Tag: Familien

  • Pläne zum Kinderschutz und zur Erhöhung der Geburtenrate

    Pläne zum Kinderschutz und zur Erhöhung der Geburtenrate

    Vor einem Jahr hat die Regierung in Bukarest die Nationale Strategie zum Schutz der Kinderrechte verabschiedet, und nun hat das Parlament das Gesetz verabschiedet, nach dem 2025 das Jahr des Kindes in Rumänien sein wird. Die Behörden kündigen an, dass sie eine Reihe von Maßnahmen zur Unterstützung von Kindern und zur Förderung ihrer Rechte, insbesondere von Kindern aus benachteiligten Verhältnissen, vorbereiten. Das Anfang des Monats vom Parlament verabschiedete Gesetz sieht mehrere Aktionsbereiche vor, darunter die Organisation von Veranstaltungen, die der sozialen, erzieherischen, kulturellen und staatsbürgerlichen Entwicklung von Kindern gewidmet sind, sowie die Zuweisung spezifischer Mittel zur Unterstützung dieser Initiativen und die Priorisierung von Investitionen in die Infrastruktur für Kinder.

     

    Obwohl es auf der Ebene aller EU-Mitgliedstaaten spezifische nationale Rechtsvorschriften, eine klare Strategie und einen Aktionsplan mit der Bezeichnung Europäische Kindergarantie gibt, geht Rumänien mit der Verabschiedung dieses Gesetzes nach Ansicht der Behörden einen Schritt weiter. Diese Meinung teilt auch die UN-Sonderbeauftragte für die Bekämpfung von Gewalt gegen Kinder, Dr. Najat Maalla M’jid, die kürzlich bei einem Besuch in Rumänien die bedeutenden Fortschritte würdigte, die in den letzten zwei Jahren im Bereich des Schutzes und der Rechte von Kindern sowie bei der Bekämpfung von Gewalt gegen Minderjährige erzielt wurden. Darüber hinaus hält sie diese Initiative für ein Beispiel guter Praxis und schlägt vor, dass ein solches Jahr, das in mehreren Ländern den Kindern gewidmet ist, weltweite Investitionen in den Kinderschutz anregen könnte.

     

    „Rumänien hat im Bereich des Kinderschutzes und des Wohlergehens von Kindern viel erreicht und verfügt über zahlreiche Strategien, Pläne und Gesetzesreformen in diesem Bereich. Ich glaube, dass Rumänien in einer ausgezeichneten Position ist, um diese Bemühungen nicht nur im eigenen Land fortzusetzen, sondern auch international ein Beispiel für den Kinderschutz zu werden“, erklärte die UN-Vertreterin in Bukarest. Die UN-Vertreterin betonte jedoch, dass das Land in diesem Bereich noch vor zahlreichen Herausforderungen steht.

     

    Andererseits wurde bei einem Runden Tisch, der am Dienstag in Bukarest stattfand, auch die Frage des Anstiegs der Geburtenrate in Rumänien angesprochen. In diesem Zusammenhang, so die Regierungsvertreter, müsse das Thema Unfruchtbarkeit auf die öffentliche Agenda gesetzt werden, und es bedürfe einer nationalen Strategie, um Frauen und alle Paare, die Eltern werden wollen, durch steuerliche und wirtschaftliche Maßnahmen sowie durch einen angemessenen Zugang zu allen Gesundheitsdiensten zu unterstützen. Nach offiziellen Statistiken ist weltweit ein Sechstel der erwachsenen Bevölkerung von Unfruchtbarkeit betroffen. In Europa beispielsweise sind schätzungsweise 25 Millionen Paare von Unfruchtbarkeit betroffen.

     

    Niedrige Geburtenraten und zunehmende Unfruchtbarkeit haben Auswirkungen, die, so die Behörden, zu irreversiblen Phänomenen führen können, wenn jetzt keine Maßnahmen ergriffen werden. Daher, so versprechen die Vertreter der Exekutive, ist und bleibt die Geburtenrate eine Priorität. In diesem Zusammenhang teilte die Ministerin für Familie und Jugend, Natalia Intotero, mit, dass das Programm der In-vitro-Fertilisation funktioniert und ausgeweitet wird, da es eine Antwort auf den alarmierenden Rückgang der Geburtenrate und die finanziellen Probleme der Familien in Rumänien darstellt.

  • Hilfsorganisation CONCORDIA: Brücken bauen für eine bessere Zukunft

    Hilfsorganisation CONCORDIA: Brücken bauen für eine bessere Zukunft





    In der gesamten Europäischen Union leben immer mehr verlassene und schutzbedürftige Kinder, Menschen mit Behinderungen oder ältere Menschen in gro‎ßen Wohneinrichtungen, abgeschirmt von der Au‎ßenwelt. Solche Wohneinrichtungen wurden ursprünglich zur Bereitstellung von Pflege, Nahrung und Unterkunft geschaffen. Allerdings hindert die Entfernung von der örtlichen Gemeinschaft und den Familien die Fähigkeit und Bereitschaft der in Wohneinrichtungen lebenden Menschen, sich voll in die Gesellschaft einzubringen.



    In den EU-Mitgliedstaaten wurden mehrere Fortschritte beim Übergang von der institutionellen Betreuung zur Betreuung in gemeinschaftsnahen Alternativen verzeichnet. Seit dem EU-Beitritt Rumäniens im Jahr 2007 wurden mehrere Ma‎ßnahmen ergriffen, um eine bessere familienähnliche Betreuung für verlassene Kinder zu gewährleisten und die Trennung von Familien zu verhindern.



    Nach der Revolution von 1989 in Rumänien gingen Bilder mit den Zuständen in staatlichen Kinderheimen um die Welt. Die Nachrichten erreichten auch den österreichischen Jesuitenpater Georg Sporschill — er wurde von seinem Jesuitenorden 1991 nach Bukarest entsandt, um sich um die Stra‎ßenkinder zu kümmern. Es fehlte an Essen, Obdach, medizinischer Versorgung und nicht zuletzt an menschlicher Fürsorge. Zusammen mit der deutschen Religionspädagogin Ruth Zenkert lie‎ß er die Hilfsorganisation CONCORDIA im selben Jahr gründen. Anschlie‎ßend wurden Kinderhäuser, Sozialzentren, Lehrwerkstätten, Musikschulen und soziale Wohngemeinschaften gegründet. Die CONCORDIA-Projekte begleiten bis heute vor allem Kinder und Jugendliche in Rumänien, Bulgarien, der Republik Moldau und im Kosovo.



    Unter Berücksichtigung der gro‎ßen Zahl von Kindern, die von Armut betroffen sind (41,5 Prozent Kinder unter 18 Jahren laut der Eurostat-Quelle aus dem Jahr 2020), und der Kapazität der in Rumänien angebotenen Kindertageszentren, seien mehr soziale Dienste dringend erforderlich. Im Jahr 2021 gab es 774 Kindertageszentren (383 öffentliche und 391 private), die nach Schätzungen der CONCORDIA nur 25,6 Prozent des gesamten Bedarfs an Dienstleistungen für armutsgefährdete Kinder und Familien abdecken. Darüber hinaus befinden sich 67 Prozent der Kindertageszentren in städtischen Gebieten, obwohl bestehende Berichte zeigen, dass die ländliche Kinderarmut deutlich ausgeprägter sei.



    CONCORDIA betreibt mehrere solche Tageszentren in Rumänien, die sich an die lokale Bevölkerung im schulpflichtigen Alter richten, insbesondere in Stadtteilen mit gefährdeten Menschen. Die CONCORDIA-Kindertageszentren ermöglichen jährlich Kindern im Alter von 6 bis 16 Jahren und ihren Familien den Zugang zu sozialen Angeboten. Die Hilfsorganisation betreibt auch mehrere familienähnliche Wohngruppen, erklärt Katharina Wagner, Verantwortliche für Öffentlichkeitsarbeit bei der CONCORDIA in der Hauptstadt Österreichs, Wien:







    Unsere Zielgruppen sind Kinder, Jugendliche und Familien. Mit der von der EU geforderten De-Institutionalisierung haben auch wir alle grö‎ßeren Einrichtungen geschlossen. Maximal acht Kinder bleiben in unseren familienähnlichen Wohngruppen, die einen kleinen Anteil unseres Angebots ausmachen.“ src=http://devrri.freshlemon.ro/wp-content/uploads/2023/10/foto.jpg

    Katharina Wagner von CONCORDIA Wien



    Wir fokussieren uns auf Tageszentren, weil wir daran glauben, dass man in einer kommunalen Einbettung meistens präventiv und am nachhaltigsten wirken kann. Was Soziales anbelangt, sorgt man durch einen holistischen Ansatz dafür, dass Kinder warmes Essen erhalten, familienstärkende Ma‎ßnahmen angeboten werden und Elternberatungen und -bildungen stattfinden.



    Von 40.000 rumänischen Kindern aus der institutionellen Betreuung leben mittlerweile 30.000 in familienähnlichen Wohngruppen; 11.000 leben nach wie vor in grö‎ßeren Einheiten. Der De-Institutionalisierungsprozess ist in Rumänien auch noch nicht abgeschlossen. Unsere Lösung ist, zu vermeiden, dass es soweit kommt, dass Kinder au‎ßerhalb der Herkunftsfamilie aufwachsen. Manchmal ist es aber aufgrund verschiedener Faktoren wie Gewaltvorkommnisse unvermeidbar.







    src=http://devrri.freshlemon.ro/wp-content/uploads/2023/10/foto.jpg Wir versuchen den Standard mit unseren möglichen Mitteln zu heben. Ein gutes Beispiel ist das Tageszentrum in Odobești (Kreis Vrancea), das wir seit zwei Jahren in guter Zusammenarbeit mit dem Bürgermeister und der Gemeinde betreiben.

    CONCORDIA-Tageszentrum in Odobești



    Ein allgemeiner Kritikpunkt in dem Bereich der Betreuung wäre, dass die staatlichen finanziellen Mittel viel zu wenig sind. Unsere Kolleginnen und Kollegen setzen sich darauf ein, dass Gemeinden gestärkt werden, um spezielle Angebote wie Tageszentren für ihre Bewohnerinnen und Bewohner setzen zu können. Bei uns in den Tageszentren arbeitet ein multidisziplinäres Team — Psychologen, Pädagogen, Logopäden. Unsere mobilen Teams, die die Lebensrealitäten der Familien kennen, sind regelmä‎ßig unterwegs und machen Angebote mit Bezug auf die Tageszentren. Wir sorgen für einen mittlerweile sehr guten und gro‎ßen Austausch von Fachkräften im sozialen Bereich, speziell bezogen auf Rumänien und Moldau.“



    Im Jahr 2001 wurde in der Nähe der Stadt Ploiești (Kreis Prahova) die CONCORDIA-Kinderstadt (Orașul Copiilor) gegründet, ein einladender Ort, an dem zunächst 86 Kinder in 7 Familienhäusern lebten. 2010 wurde in unmittelbarer Nähe zu den Familienhäusern die CONCORDIA-Berufsschule gegründet. Hier werden die Jugendlichen auf 5 Spezialisierungen vorbereitet (Bäcker, Kellner, Koch, Schreiner und Arbeiter in der Pflanzenkultur). Katharina Wagner:



    In der Berufsschule kommen 95 Prozent der Schülerinnen und Schüler aus der institutioneller Betreuung. Über 22 Prozent der Schülerinnen und Schüler haben letztes Jahr nach dem Abschluss Arbeit gefunden — ein wichtiger Schritt für ein selbstbestimmtes Leben.“








    Bildung ist einer der Hauptpfeiler der Tätigkeit von CONCORDIA. Die im Herbst 2020 gegründete integrative Volksschule in Ploiești unterstützt den Schulbesuch auch von jenen Kindern aus benachteiligtem Umfeld, die normalerweise eine solche Chance nicht bekommen würden.


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    Die CONCORDIA-Volksschule in Ploiești unterstützt den Schulbesuch von Kindern aus benachteiligten Verhältnissen.




    Fächer-Schwerpunkte sind: Rumänisch, Deutsch, Mathematik, Umwelterziehung, praktisches Arbeiten, Musik, Bewegung sowie Persönlichkeitsentwicklung. Die Zahl der Schülerinnen und Schüler pro Klasse ist auf 25 pro Jahrgang beschränkt. In jeder Klasse sind 2 Lehrkräfte für die Betreuung vorgesehen. Das Team der CONCORDIA-Volksschule ist bestrebt, dem Schulabbruch entgegenzuwirken, wei‎ß Katharina Wagner:







    src=http://devrri.freshlemon.ro/wp-content/uploads/2023/10/foto.jpg Die Schulabbrecherquote in Rumänien ist 18 Prozent. Oft geht es darum, dass man aufgrund fehlender Transportmittel oder fehlender Kleidung nicht wei‎ß, wie man die Kinder in die Schule bringt. Die Vernachlässigung wirkt sich auf die Entwicklung aus. Darum ist es so wichtig, individuell einzugehen und dafür zu sorgen, dass Kinder nicht zurückbleiben.“
    Die Entfernung von der örtlichen Gemeinschaft hindert die Bereitschaft der in Wohneinrichtungen lebenden Menschen, sich voll in die Gesellschaft einzubringen.




    Bei der CONCORDIA wird es weiterhin darum gehen, Brücken zu bauen, Türen zu öffnen und jedes Kind und jeden Jugendlichen bestmöglich auszurüsten, damit sie anschlie‎ßend eigene Entscheidungen treffen können.



    Irina Radu



    Die internationale, unabhängige Hilfsorganisation CONCORDIA Sozialprojekte“ ist für jede Spende dankbar. Mit Hilfe ihrer Unterstützer kümmert sich die Organisation um Nahrung, Medizin, Bildung und Erziehung der ärmsten Kinder Europas. Wie auch Sie helfen können, erfahren Sie unter folgendem Link:



    https://www.concordia.or.at/spenden/

  • DATfest: Theaterstudenten erobern Hermannstadt

    DATfest: Theaterstudenten erobern Hermannstadt

    Jugendliche, die die Stadt erobern“ — unter diesem Motto schufen die Studenten der Hermannstädter Hochschule für Theater und Kulturmanagement die Mikrospielzeit an der Theaterschule Hermannstadt. Daraus wurde in diesem Jahr das Festival des Lehrstuhls für Theaterkunst der Universität Lucian Blaga“ in Sibiu — oder abgekürzt das DATfest. Das Festival fand also im Zeitraum 2.-5. Oktober unter dem Motto Studenten erobern Hermannstadt“ statt. Was sich aber unter diesem leicht klischeehaft anmutenden Motto verbirgt, konnte die Projektleiterin und Dozentin der Hermannstädter Uni, Prof. Dr. Luminiţa Bîrsan, erklären.



    Die Grundidee des Projekts war es, dass sie nicht mehr die Schulbank drücken und direkt auf ihre Spielbühnen steigen — in den Klassenräumen selbst, im Theaterstudio Cavas, dem Studio Virgil Flonda, aber auch in den Räumlichkeiten des Nationaltheaters Radu Stanca, im Kulturheim der Gewerkschaften und am Kinder- und Jugendtheater Gong — dort sollten sie neben gro‎ßen Künstlern auftreten und sich dabei auf ihren Abschluss vorbereiten. Es ist ein Festival, das von den Studenten des Studiengangs Theaterwissenschaften und Kulturmanagement organisiert wird, mit Unterstützung der Studenten der Schauspielschule und den Masterstudenten. Alle Studenten der Abteilung, die in der Spielzeit 2016-2017 eigene Rollen hatten, sind vier Tage lang in einen Wettkampf um die Hauptpreise des Festivals getreten: jene für den besten Schauspieler und die beste Schauspielerin und der Preis für die beste Aufführung.“




    Bei der Auswahl der teilnehmenden Aufführungen habe es im Vorfeld des DATfestes eine klare Vorgabe gegeben, berichtete die Projektleiterin Luminiţa Bîrsan.



    Die Strategie der Abteilung für Theaterwissenschaften besteht darin, dass Bachelor-Studenten, die vor dem Abschluss stehen, mit jungen Regisseuren zusammenarbeiten müssen. Im Laufe der Zeit wurden Regisseure aus Rumänien und dem Ausland eingeladen, die Workshops geleitet und sich Aufführungen ausgedacht haben. Wir reden hier etwa von Bogdan Georgescu und seiner Trilogie — »Antisocial«, »#minor«, »Mal/praxis«, von Eugen Jebeleanu, der am Theater in Sibiu die Aufführung »Familien« inszeniert hat, von Cosmin Chivu und seinem Musical »Rocky Horror Show« und von Eugen Gyemant, der eingeladen wurde, die Aufführung »Papierflugzeuge« mit den Studenten des 3. Jahrgangs zu besetzen.“




    Die Theaterkunst hat sich mit der Zeit ihren ganz besonderen Stellenwert in Hermannstadt erarbeitet. Es gibt in der Stadt das Festival, den Bachelor-Studiengang Schauspielkunst, einen Masterstudiengang, Promotionsstellen und sogar eine Fachrichtung Schauspielkunst am Gymnasium Onisifor Ghibu“. Zwischen all den genannten Institutionen läuft eine anhaltende Zusammenarbeit. Bei einigen Aufführungen der Studenten haben etwa auch professionelle Darsteller des Radu Stanca“-Theaters mitgemacht. Und unter die Zuschauer von DATfest mischten sich auch echte Schauspieler. Das Theaterphänomen hat sich in Bezug auf und mit der Hermannstädter Stadtgemeinschaft weiterentwickelt. Und das wurde während des viertägigen DATfestes erneut deutlich, als Hermannstädter Theaterfans die angehenden Schauspieler mit erfreutem, jedoch auch kritischem Blick verfolgten.



    Der Schauspieler Alexandru Ion, Mitgründer des Festivals für Junges Theater Ideo Ideis im südrumänischen Alexandria, sa‎ß diesmal in der Jury des Festivals in Sibiu. Auch ihm sei die besondere Beziehung aufgefallen, sagt er.



    Ich glaube, es gibt hier eine doppelte Bedeutung. Einerseits entsteht hier ein Gefühl des Zusammenhalts in ihrer Gemeinschaft, wie ich zumindest hoffe. Die Tatsache, dass alle Studenten bei einer Veranstaltung mitwirken und gemeinsam wie eine eingespielte Truppe auftreten, das scheint mir sehr förderlich, denn solche Dinge bringen sie einander näher. Darüber hinaus ist die gemeinschaftliche Komponente hier auf dem Spiel — ich glaube, dass es sehr nützlich ist, dass das Publikum in einer überschaubaren Stadt die Gelegenheit bekommt, die Studenten auf der Bühne zu sehen. Denn letzten Endes werden einige von ihnen in Zukunft auf den Theaterbühnen dieser Stadt als Schauspieler auftreten. Es ist also eine bilaterale Entwicklung. Das Hermannstädter Publikum nimmt Kontakt auf zu den jungen Studenten und sie nehmen Kontakt auf zum Publikum.“




    Bei der dritten Ausgabe von DATfest wurde Mal/praxis“ unter der Regie von Bogdan Georgescu zur besten Aufführung gewählt. Die Preise für die beste Schauspielerin und den besten Schauspieler gingen an zwei Studenten aus dem dritten Jahrgang: Simona Negrilă und Radu Carp. Wir fragten sie, was die Teilnahme an einem derartigen Festival bedeutet. Als erstes Simona Negrilă:



    Es hat mir sehr geholfen, über meine Grenzen hinaus zu gehen, auch wenn man berücksichtigt, dass wir sehr nah am Publikum spielen mussten. Das ist schon ein anderes Gefühl. Und nach mehreren Vorstellungen ist mein Selbstvertrauen gestiegen und es machte mir sehr viel Spa‎ß, in dem Stück mitzuspielen. Es ist unsere erste Aufführung, es ist wie ein Anfang. Ich denke, dass man das in Zukunft weiterentwickeln sollte, dass es noch mehr Aufführungen geben sollte. Es ist wirklich sehr wichtig, denn es bietet dem Studenten die Möglichkeit, auf der Bühne eines Festivals zu stehen, ausgezeichnet zu werden.“




    Radu Carp sagte:



    In erster Linie ist es aus meiner Sicht wichtig, weil wir Studenten sind. Ich finde, wir brauchen derartige Festivals, weil eine Atmosphäre rundherum entsteht, unsere Aufführungen haben ein Publikum. Die grö‎ßte Bedeutung kommt unserer ersten Aufführung mit Publikum zu, mit einem Regisseur, der extra für uns gekommen ist, und das hat uns sehr viel bedeutet.“




    Simona Negrilă wurde für ihre Rolle in der Aufführung Papierflugzeuge“ unter der Regie von Eugen Gyemant belohnt — auch Radu Carp erhielt die Auszeichnung für seine Rolle in dem Stück, aber auch für den Auftritt im Musical Rocky Horror Show“, bei dem Cosmin Chivu Regie führte.

  • Hermannstädter Staatstheater wartet mit Premieren auf

    Hermannstädter Staatstheater wartet mit Premieren auf

    Einige Premieren des Staatstheaters Radu Stanca“ stehen auf dem Programm des 24. Internationalen Theaterfestivals, das Anfang Juni im mittelrumänischen Hermannstadt stattfindet. Der Regisseur Cristian Juncu hat eine Vorliebe für das zeitgenössische Theater, besonders für Inszenierungen nach dem Dramatiker Neil LaBute. Aus den Theaterstücken Die Furien“, Helter Skelter“ und Happy Hour“ besteht die Aufführung Sărbători fericite“ (Frohe Feiertage“), die auf die Bühne des Hermannstädter Staatstheaters gebracht wird. Die drei Aufführungen kreisen um das Thema Fruchtbarkeit. Ofelia Popii ist Hauptdarstellerin in zwei dieser Aufführungen:



    Den Zuschauern werden diese Texte besonders vertraut vorkommen. Sie sind gleicherma‎ßen tief und anmutig. In der ersten Geschichte provoziert die Hauptgestalt durch Sprache. Zum überwiegenden Teil hat meine Figur aber nichts zu sagen, sondern reagiert durch Körpersprache auf die Worte der anderen Gestalten. Ich muss aber sehr präsent, lebendig, aufmerksam wirken. Der letzte Teil besteht aus einem Monolog und er ist besonders überwältigend. Die Aufführung ist und bleibt für mich ohnehin eine gro‎ße Herausforderung. Sie ist der Ansicht der Darsteller nach gut strukturiert und wir fühlen uns sehr gut als Teil davon.“




    Der Regisseur Eugen Jebeleanu lebt in Paris, seine Karriere hat er immer zwischen Rumänien und Frankreich geteilt. Besondere Aufmerksamkeit widmet er in seinen Aufführungen der Identität des Einzelnen im Verhältnis zur Gesellschaft, zu sich selbst und zu seinen Mitmenschen. Eugen Jebeleanu bringt die unbequemen Stimmen der Menschen zum Ausdruck, die sonst nicht gehört werden. Die Aufführung Familien“ bringt er auf die Bühne des Staatstheaters Radu Stanca“ mit Nachwuchsdarstellern. Dazu der Regisseur:



    Das Stück ist aus meiner Initiative entstanden, etwas für und über Darsteller zu schaffen. Ich habe mir vorgenommen, das Konzept Familie im direkten Verhältnis mit dem Leben der Darsteller und der Gesellschaft zu erkunden. Mich beschäftigt die Frage: Was bedeutet für sie heute die Familie, wie wird die Identität des Einzelnen im Verhältnis zu dieser Mikrogesellschaft, der Familie aufgebaut? Mehrere Geschichten sind rund um dieses Thema entstanden. Selbstverständlich wollte ich weder Lösungen liefern noch Urteile fällen. Das Stück wirft hingegen Fragen auf und bringt Probleme und Gegebenheiten ans Licht, denen man heute zu wenig Aufmerksamkeit schenkt.“




    Auch das Musical Die Rocky Horror Show“, inszeniert von Cosmin Chivu, feierte seine Premiere auf der Bühne des Staatstheaters Radu Stanca“. Das berühmte Musical des britischen Schauspielers, Autors und Komponisten Richard OBrien hat seine Uraufführung im Jahr 1973 in London gefeiert. In einer regnerischen Novembernacht sucht ein frischverlobtes Paar nach einer Reifenpanne Hilfe bei Bewohnern eines nahegelegenen Schlosses. Hier begegnen sie dem exzentrischen au‎ßerirdischen Wissenschaftler Frank N. Furter vom Planeten Transsexual aus der Galaxie Transylvania. Die ganze Besetzung der Aufführung besteht aus Nachwuchsdarstellern, Studenten der Theaterfakultät, die, wie der Regisseur sagte, verrückt genug seien, um etwas noch nie Dagewesenes zu versuchen, und volles Potenzial zeigen, um in ein Musical aufzutreten. Die Inszenierung der Rocky Horror Show“ sei eine Herausforderung für den Regisseur gewesen:



    Es war nicht leicht, einen Mittelweg, eine kreative Lösung zu finden, den anspruchsvollen Stil des Musicals zu bewahren, ohne ihn in einen voreingenommenen Stil zu verwandeln. Meiner Meinung nach ist die Geschichte sehr interessant. Es handelt sich um eine Komödie, und wir müssen für unsere Zuschauer eine Atmosphäre schaffen, in der sie die Sachen nicht zu ernst nehmen. Das war eine der wichtigsten Sachen, die wir entdeckt haben und die bei den Proben eine wichtige Rolle spielte. Wir wollten den Stil, in dem das Musical in den USA und London auf die Bühne gebracht wurde, nicht übernehmen, sondern eher einen einheimischen Stil schaffen und gleichzeitig den künstlerischen Wert der Aufführung nicht kompromittieren.“




    Vorbiţi tăcere?“ / Sprechen Sie Schweigen?“ in der Regie von Gianina Cărbunariu ist das Ergebnis der Zusammenarbeit der deutschen und der rumänischen Abteilung des Hermannstädter Staatstheaters Radu Stanca“. Die Aufführung ist Teil des Projektes Human Trade Network“, an dem Künstler aus Deutschland, Indien und Burkina Faso auf Einladung des deutschen Regisseurs Clemens Bechtel teilnehmen.



    Gianina Cărbunariu setzt sich mit dem Thema Internationalisierung der Arbeitskraft auseinander. Als Ausgangspunkt dient der Konflikt aus dem Jahr 2014 um die ausstehenden Lohnzahlungen für rumänische Bauarbeiter am Bauprojekt Mall of Berlin“. Die Proteste der beim sogenannten Mall of Shame ausgebeuteten Bauarbeiter waren damals sehr präsent in den Medien. Die Antwort der deutschen Behörden war das Schweigen. Dazu die Regisseurin:



    Mich interessierten besonders die Mechanismen des Schweigens. Es handelt sich zum einen um die Bauarbeiter, die mit dieser Situation konfrontiert wurden, aber sie trotzdem verschweigen, weil sie niemand unterstützt, weder die rumänischen noch die deutschen Behörden. Zum anderen gibt es das betäubende Schweigen der rumänischen und deutschen Behörden. Als ich mit dem Ensemble des Hermannstädter Staatstheaters zusammenarbeitete, nahm die Aufführung irgendwie persönliche Züge weil viele von uns, den Teammitgliedern, Verwandte haben, die im Ausland arbeiten. Andererseits arbeiten wir für diese Aufführung auch mit zwei deutschen Darstellern zusammen. Das Thema der Aufführung und die Idee der Zusammenarbeit schmelzen dabei irgendwie zusammen. Die Aufführung kreist nicht nur um die Internationalisierung der Arbeitskraft, sondern auch um unsere Träume und unsere Verpflichtungen gegenüber den Menschen, die ihre Gesundheit und sogar ihr Leben aufs Spiel setzen, um im Ausland zu arbeiten. Sehr bewegend fand ich, was eine der Darstellerinnen sagte: ‚Meine Mutter hat in Deutschland als Altenpflegerin gearbeitet und mit dem erworbenen Geld hat sie unsere Studien finanziert. Meine Anwesenheit hier und heute Abend auf der Bühne ist meiner Mutter zu verdanken.‘“




    Die Aufführung Vorbiţi tăcere?“ / Sprechen Sie Schweigen?“ soll im Monat Juni auch in Freiburg auf die Bühne gebracht werden.