Tag: Freiberufler

  • Freiberufliche Kulturschaffende: Neues Gesetz soll ihren Status verbessern

    Freiberufliche Kulturschaffende: Neues Gesetz soll ihren Status verbessern





    Dieses Gesetz, an dem etwa zwei Jahre lang gefeilt wurde, zielt darauf ab, die steuerliche und sozialökonomische Situation aller Künstler, Schriftsteller und Schauspieler zu regeln, die kein typisches Arbeitsverhältnis wie herkömmliche Arbeitnehmer eingehen. Mit dem Gesetz soll gleichzeitig das kreative Potenzial von Kulturschaffenden gefördert und ihre Einbindung in den Arbeitsmarkt gestärkt werden. Delia Bădoi, Rumäniens Vertreterin in der Arbeitsgruppe der Europäischen Kommission, die ein europäisches Statut für Künstler erarbeiten soll, war an der Ausarbeitung des rumänischen Gesetzes beteiligt und erläutert im folgenden, unter welchen Bedingungen Kulturschaffende bislang gearbeitet haben:



    Die Idee hinter dem Gesetz war, dass in Rumänien, aber auch in anderen Ländern, Kulturschaffende und Künstler bislang nach allgemeinen und ziemlich unterschiedlichen Rechtsvorschriften arbeiten konnten. Im Grunde gab es eine Reihe von Gesetzen, die auch heute noch bestehen, vom Arbeitsgesetzbuch bis hin zum Urheberrechtsgesetz u.a.m. Dann gibt es natürlich noch die unabhängigen Formen der Arbeitsleistung, z.B. als Selbstständige und Freiberufler; darüber hinaus arbeiten viele Künstler über ihre eigenen Firmen oder Unternehmen, die juristische Personen sind. Unsere Gesetzgebung ist im Hinblick auf die Arbeitsbedingungen ziemlich zersplittert, d.h., wir haben oder hatten bislang kein einheitliches Gesetz mit all den Bestimmungen, die eine Reihe von wirtschaftlichen Schwachstellen und Anfälligkeiten verhindern könnten, die die Arbeitswelt von Kulturschaffenden prägen. Und jetzt kommt dieses Statut, wie es seit den 1980er Jahren geplant war, als es praktisch eine in Gesetze zu formulierende Richtlinie der UNESCO gab, um die eher unregelmä‎ßige, atypische, ganz spezifische Arbeit im Kulturbereich einheitlich zu regeln. Es bestand ein gro‎ßer Bedarf, eine Reihe von einheitlichen Ma‎ßnahmen zu schaffen, die wir als Leistungen und Rechte bezeichnet haben, um den Arbeitnehmern im Kultursektor eine gewisse Normalität zu ermöglichen.“




    Freischaffende Künstler sind besonders vulnerabel in einer freien Marktwirtschaft. Doru Taloș, Schauspieler und Initiator eines unabhängigen Kulturprojekts in Cluj (Klausenburg), kennt aus eigener Erfahrung die Risiken in der Ausübung eines Berufs, der nicht eindeutig anerkannt und steuerlich geregelt ist.



    Ich habe in den letzten 9 Jahren in Rumänien manchmal deutlich über die normale Vollzeitbeschäftigung hinaus gearbeitet. In meinem Arbeitsbuch ist jedoch nur ein Zeitraum von eineinhalb Jahren vermerkt. Ich habe also keine Betriebszugehörigkeit, folglich auch kein Dienstalter, und ich habe bisher keine Beiträge zu meiner Rente geleistet, doch diese Bedürfnisse werden mit zunehmendem Alter immer dringender. Bis letztes Jahr war ich auch nicht krankenversichert, weil ich es mir nicht leisten konnte. Und ich hoffe, dass mit der Einführung eines gesetzlichen Rahmens, mit der Einführung von Steuervorteilen oder mit dem Bewusstsein für bestimmte Bedürfnisse in diesem Bereich die Dinge besser werden und wir eine Formel finden, mit der wir auch diese absolut wichtigen Bedürfnisse und Ausgaben decken können.“




    Die Verabschiedung eines Statuts der Kulturschaffenden wertet der Schauspieler Doru Taloș daher als ein gutes Omen, als einen ersten Schritt auf dem Weg zur Normalisierung der Situation der selbständigen und freischaffenden Künstler in Rumänien:



    Wir Künstler sind äu‎ßerst anfällig und setzen uns Risiken aus, weil wir es oft versäumen, eine Art von Nachhaltigkeit in unseren Einkommensverhältnissen zu erreichen, die uns auch eine Reihe von langfristigen Garantien bieten würde. Ich hoffe, dass diese neue Gesetzgebung zu einer Art Klärung und Ermächtigung der im Bereich der Kultur arbeitenden Menschen führen wird. Mit der Verabschiedung dieses Statuts können Kulturschaffende das Gefühl und die Sicherheit erlangen, dass ihre Arbeit langfristig wertgeschätzt und entsprechend vergütet wird. Im Moment habe ich das Gefühl, dass viele Künstler nur so lange zu arbeiten bereit sind, wie sie eine Reihe von Opfern bringen können, doch oft ist eine gewisse Aufopferung nur in einem bestimmten Lebensabschnitt möglich. Die Bedürfnisse, die ich mit 25 hatte, haben nichts mehr mit den Bedürfnissen zu tun, die ich mit 35 habe. Und daher ist eine gewisse Klarstellung notwendig, damit die Arbeit der Kulturschaffenden eine langfristige Beschäftigung mit einem nachhaltigen Engagement werden kann.“




    Doch was beinhaltet konkret das neue Gesetz über den Status der Kulturschaffenden? Das wei‎ß wiederum die Soziologin Delia Bădoi, die an der Ausarbeitung des Gesetzes beteiligt war:



    Es ist wichtig zu wissen, dass im Rahmen dieses Gesetzes ein Arbeitsvertrag für kulturelle Aktivitäten zur Verfügung gestellt wird. Es wird im Grunde ein Mustervertrag sein, mit dem Kulturschaffende als Arbeitnehmer registriert werden. Die Registrierung wird an zwei Stellen erfolgen. Erstens geben freischaffende Künstler — wie alle anderen Bürger auch — ihre Einkommenserklärung bei den Steuerbehörden ab, indem sie bis zum 25. Mai eines jeden Jahres das bekannte Formular ausfüllen und gleichzeitig eine eidesstattliche Erklärung abgeben, dass ihr Einkommen und ihre Tätigkeit unter den Status des Kulturschaffenden fallen. Anschlie‎ßend werden sie beim Kulturministerium in ein Register eingetragen, in dem auch diese praktische Erfassung der Arbeitnehmer im Kulturbereich vorgenommen wird. Wahrscheinlich wird es in den nächsten drei Jahren ein kleines Experiment für alle sein, bei dem wir genau sehen werden, wie gro‎ß das Interesse daran ist, wie gut freischaffende oder freiberufliche Künstler verstanden haben, was sie zu tun haben, in welchem Umfang sie sich diesen Status wünschen und wie wir vorankommen. Doch die weitaus schlechtere Option wäre, kein entsprechendes Gesetz zu haben, denn dieses Statut ist mit der Absicht ausgearbeitet worden, die Arbeit im Kulturbereich zu verbessern. Durch den Mustervertrag für kulturelle Aktivitäten werden zudem viele Grauzonen legal.“




    Das Gesetz über den Status der professionellen Kulturschaffenden wird sicherlich nicht alle zufriedenstellen, es soll jedoch vorerst nur ein erster Schritt sein, um einigen freischaffenden Künstlern zu ermöglichen, Unsicherheit zu überwinden und Altersarmut vorzubeugen.

  • Theaterwelt: Nachwuchsschauspieler in staatlichen Theatern kaum gefördert

    Theaterwelt: Nachwuchsschauspieler in staatlichen Theatern kaum gefördert

    In der Theaterwelt scheint im Oktober dieses Jahres mehr als in anderen Jahren los zu sein. Im Rahmen mehrerer Festivals kann man Inszenierungen der staatlichen Theater und unabhängige Aufführungen sehen, auf die Bühne steigen berühmte Darsteller, sogenannte Publikumslieblinge, und Schauspieler, die sich am Anfang ihrer Karriere befinden. Dieser Tage findet man bei den Aufführungen im Rahmen des Nationalen Theaterfestivals sehr viele junge Darsteller oder Studenten der Theaterakademie, die als Zuschauer gekommen sind. Man muss sich natürlich fragen, welchen Weg sie gehen werden, wie die Lebensumstände und Berufschancen des rumänischen Darstellers ausschauen. Die rumänische Theaterwelt scheint dort zu sein, wo die westliche Theaterwelt vor 40-50 Jahren war. Das meint zumindest die Theaterkritikerin Cristina Modreanu:



    Wir befinden uns auf einem Weg, hoffentlich auf dem guten Weg. Aber derzeit ist das System starr, zumindest in der Theaterwelt. Seit ein paar Generationen können die jungen Absolventen — das sind jährlich mindestens 150 pro Jahr im ganzen Land — keine Anstellung in den Theatern finden, weil die Stellenanzahl starr festgelegt ist. Das bedeutet, dass theoretisch sehr viele Freiberufler produziert werden, und dies in einem System, in dem die Freiberufler weder gesetzlich noch logistisch gefördert werden. Es ist schwer, sich allein durchzusetzen, weil es nicht genügend Ressourcen für diese parallele Welt, die mittlerweile entstanden ist, gibt. Ich glaube, das ist das Hauptproblem: Es gibt keine Koordinierung zwischen dem Bildungssystem, das Künstler im Theaterbereich produziert, und den Institutionen im Kulturbetrieb, die diese Arbeitskraft aufnehmen müssten. Sie müssten zusammen arbeiten, damit keiner seine Energie vergeudet. Man müsste neue Strukturen schaffen, die diesen jungen Leuten eine Chance anbieten könnten. Manche haben sich für einen Beruf, den sie nie ausüben werden, vorbereitet.“




    Sehr viele Theater-Absolventen, manche aus eigenen Stücken, die meisten aber, weil sie es nötig haben, wählen den Weg des unabhängigen Theaters. So auch Raluca Aprodu, eine Schauspielerin, die seit ein paar Jahren die Freiheit als unabhängige Künstlerin mit allen Vor- und Nachteilen genie‎ßt. Sie spielt in Aufführungen der unabhängigen Theater, aber auch in staatlichen Theatern und wurde beim Publikum auch dank ihrer Filmrollen bekannt. Wir haben sie gefragt, ob sie sich jemals gewünscht hat, in einer öffentlichen Institution zu arbeiten.



    Da schwanke ich, das muss ich zugeben. Einerseits habe ich Angst vor einem festen Arbeitsplatz. Angst wahrscheinlich wegen Klischees, die ich immer wieder gehört habe oder die ich mir einbilde. Zugleich möchte ich auch in Filmen spielen, die Freiheit haben, weg zu gehen und auch im Rahmen von unabhängigen Theater-Projekten zu spielen. Ich wei‎ß ganz genau, dass manche Theater damit nicht einverstanden sind und dass die Darsteller Probleme haben, freie Tage zu bekommen. Zugleich wei‎ß ich, dass man als Angestellter in einem Staatstheater gro‎ße Chancen hat, mit wichtigen Regisseuren zu arbeiten und diese kennenzulernen. Es gibt auch Vorsprechen für freie Mitarbeiter, aber im begrenzten Ma‎ße und nur für kleinere Rollen. Ich kenne Leute, die im Theater arbeiten und in drei Jahren mit allen gro‎ßen Regisseuren hierzulande gearbeitet haben. Im Moment bin ich mit meiner Position zufrieden, aber wenn ich mich mit der Entscheidung über einen festen Posten konfrontieren werde, hoffe ich, die richtige Entscheidung zu treffen. Ich schwanke. Wo, das spielt auch eine wichtige Rolle. Ich würde keinen Job annehmen, ohne das Team zu kennen. Ich würde Angst haben. Aber der Angst stellt man sich!“




    Auch wenn die Ressourcen im Falle der unabhängigen Projekte bescheidener sind, seien die jungen Künstler hier viel dynamischer und zukunftsorientierter, meint die Theaterkritikerin Cristina Modreanu. Sie kämpfen aber mit einer Reihe von Angelegenheiten, über die sie in der Ausbildung kaum etwas erfahren haben: Finanzierungsanträge, Projekt-Koordination, Spesenabrechnung.



    Auch Lucian Vărşăndan, der Leiter des Deutschen Staatstheaters in Temeswar, eines der leistungsfähigsten und innovativsten Theater in Rumänien, meint, dass die Darsteller, die im Bereich des unabhängigen Theaters arbeiten, für den Wettbewerb besser vorbereitet sind. Deswegen unterstützt er die befristeten Arbeitsverträge in einem System, in dem der Arbeitsplatz-Wechsel eine Seltenheit ist.



    Ich glaube, dass gerade die befristeten Arbeitsverträge ein Gleichgewicht herstellt zwischen der Strenge des auf Wettbewerb basierenden Systems einerseits und der Möglichkeit, ein ganzes Ensemble gro‎ß zu ziehen, andererseits. Ich sage nicht, dass ein Darsteller jeden Abend in einem anderen Theater spielen sollte. Vielmals ist dieses System der freien Mitarbeit chaotisch und führt nicht unbedingt zur Entwicklung einer Darsteller-Persönlichkeit. Ich glaube aber, dass alle von einem wettbewerbsfähigen System in den öffentlichen Theatern zu profitieren hätten, damit meine ich auch die befristeten Arbeitsverträge. Das entspricht auch der Repertoire-Strategie, denn das Repertoire kann sich von einer Spielzeit zur anderen und von einem Manager-Mandat zum anderen ändern.“




    Ein weiteres Problem der staatlichen Theater sei Lucian Vărşăndan zufolge die Entlohnung der Schauspieler, die sich nicht an der erbrachten darstellerischen Leistung orientiere. Die Schauspieler erhalten ihre Gehälter und Zulagen nach Kriterien wie Dienstalter, Stellung in der Hierarchie, automatische Beförderung in bestimmten Zeitabständen — all dies ungeachtet der interpretierten Rollen, der Qualität und der Anzahl der Auftritte während einer Spielzeit. Die Gehaltspolitik im rumänischen Theaterwesen sei folglich seit Jahrzehnten erstarrt, ohne Aussichten auf eine positive Entwicklung“, so der Leiter des Deutschen Staatstheaters in Temeswar.

  • Proteste gegen die umstrittene Novellierung des Strafgesetzbuches

    Proteste gegen die umstrittene Novellierung des Strafgesetzbuches

    Etwa 2.000 Menschen sind am Sonntag im Zentrum Bukarests zusammengekommen, um gegen die neue Mauer, die die Parlamentarier zwischen sich und der Justiz bauen, zu protestieren. Die wichtigste Abänderung des Strafgesetzbuches besagt, dass der Staatschef, die Parlamentarier und die Freiberufler keine Staatsbedienstete mehr sind. Gegen diese könnte folglich nicht mehr wegen Korruptionsfällen wie Amtsmissbrauch, Annahme von Schmiergeldern, Einflussnahme oder Interessenskonflikt ermittelt werden. Die genannten Kategorien könnten für diese Taten auch nicht mehr von der Jsutiz belangt werden.



    Auch wenn die sehr rasche Änderung des Strafgesetzbuches die öffentliche Meinung empörte, versuchen die Parlamentarier aus allen Parteien ihre Entscheidung zu verteidigen. Einer der Aktivsten ist dabei der sozialdemokratische Abgeordnete Eugen Nicolicea:



    Die Parlamentarier seien von der der Kategorie der Staatsbediensteten ausgenommen worden, sagt man. Das ist eine falsche Aussage. Die Hauptbedingung, um Staatsbediensteter im Sinne des Strafgesetzbuches zu sein, ist es, im Dienst einer öffentlichen Institution zu sein. Das geschieht natürlich nicht, auch wenn der Senat und die Abgeordnetenkammer öffentliche Institutionen sind. Die Parlamentarier sind nicht Im Dienst der Abgeordnetenkammer, des Senats. Die Berater und die technischen Angestellten und die anderen Angestellten sind es, nicht aber die Parlamentarier, so wie auch der Präsident nicht im Dienst des Präsidialamtes steht.“



    Es fehlte nicht an weiteren Rechtfertigungen seitens der Parlamentarier. Die Novellierung hat jedoch Folgen auch für andere Institutionen. Auch für die Nationale Integritätsbehörde (ANI) und die Nationale Antikorruptionsbehörde (DNA). Ein gro‎ßer Teil des Tätigkeitsbereichs dieser Behörden wurde gestrichen. Die Nationale Integritätsbehörde und die Nationale Antikorruptionsbehörde haben gegen Dutzende Parlamentarier ermittelt. Staatschef Traian Băsescu und Politikanalysten sind der Meinung, die EU-Kommission werde die Novellierung des Strafgesetzbuches negativ im künftigen Justiz-Fotschrittsbericht beurteilen. Das, weil die Tätigkeit der Nationalen Integritätsbehörde und jene der Nationalen Antikorruptionsbehörde immer in den den Berichten der EU-Kommission gelobt wurde.