Tag: Freiwilligenarbeit

  • Polnische Choreographin Adrianna Michalska arbeitet gern in Rumänien

    Polnische Choreographin Adrianna Michalska arbeitet gern in Rumänien

    Adrianna Michalska ist Choreographin und Tänzerin. Die aus Polen, aus der Stadt Poznań stammende Künstlerin studierte Kulturgeschichte und Choreographie an der University of Surrey Guildford in Gro‎ßbritannien, wo sie auch mehrere Preise für Kreativität erhielt. Sie verfügt über eine reiche Erfahrung im Bereich des zeitgenössischen Tanzes und hatte auch verschiedene ehrenamtliche Aktivitäten in der ganzen Welt. Adrianna Michalska ist seit 8 Jahren auf Reisen — sie lebte, studierte und arbeitete in den Vereinigten Staaten, Gro‎ßbritannien, Österreich, Indien, Ghana, Thailand und Singapur. Nach Rumänien kam sie anlässlich eines europäischen Freiwilligenprogramms für Kulturprojekte, das von der Organisation Curve of Culture unterstützt wurde. Wie die rumänische Erfahrung für Adrianna Michalska begann, erfahren Sie in den folgenden Minuten:



    Eigentlich ist dies meine zweite Reise nach Rumänien. Im März 2018 habe ich ein Projekt entwickelt; damals blieb ich sechs Monate lang in Rumänien. Dann beschloss ich, im Jahr 2019 für ein zweimonatiges Freiwilligenprogramm zurückzukehren. Das Projekt ist Teil des Europäischen Freiwilligenprogramms, das zur Europäischen Solidaritätsgruppe gehört. Die Entscheidung, nach Rumänien zu kommen, traf ich ziemlich schnell, denn ich wollte meine Erfahrungen als Tänzerin und Choreographin und all das Wissen, das ich durch Studien und Auslandsreisen erworben habe, mit Jugendlichen teilen, die normalerweise keinen Zugang zu solchen Aktivitäten haben. Als ich also sah, wie das Projekt in ländlichen Gebieten Rumäniens, in der Gemeinde Izvoarele, Landkreis Prahova lief, war ich sehr neugierig und gespannt, wie ich persönlich dazu beitragen konnte. Ich hatte alle möglichen Bilder darüber im Kopf, wie ein Dorf in Rumänien aussehen könnte, ich beschloss, hierher zu kommen und begann sofort, mit Jugendlichen zu arbeiten. Ich bin froh, diese Arbeit jetzt aus einer zeitlichen Perspektive betrachten zu können. Nach einem Jahr bin ich wieder hierher gekommen, denn ich erhielt eine wunderbare Reaktion von den Jugendlichen: Sie rannten auf mich zu, manche hatten sogar Freudentränen in den Augen, sie waren einfach glücklich, dass jemand zu ihnen zurückgekehrt ist und wieder tanzen will. Der Hauptzweck des Projekts ist es, Kulturevents in der Gemeinde Izvoarele, Kreis Prahova, zu veranstalten, mit Freiwilligen, die die Möglichkeit haben, ihre eigenen Erfahrungen und Ideen zu bringen. Die Organisation bietet ihnen Unterstützung dabei. Letztes Jahr, als ich nach Izvoarele kam, war ich die erste Person, die mit Tanz und Bewegung vertraut war. Bis dahin hatten die Jugendlichen Kunst, Musik, Theater, aber keinen Tanz gemacht, und meine Koordinatoren haben mir sehr geholfen, Räume und Möglichkeiten zu finden, um meine Vorstellung vom zeitgenössischen Tanz in Praxis umzusetzen.“




    Einige Monate lang führte Adrianna Michalska ein interessantes Leben zwischen dem Dorf- und dem Stadtleben. Sie unterrichtete Jugendliche aus Izvoarele im zeitgenössischen Tanz, aber sie ging auch nach Bukarest, wo sie an mehreren Wochenenden an Contact Improvisation und Capoeira-Sessions teilnahm. Wir fragten sie, wie sie jetzt, nach dieser Erfahrung, das Landleben in Rumänien einschätzt:



    Ein Teil meiner Erwartungen — die mit der traditionellen Lebensweise, dem Einsatz von Pferden zum Heufahren oder mit dem Pflügen des Ackers zusammenhängen — haben sich bestätigt. Ich hatte wunderbare Erfahrungen, ich gehe sehr gern auf Wanderungen, und das Dorf lag in der Nähe der Berge. Jedes Mal, wenn ich ins Kulturhaus ging, sah ich die Hirten mit ihren Schafen, Rindern, Pferdewagen, die Bauern, die Obst und Gemüse verkauften. Ich lebte in einem traditionellen Haus, wo ich Feuer machen musste, um Wasser zu kochen oder die Räume zu erwärmen. Eine solche Erfahrung habe ich auch erwartet, wenn man der Natur näher ist und von der Zivilisation und der Lebensweise in der Stadt entfernt lebt. Und doch war ich sehr überrascht, Jugendliche im Alter von 12–13 Jahren und manchmal sogar jüngere Kinder im Alter von 7–8 Jahren zu treffen, die sehr gutes Englisch sprachen. Ich habe nämlich auch ein wenig Englisch in der Schule unterrichtet, und diese Kinder und Jugendlichen hatten einen unglaublichen britischen Akzent. Es hat mich wirklich überrascht, einen so hohen Grad an Englischkenntnissen auf einem Dorf in Rumänien zu entdecken, der höher war als in einer polnischen Stadt. Der Verein »Curve of Culture« hat viel zu dieser Erfahrung beigetragen, denn er hat viele Freiwillige aus der ganzen Welt mitgebracht, so dass junge Menschen in einer anderen Umgebung aufwachsen, andere Standpunkte haben als die älteren Generationen, und es war sehr interessant, dies zu erleben. Darüber hinaus hatten einige der Lehrer in der Schule eine sehr traditionelle Art, sich jedem Lebensbereich zu nähern, und die jungen Leute waren damit unzufrieden, sie rebellierten dagegen. Wir haben auch Zeichen der Wertschätzung für unsere Arbeit gesehen, für unsere Bemühungen, den Jugendlichen und ihren Eltern die englische Sprache beizubringen. Wir wurden sehr freundlich empfangen, die Menschen in ländlichen Gebieten sind sehr gastfreundlich und neugierig, sie unterhielten sich sehr gern mit mir, auch wenn ich nicht immer verstanden habe, was sie sagten. Ich wurde oft gefragt: Gefällt es dir in Rumänien? Bleibst du länger bei uns?“




    Adrianna Michalska hat nicht viele Orte in Rumänien besucht, aber sie hat das Leben in einem rumänischen Dorf tiefer kennengelernt und sie hatte enge Verbindungen zu den Ortsbewohnern. Auch in Bukarest, einer Stadt, die sie als faszinierend empfand, hat sie Freundschaften geschlossen, wenn auch nicht von Anfang an. Es hat eine Weile gedauert, bis Adriana Bukarest richtig entdeckt hat. Wird sie nach Rumänien zurückkehren?



    Einer der Gründe, warum ich zurückgekommen bin, ist, weil ich meinen Aufenthalt in Rumänien wirklich genossen habe, ich erlebte eine Art Balance zwischen dem Dorf Izvoarele und Bukarest. Während der Woche war ich auf dem Dorf und an den Wochenenden fuhr ich nach Bukarest, um zusammen mit anderen Tänzern Contact Improvisation, Capoeira und andere Tänze zu unterrichten. Die Arbeit in Rumänien machte mir viel Freude, also werde ich definitiv zurückkommen.“

  • Wohnungsnot: Gegenseitige Freiwilligenhilfe ermöglicht Sozialwohnungsbau

    Wohnungsnot: Gegenseitige Freiwilligenhilfe ermöglicht Sozialwohnungsbau

    Rumänien im Jahr 2016: Für viele Gruppen der Gesellschaft ist es immer noch ein Problem, eine anständige Wohnung zu finden. Es sind vor allem die benachteiligten Schichten, die am dringendsten ein Dach über dem Kopf bräuchten. Betroffen sind Kinder, die kein eigenes Zimmer oder keinen passenden Tisch für die Hausaufgaben haben. Es sind Familien, die zusammengepfercht in Sozialheimen oder in Sozialwohnungen ohne Strom und Heizung wohnen.



    Und wieder einmal kommt die Lösung aus dem Umfeld der NGOs. Weil die Behörden der Situation oftmals nicht gerecht werden, appellieren sie an den Gemeinschaftsgeist. Die Menschen mobilisieren sich oftmals und helfen sich gegenseitig — das kommt sowohl den Leistungsempfängern der Kampagnen als auch ihren Urhebern zugute. Ein Beispiel dafür ist die Organisation Habitat for Humanity aus Rumänien. Seit 20 Jahren baut die Organisation mit Hilfe von Freiwilligen Wohnungen für arme Familien oder saniert die alten Häuser bedürftiger Personen. Bislang haben 64.000 Personen an den Programmen von Habitat for Humanity teilgenommen: 600 neue Wohnungen wurden gebaut und über 2000 Gebäude saniert. Die Projekte hätten vor allem in Siebenbürgen, um Klausenburg und Mediasch, in der Moldau bei Bacău, Comăneşti und Botoşani sowie im Landkreis Constanţa stattgefunden, erklärt Loredana Modoran. Sie leitet die Programme für Habitat for Humanity und wei‎ß, wer als Hilfeempfänger in Frage kommt.



    Die Menschen müssen drei Kriterien erfüllen. Weil der Wohnungsbedarf sehr hoch und weit gestreut ist, stellt er das erste Kriterium dar. Zweitens muss der Empfänger über ein Einkommen verfügen, damit er den Preis für die von uns erworbenen Baumaterialien zurückerstatten kann. Weil wir mit unseren Programmen auf das Verantwortungsbewusstsein der Empfänger hinwirken wollen, suchen wir Menschen, die über zu geringe Einkommen verfügen und deshalb keinen Kredit von irgendeiner Bank nehmen können. Und das, obwohl sie von morgens in der Früh bis spät am Abend arbeiten. Diese Menschen sind in einem Teufelskreis gefangen, dem sie nicht entkommen können. Wir machen also einige Ressourcen für sie frei, mit denen sie ihr eigenes Leben in den Griff bekommen können. Das dritte Kriterium besteht darin, dass unsere Empfänger mit uns und unseren Freiwilligen beim Hausbau oder der Haussanierung zusammen arbeiten. Bis sie ausgewählt werden, müssen die Kandidaten eine bestimmte Anzahl von Arbeitsstunden als Freiwillige leisten, danach muss die Freiwilligentätigkeit insgesamt über 1000 Stunden betragen. Wir bieten den Menschen nichts umsonst an, sondern geben ihnen nur einen Ansporn, damit sie hinterher ein gutes Leben führen können.“




    Die Freiwilligen, die mit den Empfängern die Ärmel hochkrempeln, stammen aus der ganzen Welt, sind über alle sozialen Gruppen hinweg verstreut und üben die unterschiedlichsten Berufe aus. Eine von ihnen ist die rumänische Rundfunkjournalistin Veronica Soare, sie ist an vielen anderen Wohltätigkeitsprojekten beteiligt, von denen sie auf ihrer Homepage minuni.ro berichtet. Sie habe vor einigen Jahren die Arbeit auf den Baustellen der neuen Sozialwohnungen aufgenommen, erzählt Soare.



    Einige Arbeitsstunden auf dem Bau hinterlassen ein einzigartiges Gefühl. Du siehst am Ende die Mauer, die du errichtet hast, die Menschen, die du auf der Baustelle kennengelernt hast, und begreifst, dass auch wir als gewöhnliche Menschen Dinge verändern können. Es ist ein gro‎ßartiges Gefühl, an einem Montagmorgen auf der Baustelle stehen zu können, wo früher nur das Fundament stand, das unter deinen Augen und unter Einsatz deiner eigenen Hände zu einem Haus geworden ist. Als ich meinen Freunden sagte, dass ich fünf Tage auf der Baustelle verbringen würde, staunten sie und fragten mich, was ich denn dort verloren hätte. Wie glaubst du, die Arbeit eines Maurers übernehmen zu können? — hie‎ß es da… Aber es ist viel einfacher, als man denkt. Müde sein, kommt gar nicht in Frage. Es waren fünf Tage, an denen ich nicht einmal gemerkt habe, dass ich arbeite.“




    Die Leistungsempfänger werden also selbst zu Freiwilligen und Förderern anderer Empfänger. Sie bezahlen au‎ßerdem die bei ihren Hausprojekten eingesetzten Baumaterialien in Ratenzahlen ohne Zinszusatz zurück. Diese Summen flie‎ßen in einen Fonds, aus dem weitere Bauprojekte für Hilfsbedürftige finanziert werden. Sie habe mitansehen können, mit welcher Freude die Menschen zur Unterstützung anderer beitragen, berichtet Veronica Soare.



    In diesem Jahr habe ich eine der Empfängerfamilien vom letzten Jahr besucht. Und da haben mich vor allem zwei Dinge beeindruckt. Die Mutter war sehr glücklich darüber, dass sie jetzt ihre Kinder in einer anständigen Wohnung erziehen kann. Zweitens sagte sie, sie wollte auch auf der Baustelle arbeiten, um anderen zu helfen, genauso wie sie von anderen Hilfe bekommen hat. Ich wei‎ß nicht, ob diese Menschen davor Freiwilligentätigkeit geleistet haben, aber sie haben auf jeden Fall verstanden, was es hei‎ßt, Hilfe zu bekommen. Deshalb wollen sie ihrerseits mit anpacken.“




    Das freiwillige Hausbauprojekt läuft bereits seit 12 Jahren im Landkreis Bacău, in dem es mehrere benachteiligte Gebiete gibt. Andrei Chirilă ist der Leiter der regionalen Filiale von Habitat for Humanity in Comăneşti. Ihn fragten wir nach den sozialen Problemen der Region.



    Landesweit sind die verfügbaren Wohnungen verfallen, viele sind sanierungsbedürftig. Die jungen Familien mit Kindern leben zum Beispiel oftmals in einer Wohnung mit den Gro‎ßeltern zusammen oder mit den Familien der Geschwister. Und in diesen Fällen wird das Bedürfnis nach einem eigenen privaten Raum sehr stark verspürt. Es gab Anfragen von manchen Familien, die den Erwerb von Gaszentralheizungen finanzieren wollten. Andere Familien wollten ihre alten Fenster mit energieeffizienten Thermopane-Fenstern ersetzen oder die Wohnung mit einer Wärmedämmung aus Styroporplatten versehen.“




    Angesichts der hohen Nachfrage sollen in und um Comâneşti neue Baustellen entstehen. Die Organisationen hoffen für die Zukunft, dass die Menschen öfter Freundschaften innerhalb der Gemeinschaft schlie‎ßen und ihre Skepsis ablegen.

  • Rumänien-Einsatz vermittelt Freiburgerin Svenja Benkeser neue Erfahrungen

    Rumänien-Einsatz vermittelt Freiburgerin Svenja Benkeser neue Erfahrungen

    Nach dem Abschluss des Gymnasiums in Freiburg wird die junge Svenja Benkeser aus Deutschland Zahmedizin an der Ludwig Maximilian” Universität in München studieren — das steht fest vermerkt im Plan. Aber nicht jetzt gleich. Denn Svenja wollte schon immer die Welt bereisen, und so kam sie auch als Volontärin zum deutschsprachigen Goethe”-Kolleg in Bukarest, wo sie für Schüler bis zur achten Klasse Lesen und kreatives Schreiben unterrichtet. Bukarest war alerdings nicht ihre Wahle, erzählt Svenja Benkeser: Ich wollte schon immer nach dem Studium ins Ausland gehen. Das war für mich sehr wichtig. Ich wollte eigentlich in ein Land gehen, wo Englisch gesprochen wird, um meine Englischkenntnise aufzubessern. Es gibt diese internationale Organisation — Kulturweit — die überall auf der Welt Arbeitsplätze für Freiwillige vermittelt. Damals hatten sie gerade mehrere Stellen in Osteuropa im Angebot, und mir schien das auch interessant zu sein — ganz zufälligerweise bin ich also in Bukarest gelandet”, berichtet Svenja.



    Über Bukarest und Rumänien wusste sie eigentlich wenig — einige Infos aus der Presse, etwas geschichtlichen Hintergrund. Aber das war auch gut so, sagt sie — denn es verhinderte, dass sie mit Vorurteilen im Gepäck kam. Und so konnte Svenja Benkeser vom ersten Moment an einen unbelasteten Kontakt zur Gesellschaft haben. Bukarest und Rumänien findet sie schön, weil es sehr viel zu sehen und auch kulturell viel los ist. Dazu kommt, dass die Menschen hier neugierig sind und es sehr interessant finden, wenn jemand aus dem Ausland kommt. Der Aufenthalt in Bukarest ist auf jeden Fall eine Bereicherung, meint die junge Frau: Ich habe erwartet, selbstbewusster zu werden, auf eigene Faust zurechtzukommen, nachdem ich aus dem Elternhaus ausgezogen bin. Ich habe meine Wohlfühlzone verlassen und bin in ein vollkommen fremdes Land gezogen. Ich spüre schon eine Wirkung — ich bin nicht unbedingt erwachsener geworden, aber ich kann mich gut organisieren und mit den Problemen fertig werden. Ich wollte ein neues Land mit einer ganz anderen Kultur und neue Menschen kennenlernen – das ist mir gelungen”, erzählt Svenja Benkeser.



    Ob sie reifer geworden ist oder nicht, das konnten ihre Eltern unmittelbar feststellen, als sie sie in Bukarest eine Woche lang besuchten. Und dass sie Weihnachten zuhause vebracht hat, ist klar — so viel Heimweh darf sein. Aber schon zieht es Svenja weiter. Vielleicht nach Gro‎ßbritannien, wo sie nach kurzer Auszeit wieder an ihrem Englisch feilen kann.

  • Im Zeichen von Solidarität – Freiwilligenarbeit ist in Rumänien gefragt

    Im Zeichen von Solidarität – Freiwilligenarbeit ist in Rumänien gefragt

    Ihr Vater hat Alina Dumitriu dazu gedrängt, Volkswirtschaft zu studieren. Das tat sie auch; einen Job, der ihrem Studium entspricht, hatte sie aber nie. Denn ihr Beruf hat zwar mit Ökonomie zu tun, ihre Berufung aber ist, anderen zu helfen. Das war schon immer so. Als Kind klaute sie Geld von zuhause und gab es ärmeren Kindern. Sie träumte davon, nach Somalia zu gehen und den Kindern dort zu helfen. Dann kam sie aber darauf, dass Hilfe überall benötigt wird — auch bei ihr im Land, in Rumänien. Und so blieb sie hier und gründete von zehn Jahren den gemeinnützigen Verein Sens Pozitiv (www.senspozitiv.ro).



    Das Wortspiel deutet es schon an: Alina Dumitriu und ihre Kollegen kümmern sich um Menschen, die dem Risiko der HIV-Infizierung ausgesetzt sind: Stra‎ßenkinder, Obdachlose, Prostituierte, Heroinsüchtige. Neuerdings betreut Alina Dumitriu auch HIV-positive Frauen aus Nairobi. Um die Kinder und Erwachsenen, mit denen sie arbeitet, besser verstehen zu können, ging Alina Dumitriu wieder studieren — diesmal Psychotherapie. Als sie HIV-infizierte Kinder und Jugendliche zu therapieren begann, hatte sie einen ersten Schock: Diese Menschen hatten keine Ahnung über ihren eigenen Zustand. Die meisten hatten noch kein AIDS, sondern waren nur HIV-positiv.



    Bei der Betreuung dieser Kinder und Teenager, manche waren 15, 16, habe ich ihre Bedürfnisse erkannt. Sie hatten keinen guten Kontakt zu den Ärzten, kommunizierten nicht richtig mit ihnen und glaubten, kranker zu sein als sie es tatsächlich waren — obwohl viele ein fast normales Leben führen konnten“, erinnert sich Alina Dumitriu. Sie stellte fest, dass diese Menschen nicht sehr viel über AIDS und HIV wussten, sie warteten einfach auf ihren Tod. Das hat sie beeindruckt und sie begann, intensiv über HIV und AIDS zu recherchieren. Dann übersetzte sie, denn ihr wurde klar, dass es au‎ßer den Präventionsratschlägen keine Aufklärungsliteratur in rumänischer Sprache gab. Man sagte den Menschen, wie sie einer Infizierung vorbeugen können — aber für die, die schon infiziert waren, gab es nichts auf Rumänisch. Die Zusammenarbeit mit den Krankenhäusern war gar nicht einfach.



    Das Fachpersonal dort war eigentlich ziemlich renitent, denn erstens sprachen wir anders als sie. Ein Infektionsarzt sah, dass ich Bescheid wusste und schickte mir immer mehr Patienten. So musste ich selbst immer mehr lernen, denn die Menschen hatten allerhand Fragen und ich musste nachrecherchieren, um antworten zu können“, sagt Alina Dumitriu.




    Um mit dem Ansturm fertig werden zu können, bildete sie junge HIV-Infizierte zu Multiplikatoren aus. Ihre Ideen stie‎ßen erwartungsgemä‎ß auf Widerstand von Ärzten und Krankenhausmanagern — aber mit der Zeit verdiente sich der Verein Respekt. Seit fast einem Jahr ist Alinas Verein das Geld für Löhne und Aktionen ausgegangen. Vereinzelt zahlt ein Pharmaunternehmen ein bescheidenes Beratungshonorar. Alina Dumitriu stört aber, dass der Staat unter keiner der vielen Regierungen das Problem der HIV-Infizierten zu lösen vermochte. Diese Menschen haben keinen Zugang zu medizinischen Dienstleistungen. Durch die Korruption verschwindet auch das wenige Geld“, empört sich Alina Dumitriu. In meinem Arbeitsfeld gibt es keine Dienstleistungen. Von staatlicher Seite bekommen die HIV-Infizierten, die obdachlosen Menschen und Kinder rein gar nichts. Alles was getan wird, tun Vereine. Der Staat müsste diese bereits erfolgende Sozialarbeit Freiwilliger unterstützen, denn wir haben bereits eine Menge Erfahrung“, klagt die junge Frau.




    Hilfreich wären für diese Arbeit auch Aufklärungsaktionen. Alina Dumitriu arbeitet seit zehn Jahren pausenlos mit hilfsbedürftigen Menschen. Für sie war und ist die Dankbarkeit der Menschen extrem wichtig. Auch heute freut sie sich, wenn Menschen etwas besser leben, nachdem sie von ihr selbst oder von einem anderen Verein betreut wurde. Und es geht nicht nur um HIV-Infizierte. Seit vier Jahren organisiert Sens Pozitiv in der Weihnachtszeit ein kulinarisches Event — beim ersten Mal kochten Alina und ihr Team, das Verstärkung von anderen Freiwilligen bekommen hatte, für 150 Menschen: obdachlose und hilfsbedürftige Kinder und Erwachsene. In diesem Jahr ist die Zahl der Gäste auf 600 gestiegen.



    In anderen Bereichen hat der Staat weniger Berührungsängste. Vor sechs Monaten gründete Iarina Ştefănescu ein Erziehungsprogramm (http://www.ajungemmari.ro) und es gelang ihr, in kürzester Zeit mit vier der sechs Jugendämter in Bukarest Partnerschaftsvereinbarungen abzuschlie‎ßen. Ziel des Programms ist es, den Kindern mehr Selbstvertrauen zu geben, sie mehr kommunikations- und teamfähig zu machen und ihnen dabei auch andere interessante Informationen auf den Weg zu geben. In einem der Projekte innerhalb des Programms besuchen sie über 160 freiwillige Erzieher wöchentlich, um ihnen anhand von Spielen bestimmte Lernbereiche schmackhaft zu machen — Literatur, Kino, Tanzen, Englisch, Geschichte, Biologie oder Musik. Im Rahmen eines anderen Projekts gehen die Kinder ins Museum, in den Park, ins Theater oder in die Oper.




    Ein Projekt für etwas ältere Kinder versucht, ihnen die Arbeitswelt näher zu bringen: Sie besuchen Arbeitsplätze in Betrieben und Unternehmen. Anca Mihaela Tudose, eine der vielen Freiwilligen im Projekt, ist von der Urheberin Iarina begeistert. Sie ist ein Paket geballter Energie und ist überall mit ihrem Fahrrad da. Sie liebt es, zu helfen — und das Leben dieser Kinder ist besser geworden. Die gute Nachricht ist auch, dass Iarinas Initiative ständig wächst. Die Freiwilligenarbeit wird immer mehr ermutigt, glaubt Iarina Ştefănescu selbst. Die Eltern und die Lehrkräfte unterstützen das. Wir arbeiten jetzt zunehmend mit Gymnasiasten und Studenten und spüren eine stärkere Bereitschaft bei den Elitegymnasien in Bukarest, wo auch unsere Freiwilligen zumeist herkommen. Ich habe gespürt, dass sie dabei ermutigt werden“, sagt Iarina Ştefănescu, die sich immer mehr auch über die Ergebnisse ihrer Arbeit freut:



    Dass es besser wird, stellen die Freiwilligen von Stunde zu Stunde klarer fest. Mit den Kindern zu arbeiten ist es mal leichter, mal schwerer, es kommt auf die Lebensumstände an — manche wohnen in Kinderheimen, manche in armen Familien. Auf jeden Fall sind die Fortschritte an den Schulergebnissen dieser Kinder zu sehen. Die Kinder sehen die Freiwilligen aber auch als Vorbilder, also gibt es auch Fortschritte, was das Verhalten der Kinder angeht. Die Kinder sind offener, kreativer, teamfähiger. Noch bessere Resultate werden wir höchstwahrscheinlich nächstes Jahr sehen“, freut sich Iarina Ştefănescu, die zur Freiwilligen des Jahres im Bereich Erziehung auf der Nationalen Gala der Volontariatsarbeit gekürt wurde. Solche Auszeichnungen sind wichtig — wenn der Staat selbst die Arbeit nicht würdigt, kann ein wenig Lob von Kollegen perfekt für die Motivation sein.

  • Volunteers’ Fest – das erste Festival der Freiwilligen Mitarbeiter in Rumänien

    Volunteers’ Fest – das erste Festival der Freiwilligen Mitarbeiter in Rumänien

    Im Jahr 2011 wurden anlä‎ßlich des Europäischen Jahres der Freiwilligentätigkeit einige nicht gerade optimistische Statistiken veröffentlicht. Laut einer soziologischen Studie von 2007 erklärten nur 14,4% der Rumänen, sie hätten in den letzten 12 Monaten freiwillige Arbeit geleistet, während der EU-Durchschnitt im selben Jahr bei 23-25% lag. 2008 zeigte ein Meinungsbarometer, da‎ß die jungen Leute sich nur sehr wenig für freiwilige Arbeit in Nichtregierungsorganisationen interessierten. Mehr als die Hälfte der befragten Jugendlichen waren nicht bereit, als freiwillige Mitarbeiter in NGOs mitzumachen, etwa ein Drittel erklärten sich im Prinzip offen für eine Freiwilligetätigkeit, und nur ein kleiner Teil der Befragten arbeiteten de fakto als Freiwillige.



    Und doch sind die meisten freiwilligen Mitarbeiter von Nichtregierungsorganisationen hauptsächlich junge Menschen und sie werden in letzter Zeit immer zahlreicher. In Anerkennung ihrer Bemühungen und Hingabe wird der ganze Monat April den Freiwilligen gewidmet, mit dem ersten Festival der Freiwilligen Mitarbeiter, Volunteers’ Fest“, das von den Freiwilligen selbst durch ihren Verein Die Freiwilligenbrigade“ organisiert wird. Projektmanagerin Cristina Mercioniu, selbst Studentin und ehrenamtliche Mitarbeiterin in einem NGO, sagte uns, wie das Festivalprogramm aussieht:



    Der gesamte Monat April ist den Freiwilligen gewidmet. Das Festival beginnt und endet mit einer Theateraufführung. Das erste Theaterstück, das am 1. April aufgeführt wurde, trug den Titel »Blo‎ß ein Volontär« und ist eine Produktion des Theaters Forum. Dann hatten wir unsere kreative Woche mit vielen Workshops, die die Kreativität fördern — Origami, Malen und Zeichnen, Modedesign. Es folgte eine Bildungswoche, die mehrere Ausbildungskurse angeboten hat, darunter auch einen Kurs über Organisation und Durchführung von Veranstaltungen. In der zweiten Hälfte des Festivals veranstalteten wir die praxisorientierte Woche, mit einem Wettbewerb der NGOs, und die Sportwoche mit den Olympischen Spielen der freiwilligen Mitarbeiter. Wir haben auch ein Konzert vorbereitet, bei dem wir bis zum Morgengrauen feiern werden.“



    So werden die freiwilligen Mitarbeiter, die normalerweise während der Konzerte arbeiten müssen, und sich daran nicht richtig erfreuen können, auch ihre wohlverdiente Entspannung genie‎ßen. Abgesehen davon ist das Festival der Freiwilligen auch eine Motivation für die jungen Leute, doch eine ehrenamtliche Tätigkeit auszuprobieren. Über andere geplante Anregungen, die sich noch im Projektstadium befinden, spricht Cristina Mercioniu:



    Mit diesem Projekt wollen wir eine Freiwilligen-Mitgliedskarte mit Vorteilen für alle Freiwilligen implementieren. Es handelt sich um ein Pilotprojekt, das wir zuerst mit der Freiwilligenbrigade ausprobieren möchten. Die Freiwilligenkarte ist eigentlich ein kleines Buch, in dem die Erfahrung des freiwilligen Mitarbeiters, die Anzahl der Events, an denen er teilgenommen hat, und ähnliches notiert wird. Mit diesem Buch können die freiwilligen Mitarbeiter ihre Erfahrung beweisen und werden glaubwürdiger, wenn sie sich für einen Arbeitsplatz bewerben. Weitere Vorteile wären auch Preisermä‎ßigungen für die öffentlichen Verkehrsmittel, ähnlich wie für Studenten. Die ehrenamtlichen Mitarbeiter sind aber eine andere Art von Studenten, sie erwarten nicht nur Ermä‎ßigungen, sondern sie leisten auch etwas für die Gesellschaft.“



    Der 2008 gegründete Verband Die Freiwilligenbrigade“ stellt ehrenamtliche Mitarbeiter für Organisatoren von verschiedenen Veranstaltungen zu Verfügung. Die Freiwilligen sind bereit, bei der guten Durchführung der Veranstaltungen und Events zu helfen. Der Gründer der Freiwilligenbrigade“, Ionuţ Tunaru, beteiligt sich am Festival der freiwilligen Mitarbeiter, um den jungen Leuten einge Tipps und Tricks der Freiwilligentätigkeit zu verraten. Wir fragten Ionuţ Tunaru, wie er auf die Idee der Freiwilligenbrigade“ gekommen ist:



    Ein Event-Veranstalter fragte mich, ob ich ein Freiwilligenteam für ein Festival zusammenbilden könnte. Ich sagte sofort ‚ja‘, und ich dachte, ich könnte es allein durchziehen, aber ich schaffte es nicht. So begann ich, mein Team zu bilden. Wir hatten Erfolg mit unserem ersten Event, wir hatten auch ein zweites Event mit demselben Veranstalter in 2009 und seit 2010 arbeiten wir mit mehreren Event-Veranstaltern zusammen. Inzwischen haben wir sehr viele freiwillige Mitarbeiter, es gibt, glaube ich, etwa 800 Namen in unserer Datenbank.“



    Gibt es Vorteile für die jungen Leute, die als freiwillige Mitarbeiter tätig sind? Ionuţ Tunaru:



    Diese jungen Leute entwickeln gewisse Fähigkeiten und setzen ihre eigenen Ideen und Kenntnisse in die Praxis. Irgendwann werden sie weitergehen, eine Arbeit suchen. Auch wenn die angestrebte Stelle mit der Organisation von Veranstaltungen nichts zu tun hat, haben die jungen Leute gelernt, ihre Zeit und ihre Arbeitsweise besser zu organisieren. Man lernt, effizient zu sein, Verantwortung zu übernehmen, man wei‎ß, zum Beispiel, da‎ß, wenn einer sich verspätet, 30 oder 40 andere Leute nicht rechtzeitig in die Veranstaltung kommen. Solche Organisierungsfähigkeiten trainiert man als freiwilliger Mitarbeiter.“



    Das letzte Event im Rahmen des Festivals der freiwilligen Mitarbeiter Volunteers’ Fest“ ist ein Konzert mit mehreren neuen Musikgruppen, ganz nach dem Geschmack der jungen ehrenamtlichen Mitarbeiter.



    Audiobeitrag hören: