Tag: Frühgeburten

  • Neonatologie in Rumänien: Neugeborenen-Kliniken auf Spenden der Zivilgesellschaft angewiesen

    Neonatologie in Rumänien: Neugeborenen-Kliniken auf Spenden der Zivilgesellschaft angewiesen

    In den armen Landkreisen Rumäniens ist die Sterblichkeitsrate von Neugeborenen doppelt so hoch wie in den Gro‎ßstädten, wo die neonatologischen Kliniken über moderne medizinische Geräte verfügen, so ein Bericht der NGO Salvaţi Copiii“ (dt. Rettet die Kinder“). Gabriela Alexandrescu, Exekutivvorsitzende von Salvaţi Copiii“, erzählt uns mehr darüber:



    Ein nationales Ausrüstungsprogramm wurde in Rumänien seit 2007 nicht mehr umgesetzt. Angesichts der hohen Zahl von Frühgeburten wurden diese Geräte intensiv genutzt. Zudem ist die Anzahl der Betten auf der neonatologischen Intensivstation halb so gro‎ß wie der Bedarf. Infolgedessen erhielten viele Abteilungen mehr Neugeborene, als sie aufnehmen konnten. Der Mangel an Ausrüstung, die lebenswichtige Unterstützung leisten kann, war eine der Ursachen. Eine weitere Ursache ist der Bildungsgrad der Mütter, die Anzahl der Hausarztbesuche und die unzureichende Schwangerschaftsüberwachung. Fast die Hälfte der Schwangerschaften in Rumänien wird nicht von einem Arzt überwacht. Viele Frauen gebären in Entbindungskliniken, die nicht die Ausrüstung, das Fachwissen und auch nicht das Recht haben, Neugeborene mit einem Gewicht von weniger als eineinhalb Kilo zu versorgen.“




    Zu den Ursachen der Kindersterblichkeit in Rumänien sagt Gabriela Alexandrescu, dass sie sozial und kulturell sind, aber auch mit dem Mangel an medizinischen Dienstleistungen in den weniger entwickelten Regionen Rumäniens zusammenhängen.



    Es ist eine Bündelung von Faktoren: Bildung, fehlende Grundversorgung auf Gemeindeebene, vor allem in ländlichen Gemeinden, wo es einen gro‎ßen Mangel an Hausärzten gibt, einen Mangel an Vorsorgeuntersuchungen für Schwangere, die Unmöglichkeit vieler Frauen, in die Stadt zu reisen, um ihre Schwangerschaftsuntersuchungen machen zu lassen. Dies hat zu einer ziemlich schwierigen Situation für Familien in Rumänien geführt. Die gemeldete Säuglingssterblichkeit hat sich verdoppelt, wir haben auch Unterschiede im ganzen Land, zwischen verschiedenen Landkreisen. Wir haben mehr als 23 Landkreise, in denen die gemeldete Sterblichkeitsrate über der nationalen Rate liegt, wobei die Landkreise Botoşani und Călăraşi leider an der Spitze der Liste stehen. Die Sterblichkeitsraten in diesen Landkreisen sind dreimal höher als in Cluj oder Bukarest.“




    Im Jahr 2017 lag die Säuglingssterblichkeit bei 7,2 pro eintausend Lebendgeburten, wobei die Frühgeburt die Haupttodesursache war. Der Verband Salvaţi Copiii“ hat sich aktiv bemüht, die medizinischen Anstalten mit der erforderlichen Ausrüstung zu versorgen. Gabriela Alexandrescu:



    Wir von dem Verband »Salvaţi Copiii« haben versucht, diese Art von Mangel auszugleichen. In den letzten Jahren seit 2012 haben wir mehr als 515 Geräte an 88 Geburtskliniken für 42.000 Neugeborene gespendet. Wir haben mehr als 4 Millionen Euro investiert, die wir von Unternehmen und Einzelspendern erhalten haben. Alles wurde mit der Unterstützung von Menschen in Rumänien gemacht, weil wir gesehen und verstanden haben, dass es in unserer Macht liegt, unsere Kinder zu retten, anstatt darauf zu warten, dass das Ministerium und die Behörden die erforderlichen Summen bereitstellen. Wenn wir das Recht unserer Kinder auf Leben nicht gewährleisten können, worüber lohnt es sich dann noch, zu reden?“




    In Rumänien gibt es viele Fälle von angeborenen Herzfehlern bei Neugeborenen. Viele Kinder werden mit solchen Problemen geboren, und das einzige Krankenhaus, in dem sie unmittelbar nach ihrer Geburt behandelt werden können, ist das Institut für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Transplantation in Târgu Mureş. Das dortige medizinische Personal arbeitet rund um die Uhr, aber diese Anstrengung ist nicht ausreichend. Von den rund 1.000 notwendigen Herzoperationen pro Jahr führt das Krankenhaus in Târgu Mureş nur rund 230 durch. In der Zwischenzeit werden andere Ärzte mit einem Mangel an Ausrüstung konfrontiert. Dazu erläutert uns die Leiterin der Neugeborenen-Klinik des Universitäts-Notfallkrankenhauses in Bukarest, Adriana Dan, mehr Details:



    Neonatologische Krankenhäuser in Rumänien werden nach Kompetenzniveau und Ausstattung bewertet. Es gibt relativ wenige Neugeborenen-Kliniken dritten Grades, die sehr gut ausgestattet sind und über sehr gutes Personal verfügen. In Rumänien gibt es rund zwanzig solcher Einrichtungen. Sie sind in der Lage, die Versorgung bei Frühgeburten mit den grö‎ßten Bedürfnissen zu gewährleisten. Wir arbeiten mit begrenzten, veralteten und überlasteten Geräten. Damit Frühgeborene überleben können, ist es unerlässlich, dass wir Inkubatoren, Beatmungsgeräte, Geräte zur Überwachung der Vitalfunktionen und hochwertige Einweg-Verbrauchsmaterialien haben, um die vielfältigen Komplikationen zu vermeiden, die Säuglinge mit einem schwachen Immunsystem haben können.“




    Wir haben Adriana Dan auch gefragt, was Neonatologen empfinden, wenn sie trotz der Mängel im Gesundheitswesen in ihrem Beruf erfolgreich sind:



    Auf der einen Seite sind wir froh, dass wir einer zarten Seele und einer Familie helfen können, die dieses Kind so sehr begehrt und erwartet hat. Andererseits ist es eine Frage des Berufsstolzes, wenn wir sehen, dass das, was wir tun, von Bedeutung ist. Bei unseren jährlichen Treffen am 17. November, wenn der Welttag der Frühgeborenen verzeichnet wird, kommen wir mit den Kindern zusammen, die wir gerettet haben und die zwei, fünf Jahre alt sind oder sogar das Schulalter erreicht haben. Es ist eine solche Freude, zu wissen, dass ein Teil dessen, was dieses Kind heute ist, dir zu verdanken ist. Es ist etwas Besonderes.“




    Diese Art von Genugtuung wird höchstwahrscheinlich nur von einem Arzt wahrgenommen, der das Leben eines Neugeborenen rettet. Aber für weitere solche Erfolge braucht Rumänien modernste Neugeborenen-Kliniken. Im Jahr 2019 erwirbt der Verband Salvaţi Copiii“ Rumänien Ausrüstung für 49 Entbindungskliniken.

  • Kampf gegen Kindersterblichkeit: Das Programm „Willkommen auf der Welt“

    Kampf gegen Kindersterblichkeit: Das Programm „Willkommen auf der Welt“

    Rumänien bleibt weiterhin auf dem ersten Platz in der Europäischen Union, was Kindersterblichkeit anbelangt, mit einer Sterberate von 9,4 zu 1000 lebendig geborenen Kinder. Die Hauptursache sind Frühgeburten. Einem Drittel dieser Sterbefälle könnte durch die Entwicklung von Unterstützungsprogrammen für Mütter und Kinder und durch die Ausstattung der Entbindungsheime mit leistungsvollen ärztlichen Geräten vorgebeugt werden, meinen Mediziner. Die Organisation Salvaţi Copiii“ (Rettet die Kinder“) hat sich vorgenommen, diese schmerzvollen Statistiken zu ändern und ist dem internationalen Programm Every one“ beigetreten, das von Save the Children International geleitet wird.



    Ziel des besagten Programms ist es, die Kindersterblichkeit und die Sterberate der Kinder unter fünf Jahren im Zeitraum 2010-2015 um 15% zu senken. In diesem Sinne hat die rumänische Tochterorganisation vor zwei Jahren ein umfangreiches Programm ins Leben gerufen: Jedes Kind zählt“. Das Programm beinhaltet auch eine Geldsammelkampagne Willkommen auf der Welt“. Bis heute haben 15 Entbindungsheime landesweit medizinische Ausrüstung erhalten, die die Ärzte bei ihren Bemühungen zur Rettung der frühgeborenen Kinder unterstützen werden. Der Gesamtwert der Finanzierungen, die Salvaţi Copiii“ letztes Jahr erhalten hat, überschreitet eine Million Lei. Diese wurden durch die Umleitung von 2% der Einkommenssteuer und durch die Gro‎ßzügigkeit verschiedener Gesellschaften und Privatpersonen, die Spenden gemacht haben, gesammelt. Au‎ßerdem haben sich 42 Angestellte und über 800 Freiwillige in verschiedenen Städten an dieser Kampagne zur Reduzierung der Kindersterblichkeit in Rumänien beteiligt.



    Am Ende des besagten Programms hat die Organisation Salvaţi Copiii“ neulich dem Krankenhaus Cantacuzino“ in der Hauptstadt einen Transportinkubator und dem Endbindungsheim Polizu ein Atemgerät im Wert von 24.000 Euro gespendet. Gabriela Alexandrescu, Exekutivvorsitzende der Organisation Salvaţi Copiii“:



    Nach unseren Hochrechnungen haben wir festgestellt, dass diese Geräte zur Rettung von 327 Babys helfen und normale Bedingungen für 380 Geburten gewährleisten werden. Dies dank der Ausstattungen, die wir bestimmten Endbindungsheimen geliefert haben. Nartürlich wollen wir weiter machen.“



    Landesweit sind die Entbindungsheime schwach ausgestattet und die Geräte haben ein Alter, die sie oft unbenutzbar machen. Hinzu kommt der Personalmangel, meint Adrian Crăciun, Leiter der Entbindungsstation des Cantacuzino-Krankenhauses in der Hauptstadt:



    Wir sind eine kleine Entbindungsstation. Wir haben nur ungefähr 2200 Geburten im Jahr, aber über 20% der hier behandelten Kinder sind Frühgeburten. Da wir eine Entbindungsstation dritten Grades sind, bekommen wir Babys mit Problemen aus anderen Entbindungsheimen. Allein letzte Woche wurden bei uns drei Neugeborene aus drei verschiedenen Krankenhäusern eingeliefert. Zwei davon werden künstlich beatmet. Leider können wir nicht immer alle empfangen, denn wir verfügen nicht über genug Plätze. Wir haben nur 9 Plätze auf der Intensivstation und oft sind diese Plätze überfüllt. Ich befürchte, dass wir sie bald nicht mehr empfangen können, denn wir werden keine Arbeitsmittel mehr haben. Leider ist es eine reale Situation, von der ich nicht wei‎ß, wie leicht wir sie überwinden können.“



    Die Unterfinanzierung bleibt auch ein ernstes Problem des rumänischen Gesundheitswesens. Der Leiter der Entbindungsstation fügte noch hinzu, dass seine Einheit dieses Jahr weniger Geld als im letzten Jahr für die vier Programme, die sie durchführt, erhalten hat — für Frühgeburten, für die Atemvirusinfektion, für Ernährungsprophilaxe und für die Aufspürung der Hörbehinderungen bei Neugeborenen.



    Letztes Jahr haben wir 4 Milliarden Lei erhalten, dieses Jahr nur 600 Millionen Lei. Das ist ein beträchtlicher Unterschied. Wir leben nun von dem, was wir letztes Jahr angelegt haben. Mit diesem Geld haben wir alles gekauft, womit wir unsere internen Angelegenheiten erledigen können. Auf einmal haben wir dann kein Geld mehr bekommen. Wir können ein frühgeborenes Baby nicht mit Luft behandeln.“



    Das Gesundheitsministerium wird 2013 landesweit 20 Entbindungsheime durch ein Programm der Weltbank sanieren und ausstatten. Dies kündigte Staatssekretär im Gesundheitsministerium Adrian Pană an:



    Dieses Sanierungs- und Ausstattungsprogramm der Entbindungsheime durch die Weltbank lief lange Zeit. Ein Teil davon wurde in den letzten Jahren zu Ende gebracht. Ein Teil läuft weiter und es finden Diskussionen für ein neues Darlehen von der Weltbank statt, um weiterhin einschlie‎ßlich in die Ausstattung der Entbindungsheime zu investieren. Ich möchte aber etwas klarstellen: Kindersterblichkeit hängt nicht nur von dem Entbindugsheim ab. Die Kindersterblichkeit ist ein komplexer Indikator, der den Entwicklungsstand einer Nation widerspiegelt. Es ist besonders wichtig, ein gut ausgestattetes Entbindungsheim zu haben, wo Mütter und Kinder sichere Gesundheitsdienstleistungen erhalten können. Es ist au‎ßerdem extrem wichtig, dass das Kind dann sein Leben auch au‎ßerhalb des Entbindungsheimes in einer sicheren Umgebung beginnt. Dafür können sowohl das Gesundheitswesen, aber auch andere Systeme extrem viel unternehmen. Und das wird sich in der Senkung der Sterblichkeitsrate bei Babys widerspiegeln.“



    Jedes Kind hat ein Recht aufs Leben. Wer kann ihm das wegnehmen?“, fragt sich die Exekutivvorsitzende der Organisation, Gabriela Alexandrescu, die weiterhin sagte, dass Salvaţi Copiii“ auch dieses Jahr die Geldsammelaktion fortsetzen wird, damit mehr Krankenstationen Austattung erhalten können, die zur Sonderbehandlung der frühgeborenen Babys notwendig ist.



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