Tag: Freiheiten

  • Religionsfreiheit in der Pandemie: Wie weit wurde sie eingeschränkt?

    Religionsfreiheit in der Pandemie: Wie weit wurde sie eingeschränkt?

    Wer hat hier Recht? Ist es der Staat, der zur Pandemiebekämpfung, wenn auch nur vorübergehend, die Grundrechte und -freiheiten einschränkt? Oder sind es die Anhänger des Prinzips einer roten Linie, die nicht überschritten werden sollte? Das ist das Thema einer Diskussion mit Cătălin Raiu, Rumäniens Vertreter in der OSZE-Expertengruppe für Religionsfreiheit und Präsident von FoRB Rumänien, einer Vereinigung, die sich für Religionsfreiheit einsetzt.



    Die Religionsfreiheit ist in dieser Zeit der Pandemie überall verletzt worden, weil alle Staaten strenge Ma‎ßnahmen au‎ßerhalb der internationalen Normen ergriffen haben, die auch genau vorschreiben, wie der Staat in Krisensituationen eingreifen kann, um die Einschränkung des religiösen Lebens demokratisch zu regeln. Der Unterschied zwischen Rumänien und dem, was im Westen geschehen ist, besteht darin, dass in Rumänien im Gro‎ßen und Ganzen keine der für solche Situationen geltenden Normen eingehalten wurden. Die Kommunikation war abrupt, und es wurden Zwänge und Einschränkungen ausgesprochen, ohne eine Offenheit an den Tag zu legen z.B. für Partnerschaften mit religiösen Organisationen, die in Krisensituationen eine wichtige Rolle in der Gesellschaft spielen. Darüber hinaus wurde eine unangemessene Sprache verwendet, die vor allem auf lange Sicht negative Folgen haben wird. Es wurde auf liturgische Zeremonien hingewiesen, die es seit Jahrhunderten gibt. Nach Ansicht der Behörden hätten sie während der Pandemie fast vollständig verboten werden müssen. Dies ist jedoch nach internationalen Standards der Religionsfreiheit streng verboten, weil es Spannungen innerhalb der Gesellschaft erzeugt, Gläubige gegen Nicht-Gläubige ausspielt und soziale Blasen entstehen lässt“, sagt Raiu.




    Laut einem OSZE-Bericht über die Einschränkung der Menschenrechte in Notsituationen in den 57 Mitgliedsstaaten gehört Rumänien zu den Ländern, die die Religionsfreiheit stark eingeschränkt haben. Eine Zeit lang wurden die Gottesdienste in den rumänischen Kirchen hinter verschlossenen Türen abgehalten, da die Gläubigen auch zu Ostern nicht am religiösen Leben der Gemeinde teilnehmen konnten. Dann wurde beschlossen, dass der Zugang zu Wallfahrten nur Personen gestattet werden sollte, die in der jeweiligen Ortschaft wohnen. Auch religiöse Prozessionen waren verboten. Die Polizei betrat die Kirchen und verteilte Geldstrafen während der Gottesdienste. Inzwischen ist die orthodoxe Kirche ein Partner des Staates, sowohl bei der Beratung der Gläubigen, den Anweisungen der Behörden zu folgen, als auch bei karitativen Aktionen zugunsten von Krankenhäusern, Kindern, älteren Menschen und Unterprivilegierten. Während des Ausnahmezustands spendete die Rumänisch-Orthodoxe Kirche mehr als 4 Millionen Euro.



    Doch was hätte die Regierung in Bukarest tun sollen, um sicherzustellen, dass der Kampf gegen die Pandemie die Religionsfreiheit nicht beeinträchtigt? Der erste Schritt ist das, was die Vereinigten Staaten und das Vereinigte Königreich traditionell tun, nämlich eine Plattform für den Dialog zwischen Staat und Religionen einzurichten. Eine unpolitische Plattform, d.h. zusammengesetzt aus Mitgliedern der Regierung, aber auch aus Vertretern der Opposition, aller religiösen Organisationen, Akademikern, NGOs, Menschenrechtsaktivisten, unabhängigen Experten, Medien. Letztere sind sehr wichtig, weil sie die Botschaften an die Menschen vermitteln. Sobald diese Plattform geschaffen ist, kann nach dem Vorbild Gro‎ßbritanniens ein Konsens-Leitfaden für Einschränkungen des religiösen Lebens während der Pandemie entwickelt werden. Bevor dieser Leitfaden umgesetzt wird, müssen alle Beteiligten einen Konsens erzielen oder zumindest den Kompromiss verstehen, den sie angesichts der Einschränkungen eingehen müssen. Ohne diese beiden Schritte gibt es nur Lärm in den Medien, und die Frustration in der Gemeinschaft wird noch lange anhalten“, sagte OSZE-Experte Cătălin Raiu.




    In einem kürzlich erschienenen Artikel schrieb er, dass die Beziehung zwischen Staat und Kult absichtlich angespannt behalten zu sein scheint, da sie auf Überwachung und Kontrolle sowie auf verbaler Gewalt durch die Behörden oder bestimmte Meinungsmittlern beruht. Eine Haltung, die zeigt, dass die internationalen Verpflichtungen Rumäniens zur Religionsfreiheit nur metaphorischen Wert haben“.



    Das habe gute Gründe, glaubt er: Nach der Wende, als wir zur Demokratie zurückkehrten, haben wir zwar die Glaubensfreiheit als verfassungsmä‎ßiges Leitprinzip beibehalten, aber ohne eine Politik, die ihren Status als Grundrecht realisiert, wie es im Westen der Fall ist. Spannungen sind gerade wegen der Verwirrung über die Entscheidungskompetenz in Sachen Religionsfreiheit entstanden. In Rumänien wird diese Verantwortung der Kirche zugeschrieben, während sie gleichzeitig eine Angelegenheit des Staates ist, da sie in der Verfassung, in Gesetzen oder internationalen Verträgen verankert ist. Der Staat denkt nicht über die Religionsfreiheit nach, nimmt keine ordnungspolitische Stellung ein, greift nicht einmal in die öffentliche Debatte ein, kurzum, er überlässt alles der Kirche. Daher die Positionen, die die Kirche in der Öffentlichkeit einnimmt, wie wir in diesem Jahr oft gesehen haben! Auf der anderen Seite haben einige Politiker Bemerkungen gemacht, die als unangebracht angesehen werden. Im Bereich der Menschenrechte kommt es vor, dass eine einfache Erklärung alles zerstören kann, was über die Jahre gut aufgebaut worden ist“, meint der Experte.

  • Am Sonntag feierten die Rumänen in aller Welt ihren Festtag

    Am Sonntag feierten die Rumänen in aller Welt ihren Festtag

    Die Rumänen in aller Welt feiern jedes Jahr am letzten Mai-Sonntag ihr gemeinsames Fest. Dieses Jahr gab es sowohl in Rumänien als auch im Ausland zahlreiche Veranstaltungen zum Tag der Diaspora-Rumänen, vor allem in den Regionen, wo rumänische Gemeinden angesiedelt sind. Am Samstag, den 28. Mai, fand in der Bukarester Universitätsbibliothek ein Rundtischgespräch mit erfolgreichen rumänischen Forschern statt. Diskutiert wurden wichtige Themen für die Diaspora-Rumänen, die in die Heimat zurückkehren wollen, oder aus dem Ausland zur Entwicklung Rumäniens beitragen möchten. Wichtige Themen waren dabei die nationale Identität der Auslandsrumänen und der Beitrag des rumänischen Ausbildungssystems zum Bilden einer neuen Generation durch erfolgreiche Modelle.



    Am Sonntag, den 29. Mai, forderte der rumänische Staatspräsident Klaus Iohannis das Regierungskabinett auf, einen Fahrplan zu erarbeiten, in dem die rumänische Diaspora zur echten nationalen Priorität wird, damit das Potential der Auslandsrumänen, die zum Fortschritt Rumäniens beitragen können, nicht mehr verloren geht. Mit einer Botschaft an die Rumänen in aller Welt ermunterte Präsident Iohannis seine im Ausland lebenden Landsleute, ihre Liebe zur Heimat zu äußern, indem sie besser und zuverlässiger werden, verantwortungsbewußter agieren und enger zusammenhalten, so dass Rumänien stärker wird und gedeihen kann. Durch unglückliche Entwicklungen der Geschichte mußten viele Rumänen ihre Heimat verlassen. Es ist unsere Pflicht, diese Rumänen zu unterstützen, damit sie ihre nationale Identität, ihre Traditionen, ihre Kultur bewahren können. Unterstützen müssen wir auch die Rumänen, die sich entschieden haben, zur Zeit im Ausland zu leben und zu arbeiten, damit ihre Rechte und Freiheiten geschützt werden“, sagte noch Präsident Iohannis.



    Zu den Veranstaltungen anläßlich des Tages der Rumänen aus aller Welt gehörte auch die Messe der Volkstraditionen der rumänischen Gemeinden in den Grenzgebieten historisches Maramuresch in der Ukraine, Timok in Serbien, Bulgarien, Bessarabien in der Republik Moldau, die am Nationalen Dorfmuseum Bukarest veranstaltet wurde. In Bezug auf diese rumänischen Gemeinden kündigte der delegierte Minister für die Diaspora-Rumänen, Dan Stoenescu, die Eröffnung eines Informationszentrums für Auslandsrumänen in der ukrainischen Stadt Ismajil, Oblast Odessa, an. Mit Hilfe dieses Informationszentrums werden verschiedene Projekte und Programme zur Unterstützung der rumänischen Sprache und Kultur in Praxis umgesetzt, präzisierte Dan Stoenescu in einem Interview für den öffentlich-rechtlichen Sender Radio Romania. Mehr als 3,5 Millionen Rumänen leben im Ausland, und es ist normal, dass der rumänische Staat diese Landsleute durch entsprechende Politiken unterstützt und ihre Rechte schützt, sagte noch der delegierte Minister für Diaspora-Rumänen.


  • Nach Terroranschlägen in Brüssel: Prepaid-Handykarten nur noch mit Ausweis?

    Nach Terroranschlägen in Brüssel: Prepaid-Handykarten nur noch mit Ausweis?

    Der Terrorismus scheint trotz aller Bemühungen immer schwieriger zu bekämpfen zu sein. Schon vor 15 Jahren fing der koordinierte Kampf gegen den Terror an. Der sogenannte Islamische Staat hat in den letzten Jahren seine Position als stärkste Terror-Organisation der Welt konsolidiert. Sie rekrutiert weiter Mitglieder und organisiert Anschläge im Herzen Europas.



    Europa muss riesige Geldsummen für die Terror-Bekämpfung einsetzen und sieht sich zugleich gezwungen, durch die getroffenen Ma‎ßnahmen manchmal die Rechte und Freiheiten der Bürger einzuschränken. Und das sorgt für Debatten. Einerseits gibt es diejenigen, die der Ansicht sind, dass der Schutz der Bürger vor unberechenbaren Feinden Überwachungs-Ma‎ßnahmen rechtfertigen würde. Andere meinen jedoch, das Eindringen in die Privatsphäre sei unannehmbar.



    Eine solche Debatte lösten in Rumänien die vorbezahlten Telefonkarten aus. Rumänien ist einer der wenigen EU-Staaten, in denen beim Kauf einer solchen Telefonkarte der Käufer keinen Ausweis vorzeigen und sich nicht registrieren lassen muss. Das Thema wurde wieder aktuell, nachdem Ministerpräsident Dacian Cioloş in einer Fernsehsendung erklärte, beim Ausüben einiger Anschläge habe man rumänische vorbezahlte Telefonkarten benutzt. Flavius Dumbravă, Analyst im Nachrichtendienst-Bereich sprach in einer Sendung bei Radio Rumänien über die Bedeutung der Erfassung von Käufer-Daten beim Kauf von vorbezahlten Telefonkarten:



    Wir sprechen hier nicht nur von Terrorismus. Manchmal denken die Leute sehr einfach darüber und sagen ‚Komm schon, gibt es überhaupt bei uns Terroristen?‘ Oder sie sagen ‚Das kann überall passieren, blo‎ß bei uns nicht‘. Es gibt mehrere Ebenen, es gibt noch den Drogenhandel, den Menschenhandel und die Korruption. Wir sehen ja ganz genau, was da alles geschieht, es gibt Eltern, die nicht mehr wissen, wohin. Man kann Drogenhändler, die allerlei Instrumente einsetzen, nicht entdecken. Die vorbezahlte Telefonkarte darf keine Waffe werden. Generell sollte ein elektronisches Kommunikationsmittel keine Waffe für Terrorismus, für Korruption und für den Menschenhandel werden.“




    Die Befürworter der Datenerfassung meinen, Terror-Organisationen könnten derzeit in Rumänien anonyme Telefonkarten kaufen. Das rumänische Parlament hat im Sommer 2014 ein neues Gesetz gebilligt. Laut diesem hätte man vorbezahlte Telefonkarten nur mit einem Ausweis kaufen können. Das Gesetz wurde jedoch drei Monate später als verfassungswidrig erklärt. Die Verfassungsrichter meinten, es sei nur eine Fortsetzung des sogenannten Big-Brother-Gesetzes, das die Vorratsdatenspeicherung für sechs Monate vorsah. Dieses Gesetz hatten die Verfassungsrichter auch abgelehnt. Georgiana Iorgulescu, Direktorin des Zentrums für Rechtliche Ressourcen ist der Ansicht, dass die Debatte über die Anti-Terror-Gesetze nicht transparent genug sei. Es müssten mehrere öffentliche Beratungen stattfinden:



    Die Tatsache, dass es Terrorakte gibt, sollte nicht dazu führen, dass unsere Rechte aufgehoben werden. Wegen des Terror-Risikos gelangen wir in eine bedenkliche Lage, es kommt zur Verletzung der Privatsphäre und des Briefgeheimnisses, ohne dass wir überhaupt davon erfahren.“




    Georgian Pop, Vorsitzender des parlamentarischen Ausschusses zur Kontrolle der Tätigkeit des rumänischen Nachrichtendienstes, sagt, man müsse die rumänische Gesetzgebung an die Anti-Terror-Ma‎ßnahmen auf EU-Ebene anpassen.



    Wir müssen alle Institutionen, die immer effizienter Vorbeugungs-Ma‎ßnahmen treffen, unterstützen. Niemand hat das Ziel, einen Terroristen, nachdem er einen Anschlag verübt hat, zu verhaften und ihn der Justiz zu übergeben. Ziel ist, den Anschlag zu verhindern, keine unschuldige Toten und Verletze zu haben. Ferner müssen weitere mit dem Terror zusammenhängende Straftaten wie die Terroristen-Ausbildung, die Rekrutierung oder die Finanzierung der Reise eines europäischen Bürgers in ein Terror-Ausbildungslager strafrechtlich verfolgt werden. Darüberhinaus muss die Kontrolle des illegalen Waffenhandels und des Handels mit Zündstoffen und Stoffen, aus denen Bomben gebastelt werden können, verstärkt werden.“




    Es sei irgendwie widersprüchlich, sagt weiter Georgian Pop — ein Förster dürfe den Rucksack eines Wilderers kontrollieren und nach dem Ausweis fragen. Ein Anti-Terror-Offizier des Nachrichtendienstes, des Aufklärungsdienstes oder des Militärs dürfe hingegen einen Terrorverdächtigen, der sich in der Nähe eines Flughafens in Rumänien befindet, nicht aufhalten, auch wenn Informationen vorliegen, dass es in seinem Rucksack eine Bombe geben könnte.