionären, die Getöse veranstalteten und »Legionärssieg!« brüllten. Sie blockierten die Stra‎ßen mit Lastwagen, Stra‎ßenbahnen, Bussen, Benzinkanistern, bereit, sie anzuzünden, wenn es nötig gewesen wäre. Am 22. Januar befahl Marschall Antonescu gegen 14 Uhr, nachdem er all diese Grausamkeiten und all die Menschen, die verletzt worden waren, gesehen hatte, der Armee, den Aufruhr zu zerschlagen und die Aufständischen zu verhaften.“




    Nach dem Aufstand wurden etwa 8.000 Legionäre verhaftet, angeklagt und verurteilt. Etwa 700 flüchteten nach Deutschland, darunter auch ihr Anführer Horia Sima. In der Folgezeit blieb Ion Antonescu als Alleinherrscher auf der politischen Bühne Rumäniens zurück.

  • 80 Jahre seit der Ermordung des Historikers Nicolae Iorga

    80 Jahre seit der Ermordung des Historikers Nicolae Iorga

    Am 6. September 1940 proklamierte das Antonescu-Regime Rumänien zum national-legionären Staat. Das bedeutete, dass die Staats- und Gesellschaftsordnung unter Einbindung der Eisernen Garde in die Regierungsgeschäfte eine faschistische war, die sich aus den Vorbildern des italienischen Faschismus und des deutschen Nationalsozialismus inspirierte. Als Befürworter der Theorie der rassischen Überlegenheit ging der rumänische Faschismus einbher mit dem europäischen, und die meisten historischen Studien betrachten das national-legionäre Antonescu-Regime als autoritär und gegen elementare demokratische Normen. In der heutigen Ausgabe unserer Geschichtsrubrik Pro Memoria sprechen wir über die Ermordung des Historikers Nicolae Iorga. Den Originalbeitrag verfasste Steliu Lambru. Ich bin Florin Lungu und bringe Ihnen die deutsche Fassung.




    Das faschistische Regime wurde nach der starken Krise möglich, die in der die Herrschaft von König Karl II. eine lokale rumänische Version der europäischen Krise war. Seit 1938 hatte Karl II. Sein personalisiertes autoritäres Regime proklamiert, das Rechte und Freiheiten verbot. Anfang September 1940 wurde der Herrscher als Hauptverantwortlicher für die territoriale Katastrophe, die Rumänien erlitten hatte, betrachtet. Im Juni 1940 waren Bessarabien und die Nordbukowina von der Sowjetunion annektiert worden, und im August hatte sich Ungarn infolge des Zweiten Wiener Schiedsspruchs Nordsiebenbürgen einverleibt. Am 5. September ernannte Karl II. unter dem Druck der Öffentlichkeit General Ion Antonescu zum Staatsoberhaupt und dankte anhsclie‎ßend ab. In seiner viereinhalbmonatiger Existenz bis zum 23. Januar 1941 war das national-legionäre Antonescu-Regime von repressiven Ma‎ßnahmen geprägt, die sich vor allem gegen die Anhänger und die sogenannte Kamarilla Karl II. richtete, der die Demokratie ruiniert hatte. Die Rache der Legionäre an 65 Spitzenpolitiker, hochrangige Beamten und Günstlinge des Königs ist dadurch erklärbar, dass die Faschisten sie für die Repressionsma‎ßnahmen und insbesondere den Tod des Führers der Eisernen Garde, Corneliu Zelea Codreanu, im November 1938 für verantwortlich hielten.



    Eines der Opfer der Legionäre war der Historiker Nicolae Iorga. Geboren 1871, wird er von nationalistischen Historikern als der wichtigste rumänische Historiker angesehen und diese Meinung ist auch in der Öffentlichkeit unter Laien weit verbreitet. Es gibt zwei Gründe, warum man sogar von einem Iorga-Kult sprechen kann: sein beeindruckendes Werk und sein tragischer Tod. Iorga hat enorm viel geschrieben, er gilt als Verfasser von etwa 1.250 Büchern und 25.000 Artikeln. Bevor er dem faschistischen Terror zum Opfer fiel, war Iorga das Vorbild des Intellektuellen, der mit dem Extremismus kokettierte und tragisch endete. Er kultivierte den Nationalismus und fiel dessen Auswüche selber zum Opfer.



    Der Historiker Ioan Scurtu fasst die Ideen von Nicolae Iorga und seine politische Tätigkeit zusammen:



    Iorga war ein Nationalist, 1910 gründete er zusammen mit A.C. Cuza die Demokratische Nationalistische Partei. Er pflegte die Idee, dass sich die Rumänen in allen Bereichen behaupten müssten, auch in der Wirtschaft, da er wusste, dass seit dem Ende des 19. Jahrhunderts die wichtigsten Industrieunternehmen, Banken und der Handel in den Händen von nationalen Minderheiten und Ausländern waren. Er sagte, dass das rumänische Element das ausländische ersetzen sollte, eine Nationalisierung müsse erreicht werden. Aber dies müsse man auf friedliche Weise herbeiführen, die Rumänen müssten sich vorbereiten, zu lernen, um die Geheimnisse jedes Gewerbes so zu beherrschen, dass sie im Wettbewerb mit Fremden gewinnen können. Sicherlich propagierten auch die Legionäre diese Ideen, nur dass sie eine viel extremistischere Linie verfolgten, die so weit ging, dass sie diejenigen liquidierten, die sich ihrer Politik widersetzten.“




    Mitte der 1930er Jahre kam es zum Zerwürfnis zwischen Iorga und den faschistischen Legionären, deren Mentor er sein wollte. Iorgas stolze und schwierige Art lie‎ß die Beziehung ausarten. Der kritische Moment wurde im März 1938 verzeichnet, als nach der Auflösung der politischen Parteien auch die Legionärsbewegung durch ein Rundschreiben von Codreanu seit dem 24. Februar 1938 ihre Tätigkeit eingestellt hatte. Der Handel in sogenannten Legionärsläden ging jedoch weiter, die Geschäfte der Legionäre lockten mit kleineren Preisen, die den Produktionskosten entsprachen. Der Historiker Ioan Scurtu beschreibt ausführlich, wie es zum Streit zwischen Iorga und den Legionären kam:



    Nicolae Iorga erkannte, dass diese Legionärsläden zu Zentren geworden waren, in denen sie sich versammelten und Aktionen planten, die auf die Destabilisierung des Staates abzielten. Er forderte die Abschaffung des Legionärshandels. In diesem Zusammenhang schrieb Codreanu einen Brief an Iorga, in dem er ihn der Unredlichkeit beschuldigte. Nachdem er die Idee propagiert hatte, dass die rumänische Mehrheitsbevölkerung sich mehr in den Handel einbringen sollte, damit Geschäfte von Menschen mit fremden Wurzeln, insbesondere jene von Juden, Schaden nehmen, forderte Iorga die Abschaffung dieser Geschäfte. Iorga zeigte [dem Premierminister] Armand Călinescu den ächtenden Brief von Codreanu, Călinescu wiederum zeigte ihn dem König Karl II., und Iorga wurde geraten, Codreanu zu verklagen und so kam es zum Prozess. Während des Prozesses erkannte Iorga, dass er einen sehr riskanten Weg eingeschlagen hatte und zog seine Klage zurück. Aber der Prozess ging weiter und Codreanu wurde schlie‎ßlich zu sechs Monaten Gefängnis verurteilt. Während des Prozesses wurden Durchsuchungen im Hauptquartier der Legionärsbewegung, im sogenannten Grünen Haus und in den Wohnungen mehrerer Legionäre durchgeführt. Auf dieser Grundlage wurde ein neuer Prozess gegen Codreanu eingeleitet, der im Mai 1938 wegen staatsfeindlicher Handlungen und des Besitzes von Geheimdokumenten zu 10 Jahren Zwangsarbeit verurteilt wurde, Anschuldigungen, die unbegründet waren. Bei einer Überstellung aus dem Gefängnis in Râmnicu Sărat nach Jilava, dem Gefägnis bei Bukarest, wurde Codreanu in der Nacht vom 29. auf den 30. November 1938 während der Beförderung in der Nähe des Tâncăbeşti-Waldes ermordet.“




    Am 27. November 1940 wurde Nicolae Iorga von einem Legionärskommando von zu Hause abgeholt und in den Wald von Strejnicu gebracht, wo er mit neun Schüssen hingerichtet wurde. So bezahlte der Historiker mit seinem Leben für seine Meinungen in einer Zeit, in der Missbrauch, Hass und politische Morde Oberhand gewonnen hatten.

  • Politische Attentate im faschistischen Rumänien: das Massaker im Gefängnis von Jilava

    Politische Attentate im faschistischen Rumänien: das Massaker im Gefängnis von Jilava

    Im Herbst 1940 rutschte Rumänien mit seinen amputierten Nord-, Süd-, Ost- und Westgrenzen den Abhang rechtsextremer Regime hinunter. Das korrupte und unmoralische persönliche Regime von König Karl II. lebte seine letzten Tage und hatte den Staat in die Flaute gestürzt und unfähig gemacht, seine Mission zu erfüllen und das Land zu schützen. Das Zweite Schiedsverfahren in Wien am 30. August 1940 markierte den endgültigen Schlag gegen dieses Regime, als Nazi-Deutschland und das faschistische Italien Rumänien zwangen, den Norden Siebenbürgens an Horthys Ungarn abzutreten.



    König Karl II. hatte daraufhin einen dringenden Appell an General Ion Antonescu richten müssen, seinen Erzfeind, der jedoch als Einziger in der Lage schien, angesichts des weit verbreiteten Debakels den Anschein von Nationalstolz wiederherzustellen. Angesichts der Weigerung der demokratischen Parteien, seinem Kabinett beizutreten, nahm dieser die Dienste der rechtsextremen Partei der Eisernen Garde in Anspruch, um ein Bündnis rechtsextremer Regierungen zu bilden, die als einzige glaubten, mit den neuen Herren Europas zu dieser Zeit vorteilhaft verhandeln zu können. Tatsächlich hatte die Eiserne Garde bei den letzten Wahlen im Jahr 1937, die vor der Errichtung des persönlichen Regimes von König Karl II. und der anschlie‎ßenden Unterdrückung der politischen Freiheiten stattfanden, 15% der Stimmen der rumänischen Wählerschaft gewonnen. Danach war diese rechtspopulistische Partei jedoch durch die Politik der angeordneten Attentate, die unter demselben König Karl II. durchgeführt wurden, ihrer wichtigsten Führer beraubt worden. 1940 wurde die nach Rache dürstende Eiserne Garde aufgefordert, an der Seite von General Antonescu in einem Staat zu regieren, den sie als national-legionären“ Staat bezeichneten und proklamierten.



    Die Eiserne Garde würde nicht lange warten, um ihre Pläne zu verwirklichen und sich an denjenigen zu rächen, die sie für die Ermordung ihrer historischen Führer 1938 verantwortlich machte. So wurden in der Nacht vom 26. auf den 27. November 1940 insgesamt 65 ehemalige Politiker, ranghohe Beamte der früheren Königsdiktatur Karl II. sowie hochrangige Armee- und Polizeibeamte, die dem ehemaligen König treu ergeben waren und die zuvor alle im Gefängnis von Jilava bei Bukarest inhaftiert waren, ohne weiteren Prozess meuchlings hingerichtet. Seit dieser Nacht sind 80 Jahre vergangen. Erinnern wir uns an diese schwarze Seite in der Geschichte Rumäniens im 20. Jahrhundert mit dem Historiker Ioan Scurtu, der zunächst die Abfolge der politischen Regime untersucht, die zu diesem Massenmord im November 1940 führten. Ioan Scurtu:



    Jedes Attentat ist ein Angriff auf die Demokratie, auf die Menschenrechte, ein Angriff auf die Meinungsfreiheit, und in diesem Fall gilt dies umso mehr, als es sich um politische Attentate handelt. Die Opfer hatten ihre Namen mit dem autoritären Regime von König Karl II. in Verbindung gebracht, das am 10. Februar 1938 errichtet worden war. Ein undemokratisches Regime. Wir sollten die Dinge daher wie folgt verstehen: Im November 1940 wurden diese Menschen, die Opfer, die bereits verhaftet worden waren, als Vertreter eines in Ungnade gefallenen Regimes angesehen, das die demokratischen Freiheiten unterdrückt hatte. In der Folge setzten einige, die dem Massaker entkommen waren, ihre politische Karriere fort und erwiesen sich manchmal als Verteidiger der Demokratie, wie Constantin Argetoianu, Gheorghe Tătărăscu und Mihai Ralea. Aber zum Zeitpunkt des Massakers repräsentierten diese Menschen keine Demokratie.“




    Die offizielle Geschichtsschreibung nimmt oft allein die Vertreter der Eisernen Garde in Verantwortung für die Verschlechterung des politischen Klimas der damaligen Zeit. Der Historiker Ioan Scurtu ist jedoch der Ansicht, dass die Vertreter der demokratischen Parteien ihren Teil der Verantwortung in der Situation hatten:



    Diese giftige Atmosphäre begann mit der Ermordung von Corneliu Zelea Codreanu, dem Gründer und historischen Anführer der Eisernen Garde, und 13 seiner Legionäre. Letztere hatten den ehemaligen Premierministers I. Gh. Duca 1933 ermordet, eines der ersten politischen Attentate, aber auch 1936 ein Attentat gegen einen Dissidenten der Legionärsbewegung, Mihail Stelescu, verübt. Schlie‎ßlich verübten die Legionäre 1939 ein weiteres politisches Attentat auf den Premierminister von König Karl II., Armand Călinescu, das den Zorn des Königs auslöste, der nicht zögerte, zu staatsterrorismusähnlichen Praktiken zu greifen, um die Legion in die Knie zu zwingen. Infolgedessen wurden mehr als 200 Mitglieder der Legion als Vergeltung ermordet, von denen die meisten bereits in Gefängnissen und Haftanstalten interniert waren. Es gab keinen Prozess, sie wurden nicht strafrechtlich verfolgt, sie wurden einfach ermordet. Und dann wurden andere Mitglieder der Legionärsbewegung der Eisernen Garde, die nicht interniert waren, nachts aus ihren Häusern geholt und am nächsten Tag auf dem öffentlichen Platz an einem Seil aufgehängt. Selbst wenn die Taten der Mitglieder der Eisernen Garde wirklich grauenhaft waren, dürfen wir abschlie‎ßend nicht vergessen, dass sie wiederum unter der Unterdrückung beispielloser Gewalt und Attentate während der Herrschaft von Karl II. zu leiden hatten.“




    Unter den 65 Opfern des Massakers, das im November 1940 von Mitgliedern der Legionärsbewegung der Eisernen Garde im Gefängnis von Jilava verübt wurde, waren General Gheorghe Argeșanu, ehemaliger Premierminister und Verteidigungsminister, Victor Iamandi, ehemaliger Justizminister, General Gabriel Marinescu, ehemaliger Innenminister und Polizeipräfekt von Bukarest, General Ion Bengliu, ehemaliger Kommandeur der Gendarmerie, Mihail Moruzov, ehemaliger Chef des Geheimdienstes der Armee, und sein Stellvertreter, Niky Ștefănescu. Der Historiker Ioan Scurtu erklärt, wie sich die Mitglieder der Eisernen Garde diese schnelle Gerechtigkeit vorstellten:



    Das von General Ion Antonescu und der Eisernen Garde eingeführte Regime war dem vorherigen Regime, dem autoritären Regime von König Karl II., grundsätzlich feindlich gesinnt. Und so geht es, die Sieger rächen sich an die Besiegten. So hat General Antonescu die wichtigsten politischen Amtsträger des abgesetzten Königs sehr bald nach seiner Machtergreifung ins Gefängnis gesteckt. Aber er hatte nicht die Absicht, sie auf diese Weise töten zu lassen, er war nicht für Standrecht. Er plante, sie vor Gericht zu bringen und ihnen den Prozess nach den geltenden Gesetzen zu machen. Dafür hatte den Fall seinem engen Mitarbeiter, dem stellvertretenden Premierminister Mihai Antonescu, der Jurist war, anvertraut. Letzterer musste sicherstellen, dass das Recht auf Verteidigung respektiert wird und dass der Gerechtigkeit gemä‎ß den Regeln und Verfahren Genüge getan wird. Seine Verbündeten, die Legionäre, sahen die Dinge ganz anders. Sie waren der Ansicht, dass der 14. September 1940, der Tag, an dem sie an die Macht kamen, einen Wendepunkt in der Geschichte des Landes markiert hatte und dass es nicht mehr vorstellbar war, die alten Gesetze, die einen Aufschub erlaubten, einzuhalten. Und dass diejenigen, die sich der Ermordung vor allem von Corneliu Zelea Codreanu schuldig gemacht hatten, nach einer ‚revolutionären‘ Gerechtigkeit bestraft werden müssten. Und mit dieser Einstellung drang das Legionärskommando in die Strafanstalt von Jilava ein und führte die Hinrichtungen durch. Andere Vertreter des alten Regimes, insbesondere diejenigen, die verhaftet und in Gewahrsam der Bukarester Polizei gebracht worden waren, konnten dank der Intervention von General Antonescu gerettet werden.“




    Das Massaker an den 65 ranghohen Vertretern des Regimes von Karl II. im Gefängnis von Jilava war ein politisches Verbrechen, das nur durch den Wunsch nach Rache motiviert war. Ein neues Modell der Schnelljustiz, in dem gerade Gerechtigkeit und Demokratie ausgehöhlt wurden.

  • Die Rumänisch-Orthodoxe Kirche und der Holocaust: überwiegend belastende Geschichte

    Die Rumänisch-Orthodoxe Kirche und der Holocaust: überwiegend belastende Geschichte

    In Europa hatten die christlichen Kirchen in den 1930er Jahren widersprüchliche Haltungen gegenüber den jüdischen Gemeinden. Die Rumänisch-Orthodoxe Kirche machte keine Ausnahme von der Regel, sie übernahm die unterschiedlichsten Einstellungen gegenüber den Juden in Rumänien. Ion Popa ist der Autor des Bandes Die Rumänisch-Orthodoxe Kirche und der Holocaust“, in dem alle Arten von Antisemitismus und die Einstellungen innerhalb der Rumänisch-Orthodoxen Kirche in den Jahren des Holocausts aufgeführt sind:



    Der erste Patriarch der Rumänisch-Orthodoxen Kirche, Miron Cristea, machte 1936–1937 einige der giftigsten antisemitischen Äu‎ßerungen, die ihm die Wahl zum Premierminister einer der ersten diktatorischen Regierungen von König Karl II. sicherstellten. ›Es gibt Städte und ganze Regionen‹, sagte er 1937, ›wo nichts mehr rumänisch ist, au‎ßer der Armut, dem tiefsten Elend und dem Schatten des Dornbuschs. Man könnte bittere Tränen vergie‎ßen, aus Mitleid mit dem armen rumänischen Volk, dem die Juden sogar das Mark aus den Knochen quetschen. Uns zu verteidigen, ist eine nationale und patriotische Pflicht und kein Antisemitismus. Nicht zu reagieren, nicht aktiv zu handeln, um diese Pest loszuwerden, bedeutet, feige und träge zu sein und uns bei lebendigem Leibe in die Grube zu tragen und in die Vernichtung zu stürzen, die uns erwartet.‹ Die heilige Synode der Kirche hatte seit 1937 ihre Unterstützung für sämtliche Politiken zur Beseitigung der Ausländer erklärt, darunter verstand man zu 99% Juden. Im März 1938 beschloss dieselbe Synode, jedem Juden, der die rumänische Staatsbürgerschaft nicht belegen konnte, den Übertritt zum orthodoxen Glauben zu verbieten. Dies vor dem Hintergrund, dass die Staatsbürgerschaft der rumänischen Juden bestritten wurde.“




    In den 1940er Jahren sollte sich die Lage noch mehr verschlechtern. Während der Regierungszeit von Patriarch Miron Cristea verloren mehrere hunderttausend Juden ihre rumänische Staatsbürgerschaft. Doch auch sein Nachfolger wich nicht von der allgemeinen antisemitischen Ausrichtung der Zeit ab, wie Buchautor Ion Popa berichtet:



    Nach der Wahl von Nicodim Munteanu zum Patriarchen stimmte die Heilige Synode 1939 erneut für ein Verbot der Konversion von Juden, die ihre Staatsbürgerschaft nicht nachweisen konnten, und führte drakonische Ma‎ßnahmen für die Bekehrung der Juden ein. Die Botschaft war deutlich: Die Kirche interessierte sich nicht für die Juden und wollte, dass sie so schnell wie möglich aus dem Land vertrieben werden. Obwohl die Patriarchen Miron Cristea und Nicodim Munteanu aus politischen Gründen gegen einen Schulterschluss mit der rechtsextremen Eisernen Garde waren, haben andere Führungsmitglieder der Kirche, Hunderte und sogar Tausende orthodoxer Kleriker die faschistische Legion des Erzengels Michael offen unterstützt. Die Verbindungen der Metropoliten Nicolae Bălan von Siebenbürgen und Visarion Puiu der Bukowina mit der Eisernen Garde sind bekannt. Was den Klerus angeht, so reicht ein Beispiel. Bei den Parlamentswahlen von 1937 waren 33 der 103 Kandidaten der Partei »Alles für die Heimat« [Nachfolgeorganisation der Eisernen Garde nach deren Auflösung 1933 — Anm. d. Red.] orthodoxe Priester, also fast ein Drittel. Nach dem Einmarsch der Sowjetunion im Jahr 1941 und dem Beginn der physischen Vernichtung der jüdischen Gemeinde in Rumänien war die orthodoxe Kirche sowohl gleichgültig als auch aktiv an der Zerstörung der jüdischen Gemeinde und — vereinzelt — auch an einigen Rettungsaktionen der Juden beteiligt.“




    In den 1940er Jahren kam der Antisemitismus der rumänisch-orthodoxen Kirche mit theologischen Argumenten zum Ausdruck, die hauptsächlich über die Presse verbreitet wurden, sagt Ion Popa.



    Die Kirchen-Presse ist zu einem Mittel zur Verbreitung eines virulenten Antisemitismus geworden. In den Zeitschriften der Kirche der Bukowina, Bessarabiens und Transnistriens, den Gebieten, in denen es die meisten Opfer gab, wurde der Tod von Juden mit Freude wahrgenommen. In verschiedenen Artikeln, die zwischen 1941 und 1943 veröffentlicht wurden, wurden die Juden als ›von Jesus verfluchte Söhne Satans‹ beschrieben, die ›ohne Heimat herumwandern, weil sie mit göttlichen Strafen bestraft worden sind, als Menschen, die den Bund mit Gott verletzt haben‹. In anderen Artikeln war der deutliche Aufruf enthalten, ›das Schwert in die Hand zu nehmen und die Juden zu vernichten‹. Diese Artikel waren in der kirchlichen Presse zu lesen, sie waren nicht marginal. Im April 1942 gab Patriarch Nikodemus selbst dem wilden Antisemitismus freien Lauf, als er in einer Predigt, dem Wort zur Fastenzeit, sagte: ›Die Juden sind böse Seelen, Söldner des Bolschewismus, Satans Soldaten, ein Volk, das den Fluch über sich selbst und seine Söhne heraufbeschwor, als es den Sohn Gottes, den Erlöser unserer Seelen, am Kreuz aufhing.‹ Diese Worte wurden in der offiziellen Zeitschrift der Heiligen Synode, der wichtigsten Zeitschrift der orthodoxen Kirche, genau zum Zeitpunkt veröffentlicht, als Zehntausende von Juden von den rumänischen Behörden in Transnistrien getötet wurden.“




    Aber manche Mitglieder der Obersten Hierarchie der orthodoxen Kirche und auch gewöhnliche Geistliche waren zugleich an Aktionen zur Rettung der Unglücklichen beteiligt, erzählt Buchautor Ion Pop.



    Patriarch Nikodemus selbst leitete 1942 Briefe einiger konvertierter Juden, die an ihn gerichtet waren, an verschiedene staatliche Institutionen weiter. Nikodemus bestand jedoch in keiner Weise darauf, dass die Rechte dieser Menschen geachtet werden, und umso weniger verteidigte er die Rechte nichtkonvertierter Juden. Alexandru Safran, der damalige Chef-Rabbiner der jüdischen Gemeinde, erwähnt Nikodemus mehrmals in seinen Memoiren. Er wird dabei jedes Mal kritisiert, im Gegensatz zu den Bemühungen des katholischen Erzbischofs und Nuntius Andrea Casulo, der der jüdischen Gemeinde während des Holocausts half. Dafür findet Safran in seinen Memoiren lobende Wort für den Metropolit von Siebenbürgen Nicolae Balăn. Safran sagt, dass Bălan mit Antonescu gesprochen habe, um die Deportation von etwa 230.000 Juden aus dem Alten Reich in das Vernichtungslager Bełżec im Sommer 1942 zu stoppen.“




    Das Verhalten der Rumänisch-Orthodoxen Kirche während des Holocausts war also von Schwankungen geprägt, vom offenen und gewaltbereiten Antisemitismus über die Rettungsaktionen bis hin zu politischem Kalkül.

  • Der letzte Souverän Rumäniens ist tot

    Der letzte Souverän Rumäniens ist tot

    Schwerkrank, im Alter von 96 Jahren, wurde er mit zwei ernsten Krebsformen diagnostiziert, Leukämie und Hautkrebs. Somit sah er sich 2016 gezwungen sich zugunsten der Kronprinzessin Margareta, Inhaberin der Krone, aus dem öffentlichen Leben zurückzuziehen. Der Gesundheitszustand hat dem Souverän nicht gestattet, letztes Jahr im Kloster Curtea de Argeş an der Beerdigung seiner Ehegattin Ana von Bourbon-Parma teilzunehmen, die im Alter von 92 Jahren gestorben ist. Die beiden haben 1948 geheiratet und bildeten das langlebigste königliche Ehepaar in der Geschichte Rumäniens. Außer der Prinzessin Margareta, hatten sie vier Töchter: Elena, Irina, Sofia und Maria. Cousin der Königin Elisabeth II Großbritanniens, war Mihai der letzte von vier Souveränen der deutschstämmigen Dynastie Hohenzollern-Sigmaringen, deren erster Vertreter Karl I 1866 den Bukarester Thron bestiegen und das moderne Rumänien aufgebaut hat. Damals wurde Karl I am 10. Mai zum Herrscher verkündet und nach Eroberung der Unabhängigkeit 1881 zum ersten König Rumäniens gekrönt. Mihai wurde 1921 in Sinaia geboren und war der Sohn von König Karl II und Königin Elena. Er war Nachfolger der britischen königlichen Familie, der russischen Zarenfamilie sowie der Habsburger.

    Mihai I. bestieg den rumänischen Thron zum ersten Mal formell als Sechsjähriger, nach dem Tod seines Großvaters Ferdinand im Jahr 1927. Kronprinz Karl hatte wegen seines Lebenswandels 1926 zugunsten seines Sohnes auf die Thronfolgerechte verzichten müssen. Ein Regentschaftsrat, gebildet aus drei Personen, führte in dieser Zeit de facto die Regierungsgeschäfte. Karl II. kehrte am 6. Juni 1930 aus seinem Exil in Paris nach Rumänien zurück und bestieg den Thron. Michael pflegte allerdings eine schwierige Beziehung zu seinem Vater, der sich von seiner Mutter scheiden ließ und diese gezwungen hatte, das Land zu verlassen. Er regierte bis zum 6. September 1940, als Mihai I. erneut zum König ausgerufen wurde, nachdem in der Regierungszeit von Karl wichtige Gebietsverluste erfolgten und das Vertrauen in die politischen Parteien des Landes wiederhergestellt werden musste. Mihai I. wurde de jure wieder König, die tatsächliche Regierungsgewalt besaß aber der General Ion Antonescu, Anführer der faschistischen Eisernen Garde (rum. Garda de Fier). Michael I. spielte zwar eine sekundäre Rolle in der Regierungspolitik, erfreute sich jedoch eines großen Vertrauens seitens des rumänischen Volkes. Ab dem Ende des Jahres 1941 kam es zu zunehmenden Spannungen zwischen dem Monarchen und dem Marschall Antonescu. Am 23. August 1944 entließ König Michael I. Antonescu aus dem Amt und ließ diesen verhaften. Rumänien wechselte die Seiten, beendete das Militärbündnis mit Deutschland und nahm infolgedessen an der Seite der Alliierten am Krieg teil.


    Diese Entscheidung ermöglichte Rumänien, bei den Nachkriegsverhandlungen eines der 1940 verlorenen Gebiete, Nordsiebenbürgen, zurückzugewinnen und tausende Menschenleben zu retten. Am 30. Dezember 1947 wurde Michael I. von der herrschenden Kommunistischen Partei zum Abdanken und ins Exil, zuerst nach Großbritannien und dann in die Schweiz gezwungen. Mihai verliert die rumänische Staatsbürgerschaft und während der kommunistischen Zeit Rumäniens verbietet man ihm in die Heimat zurückzukehren. Er unterstützte die Handlungen des Rumänischen Nationalkomitees, das als Exilregierung vorgestellt, allerdings niemals von den westlichen Demokratien anerkannt wurde. Der Souverän konnte erst nach der antikommunistischen Revolution von 1989 wieder nach Rumänien kehren, als er seine rumänische Staatsbürgerschaft und einen Teil seiner Eigentümer wiedererlangte. König Mihai hat als Sonderbotschafter den Beitritt Rumäniens zur Nato 2004 und zur EU 2007 vor den großen Kanzleien unterstützt.

  • Propaganda im Zweiten Weltkrieg – der Sender Radio Donau

    Propaganda im Zweiten Weltkrieg – der Sender Radio Donau

    Die Kriegspropaganda war eines der wichtigsten Mittel, die Stimmung der Armee und der Zivilbevölkerung zu heben und zugleich die Entscheidungen und Handlungen des politischen Regimes zu rechtfertigen. Sowohl demokratische als auch totalitäre Regime haben die Radio-Propaganda eingesetzt. Die Information, die gesendet wurde, oblag der staatlichen Kontrolle.



    Der Radiosender Donau“ wurde gegründet, um Informationen aus dem deutschen Raum nach Mittel- und Südosteuropa zu senden. Die Redaktion befand sich in Wien, während die Sendeanlagen in den böhmischen Bergen zu finden waren. Im Juni 1940 begann Radio Donau auch auf Rumänisch zu senden. Nach dem 23. August 1944, als Rumänien die Front wechselte und auf die Seite der Alliierten übertrat, wurde in Wien eine rumänische faschistische Exilregierung unter der Leitung von Horia Sima gebildet. Die Botschaften dieser Regierung wurden vom rumänischen Dienst von Radio Donau gesendet. Dieser existierte bis Mai 1945.



    1942 ging der Temeswarer Iustin Liuba zum Studium an der Technischen Universität nach Dresden. 1944 zog er dann nach Wien. In einem Interview mit dem Zentrum für Mündliche Geschichte des Rumänischen Rundfunks von 1998 erinnerte er sich, dass für den Radiosender rumänische Studenten, die in der österreichischen Hauptstadt lebten, arbeiteten.



    Bei Radio Donau gab es ein kleines Team von drei Rumänen, die die zwei- oder maximal dreiminütige deutschen Kommentare ins Rumänische übersetzten, ihre Tätigkeit beschränkte sich fast nur auf die Nachrichten. Die Nachrichten kamen von der deutschen Obersten Heeresleitung. So wurde zum Beispiel bekannt gegeben, dass ‚unsere‘ U-Boote im Nordatlantik 50 Tausend Tonnen versenkt haben. Das bedeutete, dass man Alliierten-Frachter versenkt hatte. Drei Stunden später wurde das Programm unterbrochen und es hie‎ß erneut: ‚Wir haben eine Eilmeldung: Unsere U-Boote haben im mittleren Atlantik 80 Tausend Tonnen versenkt.‘ Diese Nachrichten wurde in mehrere Sprachen übersetzt, der rumänische Dienst war nur eine Abteilung, es wurde noch auf Tschechisch, Slowakisch, Ungarisch, Serbokroatisch sowie Japanisch und Italienisch, in den Sprachen der Achsenmächte ausgestrahlt.“




    Die Programme waren eher kurz, 15 Minuten lang, es handelte sich eigentlich um Nachrichtensendungen. Iustin Liuba erinnerte sich an das Programm von Radio Donau und an die Arbeitsweise:



    Man hat aufgezeichnet und dann zu unterschiedlichen Uhrzeiten ausgestrahlt. Aber es gab nicht allzu viele Sendestunden. Manche Sendungen wurden live übertragen, andere wurden vorher auf Vinylplatten aufgezeichnet, denn Magnetband gab es damals noch nicht. Gab es einen Versprecher, warf man die Platte weg und musste alles von vorne auf einer neuen Platte einsprechen — es war recht kompliziert. Die deutschen Geheimdienste lieferten die jüngsten Nachrichten aus dem Land, das sagte man aber nicht offiziell. Es hie‎ß: aus vertrauensvoller Quelle“, gewöhnlich handelte es sich um die Deutsche Nachrichten-Agentur (DENA). Es gab auch ein Team von Rumäniendeutschen, Siebenbürger Sachsen und Banater Schwaben, die Rumänisch konnten. Deutsch war ihre Muttersprache und sie mussten darauf achten, dass die Übersetzungen korrekt waren und die Nachrichten ohne Abweichungen vom Text eingesprochen wurden.“




    Nach dem 23. August 1944 und dem Frontenwechsel wurde im Wiener Exil die sogenannte nationale Regierung“ von Anführern der Eisernen Garde gebildet. Kurz danach kam es zu Meinungsverschiedenheiten zwischen der Regierung von Horia Sima und den anderen Rumänen in Wien. Radio Donau war der Sender, mittels dessen Horia Sima sich an die Rumänen wandte. Iustin Liuba erinnerte sich auch an diese Rivalitäten:



    In Wien wurde die nationale Regierung gegründet. Es gab damals eine Rivalität zwischen dem Anführer der Eisernen Garde, Horia Sima, und dem General Ion Gheorghe, der Antonescus Botschafter in Berlin gewesen war und nicht der Eisernen Garde angehörte. General Ion Gheorghe vertrat die Armee, die antikommunistische Tradition des rumänischen Volkes, während Horia Sima eine politisch rechtsextreme Organisation vertrat. Der General war Professor an der Bukarester Kriegsakademie, sein Fachgebiet waren die Panzer. Er pflegte zu sagen: ‚Wir kämpfen gegen die Sowjets, wir wollen aber nicht von der Eisernen Garde geführt werden.‘ Dieser Streit fand in Wien statt, und die Deutschen wussten nicht, wem sie die Leitung dieser Regierung anvertrauen sollten. Nach ihrer Vorstellung sollte diese Regierung eine Art Widerstand gegen die vorrückende sowjetische Armee organisieren.“




    Iustin Liuba erinnerte sich auch an das angespannte Treffen zwischen Horia Sima und den rumänischen Studenten in Wien, bei dem über die Gründung einer sogenannten nationalen Befreiungsarmee“ diskutiert wurde.



    Die Deutschen hatten sich entschlossen, Horia Sima zum Regierungschef zu ernennen. Dass die Regierung jetzt im Schatten der Eisernen Garde stand, gefiel uns ganz und gar nicht. Der General Ion Gheorghe, den wir unterstützten, wurde beiseite geschoben. Die Deutschen haben Horia Sima bevorzugt und haben ihn gebeten, eine Rede vor den Studenten zu halten und diese für die nationale Armee zu rekrutieren. Es war ein Misserfolg, niemand meldete sich an, nur 2-3 Medizin-Studentinnen haben das Papier unterschrieben, sie sagten: ‚Wir sind Ärztinnen, wir können im Krankenhaus arbeiten, das tun wir aber, weil wir Ärztinnen sind.‘ Horia Sima hat die Papiere eingesammelt, zerknüllt und auf den Boden geworfen. Dabei sagte er: ‚Ihr seid eine Schande! Euch ist nicht bewusst, was ihr anstellt, ich schäme mich für euch!‘ Und wir sagten dann: ‚Es tut uns sehr leid!‘. Das war unser Treffen mit Horia Sima, der den Saal wütend verlie‎ß und hinter sich die Tür zuschlug.“




    Die letzte Mission der rumänischen Armee im 2. Weltkrieg war, die Sendeanlagen von Radio Donau zu zerstören. Es war eine erfolgreiche Mission und mit dieser nahm die Teilnahme Rumäniens am 2. Weltkrieg ein Ende.

  • Mihail Moruzov – der Geheimdienstler, der überall mitmischte

    Mihail Moruzov – der Geheimdienstler, der überall mitmischte

    Die Boulevardpresse könnte über das Leben von Mihail Moruzov, dem Leiter des Nachrichtendienstes Rumäniens in der Zwischenkriegszeit, schreiben, es sei wie ein Roman. Die Realität ist aber viel interessanter als die Fiktion und das Leben von Mihail Moruzov erweist sich als zu komplex für einen Roman. Mihail Moruzov war ein Mensch von au‎ßerordentlicher Intelligenz, der eine der stärksten Staatsstrukturen führte und dabei einige der wichtigsten Entscheidungen der rumänischen Regierung beeinflusste.



    Geboren wurde Moruzov am 8. November 1887 in einer gro‎ßen Familie mit sieben Kindern, im ostrumänischen Zebil, Landkreis Tulcea, der als Tor zum Donaudelta gilt. Sein Vater, Nicolae Moruzov, war Priester, seine Mutter stammte aus einer ukrainischen Kosakenfamilie, die sich in Rumänien niederlie‎ß. Horia Sima, der Leiter der faschistischen Eisernen Garde, beschrieb Moruzov als einen Mann mit breitem, fast flachgedrücktem slawisch-mongolischem Gesicht“. Sein Nachfolger an der Leitung des Nachrichtendienstes, Eugen Cristescu, zeichnete seinerseits ein realitätsnahes Porträt von Moruzov: Er konnte Russisch und Bulgarisch, Sprachen, die er in seiner Familie gelernt hatte, aber keine westeuropäische Sprache, deswegen stie‎ß er auf gro‎ße Schwierigkeiten in seinen beruflichen und sozialen Beziehungen. Er hatte drei Gymnasialjahre abgeschlossen, dennoch las er kein Buch, sondern nur Zeitungen, die er allerdings sehr oberflächlich las.“



    Mihail Moruzov liebte sein Land und wollte ein treuer Bürger sein. So kann man auch seine erste Mission im Auftrag des rumänischen Nachrichtendienstes rechtfertigen, woran er sich als Volontär beteiligte. Der Historiker Cristian Troncotă beschrieb die Mission wie folgt: 1909 entdeckte und anschlie‎ßend machte er den rumänischen Behörden einen Plan der Bulgaren aus der Dobrudscha bekannt, die einen Aufstand gegen den rumänischen Staat entfachen wollten. Während des Ersten Weltkriegs arbeitete er für die rumänische Gegenspionage in der Dobrudscha und im Donaudelta und trug somit erheblich zur Abwehr verhängnisvoller Aktionen rumänischer Deseurteure russischer Nationalität, der bulgarischen und deutschen Propaganda innerhalb der russischen Armee und der Aktionen der russischen Diplomaten in Sulina bei. 1920 wird Moruzov beschuldigt, im Auftrag der russischen und bulgarischen Spionage gehandelt sowie Geld geschmuggelt zu haben. Infolgedessen wird er im Jahr 1920 verhaftet, kurz danach wird er dennoch aus Mangel an Beweisen freigelassen.



    Nach 1918 erlebt die Karriere von Moruzov einen furiosen Aufstieg. Für seine Erfolge bei der Informationstätigkeit während des Ersten Weltkriegs wird er befördert. Anschlie‎ßend wird er zum Gründer des Sonder-Nachrichtendienstes 1924. Die Nachbarschaft der Sowjetunion und ihre aggressive Politik hatten die Notwendigkeit des Dienstes deutlich gemacht. In den 1930er Jahren gehört Moruzov zum engeren Umfeld des Königs Carol II. — die Gruppe wurde als Kamarilla des Königs“ bezeichnet, weil sie staatliche Strukturen für politische Raufereien und persönliche Bereicherung ausnutzte. Etwa zur gleichen Zeit entwickelt sich die Beziehung zu den Anführern der Legionäre, insbesondere zu Horia Sima. Das bestätigt der Oberst Traian Borcescu, ehemaliger Agent des Sondernachrichtendienstes, in einem 1996 aufgezeichneten Interview mit dem Zentrum für Mündliche Geschichte des Rundfunks:



    Horia Sima war Moruzovs Agent, denn Moruzov wollte Informationen aus dem nahen Umfeld von Hitler bekommen. Und durch Horia Sima konnte er sich sowohl militärische Informationen über die Wehrmacht besorgen, deren Geheimdienst, die sogenannte »Abwehr«, von Canaris geleitet wurde, als auch politische Informationen über Hitler. Durch Horia Sima gelang eine Annäherung an Himmler und für die Annäherung an die Wehrmacht arbeitete Moruzov auch mit anderen Personen zusammen.“




    Gemä‎ß dem Zeitzeugenbericht von Teodor Aleonte, Offizier im Sondernachrichtendienst, hatten die Legionäre mehrere Informanten und Agenten in der Staatssicherheit als umgekehrt. Traian Borcescu glaubte zu wissen, welche Karten der Legionärsanführer Horia Sima und Mihail Moruzov im Kampf um die Einflusssphären im Staatsapparat spielten:



    Die Freundschafts- und Kooperationsbeziehungen zwischen Moruzov und Horia Sima werden dadurch deutlich, dass König Carol die Bildung einer Legionärsregierung zulie‎ß. Moruzov hatte ihm eingetrichtert, dass Horia Sima auch ihn töten könnte, das versetzte Carol in Angst und Panik. Und jetzt stand Sima kurz bevor, der Regierung beizutreten, obwohl er kurz davor verhaftet und verurteilt werden sollte. Also hat Moruzov Horia Sima gerettet und ihn befördert. Und bestimmt hat er ihm auch ein paar Groschen zukommen lassen. Moruzov kannte die Vergangenheit von Horia Sima, wie er rekrutiert worden war und was er gemacht hatte. Deshalb dachte Moruzov, Horia Sima würde sich bei ihm dafür revanchieren, dass er ihm sein Leben gerettet und ihm zum Aufstieg verholfen hatte. Das sollte aber nicht eintreffen, denn in solchen Situationen werden Wohltäter getötet. In Jilava wurden alle umgebracht, der letzte, der starb, war Moruzov. Nach der Verhaftung und Hinrichtung von Moruzov kam der von Hitler entsandte Canaris nach Rumänien. Das, weil Himmler Hitler über die Entwicklung im Land in Kenntnis gesetzt hatte. Und Canaris ist bei Antonescu vorstellig geworden und hat sich nach Moruzov erkundigt. Da hat Antonescu geantwortet: ‚Es tut mir leid, aber die Legionäre haben ihm den Garaus gemacht.‘“




    Mihail Moruzov ist am 5. September 1940 auf Befehl von Ion Antonescu verhaftet worden. Die Eiserne Garde hatte davor Druck ausgeübt, denn sie wollte ihn für die zahlreichen Gesetzwidrigkeiten an der Spitze des Sondernachrichtendienstes vor Gericht bringen. Auch wenn die Kamarilla von Carol versuchte, auf mehreren Hochzeiten zu tanzen und sich Deutschland anzunähern, scheiterte sie und ihre Mitglieder, einschlie‎ßlich Moruzov, landeten mit wenigen Ausnahmen im Gefägnis. Eines seiner grö‎ßten Vergehen in den Augen der Legionäre war die Beteiligung an den Plänen Carols, die Anführer der Eisernen Garde in den Jahren 1938-1939 zu beseitigen. In der Nacht zum 27. November wurde Mihail Moruzov gemeinsam mit weiteren 63 früheren Amtsträgern in seiner Zelle in der Gefängnisanstalt von Jilava von einer Legionärsgruppe getötet.

  • Der umstrittene rumänische Philosoph Nae Ionescu

    Der umstrittene rumänische Philosoph Nae Ionescu

    Die starken Persönlichkeiten sind gewöhnlich Meinungsbildner, sie sind kontrovers und einflussreich. In Rumänien war in der Zwischenkriegszeit der Philosoph, Logiker und Professor Nae Ionescu eine der umstrittensten Persönlichkeiten im rumänischen Kulturleben. Er war ein Theoretiker des rumänischen Nationalismus und des Antisemitismus. Er gehörte der philosophischen Strömung des Existentialismus an. Nae Ionescu war Leiter der Zeitschrift Cuvântul“ (Das Wort“). Er hat einige der wichtigsten Intellektuellen Rumäniens in der Zwischenkriegszeit beeinflusst: Mircea Eliade, Mircea Vulcănescu, Mihail Sebastian, Emil Cioran. Er wurde auch in der Politik aktiv, unterstützte König Karl II., wurde dann aber zum Mentor der Eisernen Garde.



    Nae Ionescu wurde 1890 in Brăila geboren. Bis 1912 studierte er an der Bukarester Universität und wurde dann Gymnasiallehrer. In seiner Jugend war er ein Sozialist, wechselte dann zum italienischen Faschismus. In den 1920er und -30er Jahren wurde er dem Publikum bekannt. In dieser Periode veröffentlichte er auch viel. Nae Ionescu äu‎ßerte sich gegen die Tradition der akademischen und offiziellen Kultur in Rumänien. Sowohl von den Rechten als auch von der Linke wurde er widersprüchlich eingeschätzt. Der Historiker Florin Müller von der Bukarester Geschichts-Fakultät dazu:



    Er wurde von Mircea Eliade gepriesen, aber auch von der marxistischen Linke oder von rationalistischen Intellektuellen wie Tudor Vianu, Şerban Cioculescu und Mihail Ralea scharf kritisiert. Für Eliade war Ionescu ein philosophisches Hirn, ein echter reflexiver Geist, der sich der Philosophie des Lehrstuhls widersetzte. Ohne populär zu sein, war Nae Ionescu immer auf der Seite der schöpferischen, dynamischen und heldenhaften Elemente. Für Mihail Sebastian, ein enger rumänisch-jüdischer Mitarbeiter von Nae Ionescu bei der Zeitschrift »Cuvântul«, war der Philosoph ein echter Gewissensleiter. Ionescu hatte die Befreiung der schöpferischen Energien der jungen Intellektuellen erlaubt. Die linken Intellektuellen und die Rationalisten sowie die Akademiker hatten ein anderes Bild von Nae Ionescu. Lucreţiu Pătrăşcanu, ein radikaler Kommunist, sah in Ionescu ein typisches Beispiel der Degeneration der rumänischen Intellektuellen. Ionescu verforme das Denken und fördere die peinlichste nationalistische und antisemitische Politik, so die Auffassung Pătrăşcanus. Es gab auch Anhänger der radikalen Rechten wie Nichifor Crainic, die der Ansicht waren, dass Nae Ionescu sich unlauterer Mittel bedient habe, um Leiter der Zeitung »Cuvântul« zu werden.“




    Nae Ionescu wurde auch als Plagiator enttarnt, so der Historiker Florin Müller:



    Zevedei Barbu hat unter anderen die Filiationen, das knappe Plagiat von Nae Ionescu nach Werken einiger westlicher Denker wie Spengler bemerkt und analysiert. Barbu hat bemerkt, dass einige Themen und Absätze, sogar einige Ausdrücke und Beispiele abgeschrieben wurden. Max Scheler ist ein anderer Autor, von dem Nae Ionescu fast betrügerisch abkupfert. Wenn wir uns das Ganze nach heutigen technischen Kriterien ansehen, werden wir bemerken, dass Nae Ionescu ein ziemlich sichtbares Plagiat praktiziert hat. Es hat praktisch nichts Akademisches in sich und diesem Unterfangen sollte komplett mit Ablehnung begegnet werden. Zugleich war für Nae Ionescu wichtig, dass diese Ideen, Konzepte und spirituelle Konfiguration in die intime Struktur seines eigenen Schöpfens eindringen. Nur dann konnte man von einer Verinnerlichung sprechen und von einem legitimen Transfer in das Gewissen anderer. Nae Ionescu befindet sich in einer Zone der parallelen Spiegel. Er wurde als Gewissens-Schöpfer betrachtet, aber auch als Mentorgeist des Nationalismus, Antisemitismus und als anti-demokratisch angesehen.“




    Das Denken von Ionescu war nicht linear. Historische Ereignisse haben, wie auch in anderen Fällen, Meinungen und politische Einstellungen beeinflusst. Der Historiker Florin Müller:



    Welcher ist eigentlich der Grundriss des politischen Denkens des Theoretikers und des Philosophen in der Periode 1924 bis 1940, dem Jahr seines Todes? Das Denken von Nae Ionescu umfasst drei wichtige Etappen. In einer ersten Etappe versucht er ein Modell der Massen-Demokratie, das die Wurzeln auf dem Lande hat, aufzubauen. Die zweite Etappe sieht die Begründung der Monarchie von Gottes Gnaden, eine peripherische Theorie im rumänischen politischen Denken, vor. Diese gehört eher dem Mittelalter als der Modernität an. Die letzte Etappe beginnt 1933 und umfasst das totalitäre, kollektivistische und sogar krypto-sozialistische Modell der Eisernen Garde. Warum die drei Etappen wichtig sind? Weil man den Antisemitismus in unterschiedlicher Form in allen drei Etappen wiederfindet.“




    Nae Ionescu ist 1940 unten ungeklärten Umständen gestorben, was zu vielen Gerüchten und zum Entstehen eines Mythos rund um den Philosophen beitrug. Seine starke Persönlichkeit hat auch in den folgenden Jahrzehnten polarisiert: Manche waren von ihm fasziniert, andere verabscheuten ihn.



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  • Politische Rivalitäten: König Karl (Carol) II. versus Prinz Nicolae

    Politische Rivalitäten: König Karl (Carol) II. versus Prinz Nicolae

    Wenige rumänische Persönlichkeiten waren so umstritten wie König Karl II. Sowohl prominente Figuren der rumänischen Demokratie, wie Iuliu Maniu, als auch die Rechtsextremen haben ihn verabscheut. Mehr über den dritten rumänischen König und seine Beziehung zu seinem jüngeren Bruder Nicolae erfahren Sie in unserer Geschichtssendung.



    König Karl II. war eine hochmütige und autoritäre Person. Die Folgen seines Führungsstils lie‎ßen nicht lange auf sich warten. Nach einem Jahrzehnt unter seiner Herrschaft (1930-1940) war die Fläche Rumäniens kleiner geworden, Gebiete im Osten, Westen und Süden gingen verloren.



    Karl II. ist auch mit Mitgliedern seiner Familie in Konflikt geraten. So zum Beispiel mit seinem Bruder, dem Prinzen Nicolae (rum. für Nikolaus). Nicolae war das vierte Kind von König Ferdinand und Königin Maria. Sein Taufpate war der russische Zar Nikolaus II., der 1918 von den Bolschewiken erschossen wurde. Der Prinz Nicolae hatte die Gelegenheit, selbst König zu werden. Er wollte jedoch diese Mission nicht übernehmen, er lehnte die Idee ab, König zu werden. Der Historiker Ioan Scurtu erläutert:



    Prinz Nicolae war der zweite Sohn von Prinzessin Maria, der zukünftigen Königin, und Ferdinand. Die beiden hatten sechs Kinder. Prinz Nicolae wünschte sich nicht, König zu werden. Auch dann nicht, als Ministerpräsident Marghiloman 1918 vorschlug, dass Nicolae zum Thronfolger ernannt wird, nachdem Karl seine Freundin Zizi Lambrino heiratete und fast aus dem Königshaus ausgewiesen wurde. Während der Regentschaft 1927-1930 schlug Königin Maria vor, dass Prinz Nicolae zum ersten Regenten ernannt wird und damit eigentlich die Führung des Königshauses übernimmt. Doch wie gesagt — Prinz Nicolae hatte keine solchen Wünsche.“



    Brüder haben nicht selten Auseinandersetzungen, das ist nicht anders in königlichen Familien. Der Historiker Ioan Scurtu meint, Karl II. erwartete Gehorsam von allen ringsum. Auch wenn es um persönliche Angelegenheiten ging.



    Als Karl am 6. Juni 1930 aus seinem selbstgewählten Exil ins Land zurück kam, hat ihn Prinz Nicolae mit offenen Armen empfangen und ihn im Cotroceni-Palast umarmt. Der Konflikt findet seine Wurzeln in einer subjektiven Angelegenheit und zwar in der Heirat des Prinzen Nicolae mit einer Frau, die nicht einer königlichen Familie angehörte. Das Statut des Königshauses genehmigte das nicht. Karl versuchte Nicolae zu überreden, auch wenn er selbst mit Elena Lupescu, die keiner Herrscherfamilie angehörte, lebte. Er heiratete diese jedoch nicht. Nicolae heiratete im Dezember 1931 Ioana Dolete-Săveanu. Auf Karls Wunsch hat Innenminister Constantin Argetoianu den Bürgermeister der Ortschaft Tohani, wo die Ehe geschlossen wurde, aufgefordert, zusammen mit dem Notar das ganze Heiratsregister zu kopieren und dabei die Eheschlie‎ßung zwischen dem Prinzen Nicolae und Ioana Săveanu auszulassen.“



    Eine zweite Rivalitätsquelle zwischen den beiden Brüdern war die politische Option von Nicolae. Der Historiker Ioan Scurtu ist der Ansicht, das habe eine wichtigere Rolle in ihrer Beziehung gespielt.



    Ein zweiter Grund für den Konflikt waren die politischen Optionen von Nicolae. Er rückte immer näher an die Eiserne Garde. Diese hatte im April 1936 einen Kongress organisiert, bei dem die Todestruppen gebildet wurden. Diese sollten eine Reihe von politischen Gegnern ermorden, darunter auch Elena Lupescu. Prinz Nicolae hat seine Sympathie gegenüber der Eisernen Garde gezeigt. In diesem Kontext hat die Eiserne Garde ein Manifest veröffentlicht, in dem der Prinz Nicolae gepriesen wurde, weil er gegen Elena Lupescu Stellung bezogen hatte. Ein Jahr später, im April 1937, beschloss der Kronrat die Ausweisung des Prinzen Nicolae aus der königlichen Familie. Er wurde beschuldigt, eine Frau geheiratet zu haben, die keiner Herrscherfamilie angehörte und damit das Statut des Königshauses verletzt zu haben.“



    Das Kriegsende brachte auch den Untergang des Königreichs Rumänien mit sich, König Karl II. war schon 1940 ins Exil gegangen, die anderen Familienmitglieder folgten. Prinz Nicolae war derjenige, der den Weg zur Versöhnung mit seinem Bruder öffnete. Historiker Ioan Scurtu dazu:



    Auch wenn er des Königshauses verwiesen wurde, auch wenn Karl ihm gegenüber eine sehr negative Einstellung hatte, war Prinz Nikolaus das einzige Mitglied der königlichen Familie, das an der Beerdigung von Karl II. teilnahm. Sein Sohn Michael oder seine Schwestern haben das nicht getan. Prinz Nicolae war eine interessante Figur der rumänischen Politik, die den Platz von Karl II. nicht einnehmen wollte. Er wollte nicht König werden, aber er hielt es auch nicht aus, dass Elena Lupescu sich in die Politik einmischt.“



    Die Rivalität zwischen König Karl II. und dem Prinzen Nicolae ging nicht so weit wie zum Beispiel die zwischen dem König und dem Anführer der Eisernen Garde, Corneliu Zelea-Codreanu. Der launische König hat aber alles versucht und die Künste seiner List eingesetzt, um seinen Willen gegen die Meinung seines Bruders durchzusetzen.

  • Der Rumänische Rundfunk zu Zeiten des Faschismus

    Der Rumänische Rundfunk zu Zeiten des Faschismus

    Ende der 1930er Jahre waren die faschistischen und rechts-autoritären Regime überall in Europa an der Macht. Sie nutzten das Radio als Mittel der Propaganda, für ihre Legitimierung und zur Stärkung ihrer Position. Diese Entwicklung erlebte auch die 1928 gegründete rumänische Rundfunkgesellschaft. Die Politisierung war eine der grö‎ßten Hürden für das Radio, die Machtergreifung durch die rechts- und linkstotalitären Regime stellte eine ständige Gefahr für die objektive Berichterstattung.



    Die in den 1990er Jahren nach der Wende vom Zentrum für Mündliche Geschichte des Rundfunks gesammelten Zeitzeugnisse bestätigen die Gratwanderung: Es war unheimlich schwer, ein Gleichgewicht zwischen dem politischen Druck und der Berufsverantwortung zu erreichen. Die bedeutendsten Ereignisse wurden allerdings in den Nachrichtenprogrammen beleuchtet. In der Audiodatei kommen mehrere Zeitzeugen (mit deutschem Overvoicing) zu Wort:



    Der Lehrer Olimpiu Borzea erinnerte sich 2001 an die Ermordung von Corneliu Zelea Codreanu, dem Anführer der rechtsextremen Eisernen Garde im Jahr 1938. Vasile Blănaru arbeitete ab 1938 beim Rundfunk, in der Hörspielredaktion. Danach belegte er verschiedene Führungspositionen. 1999 erzählte er über den Einfluss der Faschisten in der Institution. Ein weiteres wichtiges Ereignis war die Ermordung des Ministerpräsidenten Armand Călinescu am 21. September 1939 durch ein Kommando der Legionäre. Nach der Tat haben die Mörder den Tod Călinescus aus einem Studio des Rundfunks heraus bekanntgegeben. Vasile Blănaru war ebenfalls dabei, als die Legionäre in das Live-Studio stürmten.



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  • Rumänisch-polnische Beziehungen im 14. Jh. Aufstand der Eisernen Garde (1941)

    Rumänisch-polnische Beziehungen im 14. Jh. Aufstand der Eisernen Garde (1941)


    In unserer Reihe Pro Memoria bringen wir heute zwei Beiträge zur Geschichte Rumäniens, über Ereignisse, die am 20. Januar, allerdings in unterschiedlichen Jahrhunderten, stattgefunden haben. Als erstes sprechen wir über die rumänisch-polnischen Beziehungen im 14. Jh., versiegelt mit der Unterzeichnung des Abkommens zwischen der Walachei und Polen, in Lublin, am 20. Januar 1390. Anschlie‎ßend bringen wir ein bitteres Ereignis der rumänischen Gegenwartsgeschichte in Erinnerung: DenAufstand der Eisernen Garde vom 20. Januar 1941.


    Die Geschichtsschreibungen der zweiten Hälfte des 14. Jhs notierten die Präsenz des zukünftigen Osmanischen Reiches in Südosteuropa. Zwischen 1500 und 1900 wurde das Osmanische Reich zur grö‎ßten Macht der Region. Die christlichen Nationen auf dem Balkan versuchten mit allen Kräften, der osmanischen Invasion standzuhalten, was aber ihnen nur für kurze Zeit gelang. Im letzten Viertel des 14. Jhs suchte der Fürst der Walachei, Mircea der Alte, der zw. 1386 und 1418 herrschte, nach Allierten im Kampf gegen die Türken; diese hatten die Donau, die Grenze seines Fürstentums, erreicht. Da zu jener Zeit die Beziehungen zum ungarischen Herrscher Sigismund von Luxemburg (1387-1437) nicht besonders gut waren, konnte die Walachei keine Hilfe vom benachbarten Ungarn erwarten; daher versuchte Mircea der Alte eine Beziehung zu Polen aufzubauen, das damals vom König Wladislaw II. Jagello (1386-1434) regiert wurde.


    Nach der Niederlage der serbischen Armee in der Schlacht am Amselfeld (Kossovopolje), im Jahre 1389, geriet Mircea der Alte in eine noch schwierigere Lage. Durch Vermittlungen geführt vom moldauischen Fürst Petru Muşat (1375-1391), einem Vassalen des polnischen Königs, schlo‎ß Mircea der Alte am 10. Dezember 1389 eine Vereinbarung mit Polen, wodurch der Fürst der Walachei und der König Polens sich verpflichteten, einander Unterstützung su sichern, sowohl gegen den ungarischen König als auch gegen andere Feinde. Der Fürst der Walachei wurde von den Brüdern Manea und Roman Herescu vertreten; bei der Unterzeichnung des Abkommens war auch der Palatin Dragoi, als Vertreter des moldauischen Fürsten, anwesend. Die Ratifizierung dieser Vereinbarung fand am 20. Januar 1390 im polnischen Lublin statt. Die Bedingungen der Vereinbarung waren aber sehr vage, nicht präzise, und die wenigen existierenden Dokumente, wie zum Beispiel das Schreiben Mircea des Alten an Wladislaw II. Jagello, wodurch das bilaterale Abkommen paraphiert wurde, bieten auch nicht genügend Details. Das Schreiben des polnischen Königs, wodurch dieser seinerseits das Abkommen ratifizierte, ist leider nicht erhalten.


    Dem Abkommen von Lublin, unterzeichnet am 20. Januar 1390, folgte nach kurzer Zeit eine dreiseitige Vereinbarung zwischen dem walachischen Fürsten Mircea dem Alten, dem polnischen König Wladislaw II. Jagello und dem ungarischen König Sigismund von Luxemburg. Laut diesem neuen Abkommen vom 17. März 1390 verpflichteten sich Polen, Ungarn und die Walachei, sich gegenseitig im Kampf gegen den gemeinsamen Feind zu unterstützen. Durch das Beitreten des ungarischen Königs an dieser Allianz gewann Mircea der Alte einen Vorteil, da die geographische Lage Ungarns eine Beteiligung dieses Landes an einer militärischen Kampagne gegen das Osmanische Reich viel wahrscheinlicher war, als eine Beteiligung Polens.


    Obwohl die Beziehung zu Ungarn gut war — 1395 hatte sich Mircea der Alte zum Vasallen des Königs Sigismund von Luxemburg erklärt — erneuerte der Fürst der Walachei die Allianz mit dem polnischen König in 1404, 1410 und 1411, um sich vor der ungarischen Expansion zu schützen. Die Allianz zwischen dem polnischen König und dem walachischen Fürst funktionierte während der Schlacht bei Tannenberg (Grünwald), am 15. Juli 1410. Ein walachisches und ein moldauisches Kontingent trugen zum Sieg der polnisch-litauischen Armeen gegen das Heer des Deutschen Ordens bei.



    Die Eiserne Garde (rumänisch Garda de Fier), auch Legionärbewegung genannt (rumänisch Mişcarea Legionară) war eine terroristische, faschistische und antisemitische Bewegung bzw. eine politische Partei in Rumänien. Sie wurde am 24. Juli 1927 von Corneliu Zelea Codreanu als Legion des Erzengels Michael (rumänisch Legiunea Arhanghelului Mihail) gegründet. Codreanu blieb bis zu seiner Ermordung 1938 unter dem Titel Capitanul“ (Kapitän) der Führer der Bewegung. Nach seinem Tod wurde Horia Sima der neue Führer der Legion. Von Ende Juni 1940 bis Anfang September 1940 beteiligte sich die Legion erstmals an einer rumänischen Regierung. Am 4. September 1940 errichtete die Legion unter Führung Horia Simas gemeinsam mit General Ion Antonescu eine faschistische nationallegionäre“ Diktatur, die Rumänien an die Seite der Achsenmächte führte. Antonescu hoffte, durch die Machtbeteiligung der Legionäre, das neue Regime populär zu machen. Diese erzwang die Abdankung Carol II. zugunsten seines Sohns Mihai und neigte noch mehr den Achsenmächten zu. Horia Sima wurde Vizepräsident des Kabinetts. Formal trat Rumänien dem Dreimächtepakt im November 1940 bei.


    An die Macht gelangt, verschärfte die Eiserne Garde die ohnehin harten antisemitischen Gesetze und verfolgte straflos eine Kampagne der Pogrome und politischen Morde. Mehr als 60 vormalige Würdenträger und Funktionäre wurden am 26./27. November 1940 im Gefängnis von Jilava bei Bukarest hingerichtet, während sie auf ihren Prozess warteten. Der Historiker und frühere Premierminister Nicolae Iorga und der Ökonom Virgil Madgearu, ebenfalls Minister in einer früheren Regierung, wurden ohne Verhaftung ermordet.


    Nach nur fünf Monaten an der Macht überwarf sich Marschall Ion Antonescu mit der ebenfalls seit September 1940 an der Regierung beteiligten faschistischen Eisernen Garde, auch »Legionäre« genannt. Neben allgemeinen Machtkämpfen führte vor allem die Frage über die Methoden der Vertreibung und Enteignung der rumänischen Juden zu Konflikten. Die Eiserne Garde entfesselte seit September 1940 erbarmungslosen Terror gegen Juden durch Gewalt, Vertreibung und Enteignung. Antonescu strebte dagegen ein staatlich organisiertes, schrittweises und bürokratisches Vorgehen gegen die Juden an. Zudem befürchtete er, die Eiserne Garde und ihre Verbündeten könnten durch die Anhäufung von jüdischem Besitz zu mächtig werden. Nach Antonescus Wunsch sollte das geraubte jüdische Vermögen allein dem Staat und nicht einzelnen Organisationen zukommen.


    Bei einem Treffen mit Adolf Hitler in Deutschland am 14. Januar 1941 versicherte sich Antonescu dessen stillschweigender Zustimmung zu einem Vorgehen gegen die Eiserne Garde; seine Gegenleistung war das Versprechen einer rumänischen Beteiligung am bevorstehenden Angriff auf die Sowjetunion.


    Antonescu entlie‎ß am 20. Januar 1941 den Innenminister sowie weitere Amtsträger der Eisernen Garde. Dies nahm die Eiserne Garde als Anlass zum Aufstand: Ihre Anhänger bewaffneten und verschanzten sich in strategisch wichtigen Gebäuden in Bukarest, vor allem in Polizeirevieren. Die Propaganda der Eisernen Garde richtete sich — wie auch zuvor — gezielt gegen Juden, die sie für die Regierungskrise verantwortlich machten. In den folgenden Tagen nutzten die »Legionäre« die chaotischen Zustände in Bukarest für brutale antijüdische Ausschreitungen. Ihre Anhänger schlugen, misshandelten und töteten Juden. Am 22. Januar gab der Innenminister den Befehl, die jüdischen Stadtbezirke von Bukarest anzugreifen. Mindestens 120 Juden wurden bei dem Pogrom getötet. Die rumänische Armee griff nicht ein. Erst am 23. Januar 1941 führte die Armee schlie‎ßlich einen Angriff gegen die Eiserne Garde und schlug deren Aufstand am 24. Januar 1941 nieder.


    Nachdem ihr Putsch Ende Januar 1941 von Antonescu blutig niedergeschlagen wurde, wurde die Legion in Rumänien verboten. Tausende Mitglieder der Eisernen Garde wurden inhaftiert. Horia Sima und viele seiner Gefolgsleute flüchteten nach Deutschland. Unter seiner Führung sollte im Wiener Exil eine rumänische Nazi-Marionettenregierung gebildet werden, die in den noch nicht von der Sowjetunion besetzen Teilen Rumäniens aktiv werden sollte. Dieser Plan wurde wegen des raschen Vormarsches der sowjetischen Truppen aufgegeben.