Tag: Eiserner Vorhang

  • Regisseurin Anca Miruna Lăzărescu: „Als Filmemacherin will ich nicht objektiv sein“

    Regisseurin Anca Miruna Lăzărescu: „Als Filmemacherin will ich nicht objektiv sein“

    1979 in Temeswar geboren, wanderte Anca Miruna Lăzărescu 1990 gemeinsam mit ihrer Familie nach Deutschland aus. Sie erhielt aber ihre Verbindung zu Rumänien immer aufrecht. Das ist auch ihren ersten Kurzfilmen zu entnehmen, die sie nach ihren Abschlüssen an der Fernseh- und Filmuniversität München und an der Universität Kalifornien in Los Angeles gedreht hat: Bukarest-Berlin“, ein Kurzfilm aus 2004, Devas Geheimnis“, ein Dokumentarfilm aus 2007 und Silent River“ aus 2012, der mit mehreren internationalen Preisen, darunter auch dem rumänischen Gopo-Preis für Kurzfilm ausgezeichnet wurde. Der zuletzt genannte, vielfach ausgezeichnete Kurzstreifen erzählt die Geschichte zweier befreundeter junger Rumänen, die im Jahr 1986 aus dem kommunistischen Rumänien durch Schwimmen über die Donau zu fliehen versuchen.



    Während der Dreharbeiten für Silent River“ begann Anca Miruna Lăzărescu auch die Arbeit an ihrem ersten Spielfilm, Die Reise mit Vater“, der Ende 2016 in die Kinos kam. Interessant ist, dass der Spielfilm das Thema der Flucht aus dem kommunistischen Rumänien wiederaufnimmt. Dieses Thema war wie ein Leitmotiv ihrer Kindheit in Form von Familiengeschichten, die an Sonntags- und Feiertagsabenden erzählt wurden. Die Geschichte, die Anca Miruna Lăzărescus Vater im Alter von 18 Jahren erlebt hat, stellt somit das Drehbuch des Films Die Reise mit dem Vater“ dar. Im hei‎ßen Sommer des Jahres 1968 unternehmen zwei junge Rumänen gemeinsam mit ihrem Vater eine Reise in die DDR. Aufgrund des Aufstands in der Tschechoslowakei ist aber der Rückweg in die Heimat durch sowjetische Panzer versperrt und die drei landen in einem Auffanglager in Westdeutschland. Folglich sind sie mit dem Dilemma konfrontiert, in die Heimat zurückzukehren oder auf der anderen Seite des Eisernen Vorhangs zu bleiben. Die Wahl muss vor dem Hintergrund der internationalen Ereignisse jenes Jahres getroffen werden: Die Invasion der Tschechoslowakei durch die Truppen des Warschauer Pakts und die Studentendemonstrationen in Westeuropa. Die Komplexität dieser Familiengeschichte wurde im Laufe der Zeit von der Regisseurin mehrfach durchleuchtet; je älter sie wurde, setzte sie sich innerlich immer wieder mit dem Stoff auseinander. Dies bezeugt Anca Miruna Lăzărescu selbst:



    Als ich klein war in Rumänien, im Alter von ungefähr 9–10 Jahren, konnte ich nicht sehr gut nachvollziehen, was die ganze Geschichte bedeutet. All die politischen und emotionalen Dimensionen waren mit nicht klar. Erst später, während des Studiums an der Filmschule in München, begann ich zu verstehen, dass diese Geschichte eine gro‎ße emotionale Wirkung hat. Es ist die Geschichte meines Vaters, der damals 18 war und — genau wie im Film — sehr wenig Zeit zur Verfügung gehabt hatte, eine folgenschwere Entscheidung zu treffen, eine Entscheidung, die sein ganzes Leben für immer beeinflussen würde. Er wurde gezwungen, diese Entscheidung unter chaotischen Voraussetzungen zu treffen: Sollte er im Westen bleiben, in einer Gesellschaftsordnung, die er nicht kannte und von der er nur geträumt hatte, oder sollte er in ein Land zurückkehren, in dem es damals unvorstellbar war, dass jemals Verhältnisse wie im Westen herrschen würden.“




    Da es sich um eine emblematische Geschichte für ihre Familie handelt, gesteht Anca Miruna Lăzărescu, dass sie sich persönlich sehr stark in die Verwirklichung dieses Films involviert hat. Z.B. findet sie sich ein bisschen in jeder der drei Hauptfiguren des Spielfilms wieder: in dem Vater und den beiden Söhnen. Obwohl der Publikumserfolg bei den vorherigen Filmen nicht unbedingt eine Priorität gewesen sei, stünden die Dinge im Falle des Films Die Reise mit Vater“ au‎ßerdem etwas anders. Anca Miruna Lăzărescu:



    Im Vergleich zu dem Kurzfilm »Silent Water«, den ich als möglichst puren und bewegenden Streifen wollte, um mich mit ihm bei Festivals durchzusetzen, wünschte für den Film »Die Reise mit Vater«, dass dieser bei einem so weiten Publikum wie möglich ankommt. In »Die Reise mit Vater« habe ich versucht, das Publikum zu führen, damit es bestimmte historische Details begreift. Ich denke, dass das auch die grö‎ßte Herausforderung gewesen ist: zu versuchen, so wenig Angaben wie möglich zu liefern, damit ich das Publikum nicht langweile. Trotzdem habe ich auch dafür gesorgt, dass ich gewisse Informationen liefere, über die ein jüngeres Publikum nicht verfügt. Ich wollte überhaupt nicht objektiv sein. Objektiv zu sein in der Eigenschaft des Filmautoren, kann einen vom Thema oder von den Figuren nur entfernen. Was ich mir aber sehr gewünscht habe, war, Figuren zu schaffen, mit denen sich so viele Zuschauer wie möglich identifizieren. Ich glaube, dass sogar eine negative Figur, die in einer Geschichte antagonistisch agiert und Böses tut, dies vielleicht nicht mit Absicht tut. Ein Film wird so realistisch wie möglich in dem Augenblick, in dem die bösesten Figuren scheinbar Gründe für ein gewisses Verhalten haben.“




    Gleich nach der Premiere folge eine Tournee, damit der Film Die Reise mit Vater“ so vielen Zuschauern wie möglich in Westeuropa, Osteuropa und in Russland vorgeführt wird. Denn der Film widerspiegelt die unterschiedlichen Reaktionen der Bürger aus dem Sowjetlager und aus dem Westen auf die Ereignisse des Jahres 1968. Die ersteren verurteilten sie und flüchteten vor dem Kommunismus, die anderen befürworteten eine kommunistische Revolution. Interessant war es, die unterschiedlichen Reaktionen des Publikums von heute zu sehen. Anca Miruna Lăzărescu:



    Die Reaktionen, die wir in Prag oder Budapest hatten, waren unterschiedlich von dem, was ich im Westen erlebt habe. In München gingen die Fragen eher in diese Richtung: ‚Gut, wir wissen was hier passiert ist, denn wir haben diese Zeiten durchlebt und sind auf die Stra‎ße gegangen um zu demonstrieren… Aber wie realistisch hast du die Lage in Rumänien geschildert?‘ Als der Film in Prag, Budapest oder in Rumänien vorgeführt wurde, gab es Reaktionen wie: ‚Danke, aber den ersten Teil des Films kennen wir. Wir wissen, wie man hier 1968 lebte. Aber wie realistisch sind die Szenen aus dem Westen, mit diesen Jugendlichen, die von einer kommunistischen Revolution träumten?‘. Ich habe mich sehr gefreut, denn ich habe den Eindruck gehabt, dass der Film die Bürger zusammenbringen kann, die so lange in unterschiedlichen politischen Lagern gelebt haben.“




    Den rumänischen Zuschauern bot Die Reise mit Vater“ auch eine weitere angenehme Überraschung. Die Rückkehr eines sehr beliebten Schauspielers — Ovidiu Schumacher — auf die Leinwand. Er war Ende der 1980er Jahren nach Deutschland ausgereist und seitdem nicht mehr im rumänischen Kino und Theater anwesend.

  • Eiserner Vorhang: Die Todesgrenze im Westen Rumäniens

    Eiserner Vorhang: Die Todesgrenze im Westen Rumäniens

    In den 1980er Jahren spielten sich an der westlichen Grenze Rumäniens regelrechte Tragödien ab. Ihre Geschichte ist relativ wenig bekannt. Rumänische Bürger, die versuchten, über die Donau nach Serbien zu gelangen, wurden erschossen oder verhaftet. Manche haben es geschafft, sind nach Westeuropa geflüchtet und haben darüber berichtet. Die Versuche, über die Donau zu flüchten, sind für die Überlebenden unvergesslich.



    Laut dem Buch Mormintele tac“ — Die Gräber schweigen“ von Doina Magheţi und Johann Steiner haben in dieser Zeit 16.000 Personen versucht, die westliche Grenze Rumäniens illegal zu überqueren. Davon wurden 12.000 erwischt. Diese mussten mit einer Haftstrafe rechnen. Die genaue Zahl der Toten ist nicht bekannt. Heutzutage gibt es auf beiden Donau-Ufern Friedhöfe mit Gräbern von Unbekannten. Gräber von Menschen, die sich ein besseres Leben gewünscht haben. Die Grenzgänger wurden im Volksmund frontierişti“ genannt, ins Deutsche könnte man das mit Grenzlinge“ übersetzen.



    Dan Dănilă wurde in Sibiu (Hermannstadt) geboren. 1986 hat er versucht, zusammen mit einem Freund in einem Schlauch-Boot die Donau zu überqueren. Er erinnerte sich an die psychologische Vorbereitung vor dem gro‎ßen Versuch:



    Die Vorbereitung der Überquerung, der psychologische Teil, dauerte ein paar Jahre. Es war ein schwerer Kampf zwischen Angst und Verzweiflung und Mut. Der Mut war die Konsequenz unserer Verzweiflung. Es war keine spontane Aktion. Wir hatten unser Studium beendet, wir waren jung, aber nicht unwissend. Wir haben die rumänische Landkarte studiert, wir haben Bücher gekauft und haben gelernt, den Kompass zu benutzen. Dazu haben wir uns auch Fischer-Anzüge gekauft, diese Tarn-Anzüge. Von Băile Herculane sind wir nicht direkt in Richtung Donau gegangen, wie es die meisten taten, die über die Donau wollten. Wir sind in die entgegengesetzte Richtung gegangen, um keinen Verdacht zu erregen. Durch einen Wald haben wir uns mit Hilfe des Kompasses und der Karte orientiert. Und wir haben es geschafft. Nach vier Tagen, in denen wir in Gräben schliefen, haben wir die Donau erreicht. In der Nacht sind wir zum Wasser gegangen, sind ins Boot gestiegen und haben mit dem Rudern angefangen. Wegen der Angst konnten wir am Anfang das Boot überhaupt nicht bewegen. Wir konnten unsere Bewegungen nicht koordinieren und haben uns minutenlang im Kreis, einen Meter vor dem Ufer bewegt.“




    Im Sommer versuchten die Grenzlinge meistens ihr Glück. Um sie aufzuhalten, setzten die rumänischen Grenzpolizisten allerlei Methoden ein. Menschen wurden erschossen oder mit Schnellbooten überfahren. Diejenigen, die erwischt wurden, wurden auch geschlagen, manche sogar totgeschlagen. Bei den Verhören wurden zur Einschüchterung auch Hunde eingesetzt.



    In anderen Fällen wurden die Flüchtigen erschossen und dann tagelang auf dem Feld der Verwesung preisgelassen, um als Abschreckung gegen weitere Fluchtversuche zu dienen. Oftmals haben sich die jugoslawischen Behörden bei den rumänischen Behörden beschwert, dass die Pumpanlagen der Schleusen beim Wasserkraftwerk vom Eisernen Tor durch die Leichen der Erschossenen oder Ertrunkenen zugestopft wurden. Dan Dănilă und sein Freund haben für die Überquerung eine andere Jahreszeit gewählt:



    Wir haben im Frühling die Donau überquert, es war Ende März, fast April. Wir wollten den Grenzschutz überraschen. Im Sommer ist es wärmer und daher auch einfacher, die Grenze zu bewachen. Bei Kälte suchte auch der Grenzbeamte ab und zu mal Schutz, um sich aufzuwärmen. In der kalten Jahreszeit waren Fluchtversuche unwahrscheinlicher, die meisten fanden im Sommer, wenn es warm war, statt.“




    Auch wenn die Überquerung der Donau gelang, konnte man nicht sicher sein, dass die jugoslawischen oder ungarischen Grenzbeamten einen nicht nach Rumänien zurück schickten. Dan Dănilă dazu:



    Wir haben es geschafft und wurden dann im Lager in Belgrad ein paar Monate lang untergebracht. Mein Freund wollte nicht nach Amerika, er wäre lieber in Europa geblieben. Er hat mich überredet, das Lager zu verlassen. Ich war beeinflussbar und scheu und konnte nicht Nein sagen. Ich habe auf ihn gehört und an der Grenze zwischen Jugoslawien und Österreich, in den slowenischen Alpen, wurden wir erwischt und die jugoslawischen Grenzbehörden haben uns nach Rumänien zurück geschickt. Ich wusste, dass Nicolae Ceauşescu eine Amnestie erlassen hatte, deshalb haben wir die Flucht auf alle Fälle gewagt. Wir wussten, dass wir ohne Haftstrafe davon kommen würden, auch wenn man uns erwischt hätte. Man hätte uns geschlagen und dann freigelassen.“




    Laut Gesetz ist jeder Versuch, illegal über die Grenze zu gehen, eine Straftat. Wenn aber das Gesetz das Instrument eines totalitären und repressiven Regimes wird, das sich gerade die Nichteinhaltung der Gesetze auf die Fahne geschrieben hat, kann man verstehen, warum die Bürger flüchten möchten.



    Deutsch von Alex Grigorescu

  • Rumäniens Balkanpolitik nach dem Zweiten Weltkrieg

    Rumäniens Balkanpolitik nach dem Zweiten Weltkrieg

    Vor 1940 war Rumäniens Au‎ßenpolitik auf eine Zusammenarbeit auf dem Balkan und auf die Bildung von Allianzen ausgerichtet. Nach dem Krieg, bis ungefähr Mitte der 1950er Jahre, war Rumäniens Au‎ßenpolitik auf dem Balkan von der UdSSR kontrolliert. Erst nach Stalins Tod 1953 hatte Bukarest wieder eigene Initiativen in der Region — es galt, die Schranken der Nachkriegs-Einteilung des Balkans in unterschiedliche militärische und politische Blocks zu überwinden. Während Rumänien, Jugoslawien, Bulgarien und Albanien von kommunistischen Regimen regiert wurden, befanden sich die Türkei und Griechenland in den Sphären liberaler Demokratien.



    Nach dem Eingriff und der Unterdrückung der anti-kommunistischen Revolte in Ungarn 1956 hatte das Image der Sowjetunion in der Welt gelitten. Um es zu verbessern, gewährte die Führung den aus Moskau kontrollierten Regierungen gewisse Freiheiten. In Rumänien gingen die Sowjets sogar noch ein gutes Stück weiter und zogen 1958 ihre Truppen aus dem Land zurück. Die rumänischen Kommunisten nutzten die lose gewordene Leine, um sich den anderen Balkan-Staaten wirtschaftlich und kulturell anzunähern.



    Valentin Lipatti war Botschafter, Autor von Essays und Übersetzer. In einem Interview mit dem Zentrum für mündlich überlieferte Geschichte des Rundfunks 1995 erinnerte er an die Initiative zur Dezentralisierung des Balkans.



    Nach dem Krieg hatte der damalige Ministerpräsident bekanntlich die erste wichtige rumänische Initiative. Das war Chivu Stoica, er beschloss eine Art Dezentralisierung des Balkans 1957. Zu dem Zeitpunkt war es eine mutige, wichtige Entscheidung, die aber sicherlich auf starken Widerstand stie‎ß. Während Bulgarien und Jugoslawien einem Dezentralisierungsprozess, einer Abrüstung von Kernwaffen auf dem Balkan positiv gegenüberstehen, leisteten Griechenland und die Türkei, die damals NATO-Mitglieder waren, Widerstand. So war die Initiative, mag sie auch eine sehr gute gewesen sein, nicht unbedingt von Erfolg gekrönt. Nach ein-zwei Jahren hatte man nicht auf diese Idee verzichtet, aber sie irgendwie in einem passiven Zustand gehalten. Allerdings wurde die Idee von der Dezentralisierung in der ganzen Welt verbreitet und dann sind atomwaffenfreie Gebiete auch in anderen Weltregionen entstanden.“




    Weil der Abgrund zwischen dem Kommunismus und der Demokratie scheinbar nicht zu überbrücken war, sah man in der kulturellen Zusammenarbeit eine Lösung dieses Problems, erzählt Valentin Lipatti.



    Zeitgleich mit dieser Initiative der Regierung, die recht heikel war, weil sie sich auf den militärischen Bereich bezog, einen stets komplexen Bereich also, hat es auf dem Balkan eine sehr wichtige kulturelle Zusammenarbeit gegeben. Und das war im sehr weiten Sinne des Begriffs zu sehen: Die Zusammenarbeit gab es in den Bereichen Wissenschaft, Kultur, Bildung. Aber das eben nicht auf Regierungsebene. Und jahrelang hat es diese vielseitige Zusammenarbeit jenseits der Regierungsebene gegeben, weil sie einfacher durchzusetzen war, mit weniger Vorbehalten und geringeren Hindernissen. Da war etwa die Balkanische Ärzteunion, die bereits in der Zwischenkriegszeit gegründet worden war, der Balkanverband der Mathematiker und die 1963 gegründete Organisation für Südosteuropäische Studien… Solche und viele andere Organisationen und Berufsverbände haben für ein Vertrauensklima gesorgt, für die Zusammenarbeit im wissenschaftlichen Bereich auf dem Balkan.“




    Das Komitee für Zusammenarbeit auf dem Balkan, das von Mihail Ghelmegeanu geleitet wurde, sollte die kulturellen Aktivitäten koordinieren. Aber auch sein Erfolg war begrenzt, wie Valentin Lipatti wei‎ß.



    Das Komitee für Zusammenarbeit auf dem Balkan war ebenfalls eine NGO, eine Friedensorganisation. Damals gab es sehr viele Organisation mit einem Friedenserhaltungsauftrag. Und das war der Grundgedanke, die Sowjets organisierten viele internationale Friedenskonferenzen, regionale Konferenzen für den Frieden, gegen den Imperialismus usw. Auf dem Balkan wurde eben dieses Komitee für die Friedenserhaltung gegründet. Es hat keine sehr umfassende Tätigkeit, wichtiger waren die Berufsverbände, die der Ärzte, Architekten, Geologen, der Forscher, Archäologen, Historiker und Schriftsteller. Sie waren in zweierlei Hinsicht effizient. In erster Linie gab es eine konkrete Zusammenarbeit in der entsprechenden Berufsbranche. Diese Zusammenarbeit wurde anhand von Studien, Forschungsarbeiten, Zeitschriften, Seminaren usw. verwirklicht… Es trafen sich dabei Experten aus den jeweiligen Ländern. Diese Zusammenarbeit zwischen den Ländern sorgte für eine gute Nachbarschaft, Freundschaft und Vertrauen zwischen den Völkern.“




    Alles klang wunderbar, allerdings sollten sich bei einem Regierungstreffen zur technischen und wirtschaftlichen Zusammenarbeit auch die Mängel dieser Politik zeigen. Valentin Lipatti wei‎ß, welche die Probleme waren.



    Rumänien verfolgte mit Hartnäckigkeit ein Ziel, ebenso Jugoslawien, die Türkei und einigerma‎ßen auch Griechenland: Man wollte eine sogenannte Anschlusskonferenz planen. Das hei‎ßt, man wollte einen möglichst institutionellen Rahmen schaffen, weil eine Konferenz, die ein Einzelereignis bleibt, nicht viel Wert ist, auch wenn sie vielleicht gut organisiert wurde. Aber man vergisst sie hinterher. Und hier ist man auf den starken Widerstand aus Bulgarien gesto‎ßen. Unsere bulgarischen Freunde hatten einen äu‎ßerst restriktiven Auftrag, sie erklärten, sie dürften überhaupt nichts genehmigen. Die Beschlüsse wurden einstimmig getroffen und die Einstimmigkeit wurde bei fünf teilnehmenden Ländern leicht erreicht. Aber es reichte auch aus, dass ein Land von seinem Veto-Recht Gebrauch machte, und der Beschluss konnte nicht durchkommen. Bulgarien verfolgte eben die sowjetische Politik und Moskau stand einer Wirtschaftskooperation auf dem Balkan negativ gegenüber. Denn mit der Zeit hätte die UdSSR die Kontrolle darüber verloren. Aus deren Sicht bestand die Gefahr eines balkanischen Binnenmarktes, auf dem Rumänien und Bulgarien, die gewiss zum sozialistischen Lager gehörten, aber auch die Türkei, Griechenland und das blockfreie Jugoslawien hätten gemeinsame Wege gehen können, die von der Sowjetunion unerwünscht waren. Und da haben die Bulgaren eben den Auftrag bekommen, alles zu blockieren. Dieser Hieb unter die Gürtellinie der Bulgaren hat für viele Jahre den multilateralen Prozess gestoppt.“




    Heute ist klar: Rumäniens Balkan-Politik hatte zu Zeiten des Eisernen Vorhangs nur begrenzten Erfolg. Die unterschiedlichen Interessen innerhalb desselben Blocks sowie die unterschiedlichen politischen Regime führten dazu, dass keines der Balkanländer sich zu besonderen Verdiensten in dem Bereich der Zusammenarbeit verpflichten konnte.