Tag: Flucht

  • Nachrichten 31.03.2022

    Nachrichten 31.03.2022

    Das ukrainische Militär bereitet sich auf eine neue Welle russischer Angriffe vor, sagte Präsident Wolodimir Zelenskyj am Donnerstag. In der Ostukraine werden russische Offensiven erwartet, nachdem der Durchbruch nach Kiew nicht wie ursprünglich erhofft gelungen ist. Die Ukraine habe eine Konzentration russischer Streitkräfte im Donbass erlebt, fügte Zelenski hinzu. Reuters stellt fest, dass das russische Militär in den fast fünf Wochen seit seinem Einmarsch in die Ukraine trotz Belagerung und intensivem Beschuss keine größeren Städte erobert hat. Außerdem haben die Russen erhebliche Verluste an Truppen und Ausrüstung erlitten. Der britische Geheimdienst, der sich auf die Überwachung der Kommunikation spezialisiert hat, behauptet, einige Soldaten hätten sich geweigert, Befehle auszuführen, ihre Ausrüstung sabotiert und sogar versehentlich eines ihrer Flugzeuge abgeschossen. Die NATO glaubt nicht an die Versprechen Russlands, die Militäroperationen rund um Kiew und in der Nordukraine zurückzufahren. Generalsekretär Jens Stoltenberg sagte am Donnerstag bei der Vorstellung des Jahresberichts, dass sich die russischen Truppen nicht zurückziehen, sondern neu positionieren, und dass das Bündnis weitere Offensiven erwartet. Er betonte, dass die Verbündeten die Ukraine so lange wie nötig einschließlich militärisch unterstützen werden. Die russische Invasion hat insgesamt fast ein Viertel der ukrainischen Bevölkerung in die Flucht getrieben, und vier Millionen Menschen sind ins Ausland geflohen.



    Rumänien ist bereit, der Ukraine die Infrastruktur im südöstlichen Constanta Hafen zur Verfügung zu stellen, um ukrainische Getreideexporte zu ermöglichen, während die ukrainischen Schwarzmeerhäfen aufgrund der russischen Invasion blockiert sind. Diese Erklärung wurde von Vasile Dîncu, dem Verteidigungsminister, abgegeben, der auch sagte, dass es diesbezügliche Diskussionen gibt. Er betonte, dass dies eine Möglichkeit ist, die die Ukraine im Moment hat, um ihr Überleben zu finanzieren. Dancu wies auch darauf hin, dass Rumänien davon profitieren würde, obwohl das Land als Exporteur keine Probleme mit der Getreideversorgung hat. Andererseits gaben politische Quellen in Bukarest bekannt, dass der ukrainische Präsident Wolodimir Zelenskyj am Montagabend vor dem rumänischen Parlament sprechen wird. Mehr als 8.600 ukrainische Staatsbürger sind am Mittwoch nach Rumänien eingereist, etwas mehr als am Vortag. Seit Beginn der Flüchtlingskrise bis zum 30. März sind fast 600 Tausend ukrainische Staatsbürger in Rumänien angekommen. Die meisten von ihnen durchquerten das Land auf ihrem Weg nach Westeuropa.



    Der rumänische Premierminister Nicolae Ciucă diskutierte in Bukarest mit dem EU-Kommissar für Beschäftigung und soziale Rechte, Nicolas Schmit. Die beiden Beamten erörterten die Reaktion der Europäischen Union auf die durch die russische Militäraggression in der Ukraine verursachte Krise. Der Chef der rumänischen Exekutive stellte die rumänische Strategie zur Sicherung der Energieunabhängigkeit durch die Nutzung der Kernenergie, den Ausbau der Produktionskapazitäten für erneuerbare Energien und die Erschließung neuer Offshore-Erdgasfelder vor. Kommissar Schmit unterstrich die Wirksamkeit der Bemühungen der rumänischen Behörden um die Aufnahme von mehr als einer halben Million ukrainischer Flüchtlinge und brachte die Unterstützung der Europäischen Kommission für den raschen Zugriff auf die den Mitgliedstaaten bereits zur Verfügung stehenden Mittel.



    Die rumänischen Seestreitkräfte nehmen an der Übung Tomis 22 im Schwarzen Meer teil, mit der die Fähigkeit zur schnellen Reaktion bei der Bekämpfung von Minengefahren verbessert werden soll. Die Übung Tomis 22 findet zeitgleich mit der Übung Danube Protector 22 statt, die auf der Donau abgehalten wird. An den beiden Übungen nehmen drei Seeschiffe, sechs Flusskanonenboote, vier Hilfsschiffe der Marine, zwei mobile Küstenbatteriesysteme, ein Puma-Kampfhubschrauber, eine Spezialeinheit von Kampftauchern und ein Marine-Infanterieregiment gemeinsam mit anderen Strukturen der Landstreitkräfte teil. Neun Tage lang werden über 950 Militärs im Rahmen einer Simulation einen Marineangriff auf die Donaumündungen und die rumänischen Küstengebiete abwehren.



    Die Arbeitslosenquote in Rumänien lag im Februar bei 5,7 %, während die Jugendarbeitslosigkeit mit 22 % nach wie vor hoch ist, so die heute vom Nationalen Statistikamt veröffentlichten neuesten Zahlen. Die Männerarbeitslosigkeit ist mit 6,1 % etwas höher als die Frauenarbeitslosigkeit (5,1 %). Die Gesamtzahl der Arbeitslosen belief sich im Februar auf 468 Tausend. Die Arbeitslosenquote der 25- bis 74-Jährigen lag im Februar bei 4,6 %, was 76,6 % der Gesamtbevölkerung entspricht.



    Bildungsminister Sorin Cîmpeanu kündigte mehrere Änderungen an, die an der Struktur des Schuljahres vorgenommen werden sollen. So werden ab diesem Herbst die zwei Semester durch 5 Module ersetzt, die durch Pausen getrennt sind. Der Unterricht wird früher beginnen, nämlich am 5. September, und am 16. Juni enden. Der Minister versicherte, dass die Entscheidung nach Konsultationen mit Experten, Vertretern von Lehrern, Eltern und Schülern getroffen wurde. Minister Cîmpeanu sagte auch, dass die Vorschriften für den voruniversitären Bereich mit dem Ziel der Abschaffung der Zwischenprüfungen überarbeitet werden sollen.



    Die WGO hat eine aktualisierte Prognose über die Entwicklung von COVID-19 veröffentlicht, in der drei mögliche Szenarien vorgestellt werden. Höchstwahrscheinlich wird sich das Virus weiter ausbreiten, auch wenn die Schwere der Krankheit mit der Zeit aufgrund der Impfung abnehmen wird. In Rumänien wurden am Mittwoch mehr als 3 500 neue Fälle von Covid-Infektionen bestätigt, dazu kommen 36 Todesfälle. Über 2 500 Menschen werden in Krankenhäusern in ganz Rumänien wegen COVID-19 behandelt, davon 395 auf der Intensivstation. Bislang haben über 8 Millionen Rumänen die vollständige Impfung gegen Covid abgeschlossen. Gesundheitsminister Alexandru Rafila erklärte, dass der normale Betrieb in den Covid-Krankenhäusern allmählich wieder aufgenommen wird, da die Zahl der Infektionen voraussichtlich ab nächster Woche zurückgehen wird. Wir erinnern daran, dass am 9. März alle Gesundheitssicherheitsvorschriften in Rumänien aufgehoben wurden.

  • Mythen der Revolution von 1989: gestohlene Revolution, Staatsstreich oder Krieg gegen Terroristen?

    Mythen der Revolution von 1989: gestohlene Revolution, Staatsstreich oder Krieg gegen Terroristen?

    Am 22. Dezember 1989 um 12.08 Uhr flohen Nicolae Ceauşescu und seine Frau Elena mit dem Hubschrauber vom Dach des Gebäudes des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Rumäniens in Bukarest. Ihre Flucht ebnete den Weg für das Ende der kommunistischen Diktatur und die Wiederherstellung der Demokratie in Rumänien. Doch schon bald nach diesem glorreichen Moment begannen Zweifel zu entstehen. Alle möglichen Mythen und Gerüchte tauchten auf, die der durch vergossenes Blut erzielten Freiheit zusetzten und sie zu zersetzen drohten.



    Wie alle hartnäckigen Mythen halten sich diejenigen, die mit der rumänischen Revolution verbunden sind, besonders zäh, weil sie sich ständig aus den vielen bis heute nicht aufgeklärten Ereignissen und der nicht aufgearbeiteten Vergangenheit nähren. Einer der hartnäckigsten Mythen ist jener der Beschlagnahmung der Revolution durch Ion Iliescu und ihm Nahestehende. Als hochrangiger Aktivist in der Kommunistischen Partei war Iliescu auch der erste postkommunistische Präsident Rumäniens. Die politische Kraft, die ihn unterstützte, die Nationale Rettungsfront, bestand aus Leitungskadern aus der sogenannten zweiten Reihe in der Kommunistischen Partei, was die Leute dazu brachte, zu glauben, dass die Revolution vom Dezember 1989 eine Verschwörung gewesen sei, um Ion Iliescu an die Macht zu bringen. Dragoş Petrescu ist der Autor einer Reihe von umfassenden Studien über die Revolution von 1989. Wir baten ihn, den Mythos der beschlagnahmten Revolution“ zu kommentieren.



    Ich denke, die Idee, dass die Revolution beschlagnahmt wurde, bereits ab den ersten Momenten des Regimewechsels im Umlauf war, unmittelbar nach dem 22. Dezember 1989. Wir sahen plötzlich die zweite und dritte Ebene der ehemaligen Kommunistischen Partei an die Macht kommen, die Ceauşescus Vertrauten-Kreis, die bisherige Nomenklatura und die Leute an der Spitze der Kommunistischen Partei Rumäniens ersetzten, die für alle Probleme der 1980er Jahre verantwortlich gemacht wurden: die tiefgreifende Wirtschaftskrise, den extremen Nationalismus, die Assimilierung der ethnischen Minderheiten und das katastrophale Image Rumäniens im Ausland.“




    Der Mythos der beschlagnahmten Revolution“ ist in der öffentlichen Meinung immer noch weit verbreitet, und Dragoş Petrescu glaubt, dass er eine faire Bewertung der Veränderungen der letzten 30 Jahre verhindere:



    Wenn wir davon ausgehen, dass Iliescu und seine Gruppe die Revolution beschlagnahmt oder gestohlen haben könnten, dann käme das meines Erachtens der Zerstörung einer der Sternstunden der Geschichte Rumäniens im 20. Jh. gleich. Die Revolution war der interessanteste Moment und der Moment, der uns wirklich stolz darauf machen konnte, Rumänen zu sein, jenseits der leeren Parolen des Ausdrucks stolz, Rumänen zu sein“, den populistische Politiker gerne bemühen. Und warum? Weil wir damit die grundlegenden Momente der rumänischen Revolution verleugnen würden. Die gewaltsame Unterdrückung der Revolution in Timişoara, des Volksprotestes, der sich in eine Revolution verwandelte, und andere solcher Momente hätten von Iliescu nicht kontrolliert werden können. Auch das Überschwappen des Aufstandes in Timişoara auf Bukarest am 21. Dezember 1989, als Ceauşescu durch eine herbeigetrommelte Jubelpartie versuchte, an den erfolgreichen Moment des 21. August 1968 anzubinden, als er den Einmarsch der Truppen des Warschauer Paktes in die Tschechoslowakei unter gro‎ßem Zuspruch der Bevölkerung verurteilt hatte, hätte nicht von Iliescu inszeniert werden können, denn es war nicht Iliescu, der Ceauşescu dazu überredet hatte, diese Kundgebung zu organisieren.“




    Der zweite Mythos, der sich im kollektiven Bewusstsein der Rumänen fest verankert hat, war, dass die Revolution von 1989 ein Staatsstreich war. Dragoş Petrescu meint, dass dieser Mythos durch den gleichen Verlauf der Ereignisse entstanden ist:



    Wir haben es in diesem Fall mit einer sehr interessanten historischen Denkübung zu tun. Häufig veranlasst uns das, was nach einem bestimmten Ereignis geschieht, unsere Meinung über das jeweilige Ereignis zu ändern. Mit anderen Worten hat die Frustration vieler rumänischer Bürger, besonders in Bezug auf das langsame Tempo der Reformen, und die Tatsache, dass Rumänien sich nur sehr mühsam europäische Demokratiestandards aneignete, viele Menschen dazu gebracht, den am 22. Dezember 1989 stattgefundenen Einschnitt zu leugnen. Der langsame Wandel, der äu‎ßerst mühselige demokratische Prozess, die Machtergreifung durch viele Kader aus der ehemaligen Nomenklatura des mittleren Ranges, der sogenannten Technokraten im Schlepptau der Kommunistischen Partei, all das hat viele Menschen dazu gebracht, ihre Anteilnahme an einem sehr wichtigen, ich würde sagen epochalen Ereignis für Rumänien zu leugnen. Der Wandel war real, Rumänien hat einen echten Regimewechsel erlebt, eine Revolution, und 1100 Tote und 3300 Verwundete machen Rumänien [unter den ehemaligen Ostblockstaaten] zum einzigen Beispiel einer echten Revolution.“




    Der Mythos der Terroristen, der drittstärkste Mythos, der mit der rumänischen Revolution verbunden ist, wurde von der neuen postkommunistischen Regierung, vertreten durch Ion Iliescu und die Nationale Rettungsfront, in die Welt gesetzt, ein Mythos, an den nur noch wenige Rumänen glauben. Dragoş Petrescu meint, dass dieser Mythos den neuen Machthabern perfekt diente, um Legitimation zu erlangen und ihre Ziele zu erreichen:



    Das Thema der Terroristen ist eng mit dem Thema der fast 900 tragischen und sinnlosen Todesfälle verbunden, die durch die Ablenkung und Verwirrung nach dem 22. Dezember verursacht wurden und die der neuen Regierung unmittelbar anzulasten sind. Meiner Meinung nach wurde die Verwirrung eindeutig und vorsätzlich durch regierungsnahe Kreise aufrechterhalten, um den neuen Machthabern zu helfen, ihre Position zu konsolidieren. Darüber hinaus diente sie dazu, dem revolutionären Tatendrang des Volkes ein Ende zu setzen, der zu Forderungen nach sofortiger Bestrafung derer hätte führen können, die sich des Missbrauchs während der kommunistischen Zeit schuldig gemacht hatten, insbesondere ehemalige Geheimpolizisten und ehemalige Mitglieder der kommunistischen Partei in Entscheidungspositionen. Der Mythos der Terroristen half, die Ablenkung und Verwirrung zu schüren, und Ion Iliescu setzte sich ständig dafür ein, ihn aufrecht zu erhalten.“


  • Künstler-„Nomadin“ Mariana Gordan: Kritischer Geist in britischer Wahlheimat beibehalten

    Künstler-„Nomadin“ Mariana Gordan: Kritischer Geist in britischer Wahlheimat beibehalten

    Wäre sie in Rumänien geblieben, hätte sie nicht überlebt, glaubt sie. Doch so wurde London zu ihrer Wahlheimat. Das Publikum in namhaften Galerien erkannte ihre Arbeit an, sie durfte drei U-Bahn-Stationen gestalten: Oxford Circus, Tottenham Court Road und Finsbury Park Station. Und sie stellte in Paris, Venedig, Florenz, Avignon, Ulm, Berlin, Tokyo, Seattle oder Washington aus. Am meisten liegt ihr der Experimentierstil — sie orientiert sich an Museen und dem Alltag, weniger an der Theorie. Dabei scheiterte Mariana Gordan in Rumänien an der Aufnahmeprüfung für die Kunstuniversität. Die Professoren bescheinigten ihr zwar Talent, aber das sei nicht ausreichend:



    Meine Mutter war sehr betroffen und hatte Angst, dass ich meine Laufbahn kaputtmachen könnte. Sie erahnte, dass ich eine waschechte Künstlerin bin und keinen anderen Job annehmen werde“, erzählt Gordan. Kurze Zeit später fand sie mit Schwierigkeiten einen Job in einer Hotelrezeption am Schwarzen Meer. Dort zeichnete sie die Porträts von englischen Touristen, die sich dann mit den Bilden zeigten. Die Geheimpolizei bekam Wind — die Hotelchefin verdächtigte die junge Frau, von den Touristen Geld zu kassieren und es nicht mit ihr zu teilen, also erzählte sie eine sehr belastende Geschichte. Die Touristen sagten zwar aus, dass sie kein Geld bezahlt hatten, aber sie wurde trotzdem gefeuert. Nun begannen aber die Engländer Unterschriften unter den restlichen Urlaubern zu sammeln.



    Am nächsten Morgen wurde Mariana Gordan wegen Verdachts auf illegalen Streiks und Verschwörung gegen den Staat verhaftet. Die Engländer verschafften ihr einen falschen Pass und kriegten sie aus dem Land. Drei Monate lang berichteten die Zeitungen darüber, es hagelte Drohungen von der Securitate. Die Künstlerin verarbeitete ihre Erfahrungen im Buch State Property: My cold-war memoir“, das 2015 im Charmides-Verlag in Bistriţa-Năsăud erschien. Darin erzählt sie auch über die anfänglichen Berührungsängste:



    Der erste Schock war der Kontakt mit der britischen Höflichkeit. In der Polizeistation, wo ich meinen falschen Pass ablieferte und um politisches Asyl ersuchte, brachte mir eine Polizeibeamtin eine Tasse Tee — ich war überzeugt, dass Drogen drinstecken. Ich konnte nicht glauben, dass es Polizisten gibt, die dich als Mensch behandeln — der Unterschied zu Rumänien, wo man bei Behörden der letzte Dreck war, erschien gewaltig“, erinnert sich die Künstlerin Mariana Gordan. So viel Freundlichkeit war ihr misstrauisch, sie befürchtete eine Falle.



    Den zweiten Schock kriegte sie an der Uni. Auf Empfehlung der damals in Gro‎ßbritannien lebenden rumänischen Bildhauers Paul Neagu ging sie zur Durham University. Keine strenge Aufnahmeprüfung, nur ein Vorstellungsgespräch anhand des eigenen Portfolios. Doch nach der Aufnahme stellte sie fest, dass die meisten ihrer Kommilitonen und Professoren Linke waren — trotzkistische Linke. Mitten im Kalten Krieg erzählten sie einer Frau aus einem indoktrinierten Land, dass eine Weltregierung erforderlich sei, wunderte sich Gordan.



    Auch andere, weniger angenehme Überraschungen standen der Künstlerin bevor: 1984 bewarb sich Mariana Gordan für die GLC Clement Attlee Portrait Competition“, einen Wettbewerb für die beste Plastik von Clement Attlee, der gleich nach dem 2. Weltkrieg Premierminister war. Die Skulptur sollte an einem prominenten Platz im Zentrum von London stehen, vor der Bibliothek Limehouse. Die Jury unter Vorstand von Dame Elisabeth Frink wählte unter 500 Bewerbungen den Vorschlag Mariana Gordans. Doch als die Jury sah, dass hinter dem Projekt eine nur 25-jährige Frau aus Osteuropa stand, gaben sie den Auftrag an den nächstplatzierten Vorschlag. Immerhin blieb sie moralische Siegerin der Ausschreibung. Nach 1989 durfte Mariana Gordan endlich in ihrer Heimat ausstellen und sie tat es ausgiebig in Bukarest, Târgu Mureş (Neumarkt), Cluj (Klausenburg) und Bistriţa (Bistritz).

  • Eiserner Vorhang: Die Todesgrenze im Westen Rumäniens

    Eiserner Vorhang: Die Todesgrenze im Westen Rumäniens

    In den 1980er Jahren spielten sich an der westlichen Grenze Rumäniens regelrechte Tragödien ab. Ihre Geschichte ist relativ wenig bekannt. Rumänische Bürger, die versuchten, über die Donau nach Serbien zu gelangen, wurden erschossen oder verhaftet. Manche haben es geschafft, sind nach Westeuropa geflüchtet und haben darüber berichtet. Die Versuche, über die Donau zu flüchten, sind für die Überlebenden unvergesslich.



    Laut dem Buch Mormintele tac“ — Die Gräber schweigen“ von Doina Magheţi und Johann Steiner haben in dieser Zeit 16.000 Personen versucht, die westliche Grenze Rumäniens illegal zu überqueren. Davon wurden 12.000 erwischt. Diese mussten mit einer Haftstrafe rechnen. Die genaue Zahl der Toten ist nicht bekannt. Heutzutage gibt es auf beiden Donau-Ufern Friedhöfe mit Gräbern von Unbekannten. Gräber von Menschen, die sich ein besseres Leben gewünscht haben. Die Grenzgänger wurden im Volksmund frontierişti“ genannt, ins Deutsche könnte man das mit Grenzlinge“ übersetzen.



    Dan Dănilă wurde in Sibiu (Hermannstadt) geboren. 1986 hat er versucht, zusammen mit einem Freund in einem Schlauch-Boot die Donau zu überqueren. Er erinnerte sich an die psychologische Vorbereitung vor dem gro‎ßen Versuch:



    Die Vorbereitung der Überquerung, der psychologische Teil, dauerte ein paar Jahre. Es war ein schwerer Kampf zwischen Angst und Verzweiflung und Mut. Der Mut war die Konsequenz unserer Verzweiflung. Es war keine spontane Aktion. Wir hatten unser Studium beendet, wir waren jung, aber nicht unwissend. Wir haben die rumänische Landkarte studiert, wir haben Bücher gekauft und haben gelernt, den Kompass zu benutzen. Dazu haben wir uns auch Fischer-Anzüge gekauft, diese Tarn-Anzüge. Von Băile Herculane sind wir nicht direkt in Richtung Donau gegangen, wie es die meisten taten, die über die Donau wollten. Wir sind in die entgegengesetzte Richtung gegangen, um keinen Verdacht zu erregen. Durch einen Wald haben wir uns mit Hilfe des Kompasses und der Karte orientiert. Und wir haben es geschafft. Nach vier Tagen, in denen wir in Gräben schliefen, haben wir die Donau erreicht. In der Nacht sind wir zum Wasser gegangen, sind ins Boot gestiegen und haben mit dem Rudern angefangen. Wegen der Angst konnten wir am Anfang das Boot überhaupt nicht bewegen. Wir konnten unsere Bewegungen nicht koordinieren und haben uns minutenlang im Kreis, einen Meter vor dem Ufer bewegt.“




    Im Sommer versuchten die Grenzlinge meistens ihr Glück. Um sie aufzuhalten, setzten die rumänischen Grenzpolizisten allerlei Methoden ein. Menschen wurden erschossen oder mit Schnellbooten überfahren. Diejenigen, die erwischt wurden, wurden auch geschlagen, manche sogar totgeschlagen. Bei den Verhören wurden zur Einschüchterung auch Hunde eingesetzt.



    In anderen Fällen wurden die Flüchtigen erschossen und dann tagelang auf dem Feld der Verwesung preisgelassen, um als Abschreckung gegen weitere Fluchtversuche zu dienen. Oftmals haben sich die jugoslawischen Behörden bei den rumänischen Behörden beschwert, dass die Pumpanlagen der Schleusen beim Wasserkraftwerk vom Eisernen Tor durch die Leichen der Erschossenen oder Ertrunkenen zugestopft wurden. Dan Dănilă und sein Freund haben für die Überquerung eine andere Jahreszeit gewählt:



    Wir haben im Frühling die Donau überquert, es war Ende März, fast April. Wir wollten den Grenzschutz überraschen. Im Sommer ist es wärmer und daher auch einfacher, die Grenze zu bewachen. Bei Kälte suchte auch der Grenzbeamte ab und zu mal Schutz, um sich aufzuwärmen. In der kalten Jahreszeit waren Fluchtversuche unwahrscheinlicher, die meisten fanden im Sommer, wenn es warm war, statt.“




    Auch wenn die Überquerung der Donau gelang, konnte man nicht sicher sein, dass die jugoslawischen oder ungarischen Grenzbeamten einen nicht nach Rumänien zurück schickten. Dan Dănilă dazu:



    Wir haben es geschafft und wurden dann im Lager in Belgrad ein paar Monate lang untergebracht. Mein Freund wollte nicht nach Amerika, er wäre lieber in Europa geblieben. Er hat mich überredet, das Lager zu verlassen. Ich war beeinflussbar und scheu und konnte nicht Nein sagen. Ich habe auf ihn gehört und an der Grenze zwischen Jugoslawien und Österreich, in den slowenischen Alpen, wurden wir erwischt und die jugoslawischen Grenzbehörden haben uns nach Rumänien zurück geschickt. Ich wusste, dass Nicolae Ceauşescu eine Amnestie erlassen hatte, deshalb haben wir die Flucht auf alle Fälle gewagt. Wir wussten, dass wir ohne Haftstrafe davon kommen würden, auch wenn man uns erwischt hätte. Man hätte uns geschlagen und dann freigelassen.“




    Laut Gesetz ist jeder Versuch, illegal über die Grenze zu gehen, eine Straftat. Wenn aber das Gesetz das Instrument eines totalitären und repressiven Regimes wird, das sich gerade die Nichteinhaltung der Gesetze auf die Fahne geschrieben hat, kann man verstehen, warum die Bürger flüchten möchten.



    Deutsch von Alex Grigorescu

  • Außenminister Aurescu: Europa muss Ursachen der Migration entgegenwirken

    Außenminister Aurescu: Europa muss Ursachen der Migration entgegenwirken



    Die Zahl der Flüchtlinge, die am Wochenende in Deutschland angekommen sind, ist auf ein Rekordhoch gestiegen. Nach einer riskanten und erschöpfenden Flucht aus ihren Herkunfsländern, sind tausende Flüchtlinge in Deutschland warm empfangen worden. Das ist internationale Solidarität! skandierte eine Gruppe deutscher Freiwilligen, die die Flüchtlinge mit einer freundlichen Aufnahme am Wochenende empfing. Europa bleibt dennoch in der Flüchtlingsfrage gespaltet und wird derzeit mit einer der schwersten Flüchtlingskrisen seit Ende des Zweiten Weltkriegs konfrontiert. Deutschland hat allerdings vor diesem Hintergrund seine Asylpolitik erleichtert.



    Die Berliner Behörden haben beschlossen, die Bearbeitung der Asylanträge zu beschleunigen und mehrere Asylheime zu bauen, damit die Flüchtlinge ein Obdach finden können. Die Koalition der deutschen Kanzlerin Angela Merkel hat sich zudem auf ein Maßnahmenpaket zur Flüchtlingskrise im Wert von 6 Milliarden Euro verständigt. Das Gesamtpaket sieht unter anderem zudem vor, dass Kosovo, Albanien und Montenegro durch Gesetzesänderung zu sicheren Herkunftsstaaten bestimmt werden. Infolgedessen können Asylbewerber aus diesen Ländern schneller abgewiesen werden. Für 2015 erwartet Deutschland rund 800.000 Asylsuchende, mehr als jeder andere EU-Staat.



    Rumänien wurde von der Migrantenwelle, die Westeuropa zu erreichen versucht, noch nicht betroffen. Bukarest zeigt jedoch seine Solidarität mit der Europäischen Union und hat sich bereits im Sommer bereit gezeigt, rund 2.000 Flüchtlinge aufzunehmen, die an andere EU-Staaten verteilt werden könnten, um westeuropäische Länder zu entlasten. Außerdem müssten Maßnahmen getroffen werden, um den Ursachen der Migration entgegenzuwirken, sagt der rumänische Außenminister Bogdan Aurescu:



    “Wir müssen Lösungen finden, um dieses Phänomen in den Herkunfsländern der Flüchtlinge zu lösen. Wir dürfen zudem nicht übersehen wo der Unterschied zwischen einem anerkannten Flüchtling gemäß der Genfer Flüchtlingskonvention und einem Wirtschaftsflüchtling liegt. Die Diskussion um die Verteilquote für Flüchtlinge trifft gar nicht den Kern der Sache. Angesichts der Zahl der Flüchtlinge die Rumänien aufnehmen könnte, möchte ich nochmal betonen, dass es noch kein offizieller Vorschlag der Europäischen Kommission gibt, der die Verteilquote für jeden Mitgliedstaat bestimmt. Vorige Woche berichteten die britischen Medien, dass Rumänien nicht 2, sondern 7.000 Flüchtlinge aufnehmen müsste. Bukarest hat dennoch die Meldung offiziell dementiert.

  • Rumänische Kriegsgefangene in der Sowjetunion nach dem Zweiten Weltkrieg

    Rumänische Kriegsgefangene in der Sowjetunion nach dem Zweiten Weltkrieg

    Die Zahl der rumänischen Kriegsgefangenen in der Sowjetunion nach dem Zweiten Weltkrieg steht bis heute noch nicht fest. Bis zum 23. August 1944, als Rumänien sich der Koalition der Vereinten Nationen anschlo‎ß, verschwanden etwa 165.000 rumänische Soldaten — die meisten von ihnen wurden zu Kriegsgefangenen. Nach dem 23. August haben die Sowjets etwa 100.000 rumänische Soldaten entwaffnet und gefangen genommen. Laut den offiziellen Quellen der Sowjetunion befanden sich 1946 noch 50.000 Rumänen in sowjetischen Gefangenenlagern.



    Die Geschichte dieser Menschen, die meisten von ihnen verloren in der gigantischen Sowjetunion, wird höchstwahrscheinlich niemals komplett geschrieben. Der Zugang zu den sowjetischen Archiven ist heute zwar möglich, doch die enorme Zahl der Dokumente macht die Forschungsarbeit besonders schwer. Die rumänischen Historiker versuchen, so schnell wie möglich Informationen zu sammeln; einer dieser Forscher ist Vitalie Văratec, Autor der Studie Die rumänischen Kriegsgefangenen in der Sowjetunion. Dokumente 1941-1945“. Vitalie Văratec teilte uns mit, mit welchen Schwierigkeiten er in den Moskauer Archiven konfrontiert wurde:



    Heutzutage können wir nicht einmal die genaue Zahl der rumänischen Kriegsgefangenen feststellen. In den Dokumenten wird nur die Bezeichnung ‚Verschollene‘ verwendet. Wenn diese Soldaten zum Beispiel in einem Flu‎ß gefallen sind, wei‎ß niemand mehr, was mit ihnen geschehen ist. Einer meiner Kollegen, mit dem ich beim Verfassen des Buches zusammenarbeitete, hat versucht, die Liste der Gefallenen in der Schlacht von Ţiganca festzustellen; er sagte mir, da‎ß bis heute noch nicht genau bekannt sei, wie viele Soldaten gefallen sind, wie viele gefangen genommen und wie viele für verschollen erklärt wurden. Es gibt nur eine lange Liste mit Verschollenen — niemand wei‎ß, was mit diesen Menschen in Wirklichkeit passiert ist. Und das wissen wir nur von den Schlachten am Flu‎ß Prut. Was war aber am Don, am Dnjestr, oder bei der Schlacht von Stalingrad geschehen?“




    Der Status der rumänischen Kriegsgefangenen im Zweiten Weltkrieg war von der sowjetischen Auslegung des Völkerrechts abhängig. Vitalie Văratec:



    Der Status der Kriegsgefangenen in der Sowjetunion entsprach teilweise den Normen, die in der Genfer Konvention von 1929 festgelegt worden waren. Es gab aber auch deutliche Unterschiede, wenn man bedenkt, da‎ß der sowjetische Staat in seiner offiziellen Politik den Grundsatz des Klassenkampfes förderte und die Offiziere einen besonderen Status genossen. In der Sowjetunion gab es eine spezielle Interpretation der Frage betreffend die Arbeitspflicht für Kriegsgefangene. Laut der Genfer Konvention durften die Kriegsgefangenen nicht in der Militärindustrie oder in irgendeinem Bereich im Interesse der Armee arbeiten. In der Sowjetunion, wie auch in Nazideutschland, hat man diese Norm nicht beachtet.“




    Am schlimmsten in den sowjetischen Gefangenenlagern war aber die Ernährung. Trotz des enormen ideologischen Drucks haben einige sowjetischen Ärzte erklärt, da‎ß die Verpflegung der Kriegsgefangenen unter dem Lebenserhaltungniveau war. Vitalie Văratec dazu:



    Sehr viele Kriegsgefangene sind in den sowjetischen Lagern verhungert. Die russischen Historiker haben dieses Problem sehr aufmerksam recherchiert. Ein Forscher aus Wolgograd, Dr. Sidorow, hat sogar eine umfassende Studie über die Entwicklung der Lebensmittelrationen für Kriegsgefangene während des Zweiten Weltkriegs veröffentlicht. Vor allem in der zweiten Hälfte des Jahres 1942 wurden Entscheidungen getroffen, die zum Tod von Tausenden Menschen führten. Die Sowjetunion befand sich in einer äu‎ßerst schwierigen wirtschaftlichen Lage und wurde gezwungen, viel Getreide aus den USA zu importieren. In dieser Situation konnte der sowjetische Staat die Mindestrationen von Lebensmitteln für Kriegsgefangene nicht sichern. Nach den Schlachten am Flu‎ß Don und von Stalingrad war die Zahl der Kriegsgefangenen massiv gestiegen und in den ersten Monaten des Jahres 1943 wurden sogar medizinische Gutachten über den Zustand der Gefangenen gefordet. Auch wenn die Sowjetbürger in Angst vor dem harten proletarischen Regime lebten, trauten sich doch einige Ärzte zu erklären, da‎ß die offiziell festgelegten Lebensmittelrationen für die normale Lebenserhaltung nicht ausreichten. Laut ihren Rechnungen reichten die Kalorienmengen der Rationen für Kriegsgefangenen nur, um im Liegen zu überleben, ohne sich zu bewegen. Aber diese Menschen mu‎ßten schwere Arbeit verrichten, und unter diesen Bedingungen konnten sie nicht lange überleben.“




    Das Leben der Kriegsgefangenen in den sowjetischen Lagern war unerträglich, aber die Leute haben die Hoffnung nicht verloren — sie versuchten immer wieder, sich zu retten. Vitalie Văratec mit weiteren Informationen:



    Ich habe viele Statistiken über die Zahl der Toten und Kranken unter den Kriegsgefangenen gelesen. Es gibt aber auch eine besonders interessante Statistik über diejenigen, die aus den Lagern ausgebrochen und geflüchtet waren. Neben den Listen mit den Namen der Ausbrecher gibt es auch Angaben über diejenigen, die wieder gefasst oder nicht mehr gefasst wurden. 3,2% aller Ausbrecher wurden nicht mehr gefasst, und die meisten von ihnen waren Rumänen. Da fragte ich mich, warum? Eine Geschichtsforscherin aus Italien versuchte, eine Antwort darauf zu finden, und sie konnte feststellen, dass es eine Art ‚Mafia‘ der Kriegsgefangenen in der Sowjetunion gegeben hat. Nach der Schlacht von Stalingrad wurden über 30.000 rumänische Soldaten gefangengenommen; darüber gibt es auch Zeugnisse von Zivilisten. Eine ältere Frau hat erzählt, da‎ß, als sie am Morgen in die Schule ging, sie manchmal am Stacheldrahtzaun sah, wie die Kriegsgefangenen in Reih und Glied standen. Die Rumänen bekreuzigten sich, und die Deutschen zeigten mit den Finger auf sie und lachten. Daraus wurde mir klar, da‎ß die Rumänen, mit ihrer orthodoxen Religion, sich schneller an die schwere Lage im Gefangenenlager angepa‎ßt hatten. Nach diesem Prinzip konnten sie sich auch besser organisieren.“



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