Tag: Großrumänien

  • 100 Jahre seit der Einbürgerung der Juden in Rumänien

    100 Jahre seit der Einbürgerung der Juden in Rumänien

    Bis 1919 hatten die rumänischen Juden keine Bürgerrechte, da die Verfassung von 1866 im berüchtigten Artikel 7 vorsah, dass nur die christlich-orthodoxen Religionsangehörigen rumänische Staatsbürger sein konnten. Viele Juden leisteten jedoch ihren Beitrag zur rumänischen Wirtschaft, Kultur und Kunst, und viele kämpften in der rumänischen Armee im Unabhängigkeitskrieg von 1877–1878 und in den Jahren des Ersten Weltkrieges.



    1919, am Ende des Ersten Weltkrieges, erhielten die Juden des alten Königreichs Rumänien das Recht, Bürger Gro‎ßrumäniens zu werden. Die internationalen Friedensverträge zwangen Rumänien, die Rechte der nationalen Minderheiten anzuerkennen, die gleichzeitig mit den überwiegend von Rumänen bewohnten Gebieten zum Teil des neuen Staates wurden. Die rumänische Gesetzgebung von 1919 bestätigte blo‎ß eine internationale Realität, nach jahrzehntelangen Anstrengungen jüdischer Organisationen, die Bürgerrechte gefordert hatten.



    100 Jahre nach der Anerkennung der rumänischen Staatsbürgerschaft erzählte die Historikerin Lya Benjamin die Geschichte der rumänischen Bürger, die der mosaischen Religion angehörten. Es ist nicht nur die Geschichte der Juden in Rumänien, sondern von Rumänien selbst vor einem Jahrhundert.



    Die politische Geschichte der Juden im rumänischen Kontext, die Geschichte des Kampfes um den Erwerb politischer Rechte begann 1857, als vor der Vereinigung von 1859 in Rumänien eine Reihe von politischen Ereignissen stattfand. Der Initiator des Kampfes ist Iuliu Barasch, der Verfasser eines Memorandums, das 1857 dem stellvertretenden Regenten Prinz Ghica überreicht wurde. Darin verlangt er eine Reihe von Rechten und sagt: ‚Wir erwarten die Rechtegleichheit, die die meisten unserer Glaubensgenossen in ganz Europa genie‎ßen.‘ Diese neue Forderung wird erst nach dem Ersten Weltkrieg, nach vielem Zögern und mit nicht wenigen Einschränkungen gelöst.“




    Rumänien war vor 1918 eine ländliche Gesellschaft, wie die meisten Mittel- und Osteuropas, weniger urbanisiert und fremdenfeindlich. Der rumänische Antisemitismus schrieb sich jedoch in die allgemeine europäische Haltung ein. Trotz der intensiven Aufklärungskampagnen der Öffentlichkeit und der rumänischen Politiker blieb der rechtliche Status der Juden bis zum Frühjahr 1918 unverändert, als das besiegte Rumänien das Bukarester Abkommen unterzeichnete. Die Historikerin Lya Benjamin erläutert die Umstände:



    Die Unterzeichnung des Friedensabkommens in Bukarest am 24. April 1918 stellt einen wichtigen Meilenstein auf dem Weg dar, der schlie‎ßlich zur Anerkennung der bürgerlichen und politischen Rechte der Juden in Rumänien führte. Die deutsche Seite forderte, dass dieses Friedensabkommen unter anderem einen Sonderartikel zur Gewährung von Minderheitenrechten und einen Artikel, Artikel 28, enthält, der speziell die Juden betrifft. In dem Artikel hei‎ßt es, dass die Glaubensunterschiede keinen Einfluss auf den Zivilstand und insbesondere auf die politischen Rechte haben kann. In diesem Abkommen ist auch das Dekret vorgesehen, wodurch all diejenigen, die keine ‚Untertanen einer fremden Macht‘ waren, die an den Kriegen Rumäniens teilgenommen hatten, in diesem Land von hier geborenen Eltern geboren wurden, hier eingebürgert werden und gleiche Rechte wie die Rumänen erhalten.“




    Der erste Schritt wurde daher kurz vor Ende des Ersten Weltkrieges unternommen. Die von dem konservativen Premierminister Alexandru Marghiloman geführte Regierung versuchte, die Bestimmungen des Friedensabkommens umzusetzen, aber die Opposition war stark. Historikerin Lya Benjamin mit Einzelheiten:



    Diese Bestimmung des Friedensabkommens zwischen Rumänien und Deutschland sei nach einigen Annahmen auf Vorschlag der jüdischen Gemeinde in Deutschland zustande gekommen. Im Sinne der Bestimmungen dieses Abkommens wurde im Sommer 1918 das sogenannte Marghiloman-Gesetz verabschiedet, das eine Reihe von Ma‎ßnahmen im Zusammenhang mit der Einbürgerung der Juden vorsah. Die Bestimmungen sind jedoch ziemlich restriktiv und ziemlich kompliziert. Die Union der Einheimischen Juden protestiert am 25. Juli 1918 im Parlament und erklärt, das Gesetz versto‎ße gegen den Geist des Friedensvertrages. Die Fassung des Gesetzes wurde als zu vage betrachtet, denn das Wort ‚Jude‘ war nicht enthalten. Zahlreiche Unterlagen mit den Zeugnissen der Antragsteller und ihrer Eltern mussten vorgelegt werden. Der Präsident der Union der Einheimischen Juden, Wilhelm Filderman, und die Union der Einheimischen Juden hielten das Gesetz für unrealistisch und unwirksam.“




    Der Herbst 1918 brachte gro‎ße Veränderungen im Leben Rumäniens mit sich, das aus dem besiegten Land ein Siegerland wurde. Alexandru Marghiloman, der als Verräter angesehen wurde, trat im November 1918 zurück und wurde durch seinen Rivalen, den Liberalen Ionel Brătianu ersetzt. Das Gesetz von Marghiloman teilte das Schicksal desjenigen, der dieses entworfen hatte. Aber auch das von Brătianu entworfene Gesetz war den Juden gegenüber nicht freundlicher gesinnt, denn diesen wurden viele Formalitäten abverlangt, um die rumänische Staatsbürgerschaft zu erhalten. Es war eine völlig absurde Situation: Die Juden in Bessarabien, dem Banat, der Bukowina und Siebenbürgen erhielten automatisch die rumänische Staatsbürgerschaft, blo‎ß nicht die 270.000 vollständig rumänisierten Juden aus dem Altreich. Jüdische Organisationen forderten, dass die Juden im alten Königreich Rumänien die Staatsbürgerschaft einfach anhand einer eigenverantwortlichen Erklärung erhalten sollten, dass sie in Rumänien geboren wurden und keine andere Staatsangehörigkeit mehr besa‎ßen. Schlie‎ßlich griff Ionel Brătianu ein. Historikerin Lya Benjamin dazu:



    Unter dem Druck dieser Proteste übermittelt Brătianu, der im Frühjahr 1919 noch im Ausland lebte, den Text eines neuen Einbürgerungsgesetzes, das nach Ansicht von Filderman in allgemeiner Orientierung seiner Option entsprach, wie er in seinem Tagebuch schrieb. Warum? Weil es das erste Gesetz war, das aufgrund einer Erklärung des Antragstellers tatsächlich eine Einbürgerung vorsah. Das Gesetz erscheint im Amtsblatt vom 28. Mai 1919.“




    Dieses Gesetz garantierte jedoch nicht das Schicksal der Juden. 1938 wurde das Gesetz zur Überprüfung der rumänischen Staatsbürgerschaft erlassen, das insbesondere die Juden traf, ein Gesetz, das den Weg in den Holocaust ebnete.

  • Emmanuel de Martonne: Französischer Geograph betrieb Lobby für Großrumänien

    Emmanuel de Martonne: Französischer Geograph betrieb Lobby für Großrumänien

    Der französische Geograph Emmanuel de Martonne (1873–1955) war ein bekannter Bewunderer der rumänischen Kultur in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Rumänien verdankt ihm Studien über das Land und Karten, die eine wichtige Rolle bei der Grenzziehung nach dem Ersten Weltkrieg spielten. De Martonne war Student des gro‎ßen französischen Geographen Paul Vidal de la Blache und begann schon in den frühen Zwanzigern mit dem Studium der Geographie Rumäniens — dank seiner Freundschaft mit dem Schriftsteller Pompiliu Eliade.



    Nach dem Ende des Ersten Weltkriegs brach weltweit eine andere Art von Krieg aus, ein Konflikt der Karten und des Lobbyismus. Das zuletzt genannte Phänomen gab es eigentlich auch früher und galt als ein im Schatten des offenen Kriegs laufender Konflikt. Gavin Bowd ist Professor für französische Sprache und Literatur an der Universität St. Andrews in Schottland. Der Professor hat sich in seinen Studien mit der Persönlichkeit des Geographen befasst, einschlie‎ßlich seiner Studien über Rumänien. Die rumänische Propaganda in der französischen Presse sei eines der stärksten Mittel gewesen, die die rumänischen Diplomaten nutzen, um ihr Ziel zu erreichen, sagt Gavin Bowd:



    In Frankreich hat sich Rumänien in intellektuellen Kreisen des Landes einer starken Unterstützung erfreut. Der rumänische bevollmächtigte Minister in Paris, Victor Antonescu, hatte einen Plan umgesetzt, um rumänische Propaganda in der französischen Presse zu veröffentlicht: Bukarest finanzierte heimlich diese Propaganda und gründete am 1. Januar 1918 auch ein Pressebüro in Paris. Viele einflussreiche Rumänen haben ihrerseits diese Propaganda in Frankreich finanziell unterstützt. Sie haben auch eine Zeitung gegründet, »La Transylvanie«, die sich zum Schutz der Rechte der Siebenbürger, Banater und der Bewohner der Bukowina einsetzte, sowie die Tageszeitung »La Roumanie«. Neben seiner Tätigkeit für das französische Au‎ßenministerium trug auch Emmanuel de Martonne erheblich zur rumänischen Propaganda bei. Im März 1918 wurde zum Beispiel das Buch »La Dobroudja. Esquisse historique, géographique, ethnographique et statistique« von Francois Lebrun, Korrespondenten der Tageszeitung »Le Matin« in Rumänien veröffentlicht. Im Vorwort zum Buch befürwortet De Martonne mit einer starken Stimme die Position Rumäniens mit den Worten: ‚Es ist noch nicht zu spät, ein Licht auf die Situation der rumänischen Region Dobrudscha zu werfen und die Öffentlichkeit darüber richtig zu informieren. Bukarest musste unter Druck einen ungerechten Friedensvertrag unterzeichnen, dieser Vertrag muss geändert werden, genau wie das Schicksal aller Rumänen sowie der slawischen Völker.‘“




    Der Wissenschaftler war vielseitig begabt und zeigte auch eine besondere Neigung zur Literatur. Die Karpaten-Landschaft sowie Siebenbürgen und die rumänischen Bauern hatten den französischen Geographen verzaubert. Professor Gavin Bowd sagte dazu:



    Für Emmanuel de Martonne war Rumänien ausschlie‎ßlich ein Karpatenland und ein Karpatenvolk. Ich zitiere aus einem seiner Werke: ‚Bei den ersten Schritten in Richtung Norden, nachdem man Bukarest verlässt, zeigt sich auf dem heiteren Himmel die blaue Linie der Karpaten. Sie schwebt sehr hoch über den üppigen Feldern des Landes, der Schatten der Karpaten fällt auf das ganze Land. Es handelt sich nicht, wie Sie nach einem kurzen Blick in einen geographischen Atlas glauben könnten, um eine natürliche, ethnische, politische oder wirtschaftliche Grenze. Auf beiden Seiten des Karpatenbogens, von der Bukowina bis zum Eisernen Tor, können Sie jene lateinische Sprache hören, die unserer ›langue doc‹ (dem Okzitanischen) so nahe steht. Dieselben Häuser mit steilen Dächern, dieselben Nationaltrachten, die einen den Waffenrock und die Hose der Daker auf der Trajanssäule in Rom wiederentdecken lassen. Dieselben von Ochsen gezogenen Karren, dieselben Lieder, dieselben Tänze, dasselbe Ideal… Für den Schäfer mit seiner Herde gibt es keine Grenze.‘“




    Der gro‎ße Meilenstein der Rumänen und des französischen Geographen als ihr ständiger Befürworter war das Plädoyer für Gro‎ßrumänien. Gavin Bowd:



    1919 sind die Fachkenntnisse des französischen Geographen bei den Friedensverhandlungen in Versailles einem Probelauf unterzogen worden. Im Mittelpunkt seiner Recherche standen in diesem Jahr vier lange Studien über die vier Provinzen, die Rumänien für sich gewinnen wollte. De Martonne plädierte in seinen Fachstudien mit Fachkenntnissen offenkundig für Gro‎ßrumänien. Seine Karte betitelte er »Die Verteilung der Völker in den Territorien, wo die Rumänen die Mehrheit bilden«, was bei weitem nicht als objektiver Titel einer geographischen Karte gelten konnte. Mit der roten Farbe markierte der Geograph die Regionen, wo die Rumänen die Mehrheit der Bevölkerung bildeten. In De Martonnes Karte gab es zudem keine Minderheit, die weniger als 25% der Bevölkerung darstellte. Des Weiteren kennzeichnete der Geograph ganze Regionen mit der Farbe der mehrheitlichen Bevölkerung, andere Volksgruppen wurden mit kleinen Kreisen markiert. Diese Herangehensweise war der klare Beweis, dass seine Studien von dem Einfluss seines Lehrmeisters Vidal de la Blache geprägt waren, der die landwirtschaftlichen und weniger entwickelten Regionen bevorzugte und wo es vermutlich eine gewisse Harmonie zwischen Menschen und Natur gab. Die regionale Geographie und die Zuneigung für die rumänischen Bauer gingen Hand in Hand.“

  • Rumänien in den Kriegsjahren 1916–1918

    Rumänien in den Kriegsjahren 1916–1918

    Unter Besatzung der Armeen der Mittelmächte und mit einem schlechten Image in den Augen seiner Alliierten wegen des separat abgeschlossenen Friedens versuchte Rumänien im Herbst 1918 eine verzweifelte Lage zu überwinden. Die Änderung der Machtverhältnisse zwischen den Mittelmächten und der Entente im Herbst 1918 brachte Rumänien ins Siegerlager. Dieser Zustand machte dem alten Königreich Rumänien möglich, sich mit Bessarabien, der Bukowina und Siebenbürgen zu vereinigen. Das war aber keine leichte Unternehmung. Bis 1920 musste die politische Elite und die ganze Gesellschaft die Hürden der internationalen Anerkennung des neuen Staates überwinden. Der Historiker Ioan Scurtu erläutert die Entwicklungen in Rumänien während der Kriegsjahre 1916-1918:



    Theoretisch hätte Rumänien vorbereitet sein müssen, weil es 1916 in den Krieg eingetreten war, also 2 Jahre nach dem Beginn des Weltkriegs. Das war eine Zeitspanne, die normalerweise für die Aufrüstung und die Vorbereitung der Armee und der Reservisten genutzt werden musste. Leider war das nicht der Fall. Nach dem Enthusiasmus des Kriegseintrittes, als die Soldaten mit Gesang und Blumen in den Krieg einzogen und von der Menge applaudiert wurden, als ob sie zu einer Party gehen würden, kam nach etwa 10 Tagen das Desaster von Turtucaia. Die rumänische Regierung wurde dadurch wachgerüttelt. Im November folgte der Rückzug aus Siebenbürgen und Anfang Dezember die Besetzung der Hauptstadt Bukarest. Es folgte der Rückzug nach Iaşi. Hier gab es schon Probleme wegen der Überbelastung, hinzu kam die Cholera, die Tausende Menschen tötete. Als ob das nicht ausreichte, führte ein Bahnunfall zum Tod von über 1000 Menschen, als ein Zug in der Nähe von Iaşi entgleiste.“




    1917 folgten jedoch die glorreichen Momente. Die rumänische Armee stoppte in Mărăşeşti, Mărăşti und Oituz den Vormarsch der deutschen und österreich-ungarischen Truppen. Die russische Revolution führte aber zur Kapitulation Rumäniens und dessen Besatzung durch den Feind. Obwohl der Goldschatz Rumäniens in Russland verloren ging, ein separater Frieden mit den Gegnern abgeschlossen wurde und das Land mit den Folgen der bolschewistischen Revolutionen in Russland und Ungarn konfrontiert wurde, war Rumänien im Stande, alle Hürden zu überwinden. Alles sei einer visionären politischen Elite zu verdanken, glaubt der Historiker Ioan Scurtu.



    Alle diese Hürden wurden überwunden, weil Rumänien eine wertvolle politische Klasse hatte. Ich meine vor allem Ion I. C. Brătianu, den Vorsitzenden der Nationalliberalen Partei, der in die Ereignisse verwickelt war und eine wichtige Rolle bei der gro‎ßen Vereinigung spielte. Sowohl Bassarabier als auch Bukowiner und Siebenbürger schickten vor der Vereinigungserklärung Gesandte nach Iaşi. Sie diskutierten mit König Ferdinand und Ion I.C. Brătianu und anderen Politikern über die Bedingungen der Vereinigung. Ion I.C. Brătianu hat die rumänische Delegation auf der Friedenskonferenz in Paris geleitet. Hier sa‎ß er gro‎ßen Politikern seiner Zeit gegenüber, etwa dem amerikanischen Präsidenten Wilson und dem britischen Premier. Das war letzten Endes ein Sieg, denn durch die Friedensverträge von 1919-1920 wurden die Vereinigungsakten von Kischinew, Czernowitz und Alba Iulia ratifiziert.“




    Aber auch das königliche Paar Ferdinand und Maria hat aber die Energie der Nation mobilisiert. Ioan Scurtu:



    König Ferdinand war ein Deutscher, er war früher Offizier in der deutschen Armee gewesen. Als der Kronrat die Meinung für den Kriegseintritt Rumäniens gegen sein Land und seine Familie vertrat, hat er sich persönlich geopfert. Das war für Rumänien sehr wichtig. Gleich nach dem Kronrat gab es zwischen ihm und Petre P. Carp ein Wortgefecht. Carp warf ihm vor, er habe vergessen, dass er ein Deutscher sei. Der König antwortete, er wüsste sehr wohl, dass er ein Deutscher sei. ‚Wären die Interessen meines Landes im Einklang mit den Interessen Rumäniens gestanden, hätte ich gerne anders gehandelt‘, sagte der König. Er war aber König der Rumänen und handelte im Interesse des Landes, das er regierte.“




    Das Opfer des Volkes war somit auch das Opfer des königlichen Paares. Starken Persönlichkeiten würden ihre Charakterstärke in schweren Momenten unter Beweis stellen, meint der Historiker Ioan Scurtu:



    Königin Maria war von Anfang an eine Anhängerin des Kriegseintrittes Rumäniens auf der Seite der Entente. Sie war Engländerin und spielte eine gro‎ße Rolle, als es darum ging, König Ferdinand zu überzeugen, dieses persönliche Opfer im Interesse des rumänischen Volkes zu bringen. Der König und die Königin standen ständig an der Seite der Rumänen, der Armee, der wichtigsten politischen Anführer. Als die Frage des Rückzugs von Iaşi nach Odessa, auf russisches Territorium, gestellt wurde, sagte König Ferdinand, er werde dieses Land nicht verlassen. Es gab die Gefahr der Besetzung der ganzen Moldau durch die deutschen Truppen. Genauso ging auch Ion I.C. Brătianu vor. Es war eine Geste, die das öffentliche Bewusstsein mobilisiert hat, auch einige Politiker die es eilig hatten in der Ukraine, in Städten fern von der Front Unterkunft zu bekommen.“




    Das als Gro‎ßrumänien“ bezeichnete Ziel der Generation Anfang des 20. Jahrhunderts war, alle mehrheitlich von Rumänen bewohnten Gebiete in einem Staat zu vereinigen. Ein Ziel, das von allen, die daran geglaubt haben, erreicht wurde. Möglich wurde dies durch die Befolgung einiger Vorbilder und Prinzipien, durch die Überwindung der Emotionen und des Zögerns und durch einen starken Willen.

  • Rumänien im Ersten Weltkrieg: Wie sich die Wahrnehmung historischer Ereignisse ändert

    Rumänien im Ersten Weltkrieg: Wie sich die Wahrnehmung historischer Ereignisse ändert

    Nach zwei Jahren der Neutralität trat Rumänien am 2. August 1916 in den Ersten Weltkrieg auf Seite der Entente ein. Der Eintritt fand auf Druck Frankreichs, dem bedeutendsten und traditionellen Alliierten Rumäniens, statt. Die Schlacht bei Verdun, die Erfolge der Offensive der russischen Armee führten ebenfalls dazu. Unter dem Slogan Jetzt oder nie!“ akzeptiert Rumänien, in den Krieg einzutreten. Dem aus den Vereinigten Donaufürstentümern hervorgegangenen jungen Königreich wurde versprochen, dass nach der Friedenserklärung die mehrheitlich von Rumänen bewohnten österreich-ungarischen Gebiete dem Rumänischen Königreich einverleibt werden. Das späte Eintreten Rumäniens in den Krieg hatte zwei Erklärungen. Eine erste war der Wunsch des deutschstämmigen Königs Karl I., dass Rumänien an Seite Deutschlands kämpfen soll, der von der politischen Klasse nicht akzeptiert wurde. Die zweite Erklärung war das Misstrauen der rumänischen Armee in die Allianz mit Russland nach der unglücklichen Erfahrung im Krieg von 1877-1878.



    Rumänien hat in den zwei Konfliktjahren 535.700 Soldaten verloren, das bedeutete 71% der Armee und belegt den vierten Platz in der schwarzen Rangliste nach Österreich-Ungarn (90%), Russland (76%) und Frankreich (73%). Hinzu zählen 300.000 Zivilisten, darunter 250 Ärzte und 1.000 Sanitäter, die an Entertyphus gestorben sind. Nach dem Ersten Weltkrieg bekam Rumänien die versprochenen Territorien und nannte sich fortan symbolisch Gro‎ßrumänien“.



    Die Opfer, ihre Nachfolger, die Körperbehinderten genossen gleich nach dem Krieg die Aufmerksamkeit der Gesellschaft. Die Wahrnehmung der Geschichte war weniger triumphalistisch — noch standen die Menschenopfer und der Wiederaufbau der Gesellschaft im Vordergrund — und wurde erst mit der Zeit aggressiver. Die politischen Ideen trugen dazu bei, dass die menschliche Dimension abstrakteren Begriffen wie Patriotismus und nationales Interesse Platz machte. Die Tragödien des Ersten Weltkrieges wurden nicht mehr als Tragödien der Menschheit betrachtet, sondern als Opfer fürs Vaterland. Das war auch der Fall Rumäniens, das — wie andere Länder auch — die Etappen der emotional-militanten Geschichtsschreibung durchmachte. Die nationale“ Geschichtsschreibung kam während des kommunistischen Regimes zu ihrem Höhepunkt, als die Bedeutung der historischen Ereignisse, die vor 100 Jahren stattgefunden haben, stark verzerrt wurden.



    Der Historiker Răzvan Pârâianu von der Petru-Maior-Universität in Târgu Mureş ist der Auffassung, dass der Eintritt Rumäniens in den Ersten Weltkrieg im damaligen internationalen Kontext betrachtet werden muss und dass die Beweggründe der Menschen von damals nicht nach heutigen Ma‎ßstäben beurteilt werden dürfen:



    Wenn wir die Vergangenheit betrachten, dürfen wir unsere Hände nicht in Unschuld waschen. Der Sinn, die Bedeutung, die Semantik der einfachsten Wörter sind nicht mehr die gleichen. Viele meinen, das sei Relativismus. Es geht aber nicht um Relativismus. Es geht darum, dass wir die Sachen anders als unsere Urgro‎ßeltern, Gro‎ßeltern, Eltern sehen, die Idee der Nation, die Idee des Vaterlandes anders verstehen. Der französische Soziologe Bernard Paqueteau, der in den 1990er Jahren Rumänien besuchte, hat einen Beitrag über den Gefrierschrank der falschen Ideen geschrieben. Es war die Zeit, als der amerikanische Journalist Robert D. Kaplan über die Geister des Balkan [im gleichnamigen Buch — Anm. d. Red.] geschrieben hat. Paqueteaus Beitrag war die Reaktion auf die Meinung, dass das kommunistische Regime die Geister der Vergangenheit in einen Gefrierschrank gesteckt hatte. Nach 1989 hat jemand den Stecker rausgezogen, so dass die Geister auftauten und nun in der Gesellschaft wieder herumspukten. Paqueteau sagt ganz klar, dass es nicht die gleichen Geister seien und dass es keinen Gefrierschrank gab. Das kommunistische Regime hat nicht nur den Sinn der Wörter verdreht, sondern auch die Gesellschaft, die die Bedeutungen aufnimmt, radikal verändert.“




    Man sagt, Wörter erschaffen die Wirklichkeit. Ihre Bedeutung ist so stark, dass sie an der Bildung einer Meinung entscheidend mitwirken. Răzvan Pârâianu ist der Auffassung, dass ein Historiker glaubhafte Interpretationen des Ersten Weltkriegs formulieren muss und sich nicht von Ideologien beeinflussen lassen darf:



    Zwischen 1916 und 2016 gibt es eine riesige Schlucht, die den Sinn der Wörter und der Taten ändert. Die Begriffsgeschichte von Reinhard Koselleck zeigt, dass die Semantik in direktem Verhältnis zu den Veränderungen in der Gesellschaft, zu den Veränderungen, die das politische Leben bringt, steht. Es geht nicht um eine sofortige Veränderung einer Bedeutung, der Bedeutungswandel erscheint später. Wir müssen die Veränderungen aufmerksam verfolgen, denn sie treten mit einer gewissen Verspätung in Erscheinung. Der niederländische Historiker Frank Ankersmit sagt, dass die narrative Sprache keine Gegenstands-Sprache sei. Ankersmit meint damit, der Archäologe findet alte Gegenstände, er gräbt sie aus, doch der Gegenstand bleibt ein Gegenstand. Wir arbeiten nicht nur mit Gegenständen, wir arbeiten mit Begriffen, mit Bedeutungen, mit der Rolle, die diese Gegenstände hatten. Stellen wir uns vor, dass ein Archäologe im dritten Jahrtausend eine Flasche finden wird. Dieser kann glauben, dass wir aus der betreffenden Flasche Wein getrunken haben. Vielleicht war aber die Flasche eine Lampe, oder vielleicht wurde die Flasche für die Herstellung eines Molotow-Cocktails gebraucht. Die Form ist die gleiche, die Zweckmä‎ßigkeit ist aber ganz verschieden. Wäre es nicht peinlich, wenn unser Archäologe der Zukunft ein Lampenglas für eine Brandflasche halten würde? Die Form dieser Gegenstände ist ja dieselbe, der Zweck macht erst die Unterscheidung.“




    Die Zeitungen, die Tagebücher, die Briefe, die persönlichen Notizen aus dem Ersten Weltkrieg zeugen von hunderttausenden Rumänen, die mit dem Einzug in den Krieg den Weg ins Unbekannte betraten. Viele kehrten nicht mehr zurück. Am Ende des Ersten Weltkrieges war Gro‎ßrumänien die Belohnung für ihr Opfer.

  • Nachrichten 27.08.2016

    Nachrichten 27.08.2016

    ROM: In Italien ist der Samstag zum Nationaltrauertag zum Gedenken der Opfer des Erdbebens erklärt worden, das in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch in der Landesmitte stattgefunden hat. Auch am Samstag fanden Nationaltrauerfeier für 50 der Opfer. Die jüngste Bilanz verweist auf 290 Tote, fast 400 Verletzte und 2.500 Obdachlose. Seit Donnerstag wurde kein Überlebender mehr gefunden. Die Bergungsmissionen werden auch von den zahlreichen Nachbeben erschwert, die sich bisher auf über 1.000 beziffern und von dem Risiko, dass ein Teil der noch stehenden Gebäuden in den betroffenen Ortschaften, einstürzen könnten. Die zahl der toten Rumänen infolge des Erdbebens ist auf 10 gestiegen, kündigt das Bukarester Au‎ßenministerium an. 16 Rumänen werden noch vermisst. Eine Konsularmannschaft wurde am Samstag aus Bukarest zur Unterstützung der diplomatischen Missionen in Rom und Bologna entsandt, informierte das Auswärtige Amt.



    BUKAREST: Der rumänische Premierminister Dacian Cioloş hat am Samstag in der nordöstlichen Stadt Gura Humorului beim Treffen mit seiner polinischen Amtskollegin Beata Szydlo erklärt, dass die Beziehungen zwischen der beiden Ländern besonders intensiv seien und dass es die Voraussetzungen gebe, diese zu weiter zu festigen und die europabezogenen Standpunkte zu koordinieren. Die Beiden Regierungschefs führten Gespräche über aktuelle Themen der europäischen Agenda: Die Zukunft Europas im Kontext des Votums für den Brexit, der EU Haushalt und der Überarbeitungsprozess des Mehrjahres-Finanzrahmens an der Hälfte der Periode. Es wurden auch die Zusammenarbeit im Sicherheitsbereich und die Entwicklungen in der östlichen Nachbarschaft der Union angegangen. Die hohen Vertreter kamen auch mit Vertretern der polnischen Gemeinschaft in Rumänien zusammen.



    BUKAREST: In Rumänien finden an diesem Wochendende Militärzeremonien zum Gedenken der Helden aus dem 1. Weltkrieg statt. Diese werden von dem Verteidigungsministerium anlässlich des 100. Jahrestages des Eintrittes Rumäniens in den 1. Weltkrieg veranstaltet. Über 330 Tausend Militärs verloren in diesem Krieg ihr Leben, fast 76 Tausend wurden zu Kriegsbeschädigten. Auf 100 Friedhöfen oder vor den Denkmälern der Helden fanden zum ersten Mal Zeremonien zur feierlichen Vorlesung der Namen der gefallenen Helden des 1. Weltkriegs statt. Am Ende des 1. Weltkriegs, am 1. Dezember 1918, wurde auch der Gründungsprozess des einheitlichen rumänischen Staates vollendet. An diesem Tag traten alle Provinzen mit mehrheitlich rumänischer Bevölkerung aus der Zusammensetzung der benachbarten multinationalen Reiche unter die Herrschaft Bukarests.



    BUKAREST: Rumänien beteuert seine volle Unterstützung für den europäischen Fahrplan der Republik Moldau und für den demokratischen Reformprozess und zur Modernisierung des Staates, im Konsens mit den Erwartungen der Bürger des Nachbarstaates. Dies verlautet aus einer am Samstag vom Au‎ßenministerium veröffentlichten Mitteilung. Chişinău hat am Samstag das 25. Jubiläum seiner Unabhängigkeitserklärung gefeiert. Die Zeremonien, die dem Ereignis gewidmet wurden, waren weniger umfangreich als üblich, vor dem Hintergrund der Wirtschaftskrise, mit der das Land konfrontiert wird. Am 27. August 1991 wurde im Zentrum Chişinăus die Gro‎ße Volksversammlung einberufen. Am selben Tag fand auch die au‎ßerordentliche Sitzung des Parlaments statt, bei der die Unabhängigkeitserklärung der Republik Moldau von der UdSSR mit absoluter Mehrheit verabschiedet wurde. Rumänien war das erste Land, das die Unabhängigkeit der Republik Moldau anerkannt hat.

  • Erster Weltkrieg: Rumänen kämpften auf beiden Seiten der Barrikaden

    Erster Weltkrieg: Rumänen kämpften auf beiden Seiten der Barrikaden

    Rumänien ist in den Ersten Weltkrieg 1916, nach zwei Jahren der Neutralität getreten. Dennoch waren die Zahl der Toten und die Sachschäden nicht weniger verheerend. Obwohl Rumänien nur zwei Jahre gekämpft hat, entspricht der Anteil der toten rumänischen Soldaten auf Seite der Entente 6% der gesamten Todesopfer, während die USA 1% nach einer einjährigen Beteiligung verzeichnet haben. In Zahlen ausgedrückt verlor Rumänien ungefähr 500.000 Soldaten und einige weitere hunderttausende Zivilisten wegen der Flecktyphusepidemie. Hinzu kommt noch der Verlust des Staatsschatzes, der 1916 nach Russland verlagert wurde und von dort nie mehr zurückkam.



    Die Rumänen au‎ßerhalb des Altreichs haben allerdings vier Jahre in dem Gro‎ßen Krieg gekämpft. Als Bürger Österreich-Ungarns, Russlands und der Balkanländer waren die Rumänen dort im Einsatz, wohin sie die Verpflichtung gegenüber den Ländern, in denen sie lebten, gerufen hat. Viele von ihnen bezahlten mit dem Leben. Die Rumänen in Siebenbürgen, Banat und in der Bukowina, Territorien Österreich-Ungarns, waren von Anfang an an der Front des grö‎ßten militärischen Konfliktes bis zum damaligen Zeitpunkt. Hunderttausende fielen auf dem Kampffeld oder wurden gefangen genommen. Die Rumänen in Bessarabien, dem rumänischen Gebiet, das sich in der Gliederung Russlands befand, kämpften gegen die Armeen der Zentralmächte in der zaristischen Armee. Auch die Aromunen in Albanien, Griechenland, Bulgarien und Jugoslawien brachten dem Kriegsgott auch ihr Opfer zwischen 1914 und 1918.



    Nicht nur die Rumänen befanden sich aber in der Situation, an mehreren Fronten zu kämpfen, einige von ihnen sogar gegen die eigenen Überzeugungen. Die Nationalitäten in Österreich-Ungarn wählten die Loyalität gegenüber ihrem Land und gegenüber dem Kaiser. Wenn am Ende des Krieges alles anders gekommen ist, als sie es sich die Menschen vorgestellt hatten, ist es damit zu erklären, dass sich Meinungen verändert haben und alte Werte verfallen sind. Der Historiker Ion Bulei sagt, dass im Gro‎ßen Krieg nicht nur die Rumänen für beide Parteien gekämpft haben, sondern auch andere Völker wie die Polen. Ion Bulei glaubt, dass die Rumänen es sogat ein bisschen leichter hatten.



    Wir Rumänen hatten einen Staat, was die Slowaken, Tschechen und Polen nicht hatten. Wir zählten, gemeinsam mit den Serben, zu den glücklichen Völkern, die einen Kernstaat hatten, um den man einen grö‎ßeren Staat zusammenbilden konnte. Das war der Vorteil der Rumänen. Wir befanden uns zwischen den Reichen, standen diesen Reichen zur Verfügung. Die anderen Völker befanden sich in den Reichen, sei es das Habsburgische, Zaristische oder das Deutsche. Die Rumänen befanden sich nicht alleine in dieser Sondersituation, für andere war es viel komplizierter. Der Nationalismus, der das 19. Jahrhundert geprägt hat und Anfang des 20. bösartig ausartete, machte sich auch während des Ersten Weltkriegs stark bemerkbar. Dieser kam in einer Völkermischung zum Vorschein. Jedes Volk suchte seinen eigenen Weg. Auch die Rumänen waren auf der Suche. Sie waren auf der Suche nach einem grö‎ßeren Staat als den, den sie hatten.“




    Nationalismus war mit Sicherheit die stärkste Motivation für die Verklemmung im Gro‎ßen Krieg. Dieser erweckte das Gefühl der Bruderschaft zwischen den Sprechern derselben Sprache, die sich aber in verfeindeten Ländern befanden. Die grö‎ßten Schuldgefühle hatten die Menschen, als sie sich auf den beiden Seiten der Barrikaden befanden und zwischen der Verpflichtung und der Ehre einerseits und den persönlichen Überzeugungen andererseits gequetscht wurden. In der rumänischen Literatur schrieb der Schriftsteller Liviu Rebreanu den pointiertesten Roman Wald der Gehenkten“. Hier treffen die Zweifel, die Empörungen, die Verwirrtheit und die Überzeugungen des Hauptdarstellers, des rumänischen Offiziers in der österreichisch-ungarischen Armee Apostol Bologa, auf die der anderen. Ungewissheit, der Wunsch, aus dem Wahnsinn des Krieges auszubrechen, die Hoffnungen auf eine neue Welt gehören sowohl ihm als auch den anderen und alle betrachten das Ende durch eine apokalyptische Linse. Am Ende des Krieges sah alles anders aus. Die Rumänen, die in verfeindeten Lagern kämpften, fanden sich in Gro‎ßrumänien wieder. In Siebenbürgen, Banat und in der Bukowina bildeten sich Nationalgarden aus den von der Front zurückgekehrten rumänischen Militärs. Sie waren diejenigen, die die Ortschaften verteidigten und die Volksversammlung von Alba Iulia unterstützten, wo die Vereinigung mit Rumänien verkündet wurde. Der Historiker Liviu Maior, Autor des Buches Zwei Jahre früher. Siebenbürger, Bukowiner und Bessarabier im Krieg, 1914-1918“, sagte, dass ein Krieg, abgesehen von Siegern und Verlierern, Dinge hinterlässt, die nicht mehr wieder gut zu machen sind.



    Der Anfang des Gro‎ßen Krieges beweist, wie schnell und wie unvorhergesehen ein Krieg mit verheerenden Konsequenzen für die Menschheit ausbrechen kann. Es war ein grauenvoller Krieg. 77.000 Rumänen au‎ßerhalb des Altreichs starben auf den Kampffeldern, andere mussten sich mit Krankheiten und dem ganzen Elend auseinandersetzen, die der Krieg mit sich bringt. Ich habe mich über das Dorfleben, über das Leben des einfachen Menschen während des Krieges, über seine Reaktionen erkundigt. Alles ging von den Gefangenenlagern aus. Dort wurden die ehemaligen Soldaten und Offiziere radikalisiert. Nicht nur die rumänischen. In Siebenbürgen hat es Lager von italienischen und serbischen Soldaten gegeben. Z.B. sind in Arad ungefähr 4.000 Serben unter grauenvollen Bedingungen gestorben. Die italienischen Gefangenen wurde beim Stra‎ßenbau eingesetzt.“




    Nach 1918 hat die neue europäische Ordnung versucht, aufgrund der Nationalitätsgrundsätze das zu berichtigen, was man für falsch befand. Die Nationen gründeten ihre eigenen Staaten, die Menschen wurden erneut zu Bürgern. Die Rumänen, egal auf welcher Seite der Barrikaden sie zwischen 1914 und 1918 gekämpft hatten, vereinigten sich im als Gro‎ßrumänien bezeichneten Staat, ein Vorhaben, an das sie geglaubt haben und in dem sie ihre Ruhe und Freude wiederfinden wollten.

  • 1. Dezember 1918: politisches Gedankengut im rumänischen Raum der Epoche

    1. Dezember 1918: politisches Gedankengut im rumänischen Raum der Epoche

    Der 1. Weltkrieg, der von der Entente gewonnen wurde, führte zu einer tiefgreifenden Veränderung der geopolitischen Karte Europas. Neue Staaten entstanden auf den Trümmern ehemaliger Reiche, andere haben ihre Landesfläche vergrö‎ßert. Rumänien war auf der Gewinnerseite. Am 1. Dezember 1918 entstand durch die Vereinigung des bis dahin aus der Walachei und der Moldau bestehenden Königreichs Rumänien mit den Provinzen Bessarabien, Bukowina und Siebenbürgen der Staat Gro‎ßrumänien.



    Die wichtigsten Ideen, die zu dieser Vereinigung geführt haben, wurden von den Rumänen aus Österreich-Ungarn eingebracht, insbesondere in den ersten Kriegsjahren. Die Geschichtsschreibung nach 1918 brachte die Bedeutung des Ereignisses und das Opfer des rumänischen Volkes in den Vordergrund, mit dem Ziel, die Gründung eines Staates aller Rumänen rund um den Monarchen zu untermauern. Später hat das kommunistische Regime eine stark verzerrte Wahrnehmung des Ereignisses vom 1. Dezember 1918 propagiert — die Rede war dann vom jahrtausendealten Kampf des Volkes für die Realisierung des national-einheitlichen Nationalstaates“.



    Die Ideen, die den Kampf für die Rechte der Rumänen in Österreich-Ungarn begleitet haben, hatten in Wirklichkeit einen viel komplizierteren Weg, als es auf den ersten Blick erscheint, um an die Öffentlichkeit zu gelangen und Einstimmigkeit zu erzielen. Die Rumänen hatten unterschiedliche Meinungen über die Politik und die Rechte der Rumänen in Österreich-Ungarn, es herrschte keine Einigkeit. Ein solches Beispiel ist die Polemik zwischen der Zeitung Tribuna“ und der National-Rumänischen Partei betreffend die Wahltaktik der Rumänen in Ungarn, eine Polemik, die als regelrechter Bruderkrieg wahrgenommen wurde. Der Tribuna-Fall ist ma‎ßgeblich für das soziale und politische Klima der 1890er Jahre, als sich der Radikalismus der neuen Generation von jungen Intellektuellen unter der Leitung von Octavian Goga und Octavian Tăslăuanu entwickelte. Es war die Periode, in der Idee entstand, dass die Parteien ein Volk spalten, während die Kultur ein Volk vereint.



    Eine intensiv diskutierte Idee war der Föderalismus. Dieser entstand in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts und wurde von den Intellektuellen gefördert, die sich die Modernisierung auf die Fahnen geschrieben hatten. In Österreich-Ungarn hatte die Idee noch mehr Erfolg, weil die dualistische Struktur des Staates eine Reform in diesem Sinne ermöglichte. Der Historiker Răzvan Pârâianu von der Universität Petru Maior in Târgu Mureş erläutert, dass der rumänische Föderalist Aurel C. Popovici einer der wichtigsten rumänischen Nationalisten der Epoche war.



    Aurel C. Popovici war einer der wichtigsten Nationalisten am Ende des 19. Jahrhunderts und hatte eine Theorie betreffend die Föderalisierung Österreichs-Ungarns entwickelt. Es handelte sich dabei um eine nationale Föderalisierung. Seine Theorie besagte, dass all diese Völker in Mittel -und Osteuropa alleine nicht überleben könnten. Früher oder später würden sie im Zusammenprall zwischen dem deutschen und dem slawischen Raum aufgerieben werden, meinte Popovici. Als Beispiel nannte er die Rumänen und die Ungarn, die in diesem Spannungsfeld, leben würden. Popovici starb im Exil im Jahr 1917, noch vor dem Ende des 1. Weltkriegs. Kurz vor seinem Tode hatte er allerdings eingesehen, dass seine Idee von den Vereinigten Staaten Gro‎ßösterreichs keine Lösung für die Rumänen darstellte, dass die Doppelmonarchie eine verlorene Causa war, insbesondere aufgrund der völlig uninspirierten Politik der ungarischen Regierung unter István Tisza.“




    Das nahende Kriegsende brachte radikale Lösungen mit sich, die von vielen Bürgern befürwortet wurden. Historiker Răzvan Pârâianu dazu:



    Man muss sagen, dass am Anfang des Krieges die Tisza-Regierung in Ungarn eine relativ positive Einstellung gegenüber den Rumänen hatte. Diese hatten ihn durch ihren Enthusiasmus, sich für den Krieg zu mobilisieren, überrascht. Er neigte dazu, sogar manche nationale Forderungen in Betracht zu ziehen. Die Lage änderte sich dramatisch, als Rumänien gegen Österreich-Ungarn in den Krieg eintrat. In dem Moment haben viele rumänische Persönlichkeiten in der Gegend um Braşov die rumänische Armee mit offenen Armen empfangen. Nachdem die rumänische Armee gezwungen wurde, sich zurückzuziehen, traf die ungarische Regierung Vergeltungsma‎ßnahmen nicht nur gegen jene Menschen, die ihren Enthusiasmus gezeigt hatten, sondern gegen alle Rumänen im Allgemeinen. Die Autonomie der Konfessionsschulen wurde zum Beispiel suspendiert und diese wurden in staatliche Schulen umgewandelt. Die Madjarisierungspolitik wurde verstärkt. Viele rumänische Priester und Lehrer wurden in Lagern eingesperrt. Gegen Ende des Krieges war die Unzufriedenheit gro‎ß. Nicht nur die rumänische Bevölkerung war unzufrieden, sondern es herrschte eine allgemeine Unzufriedenheit. In Budapest, Wien und in Deutschland brachen bolschewistische Revolutionen aus. Vor diesem Hintergrund kamen die Rumänen aus Siebenbürgen zur Schlussfolgerung, dass das Altreich Rumänien die Lösung für dieses Chaos darstellte, denn eine ganze Gesellschaft und der österreichisch-ungarische Staat brachen zusammen.“




    Gro‎ßrumänien entstand am 1. Dezember 1918 durch den Willen und die Abstimmung der Nationalversammlung in Alba Iulia. An dieser nahmen rumänische Persönlichkeiten aus Siebenbürgen wie Iuliu Maniu, Alexandru Vaida-Voevod, Vasile Goldiş wie auch hochrangige Vertreter der orthodoxen und griechisch-katholischen Kirche teil. Alle diese Staatsmänner sahen in der politischen Konstruktion des neuen rumänischen Staates ein Ende der Ungewissheit und die Hoffnung auf eine neue Gesellschaft.

  • Nachrichten 14.09.2015

    Nachrichten 14.09.2015

    BUKAREST: Präsident Klaus Iohannis hat die von Rumänien angebotene Flüchtlingsquote als sehr großzügig bezeichnet. Im Rahmen einer Pressekonferenz am Montag sagte er jedoch auch, dass die Debatte um die Quoten bald zu Ende sein werde. Mann könne nämlich einen EU-Staat nicht zu etwas zwingen, zu dem er nicht imstande sei, so der rumänische Staatschef. Iohannis hob ferner hervor, dass Rumänien weder ein fremdenfeindliches, noch ein autistisches oder separatistisches Land“ sei. Man wolle zur Lösung der Flüchtlingskrise beitragen. Unterdessen haben die EU-Innenminister bei ihrem Sondertreffen die bereits vereinbarte Umverteilung von 40.000 Flüchtlingen aus Griechenland und Italien auf andere EU-Staaten offiziell beschlossen. Ein entsprechender Rechtstext sei von den Ministern angenommen worden, teilte der EU-Ratsvorsitz am Montag mit. Demnach werden die Flüchtlinge auf freiwilliger Basis von anderen EU-Staaten aufgenommen. Im Juli hatte es aber zunächst nur Zusagen für die Aufnahme von gut 32.000 Menschen gegeben. Weitere Zusagen sollen bis Jahresende erfolgen. Eine Verteilung über verpflichtende Quoten war am Widerstand insbesondere osteuropäischer Staaten gescheitert. Rumäniens Innenminister Gabriel Oprea hatte vor der Abreise nach Brüssel offen erklärt, Bukarest werde gegen die bindenden Quoten abstimmen. Gemäß Verteilungsschlüssel würde Rumänien gut 6000 Flüchtlinge aufnehmen müssen. Die rumänische Regierung hatte die Zusage für die Aufnahme von lediglich 1785 Personen erteilt.



    BUKAREST: Der Gründungsvater der rechts-populistischen Partei Großrumänien, Corneliu Vadim Tudor, ist tot. Der frühere Präsidentschaftskandidat und Europa-Abgeordnete war am Montagmorgen aufgrund eines vermuteten Lungenödems in das Bukarester Militärkrankenhaus eingeliefert worden. Bei der anschließenden OP erlitt er einen Infarkt und konnte nicht mehr wiederbelebt werden. Vadim Tudor wurde 65 Jahre alt.



    CHISINAU: Die Veranstalter der Proteste gegen die Regierung der Moldaurepublik haben die Bevölkerung zu zivilem Ungehorsam und einem Generalstreik aufgefordert. Die Protestteilnehmer hatten eine Resolution angenommen, die die Bildung einer neuen politischen Bewegung und einer sogenannten Regierung des Volksvertrauens fordert. Unter den Demonstranten kam es auch zu Auseinandersetzungen. Eine Gruppe von Jugendlichen, die die Vereinigung mit Rumänien forderte, wurde weggejagt.



    SPORT: Tennisprofi Simona Halep hat ihre Weltranglistenposition Nummer zwei gefestigt. Sie hatte beim letzten Grand Slam-Turnier des Jahres, den US Open, das Halbfinale erreicht. Weltranglistenerste ist nach wie vor die US-Amerikanerin Serena Williams, Dritte Maria Scharapowa aus Russland. Die überraschende US-Open-Gewinnerin in diesem Jahr, die Italienerin Flavia Pennetta, steht zum ersten Mal in ihrer Karriere unter den ersten zehn Spielerinnen der Welt und rangiert jetzt auf Platz 8. Unter den ersten 100 Namen sind in den Rankings noch vier weitere Rumäninnen zu finden: Irina Begu (30.), Monica Niculescu (39.), Alexandra Dulgheru (52.) und Andreea Mitu (79.).

  • Wirtschafts- und Finanzreformen im Rumänien der Zwischenkriegszeit

    Wirtschafts- und Finanzreformen im Rumänien der Zwischenkriegszeit

    Nach dem Ende des 1. Weltkrieges wurde aus dem Altreich Rumänien Gro‎ßrumänien. Der Sieg der Entente brachte Rumänien die Vereinigung mit Bessarabien, der Bukowina, dem Banat und Siebenbürgen. Gro‎ßrumänien konfrontierte sich aber mit einer schwierigen wirtschaftlichen und finanziellen Lage und musste die neuen Provinzen integrieren. Das ganze Verwaltungssystem des Landes war schwach. Die rumänische Währung hatte an Wert verloren und das Land war verschuldet. Unter der Leitung von Vintilă Brătianu setzte das Finanzministerium einen Wirtschaftskonsolidierungsplan fort, das vom vorigen Finanzminister Nicolae Titulescu eingeleitet worden war. Der Historiker Ioan Scurtu berichtet über die wichtigsten Etappen der Fiskalreform in den 1920er Jahren.



    Nicolae Titulescu war der erste Finanzminister, der ein Gesetz, das das Prinzip der Steuerklassen und die Einkommenssteuer einführte, erarbeitet hat. Es handelte sich dabei um ein komplexes und langes Gesetz, deswegen wurde es zunächst auch nicht gebilligt. Diejenigen, die mehrere Einkommens-Quellen hatten, zahlten eine Steuer für die ganze Summe. Vintilă Brătianu hat die Grundideen von Nicolae Titulescu übernommen. Dank ihm wurde im Februar 1923 ein neues Gesetz erlassen, das grundsätzlich gleich war, aber weniger Einkommens-Kategorien definierte.“




    Die Finanzpolitik von Vintilă Brătianu konzentrierte sich auf die Modernisierung des rumänischen Finanzsystems und auf die Einhaltung eines ausgewogenen Haushalts. Das Gesetz über die direkten Beiträge, das unter seiner Leitung erarbeitet wurde und 1923 vom Parlament gebilligt wurde, hat den Modernisierungs-Anforderungen des rumänischen Finanzsystems entsprochen. Das Gesetz hatte positive Folgen für die Höhe und Struktur der Haushalts-Einnahmen. Die neue Einteilung der Ausgaben war ein wichtiger Schritt für die Konsolidierung der Finanzlage Rumäniens in der Zwischenkriegszeit. Der Historiker Ioan Scurtu:



    Dieses Gesetz führte einen speziellen Schutz für die Einkommen aus Industrie-Geschäften ein. Vintilă Brătianu unterstützte eine Politik der Entwicklung der Wirtschaft und insbesondere der Industrie. Er war der Ansicht, dass infolge des Krieges und der Vereinigung Rumänien seine politische Unabhängigkeit erlangt hatte, aber auch wirtschaftliche Unabhängigkeit brauchte. Vintilă Brătianu glaubte, dass die politische Unabhängigkeit ohne wirtschaftliche Unabhängigkeit unmöglich aufrecht zu erhalten sei. Die erwähnte Reform zielte auf die wirtschaftliche Entwicklung Rumäniens, insbesondere der Industrie des Landes ab. Die liberale Regierungszeit stellte den Rahmen dar. Es war die längste der Zwischenkriegszeit, sie dauerte vier Jahre, von Januar 1922 bis Ende März 1926. In dieser Zeitspanne wurde auch eine neue Verfassung angenommen, die die Verstaatlichung der Boden-Ressourcen vorsah. 1928, zehn Jahre nach der Vereinigung, war die Industrie Rumäniens zweieinhalb Mal so stark wie vor dem 1. Weltkrieg.“




    Der Finanzminister Vintilă Brătianu erkannte die Probleme der rumänischen Wirtschaft. Er war derjenige, der die nationale Energie-Politik ausgearbeitet hat. Er beharrte auf einer bestmöglichen Nutzung der Erdöl-Ressourcen Rumäniens. Die Energie-Nachfrage war sowohl intern als auch weltweit steigend. Der Historiker Ioan Scurtu dazu:



    Die Reform von Nicolae Titulescu war wichtig, weil sie eine Richtung vorgegeben hat. Vintilă Brătianu hat die Reform umgesetzt. Er hat die Verteilung der Haushalts-Gelder festgelegt. Er setzte den Schwerpunkt auf die Investitionen und und nicht auf die Zahlung der Au‎ßenschulden. Er ermöglichte den Menschen, Kredite aufzunehmen, die neue Industrie-Tätigkeiten gründeten und in Rumänien neue Güter produzierten. Wir sprechen hier insbesondere über Maschinenbau. So wurden das Malaxa-Werk und weitere gro‎ße Werke in der Zwischenkriegszeit gegründet. So wurden die Grundsteine der rumänischen Flugindustrie gesetzt.“




    Die Nutzung der Naturressourcen war Finanzminister Vintilă Brătianu für die Entwicklung einer vom ausländischen Kapital unabhängigen Wirtschaft wichtig. Die liberalen Wirtschafts-Politiken haben zwischen 1918 und 1940 auch zur Stabilisierung der rumänischen Währung beigetragen.

  • Nachrichten 30.11.2014

    Nachrichten 30.11.2014

    Bukarest: Am 1. Dezember feiern alle Rumänen ihren Nationalfeiertag. Der 1. Dezember wurde nach der Wende zum Nationalfeiertag ausgerufen. Der Feiertag ist auf das Jahr 1918 zurückzuführen, als an disem Tag im zentralrumänischen Alba Iulia (Karlsburg) die Vereinigung aller rumänischen Provinzen mit mehrheitlich rumänischer Bevölkerung unter einem einheitlichen Nationalstaat besiegelt wurde. Am 1. Dezember 1918 erklärten die Vertreter aller Rumänen aus Siebenbürgen, Crişana (Kreischgebiet), Banat und aus der Maramuresch in Alba Iulia (Karlsburg) die Vereinigung dieser Provinzen, die früher unter habsburgischer Herrschaft standen, mit dem rumänischen Reich. In demselben Jahr hatten sich die mehrheitlich von Rumänen bewohnten Ostprovinzen Bessarabien (am 27. März), die sich vom zaristischen Reich abspaltete und die Bukowina (am 30. November), die vorher vom habsburgischen Reich annektiert worden war, mit dem rumänischen Vaterland vereinigt.



    Somit ist 1918 das Geburtsjahr von Gro‎ßrumänien. Als Gro‎ßrumänien ist das Königreich Rumänien zwischen den Jahren 1919 und 1940 zu verstehen. Auch dieses Jahr hält die rumänische Armee eine Militärparade zum Nationalfeiertag in der Hauptstadt Bukarest ab. Dabei sollen 280 technische Militäreinrichtungen sowie 40 Kampfflugzeuge präsentiert werden und 2.700 Militärs werden am Bukarester Triumphbogen aufmarschieren. Den rumänischen Soldaten werden sich bei der Militärparade zum Nationalfeiertag Kameraden aus den USA, Frankreich, Polen, aus der Türkei als NATO-Verbündete Rumäniens, sowie aus der benachbarten Republik Moldau anschlie‎ßen.



    Chişinău: Von den Parlamentswahlen in der benachbarten Republik Moldau hängt die Richtung ab, die die ehemalige Sowjetrepublik einschlagen wird. 20 Parteien und Koalitionen sowie 4 unabhängige Kandidaten treten für 101 Abgeordnetenplätze an. In den bisherigen Umfragen zur Wahlabsicht liegen die Parteien der pro-europäischen Regierungskoalition (die liberal-demokratische Partei, die Demokraten und die Liberalen) mit 40% der Stimmen gemeinsam auf erster Stelle, während die pro-russische Opposition, gebildet aus Sozialisten und Kommunisten zusammen knapp 25% der Stimmen erzielen würden. Am Donnerstag beschlo‎ß das Oberlandesgericht in Chişinău, die prorussische Oppositionspartei “Heimat” von der Abstimmung auszuschlie‎ßen. Die Partei des umstrittenen Geschäftsmannes Renato Usatii soll für den Wahlkampf Geld aus dem Ausland erhalten haben, was gegen das Gesetz versto‎ßt. Usatii wies den Vorwurf als Provokation zurück.



    Das rumänischsprachige Land hat dieses Jahr das EU-Assoziierungs-und Freihaldelsabkommen unterzeichnet. Chişinău hofft, bis 2017 den Weg für seinen EU-Beitritsskandidatenstatus frei zu machen und 2020 der Europäischen Union beizutreten. Am Freitat erklärte der neugewälte Präsident Rumäniens Klaus Iohannis in Chişinău, dass der EU-Beitritt der benachbarten, rumänischsprachigen Republik Moldau eines der wichtigsten Ziele der Au‎ßenpolitik Bukarests sei. Bei seinem ersten offiziellen Besuch nach dem Wahlsieg am 16. Nobember, kam Klaus Iohannis in Chişinău mit seinem moldauischen Gegenüber Nicolae Timofti und mit dem ehemaligen Ministerpräsidenten und Parteichef der Liberal-Demokraten Vlad Filat zu Gesprächen zusammen. Dabei bekräftigte Iohannis die Unterstützung Rumäniens für den pro-europäischen Kurs der Republik Moldau. Am Montag trifft in Chişinău auch der rumänische Au‎ßenminister Bogdan Aurescu zu einem offiziellen Besuch ein.



    Bukarest: Das Bukarester Au‎ßenministerium bekräftigt seine Unterstützung für die Nichtgreifbarkeit der Frezügigkeit als Grundrecht der Europäischen Union, ein Recht das aus populistischen Gründen nicht widerlegt werden dürfte, verkündet das Au‎ßenministerium in einer offiziellen Pressemitteilung. Das rumänische Au‎ßenministerium habe die Rede, die der britische Premierminister David Cameron zum Thema Migrationskontrolle am Freitag abhielt, zur Kenntnis genommen, so der offiziellen Pressemitteilung. Dabei erklärte Premierminister Cameron, dass seine Regierung den Zugang der Zuwanderer zu Sozialleistungen begrenzen will. So sollen Einwanderer aus EU-Ländern erst nach vier Jahren Anspruch auf Sozialhilfe in Gro‎ßbritannien erhalten. Einwanderer die in sechs Monaten keinen Arbeitsplatz finden, sollen zurückgeschickt werden können, fügte Cameron in seiner Rede hinzu. Ferner will die britische Regierung den Familiennachzug stark beschränken. Die Regelungen könnten die Situation von über 400.000 Einwanderern, unter denen zahlreiche Rumänen, die in Gro‎ßbritannien arbeiten, stark betreffen.



    Das rumänische Au‎ßenministerium bekräftigte ferner erneut, dass die Gastarbeiter einen erheblichen Beitrag zur britischen Wirtschaft bringen und dass rund 1,3 Millionen britische Bürger, die in anderen EU-Staaten tätig sind, derzeit die Vorteile des Freizügigkeitsrechtes genie‎ßen dürfen. Die Bukarester Behörden haben oftmals ihre Bereitschaft für eine Zusammenarbeit mit dem Kabinett von David Cameron geäu‎ßert und sind der festen Überzeugung, dass durch bilaterale Diskussionen wirskame Ma‎ßnahmen laut dem geltenden EU-Gesetzesrahmen gefunden werden können, damit ein eventueller Missbrauch des britischen Sozialsystems durch rumänische Zuwanderer vermieden werden kann, fügt das Bukarester Au‎ßenministerium hinzu.

  • Rumänien in den Kriegsjahren 1916-1918

    Rumänien in den Kriegsjahren 1916-1918

    Unter Besatzung der Armeen der Mittelmächte und mit einem schlechten Image in den Augen seiner Alliierten wegen des separat abgeschlossenen Friedens, versuchte Rumänien im Herbst 1918 eine verzweifelte Lage zu überwinden. Die Änderung der Machtverhältnisse zwischen den Mittelmächten und der Entente im Herbst 1918 brachte Rumänien ins Siegerlager. Die günstige Folge war die Vereinigung de alten Königreichs Rumänien mit Bessarabien, der Bukowina und Siebenbürgen. Das war aber keine leichte Unternehmung. Bis 1920 musste die politische Elite und die ganze Gesellschaft die Hürden im Wege der internationalen Anerkennung des neuen Staates überwinden.



    Der Historiker Ioan Scurtu erläutert die Geschehnisse im Rumänien der Kriegsjahre 1916-1918:



    Theoretisch hätte Rumänien vorbereitet sein müssen, weil es 1916 in den Krieg eingetreten war, also 2 Jahre nach Beginn des Weltkriegs. Das war eine Zeitspanne, die man normalerweise für die Aufrüstung und die Vorbereitung der Armee und der Reservisten hätte nutzen müssen. Leider war das nicht der Fall. Nach dem Enthusiasmus des Kriegseintrittes, als die Soldaten mit Gesang und Blumen in den Krieg einzogen und von der Menge applaudiert wurden, als ob sie zu einer Party gehen würden, kam nach etwa 10 Tagen das Desaster von Turtucaia. Ersta dann kam die Ernüchterung für die rumänische Regierung. Im November folgte der Rückzug aus Siebenbürgen und Anfang Dezember die Besetzung der Hauptstadt Bukarest. Es folgte der Rückzug nach Iași. Hier gab es schon Probleme wegen der vielen Flüchtlinge, dazu kam auch die Cholera, die tausende Menschen tötete. Als ob das nicht schon ausreichte, führte ein Bahnunfall zum Tod von über 1000 Menschen, als ein Zug in der Nähe von Iași entgleiste.“



    1917 folgten jedoch die glorreichen Momente. Die rumänische Armee stoppte in Mărăşeşti, Mărăşti und Oituz den Vormarsch der deutschen und österreich-ungarischen Truppen. Die russische Revolution führte aber zur Kapitulation Rumäniens und dessen Besatzung durch den Feind. Obwohl Rumäniens Goldschatz an Russland verloren ging, das Land einen separaten Frieden mit seinen Gegnern abschloss und mit den bolschewistischen Revolutionen in Russland und Ungarn konfrontiert wurde, war Rumänien dennoch im Stande, alle Hürden zu überwinden. All das sei einer visionären politischen Elite zu verdanken, glaubt der Historiker Ioan Scurtu.



    Alle diese Hürden wurden überwunden, weil Rumänien eine wertvolle politische Klasse hatte. Ich meine vor allem Ion I. C. Brătianu, den Vorsitzenden der Nationalliberalen Partei, der in den Ereignissen involviert war und eine wichtige Rolle bei der gro‎ßen Vereinigung spielte. Sowohl Bessarabier, als auch Bukowiner und Siebenbürger schickten vor der Vereinigungs-Erklärung Gesandte nach Iași. Sie diskutierten mit König Ferdinand und Ion I. C. Brătianu und anderen Politikern über die Vereinigung. Ion I. C. Brătianu hat die rumänische Delegation bei der Friedenskonferenz in Paris geleitet. Hier konfrontierte er sich mit gro‎ßen Politikern seiner Zeit, mit dem amerikanischen Präsidenten Wilson und dem britischen Premier. Das war letzen Endes ein Sieg, denn durch die Friedensverträge von 1919-1920 wurden die Vereinigungsakten von Kischinew, Czernowitz und Alba Iulia ratifiziert.“



    Das königliche Paar Ferdinand und Maria hat aber die Energie der Nation mobilisiert. Ioan Scurtu:



    König Ferdinand war ein Deutscher, er war früher Offizier im deutschen Heer gewesen. Als der Kronrat die Meinung für den Kriegseintritt Rumäniens gegen sein Herkunftsland und seine Familie äu‎ßerte, hat er seine persönlichen Überzeugungen aufgeopfert. Das war für Rumänien sehr wichtig. Gleich nach dem Kronrat gab es zwischen ihm und Petre P. Carp ein Wortgefecht. Carp warf ihm vor, er habe vergessen, dass er ein Deutscher sei. Der König antwortete, er wüsste sehr wohl, dass er ein Deutscher sei. »Wären die Interessen meines Landes im Einklang mit den Interessen Rumäniens gewesen, hätte ich gerne anders gehandelt«, sagte der König. Er war aber König der Rumänen und handelte im Interesse des Landes, das er führte.“



    Das Opfer des Volkes war auch das Opfer des königlichen Paares. Starke Persönlichkeiten kommen in schweren Momenten zum Zuge. Der Historiker Ioan Scurtu:



    Königin Maria war von Anfang an eine Anhängerin des Kriegseintrittes Rumäniens auf der Seite der Entente. Sie war Engländerin und spielte eine wichtige Rolle, als es um die Überzeugung Ferdinands ging, dieses persönliche Opfer im Interesse des rumänischen Volkes zu akzeptieren. Der König und die Königin waren ständig auf Seite der Rumänen, der Armee, der wichtigsten politischen Anführer. Als die Frage des Rückzugs von Iaşi nach Odessa, auf russisches Territorium, gestellt wurde, sagte König Ferdinand, er werde dieses Land nicht verlassen. Es gab die Gefahr der Besetzung der ganzen Moldau durch die deutschen Truppen. Genauso ging auch Ion I. C. Brătianu vor. Es war eine Geste, die das öffentliche Bewusstsein mobilisiert hat, auch einige Politiker, die es eilig hatten, in der Ukraine, in Städten fern von der Front Unterkunft zu bekommen.“



    Das als Gro‎ßrumänien“ bezeichnete Ziel der Generation Anfang des 20. Jahrhunderts war, alle mehrheitlich von Rumänen bewohnten Gebiete in einem Staat zu vereinigen. Ein Ziel, das von allen, die daran geglaubt haben, erreicht wurde. Möglich wurde dies durch die Befolgung einiger Vorbilder und Prinzipien, durch die Überwindung der Emotionen und des Zögerns und durch einen starken Willen.



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  • Nationalfeiertag Rumäniens

    Nationalfeiertag Rumäniens

    Der Nationalfeiertag hat am Sonntag Tausede Menschen zum Bukarester Triumphbogen strömen lassen. Im Vergleich zu vergangenen Jahren herrschte dieses Jahr unter den Teilnehmern eine lockere Stimmung. Die politischen Auseinandersetzungen und die traditionellen Buhrufe gegen Spitzenpolitiker des Landes im Moment der Kranzniederlegungen waren dieses Jahr nicht so stark wie früher. In Bukarest fand die prächtigste Militärparade der letzten zwei Jahrzehnte statt. Den rund 2.000 rumänischen Soldaten schlossen sich dieses Jahr bei der Heerschau zum ersten Mal 140 Militärs aus vier anderen NATO-Mitgliedstaaten an: Frankreich, Polen, aus der Türkei und den USA. Im mittelrumänischen Alba Iulia, zu dt. Karlsburg od. Wei‎ßenburg, wo am 1. Dezember 1918 gleich nach dem ersten Weltkrieg der Zusammenschluss der Provinz Transsilvanien (Siebenbürgen) mit dem Altreich zu Gro‎ßrumänien entschieden wurde, fand am 1. Dezember der Kongress der Rumänischen Geistigkeit statt. Teilnehmer aus 23 Ländern haben dabei den aktuellen Stand des Rumänentums 95 Jahre nach der Gro‎ßen Vereinigung diskutiert.



    Die Euphorie, die dieses Jahr bei den Feierlichkeiten zum Nationalfeiertag herrschte, ist gewisserma‎ßen auch auf die Unterzeichnung von der rumänischsprachigen Moldaurepublik am Freitag in Vilnius des EU-Assoziierungs- und Freihandelsabkommens zurück zu führen. Die rumänische Au‎ßenpolitik hatte zu diesem Erfolg des benachbarten Landes, oftmals als ein “zweiter rumänischer Staat“ bezeichnet, wesentlich beigetragen. Rumäniens Staatschef Traian Băsescu begrü‎ßte diesen wichtigen Schritt des Nachbarlandes auf seinem europäischen Kurs, räumte dennoch ein, dass der Weg bis zum EU-Beitritt lang sei.



    Ferner zeigte sich Rumänines Präsident überzeugt, dass die Vereinigung der Ex-Sowjetrepublik mit Rumänien den Prozess des EU-Beitritts der Republik Moldau beschleunigen würde. Anschlie‎ßend erklärte Präsident Băsescu die Vereinigung zum nächsten Gro‎ßprojekt Rumäniens: Es handelt sich um kein kurzfristiges Ziel, wir müssen uns zuerst zu diesem Wunsch bekennen und das Ziel bekräftigen, so dass wir es künftig erreichen können.“ An den Feierlichkeiten in Bukarest nahm auch der moldauische Präsident Nicolae Timofti teil.



    In seiner Ansprache bekräftigte Timofti die enge Verwandschaft zwischen den beiden Nachbarstaaten: Die Republik Moldau ist Teil der europäischen und selbstverständlich der rumänischen Kultur. Wir sprechen dieselbe Sprache, wir teilen dieselben Gefühle und wir haben dieselbe stürmische Geschichte hinter uns.“ Präsident Timofti dankte ferner seinem rumänischen Gegenüber für die Hingabe und Konsequenz, mit der er in Brüssel die Annäherung seines Landes an die Europäische Union unterstützte.

  • Veranstaltungen zum Nationalfeiertag Rumäniens

    Veranstaltungen zum Nationalfeiertag Rumäniens

    Am 1. Dezember feiern alle Rumänen ihren Nationalfeiertag. Er ist auf den wichtigsten Moment in der rumänischen Geschichte zurückzuführen, als am 1. Dezember 1918 die Vereinigung Siebenbürgens, der Bukowina und Bessarabiens mit dem rumänischen Altreich erklärt wurde. Unter dem rumänischen Altreich sind die Regionen zu zählen, die auch vor dem ersten Weltkrieg zu Rumänien gehörten: Moldau, Walachei und Dobrudscha.



    Die Gro‎ße Vereinigung Rumäniens war keine isolierte, vom europäischen Kontext getrennte politische Aktion, sondern eine logische Folge der Bemühungen aller Rumänen um nationale Einheit. Der Kampf der Rumänen um nationale Einheit begann am Ende des 16. Jhs., als Fürst Mihai Viteazul (Michael der Tapfere) für kürzere Zeit die Unabhängigkeit des Landes zurückerobert hatte. Ihm gelang es auch zum ersten Mal in der Geschichte, die drei von Rumänen bewohnten Fürstentümer zu vereinigen (1599-1600).



    1859, nachdem die Rumänen im Fürstentum Moldau am 5. Januar und in der Walachei am 24. Januar diesselbe Person, den Oberst Alexandru Ioan Cuza, zum Fürsten gewählt hatten, wurden die zwei rumänischen Fürstentümer de facto“ vereinigt unter der Führung des Fürsten Alexandru Ioan Cuza. Am 24. Januar 1862 nannte sich der neue rumänische Staat Rumänien und wählte Bukarest zu seiner Hauptstadt. Am 14. August 1916 trat Rumänien auf der Seite der Alliierten in den Krieg ein. Unter dem König Ferdinand I. (aus dem Hause Hohenzollern-Sigmaringen) kam es nach dem Ende des Ersten Weltkrieges 1918 zu der Vereinigung mit Siebenbürgen, dem Banat, der Bukowina und Bessarabien.



    Am 9. April 1918 entschieden sich die Rumänen aus Bessarabien im Parlament von Chișinău für die Vereinigung mit Rumänien. Am 28. November trafen die Rumänen der Bukowina in Cernăuți (Czernowitz) die gleiche Entscheidung. Und auch die Gro‎ße Volksversammlung in Alba Iulia, an der über 100.000 Delegierte teilgenommen hatten, entschied sich am 1. Dezember für die Vereinigung Siebenbürgens und des Banats mit Rumänien. Somit ist 1918 das Geburtsjahr von Gro‎ßrumänien. Ein Jahr später wurden beim Friedenskongre‎ß in Paris die nationalen Grenzen Rumäniens international anerkannt. Als Gro‎ßrumänien ist das Königreich Rumänien zwischen den Jahren 1919 und 1940 zu verstehen.



    Nach dem Fall des Kommunismus in Dezember 1989 wurde der 1. Dezember zum Nationallfeiertag Rumäniens erklärt. Der Höhepunkt der Feierveranstaltungen ist die traditionnelle Parade der rumänischen Streitkräfte mit ihrer modernen Kampfausstattung in Bukarest. 30 Militärflugzeuge werden über Bukarest fliegen. 2000 Militärs vom Verteidigungsministerium, Innenministerium, vom Rumänischen Nachrichtendienst und vom Rumänischen Schutzdienst werden zusammen mit den Bodentruppen und Lufttruppen durch die Stra‎ßen von Bukarest marschieren.



    Dieses Jahr werden zum erstenmal auch Einheiten aus den NATO- und EU-Staaten eingeladen, sich an der Militärparade in Bukarest zu beteiligen. Der rumänische Nationalfeiertag wird auch von den im Ausland stationierten rumänischen Soldaten und auch von den im Ausland lebenden Rumänen gefeiert. Auf dem Veranstaltungsprogramm stehen Konzerte mit klassischer Musik, Volksmusik und Jazz, Ausstellungen, Theateraufführungen, Filmvorführungen und feierliche Empfänge in den 147 diplomatischen Vertretungen Rumäniens.