Tag: Förderbedarf

  • Multisensorische Spielanlagen für behindertengerechte Spielplätze

    Multisensorische Spielanlagen für behindertengerechte Spielplätze

    In diesem Herbst werden wir aufgefordert, einen multisensorischen, mobilen Spielplatz zu entdecken. Der Spielraum ist mit einmaligen, kreativen und inklusiven Spielanlagen ausgestattet. Die sogenannten Pop-Up-Spielplätze richten sich an alle Kinder, ungeachtet dessen, ob sie einen besonderen Förderbedarf haben oder unter einer autistischen Krankheit leiden. Pop-Up-Spielplätze wurden erstmals in der rumänischen Hauptstadt Bukarest eingerichtet. Iris Popescu ist Mitbegründerin des Vereins für Alternative Methoden zur Sozialen Inklusion. Sie lieferte uns einige Einzelheiten zur genannten Initiative:



    Das Projekt »Pop Up Răspiua« wurde aus einer anderen Initiative unseres Vereins, dem Projekt »« Răspiua”, abgeleitet. Dieses Projekt starteten wir im vergangenen Sommer, im Jahr 2016. Es war Teil des Programms »Förderung der Exzellenz« (rum. »Mobilizăm excelenţa«). Wir haben mehrere Projekte für behinderte erwachsene Personen umgesetzt — die »Sensibility« – Projektreihe. Wir haben uns intensiv mit behinderten Menschen beschäftigt und festgestellt, dass in einem gewissen Alter manche Frustrationen aufkommen. Frustrationen, die schwer zu überwinden sind. Wir sind zum Schluss gekommen, wir müssen Kinder in unsere Projekte einbinden, also früh anfangen. Demnach richteten wir spezielle Spielplätze ein.“




    Kommt allesamt, Gro‎ß und Klein! Lasst uns zusammen spielen, inklusiv handeln und Empathie zeigen!“ — so lautet die auf der Webseite des Vereins veröffentlichte Einladung. Das Projekt PopUP Răspiua“ will nämlich das Leben behinderter Menschen erleichtern. Daher nimmt es sich vor, die Hindernisse in unserem Land zu erkennen, erklärte Iris Popescu:



    Wir versuchen, möglichst kleine Kinder in unsere Projekte einzubinden. Wir arbeiten mit Kindern ab zweieinhalb Jahren und gestalten die Spielsachen und –anlagen dementsprechend. Behinderte Menschen werden in Rumänien aus den meisten Lebensbereichen ausgeschlossen. Zwei Ursachen trugen zu dieser Situation bei: Es gibt zwei getrennte Welten — die Welt gewöhnlicher Menschen und die Welt behinderter Personen. In erster Linie ist die Infrastruktur für behinderte Personen sehr mangelhaft. Und zweitens ist diese Spaltung durch die Einstellung der Gesellschaft, der ‚gewöhnlichen‘ Menschen gegenüber behinderten Personen zu erklären.“




    Um diesen Teufelskreis zu unterbrechen, so wie ihn unsere Gesprächspartnerin nennt, schlägt das Projekt einige Empfehlungen vor:



    Wir versuchen, zwei Themen gleichzeitig anzugehen: die Sozialisierung und die Empathie. Das bedeutet, wir legen gro‎ßen Wert auf die Kommunikation und das Beisammensein von gewöhnlichen und behinderten Menschen. Behinderte Menschen sollten zum Beispiel die Möglichkeit haben, die Stadt zu erforschen. Die Empathie ist ebenfalls wichtig. Alle sollten verstehen, wie wichtig eine behindertenfreundliche Stadtinfrastruktur ist.“




    Was schlagen uns die Projekturheber vor? Wie sollten wir miteinander spielen?



    Im Projekt Pop Up Răspiua geht es um einen mobilen Spielplatz. Wir haben einen Lieferwagen gekauft und haben Sticker mit dem Brand Răspiua drauf geklebt. Wir werden damit durch Bukarest fahren, durch die Stadtteile, die eine Wiederaufwertung brauchen, sowie durch besonders sichtbare und gut zugängliche Viertel. Hier werden wir ein sensorisches Labyrinth aufstellen. Wir haben ein Modul entworfen, welches neunmal vervielfacht wurde. Damit bauen wir das Labyrinth auf. Die Labyrinthwände werden mit verschiedenen natürlichen Stoffen, die wir in Harz befestigen, bekleidet. Wichtig ist, dass die von uns aufgebauten Anlagen mindestens zwei Sinne aktivieren. Die übertragenen Informationen können demnach über mindestens zwei Sinne wahrgenommen werden. Das ist ein Hauptkriterium beim Entwurf unserer Anlagen. Denn wir möchten so viele Kinder wie möglich erreichen. Die Kinder können Rüstungen anziehen. Es sind keine Rüstungen im echten Sinne des Wortes, sondern vielmehr Kostüme aus unterschiedlichen Stoffen und Pailletten. Letztere werden mit Sicherheit viele Kinder begeistern. Die Rüstungen haben auch einen eigenen Geruch. Dadurch werden also mehrere Sinne angesprochen.“




    Sie mögen sich fragen, wieso gerade ein modulares Labyrinth als Spielplatz gewählt wurde. Dazu Iris Popescu:



    Das modulare Labyrinth bietet eine hohe Flexibilität, es ist sehr gut anpassbar. Wir können damit sämtlichen Umständen Rechnung tragen. Es passt zu jeder Oberfläche. Ideal wäre eine 100-m2-Fläche. Doch wir passen uns den örtlichen Gegebenheiten an. Und ein einteiliges Labyrinth bereitet den Kindern ebenfalls Spa‎ß. Die modulare Struktur erlaubt uns, kreativ zu sein.“




    Der Verein plant auch weitere ähnliche Projekte, sagt Iris Popescu:



    Wir versuchen, den von uns entworfenen modularen Spielplatz zu erweitern. Darüber hinaus planen wir ein komplexeres Projekt, das allerdings mehr Mittel in Anspruch nimmt. Wir überlegen, eine multisensorische Anlage an mehreren Spielplätzen in der Stadt einzubauen. Dafür brauchen wir ein offenes Ohr bei den öffentlichen Behörden, denn dafür müssten die Spielplätze umgestaltet werden. Es reicht nicht, ein Schild aufzuhängen, auf dem eine Schaukel abgebildet ist und eine Anweisung zur Benutzung ab einem bestimmten Alter draufsteht. Der Spielplatz und die zusammenhängenden Anweisungen sollten kinderfreundlich verfasst sein. Darüber hinaus sollte ein sehbehindertes Kind die Zeichen auch erkennen können. Schilder für Blinde gibt es überhaupt nicht. Solche Aspekte sollten auch in Betracht gezogen werden.“




    Das Projekt Pop Up Răspiua“ ist ein weiteres Beispiel von guten Praktiken im Hinblick auf eine künftig behindertenfreundliche Gestaltung von Spielplätzen. Wir sind gespannt auf die Reaktion der Kinder und können es kaum erwarten, dass diese ihre Freude an den neuen Spielgeräten haben.

  • Programme für Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf

    Programme für Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf

    Fast täglich landen in unserer Mailbox Angebote für die raffiniertesten Kurse für überdurchschnittlich begabte Kinder, bzw. für jene Kinder, deren Eltern hoffen, sie in die Kategorie der Überbegabten einzuordnen. Und das, weil Rumänien sich über mehrere Jahrzehnte hinweg stets mit den au‎ßerordentlichen Ergebnissen hochbegabter Schüler bei internationalen Wettbewerben gerühmt hat. Das war im Laufe der Zeit auch das stärkste Argument zugunsten des rumänischen Bildungssystems. Dass es dem System nicht ebenso gut gelang, gewöhnlichen Kindern zu Leistungen zu verhelfen, konnte man gerne übersehen.



    Und wenn es um die Integration von Kindern mit sonderpädagogischem Förderbedarf geht, erweist sich das Schulsystem des Landes als völlig unzulänglich. Die Vorjahres-Statistik der Generaldirektion für Sozialhilfe und Kinderschutz ist ernüchternd: Von den über 72.700 Kindern mit Behinderungen besuchen etwa 24.100 (also weniger als ein Drittel) den Regelunterricht. Auch wenn Rumänien seine Gesetzgebung im Bereich Kinderschutz und Personen mit Behinderungen an europäische Standards angepasst und sich verpflichtet hat, alle behindertengerechten Einrichtungen zu gewährleisten, erweist sich die Umsetzung als zu langwierig und mangelhaft.



    Es gibt allerdings auch eine gute Nachricht: mehrere Nichtregierungsorganisationen haben Programme für die Integration von Kindern mit sonderpädagogischem Förderbedarf geschaffen. Ein solches Bespiel stellt das Projekt Lasst uns unsere Schule neu entdecken“ dar, zu dem nach der dreijährigen Laufzeit jetzt Bilanz gezogen wird. Was sich das Projekt überhaupt vorgenommen und inwiefern es seine Ziele erreicht hat, erfahren wir von der Projektleiterin Daniela Vişoianu:



    Wir können zurzeit von 1860 Kindern berichten, die an unseren Ferienlagern teilgenommen haben, oder an Werkstätten, Sommerschulen, Sonntagsschulen. An all diesen Aktionen haben sie gemeinsam mit ihren Eltern teilgenommen. Die Absicht des Projekts war es, den Kindern mit Sonderbedürfnissen zu zeigen, dass sie etwas mit ihrer eigenen Intelligenz, mit ihren Händen tun können, und au‎ßerdem diese Kinder vor ihren Eltern in einem anderen Licht erscheinen zu lassen. Wir sind sehr stolz darauf, gegen Ende des Projekts behaupten zu können, dass die Eltern das eingesehen haben.“



    Und weil unser Bildungssystem die Inklusion und das lebenslange Lernen bei allen Kindern und Jugendlichen, unabhängig ihrer Herkunft, fördern sollte, wurden im Rahmen des Projekts auch Möglichkeiten zur sozialen Integration von Kindern mit Behinderungen identifiziert. Das Projekt Lasst uns unsere Schule neu entdecken“ hat Experten aus dem Ausland eingeladen, die mit den Kindern und ihren Eltern zusammengearbeitet haben, Treffen mit Experten der Sonderpädagogik organisiert und die gesammelten Informationen in einem gedruckten Band veröffentlicht. Projektleiterin Daniela Vişoianu wei‎ß mehr:



    Im letzten Jahr haben wir auch ein Lehrbuch für die alternative Erziehung herausgebracht, in dem die Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf tiefgründig thematisiert werden. Darin stellen wir bestimmte Arten von Aktivitäten oder Übungen vor, die man mit diesen Kindern unternehmen kann, und das nicht entsprechend dem offiziellen Lehrplan. Es sind aber Methoden, die in jedem schulischen Umfeld aufgenommen werden können, um die Beziehung zwischen den Sonderpädagogen und den Kindern mit Behinderungen zu verbessern. Oder aber um eine Grundlage für die Eltern der Kinder zu schaffen, die zu Hause andere Dinge als die im Lehrplan festgelegten Übungen machen wollen. Das Handbuch enthält zudem Präsentationen der in Rumänien anerkannten Formen von Sonderpädagogik. Es sind Meinungen von bewährten Experten vertreten, die in den Zentren in Simeria oder Corabia arbeiten, wo mit den am schwersten betroffenen Kindern, mit den schwersten Diagnosen, gearbeitet wird. Sie sprechen über ihre Erfahrung oder über den Mehrwert einer alternativen Pädagogik, falls es zu einem Austausch mit den Kindern mit Sonderbedürfnissen kommt. Wir sprechen von den sechs von dem rumänischen Bildungsministerium anerkannten Formen der Sonderpädagogik, die in den Schulen anzutreffen sind. Die bekannteste davon hei‎ßt Step by Step. Sie wird auch in dem Handbuch vorgestellt, die Experten waren auch bei unseren Veranstaltungen präsent. Hinzu kommen die Waldorfpädagogik, die Heilpädagogik, der Jena-Plan oder Montessori.“



    Die Ausbildung von Lehrkräften und Spezialisten aus dem Bildungssystem mit Blick auf die Inklusion — das ist eines der weiteren erreichten Ziele des Projekts: 400 Experten, die von der Nationalen Akkreditierungsstelle anerkannt sind, dürfen die erlernten Arbeitsmethoden im Umgang mit Kindern mit Sonderbedürfnissen anwenden. Und für die Zukunft ist die Einweihung eines sensory rooms“ in Bukarest geplant, das Therapeuten und Kindern mit sonderpädagogischem Förderbedarf zur Verfügung gestellt werden soll, wie Daniela Vişoianu berichtet:



    Wenn alles nach Plan verläuft, könnten wir im April in Bukarest einen ‚sensory room‘ einweihen. Der ‚sensory room‘ ist ein Sonderraum, der für die Therapie von Kindern mit sonderpädagogischem Förderbedarf empfohlen wird, in dem es z.B. sehr weiche Möbelstücke gibt oder in dem Lautsprecher oder andere geräuscherzeugende und vibrierende Objekten eingebaut sind, die von den Kindern so wahrgenommen werden. Dann gibt es noch Tafeln mit eingebauten Lichtern, so dass man im Schatten oder Halbschatten mit Kindern mit Sehbehinderungen arbeiten kann. All diese Stimuli in dem Raum helfen dem Kind, noch stärker in die Arbeit mit dem Therapeuten einbezogen zu werden.“



    Und schlie‎ßlich kann man behaupten: Jede Initiative dieser Art ist willkommen, denn sie bringt die Integration der Kinder mit Behinderungen ein Stück nach vorne.



    Audiobeitrag hören: