Tag: Frikadellen

  • Chiftele – die rumänischen Frikadellen

    Chiftele – die rumänischen Frikadellen

    Gestern Abend habe ich im Fernsehen eine Sendung über rumänische Küche gesehen. Vorgestellt haben sie unter anderem Chiftele, das sind die rumänischen Frikadellen. Hackfleischbällchen esse ich gerne, wenn ich sicher sein kann, dass sie aus frischem und gutem Hackfleisch zubereitet wurden. Man reicht sie hierzulande sowohl als Vor- als auch als Hauptspeise. Ich werde ihnen nun mein Chiftele-Rezept weitergeben.



    Dafür benötigen Sie:



    500 g gehacktes Rindfleisch, ich kaufe es gerne beim Türken


    1 Zwiebel, gehackt


    2 Knoblauchzehen, kleingeschnitten


    1 in Milch eingelegte Scheibe Wei‎ßbrot, von der Sie die Rinde entfernt haben, oder gut eine Handvoll Semmelbröseln und einen Schuss Milch


    1 Ei


    reichlich Petersilie, Dill, Bohnenkraut, kleingeschnitten


    Salz und reichlich Pfeffer


    etwas Öl



    Zubereitung:



    Weichen sie das Wei‎ßbrot in Mich ein. Dünsten Sie die Zwiebel in Öl glasig. Verkneten Sie das Hackfleisch mit der Zwiebel, dem Knoblauch, der ausgedrückten Scheibe Brot, dem Ei, Salz, Pfeffer, der Petersilie, dem Dill und dem Bohnenkraut. (Einige geben in die Hackfleischmasse auch eine geriebene Kartoffel hinzu, das macht sie etwas fluffiger. Ich tu es nicht, weil ich sie so gut genug finde.) Lassen sie die Masse mindestens eine Stunde im Kühlschrank ruhen. Formen Sie anschlie‎ßend aus der Masse ca. walnussgro‎ße Bällchen, legen sie diese auf ein mit Pergamentpapier belegtes Backblech, geben sie auf jedes Bällchen etwas Öl, wenden sie jede Frikadelle in Öl, sodass sie von allen Seiten bedeckt ist und geben sie das Backblech in den auf 200 Grad Celsius vorgeheizten Backofen für ca. 30 Minuten.



    Diese ist meine Variante. Üblicher Weise werden die Chiftele leicht in Semmelbröseln gewälzt und in einer Pfanne in reichlich Öl rundherum knusprig gebraten. Grundsätzlich gilt, als Vorspeise sollten die Chiftele klein sein, als Hauptspeise können sie grö‎ßer ausfallen, dann werden sie jedoch ein bisschen flach gedrückt.



    Als Hauptspeise werden sie gerne mit Kartoffelpüree und Salat gereicht.

  • Kochkunst und Magie in der Walachei des 18. Jahrhunderts

    Kochkunst und Magie in der Walachei des 18. Jahrhunderts

    Die Kochkunst hat eine magische Komponente — darüber sind sich Historiker, Folkloristen und Anthropologen einig, die der raffinierten Kunst der Gastronomie eine tiefe kulturelle Bedeutung zuschreiben. Im 18. und 19. Jh. waren auch die rumänischen Küchen, vor allem in der Hauptstadt Bukarest, von einer magischen Dimension der Gewürze und von gut bewahrten Geheimnissen der Kochkunst beseelt. Die in den Dokumenten aufbewahrten Tatsachen werden von Historikern wissenschaftlich und trocken präsentiert. Die Schriftsteller können aber diese Fakten mit der entsprechenden literarischen So‎ße“ anrichten und in faszinierende Erzählungen verwandeln. Doina Ruşti schreibt Historienromane, und in ihrem neuesten Buch Mâţa Vinerii“ (dt. Veneras Katze“) bringt Sie Geschichte, Magie, kollektives Unbewusstes und Kochkunst in eine zauberhafte Mischung zusammen. Die Arbeit an dem neuen Roman über Kochkunst in Bukarest an der Wende zwischen dem 18. und dem 19. Jh. begann Doina Ruşti wie immer mit gründlichen Forschungen in den Archiven:



    Im rumänischen Nationalarchiv entdeckte ich ein Dokument aus der Zeit des walachischen Fürsten Constantin Hangerli, das von einem berühmten Koch der damaligen Zeit handelte. Jener Koch war so gut, dass alle Mächtigen und Reichen ihn haben wollten. Der Koch war ein zierlicher Zigeuner, ein Sklave im Hause der Ecaterina Greceanu. Ecaterina Greceanu war eine Grande Dame Bukarests, die Ehefrau des damaligen Innenministers, des zweitmächtigsten Mannes in der Walachei nach dem Fürsten. Der Koch Vasile sin Andreica (dt. Vasile Sohn der Andreica) wurde als Sklave im Haushalt der Familie Greceanu geboren. Gemä‎ß der damaligen Gesetze war er für immer das unbestrittene Eigentum seiner Herrin, Ecaterina Greceanu. Und doch schafft es der erst seit zwei Monaten nach Bukarest als Fürst entsandte Phanariote Constantin Hangerli, den wertvollen Koch an sich zu rei‎ßen. Er will den Koch unbedingt haben und nimmt ihn von seiner Herrin — eine unerhörte Zumutung. Als zweite Frau im Lande war Ecaterina Greceanu aber auch nicht irgendwer, und deshalb eröffnet Constantin Hangerli ein Gerichtsverfahren, um seiner Tat den Anschein der Gesetzlichkeit zu verschaffen. Er bezahlt Zeugen, die vor Gericht erklären, der Koch sei im Hause Greceanu schlecht behandelt und sehr unglücklich. Folglich beabsichtige Constantin Hangerli den Koch zu retten, in sein Haushalt zu nehmen und Ecaterina Greceanu für den Verlust mit zwei Zigeunersklaven zu entschädigen.“




    Was könnte dieser fabelhafte Koch gekocht haben, dass der Fürst ihn in seinem Palast behalten wollte? Dass seine Herrin über diesen Verlust nicht hinwegsehen wollte und vor Gericht ging, um ihn wieder zu haben? Über dieses Gerichtsverfahren wurde viel Tinte vergossen, der Metropolit der Walachei intervenierte persönlich in den Disput, der zierliche Zigeuner wurde so wertvoll gehandelt wie zwei arbeitstüchtige Männer. Doina Ruşti dazu:



    Ich begann darüber nachzudenken, was dieser Vasile sin Andreica für ein begnadeter Koch gewesen sein mag. Ich dachte an die fantastischen Gerichte, die er hervorzauberte, ich dachte an Ecaterina Greceanu, der ihr Koch abhanden gekommen war und sich schnell Geld verschaffte, um ihn zurückzukaufen. Als ich über diese Fragen nachdachte, traf ich mich mit einem Autor, der ein Buch über Insekten schrieb. Der Autor verfasste eine wissenschaftliche Studie, aber er fragte sich, ob es nicht interessanter wäre, sein Buch mit ein paar Kochrezepten des Zoologen Conrad Gessner zu ‚spicken‘. Das versetzte mich in meine Jugend zurück, als ich Bücher über mittelalterliche Zoologie las, und dabei hatte ich eine Art Offenbarung: In der Küche meiner Oma gab es bereits viele Rezepte der vergangenen Jahrhunderte, und das, was in einem Magiebuch steht, ist den gewöhnlichen Menschen oft nicht vollkommen unbekannt. So begann ich die Rezepte zusammenzustellen, die im Vordergrund meines Romans stehen — so entstand »Das Buch der bösen Speisen«.




    Das älteste rumänische Kochbuch befindet sich im Nationalarchiv — es stammt vom Anfang des 18. Jh. aus der Zeit des Fürsten Constantin Brâncoveanu. Doina Ruşti blätterte darin und lie‎ß sich für ihren Roman von der alten rumänischen Küche inspirieren:



    Es gab viel Interessantes in der rumänischen Küche des 18. Jh. Die meisten Gerichte basierten auf Hackfleisch, und die Desserts mit Walnuss und Honig waren für alle Köche der damaligen Zeit ein Muss. In der Zeit der Phanarioten und des Fürsten Constantin Brâncoveanu bevorzugte man Frikadellen in verschiedenen So‎ßen, mit ausgefallenen Aromen. Die Krebsfrikadellen wurden mit Pflaumenessig oder mit Rosenwasser aromatisiert. Die Moussaka, ein typisches Auflaufgericht, das ursprünglich aus dem arabischen Raum stammt und auf dem gesamten Balkan, in Griechenland und der Türkei verbreitet ist, war damals ein Leibgericht der Bukarester. Die klassische Moussaka enthält Schichten aus Hackfleisch, das mit Zwiebeln, Knoblauch und gehackten Tomaten angebraten und mit Kreuzkümmel, Bohnenkraut, Zimt und Piment gewürzt wird. Für alle Variationen gilt die obligatorische Deckschicht, eine mit Käse bestreute Béchamelsauce. Die Schicht bekommt ihre braune Kruste beim Backen. Je nach Region wird die Moussaka aus verschiedenen Zutaten zubereitet. Es enthält beispielsweise Schichten aus angebratenen Auberginenscheiben, oder aber aus Kartoffeln oder Zucchini. Manche Variationen verwenden eine Deckschicht aus Ei und Joghurt. Gefülltes Hühnchen oder gefüllte Ente waren auch sehr beliebt — die Füllung war ähnlich einer Frikadellenmischung, etwas reicher gewürzt. Fast alle Fleischgerichte wie Frikadellen oder Braten waren mit Honig und Zimt bestrichen. Ein bisschen Sü‎ßes musste einfach dabei sein — die Mischung von sü‎ß, sauer und scharf war typisch für die rumänische Küche des 18. und 19. Jh.“




    Die Hauptfigur des Romans Mâţa Vinerii“ (Veneras Katze“) ist in etwa ein Alter ego der Autorin, die sich von ihren eigenen Lektüren und Erinnerungen inspirieren lie‎ß. Veneras Katze ist zugleich Erzählerin, Hauptfigur, Geschichtsfigur, Hexe und ausgezeichnete Köchin. Doina Ruşti dazu:



    Die Hauptfigur, die sich unter dem Pseudonym ›Mâţa Vinerii‹ (›Veneras Katze‹) versteckt, um sich vor einer Klage wegen Hexerei zu schützen, erinnert sich an eine Episode aus ihrer Jugend, und diese Erinnerung wird durch die Kultur und die Erfahrung dieser besonderen Frau untermauert und bereichert. Ich wollte eine kultivierte Romanfigur schaffen, eine Frau, die im 18. Jh. Latein und Altgriechisch konnte — in etwa das, was auch ich studiert habe. Mit diesem Wissen taucht sie in die Sator-Magie ein und verfasst ein ›Buch der bösen Speisen‹, das letzten Endes das gesamte Bukarest wahnsinnig macht. Der meisterhafte Koch Vasile (Kosename: Silică), der am Hofe des Fürsten Costas lebt und für seine Leckereien berühmt ist, entdeckt eines Tages das magische Kochbuch und beginnt fantastische Gerichte hervorzuzaubern. Selbstverständlich beginnen alle Köche der Hauptstadt, seine ‚Kreationen‘ nachzukochen. Die ausgefallenen Gerichte haben aber unerwartete böse Wirkungen. Ohne es zu ahnen, backt Silică z.B. einen Rosenkuchen, der die Menschen zum Lachen bringt, aber später wahnsinnig macht. Es dauert nicht lange, bis alle Bukarester den Verstand verlieren, und über dieser unkontrollierbaren Euphorie schweben die verhängnisvollen Rezepte aus dem ›Buch der bösen Speisen‹.“