Tag: Gen Norden

  • Nachwuchstalent gewinnt Gopo-Preis: Steckbrief Nico Becker

    Nachwuchstalent gewinnt Gopo-Preis: Steckbrief Nico Becker

    Niko Becker begann seine Karriere auf der Bühne des Deutschen Staatstheaters in Timișoara und spielte im Alter von 15 Jahren die Hauptrolle in dem Film „Ein Schritt hinter den Seraphim“ unter der Regie von Daniel Sandu. Im Jahr 2021 vertraute ihm der Regisseur Eugen Jebeleanu die Rolle des Treplev in Tschechows „Die Möwe an, die später Teil des Repertoires des Nationaltheaters I.L. Caragiale in Bukarest wurde. Niko Becker hat auch mit der Regisseurin Carmen Lidia Vidu in „Das fragile Gefühl der Hoffnung“ zusammengearbeitet. Dort spielte er die Rolle eines jungen Mannes, der an Schizophrenie leidet und sowohl mit der Krankheit als auch mit dem Stigma zu kämpfen hat.

    Seit 2023 ist der junge Schauspieler das neueste Mitglied des wertvollen Teams des Odeon-Theaters in Bukarest. Dort gab er sein Debüt bei der Premiere des Stücks „Ein offenes Haus“ unter der Regie von Teodora Petre. „Gen Norden“ ist der erste Spielfilm des Regisseurs Mihai Mincan, der auf einer wahren Geschichte beruht und eine europäische Koproduktion zwischen fünf Ländern ist. Dieser erzählt die Geschichte von Joel, einem religiösen philippinischen Seemann, der auf einem Transatlantikschiff arbeitet. Dort entdeckt er Dumitru, einen blinden Passagier, der sich zwischen den Containern versteckt. In den Worten des Regisseurs Mihai Mincan ist „Gen Norden“ „ein Film über Angst, ein Film über das Vertrauen in den anderen, ein Film über die Fähigkeit oder Unfähigkeit, sein Leben in die Hände eines Fremden zu legen, aber auch über unsere Beziehung zu Gott“.

    Wir sprachen mit Niko Becker über seine Leidenschaft für das Schauspiel, beginnend mit seiner Rolle in dem Psychothriller „Gen Norden“, der den Kritikerpreis der Biennale di Venezia – Bisato D’Oro für den besten Film erhielt und auf wichtigen internationalen Filmfestivals ausgewählt wurde.

    Ich habe mich sehr gut mit dem Team verstanden, und damit meine ich nicht nur die Schauspieler. Da dies auch mein Debüt in einer Hauptrolle war, überkam mich eine gewisse Unbehaglichkeit, ich war sehr verunsichert. Gleichzeitig hatte ich viel um die Ohren. Und die Erfahrungen, die ich am Theater gemacht habe, haben natürlich geholfen, aber Film und Theater sind unterschiedliche Künste und die Dinge überschneiden sich nicht perfekt. Es gibt diesen konkreten Unterschied, vor allem in der Art und Weise, wie er sich am Ende materialisiert, denn das Gefilmte bleibt als Filmmaterial. Das setzt dich als Schauspieler unter Druck. Und es ist ein bisschen stressig, wenn man daran denkt, dass die Art und Weise, wie man spielt, bestehen bleibt, während man im Theater, selbst wenn ein Abend schlechter ist, die Möglichkeit hat, die Rolle neu zu gestalten.

    Aber wie ich schon sagte, im Theater gibt es immer Risiken, denn wir können schlechte Momente haben. Ich bin selten zufrieden nach einer Aufführung, oft habe ich den Eindruck, dass es besser hätte sein können, dass ich nuancierter hätte spielen können. Und ich denke, es ist normal, immer mehr zu wollen. Wenn wir mit dem zufrieden sind, was wir haben, geraten wir in eine gewisse Selbstzufriedenheit, wir stagnieren am Ende. Um auf den Film zurückzukommen: Wenn ich weiß, dass die Szene, die ich spiele – nach ein paar Takes – eingeprägt ist, gelingt es mir, meine Intuition und meine anderen Qualitäten viel mehr zu nutzen. Ich merke, dass ich unter dem Druck des Augenblicks im Film mehr von mir geben kann.

    Wir sprachen Nico Becker auch auf die Rolle des Dumitru an, in dem Film „Gen Norden“. Er erzählte uns, wie er mit Hilfe des Regisseurs Mihai Mincan die Rolle des des jungen Mannes gestaltete, der sich auf dem Schiff versteckt, auf dem der Filipino Joel arbeitet.

    Als ich mich auf die Rolle vorbereitete, konzentrierte ich mich auf die einzelnen Elemente, die den Zustand der Figur ausmachen. Ich habe darüber nachgedacht, wie  Dumitru all die Empfindungen spürt, wie es ist, hungrig zu sein, Durst zu haben, die Kälte zu spüren, Angst zu haben, wenn man ein lautes Geräusch hört. All diese äußeren Reize habe ich versucht, durch den Körper und mit Hilfe der Techniken des Schauspielers Michail Tschechow auszudrücken, die mir sehr nützlich waren.

    Genauso habe ich viel an dem psychologischen Hintergrund der Figur gearbeitet. Natürlich hat mir das Drehbuch sehr geholfen, alles beginnt mit dem Drehbuch. Für mich ist es wichtig, den Text so gut wie möglich zu verstehen, zu begreifen, worum es geht, was die Umstände, die Situationen, die Ziele der Figuren sind und der Konflikt, der zwischen ihnen und den anderen entsteht, aber auch der Konflikt mit sich selbst. Ich glaube, so bekommt man den besten Einblick in die Figur, die man spielt, indem man den Konflikt in der ganzen Geschichte und den Szenen, aus denen sie besteht, findet. Wenn ich das erkannt habe, vervollständige ich die Figur mit meiner Vorstellungskraft und Erfahrung.

    Eine der jüngsten Rollen von Nico Becker ist die des Journalisten Krzysztof Zieliński in dem Stück von Iwan Wyrypajew „Unruhe“ unter der Regie von Bobi Pricop. In dieser Aufführung hat Nico Becker die außergewöhnliche Dorina Lazăr als Partnerin. Der Regisseur beschreibt „Unruhe“ wie folgt: Das ist in erster Linie „eine Aufführung über die Beziehung zwischen Kunst und Leben, zwischen der Schöpfung und dem Schöpfer, zwischen der Liebe, Gott und all den Dingen, denen wir versuchen, einen Sinn zu geben (gerade durch den Glauben, die Kunst oder die Liebe). Wie das Leben, so ist auch das Theater eine Unruhe und provoziert sie; jeder von uns ist ein Knäuel von Ängsten, das die Kunst in all ihren Formen zu entwirren versucht und vielleicht sogar dabei hilft“, sagt Bobi Pricop.

  • Gen Norden: Psychothriller von Mihai Mincan in die Kinos gekommen

    Gen Norden: Psychothriller von Mihai Mincan in die Kinos gekommen

    Der Streifen erhielt bei der 79. Ausgabe der Internationalen Filmfestspiele von Venedig 2022 in der Sektion Venice Orizzonti” den Preis der Filmkritik, den Bisato dOro. Die Sektion ist den Filmen gewidmet, die neue ästhetische und expressive Trends im Kinobereich setzen.



    Gen Norden” gewann auch den Publikumspreis bei Les Films de Cannes à Bukarest, ein Festival, das im vergangenen Jahr zum 13. Mal stattfand. Der Psychothriller ist eine der ehrgeizigsten Produktionen des rumänischen Kinos der letzten Jahre. Das Projekt ist eine Koproduktion von fünf Ländern: Rumänien (deFilm), Frankreich (Remora Film), Griechenland (Studio Bauhaus), Bulgarien (Screening Emotions) und die Tschechische Republik (Background Films).



    Der Film spielt im Jahr 1996 auf einem Frachtschiff, das den Atlantik auf dem Weg nach Amerika überquert. Auf dem Schiff entdeckt Joel, ein philippinischer Matrose, einen illegalen rumänischen Passagier. Da er wei‎ß, dass der junge Mann Gefahr läuft, über Bord geworfen zu werden, wenn er vom Kapitän oder den Offizieren entdeckt wird, versucht Joel, ihn zu retten. Das Drehbuch, das Mihai Mincan 2016 schrieb, basiert auf einer wahren Geschichte aus den 1990er Jahren: Der Fall mehrerer Rumänen, die versuchen, Amerika zu erreichen, und sich dabei auf einem Frachtschiff verstecken. Regisseur Mihai Mincan erinnert sich.



    Obwohl ich das Drehbuch 20 Jahre später schrieb, sagte mir diese Geschichte viel über die Welt, in der ich damals lebte. Es schien, als ob sich die Welt trotz der 20 Jahre, die zwischen den Ereignissen vergangen waren, nur sehr, sehr wenig verändert hatte. Ich interessierte mich weniger für das Thema Auswanderung. Stattdessen interessierte ich mich für Begriffe wie Angst, das Unbekannte, genauer gesagt das Unbekannte, das die Form eines anderen Menschen annehmen kann. Es ging mir auch darum, die Situation zu verstehen, in der sich diese Figuren befinden, die ihr Leben einer unbekannten Person anvertrauen müssen.


    Das waren die Ideen, die katalytischen Fragen für mich, die ich im Kopf hatte, als ich anfing, das Drehbuch zu schreiben. Denn ausgehend von diesem realen Ereignis im Jahr 1996 hatte ich den Eindruck, dass ich eigentlich viel über das Jahr 2016 sprechen würde, ein Jahr mit vielen Terroranschlägen. Im Jahr 2016 gab es die Terroranschläge in Brüssel, es gab auch den Anschlag in Nizza, viele Menschen starben in diesem Jahr aufgrund von Terroranschlägen, die vor allem durch religiöse Differenzen verursacht wurden. Und ich hatte damals das Gefühl, dass die Welt um mich herum fast am Rande des Zusammenbruchs war.



    Eine mutige und schonungslose Darstellung dessen, was in internationalen Gewässern passieren kann. Eine Geschichte über moralische Entscheidungen, Freundlichkeit und Kompromisse, Mut und Angst. Eine Geschichte, die auch am Ende des Abspanns noch zum Nachdenken anregt”, schrieb Intoscreens über den Film Gen Norden”. Wie sieht der Regisseur Mihai Mincan die Interpretation seines eigenen Films?



    Diese moralische Gratwanderung, die wir in Bezug auf unsere Mitmenschen vollziehen, ist ohnehin schwierig, und die kulturellen Unterschiede der Figuren im Film machen sie noch schwieriger. Diese Unterschiede zwischen den Figuren, ihre sehr unterschiedlichen sozialen und kulturellen Hintergründe, haben mich sehr interessiert, als ich mit dem Schreiben des Drehbuchs begann. Jeder von uns geht mit etwas Anderem, Eigenem in eine Beziehung, aber gleichzeitig gibt es irgendwie die Möglichkeit, dass sich diese Unterschiede in der Mitte treffen, in Begriffen wie Armut zum Beispiel. Armut war für die Figuren im Film ein gemeinsames Konzept, aber sie wurde auch je nach Kultur unterschiedlich wahrgenommen und verstanden.


    Ich war auch sehr angetan von diesen sprachlichen Unterschieden, bei denen sich die Menschen nicht verständigen können, und das in einer Zeit, in der Kommunikation so wichtig ist. Ich denke, wenn die Figuren tatsächlich miteinander reden könnten, es schaffen würden, mit Subjekt und Prädikat zu kommunizieren, klarer über ihre Bedürfnisse zu sprechen, wäre die Situation vielleicht anders gewesen. Ich bin kein gro‎ßer moralischer Relativist, aber andererseits stimme ich auch nicht mit der Idee überein, dass Gut und Böse sehr vage sind, dass sie sich von Mensch zu Mensch stark unterscheiden. Es ist nur so, dass in Gen Norden die Situation alles sehr kompliziert macht, für jede Figur ist extrem viel auf dem Spiel.



    Die Produktion bringt ein Spitzenteam auf die Leinwand: Kameramann – George Chiper-Lillemark, Sounddesigner – Nicolas Becker, Tontechniker – Cyril Holtz, Musik – Marius Leftărache, Alesandro Cortini, Nicolas Becker, Schnitt – Dragos Apetri. Die Besetzung des Films ist international, mit Schauspielern aus den Philippinen, Taiwan, Frankreich und Bulgarien. Die Hauptrollen werden von dem jungen deutsch-rumänischen Schauspieler Niko Becker und Soliman Cruz, einem bekannten philippinischen Schauspieler, gespielt. Die Dialoge im Film werden in sechs Sprachen geführt: Englisch, Tagalog, Spanisch, Rumänisch, Bulgarisch und Mandarin.