Tag: Hebammen

  • Wie Kinder in Rumänien auf die Welt kommen: Kaiserschnitt weit verbreitet

    Wie Kinder in Rumänien auf die Welt kommen: Kaiserschnitt weit verbreitet

    60% der Kinder, die in Rumänien geboren werden, kommen durch einen Kaiserschnitt auf die Welt. Während des Ceauşescu-Regimes war der Anteil der Kaiserschnitte unbedeutend, doch nach den 1990er Jahren nahmen sie allmählich zu. Die gro‎ßen Privatkliniken fördern das Verfahren, da es teuer ist und ihnen viel Geld einbringt. Aber Kaiserschnitte werden auch in staatlichen Krankenhäusern in gro‎ßem Umfang durchgeführt. Scheuen die Frauen eine natürliche Geburt und verlangen den Kaiserschnitt, oder wird das Verfahren medizinisch verordnet? Die Berufshebamme Irina Mateescu sieht mehrere Aspekte:



    Ich glaube nicht, dass sie der natürlichen Geburt aus dem Wege gehen. Aber ihnen gefällt das heutigen Bild der natürlichen Geburt nicht, die ja leicht traumatisch ist“, sagt Mateescu. Die Frauen, meint sie, hören von allen möglichen Geschichten, in denen es um die Beschleunigung der Wehen geht, um Frauen, die mit dem wenig empathischen medizinischen Personal nicht auskommen oder angefahren wurden. Dann ist auch die Gebärposition untypisch, sie geht gegen die Schwerkraft. In nicht wenigen Krankenhäusern steht die Vollnarkose nicht zur Verfügung, sie wird nicht kostenlos verabreicht. Frauen wollen sich nicht respektlos behandeln lassen, wollen Schmerz vermeiden. Aber zu einem gro‎ßen Teil gibt es für Kaiserschnitte vorgetäuschte medizinische Gründe. Der hohe Anteil der Kaiserschnitte hat kaum damit zu tun, dass die Frauen danach verlangen — die meisten Kaiserschnitte werden vom Arzt verlangt, nicht von den Frauen, stellt die Hebamme klar.




    Die Geburtshelferin Brânduşa Mitroi betont hingegen die Angst der werdenden Mütter vor dem Unbekannten, aber auch ihr Alter: Die Gründe sind zumeist medizinischer Natur, denn Frauen neigen dazu, später zu gebären, und damit treten alle möglichen Komplikationen auf, darunter Schwangerschaftsdiabetes oder Bluthochdruck.“ Es gibt auch Fälle, wei‎ß Mitroi, in denen Komplikationen während der Wehen auftreten, was einen Notfall-Kaiserschnitt zur Folge hat. Frauen haben allerdings auch Angst vor dem Unbekannten und sind oft auch nicht sehr gut informiert. Für den Arzt ist die Entscheidung für einen Kaiserschnitt nicht das einfachste, da die medizinische Fachwelt einstimmig eine höhere Komplikationsrate in diesem Fall zugegeben hat, findet die Geburtshelferin.




    Es gab Zeiten, in denen Hebammen eine Schlüsselrolle im Geburtsprozess spielten, aber heutzutage ist das nicht mehr so. Früher studierte man an der Uni auf Hebamme, seitdem die Studiengänge abgeschafft wurden, sind Hebammen Mangelware. Leider werden aber in Rumänien auch die existierenden Hebammen nicht nach besten Möglichkeiten eingesetzt.



    Die Rolle der Hebammen ist nach wie vor von entscheidender Bedeutung. Prävention und Überwachung könnten einige der Gesundheitswerte verbessern und Risiken reduzieren, aber auch dafür gibt es nicht genug von uns“, bedauert die Hebamme Irina Mateescu die Lage. Insgesamt gibt es weniger als 1.000, die ihren Beruf ausüben und dem Orden der ausgebildeten Krankenschwestern und Hebammen angehören — der Rest bis zu den erforderlichen 12.000 Hebammen hat die Ausbildung noch nicht abgeschlossen, stellt Mateescu die Lage dar. Hebammen spielen im Moment im gesamten pränatalen Prozess nur eine sehr kleine Rolle, denn sie sind nicht erwünscht. Eine Ausbildung zur Hebamme ist fast unmöglich und im Moment bestimmen Ärzte, die sich auf Geburtshilfe spezialisiert haben, und Neonatologen, die den Hebammen-Bereich für sich erschlossen haben, obwohl sie überhaupt nicht dafür ausgebildet sind, das Geschehen. 85% der Schwangerschaften könnten von Hebammen betreut werden, findet Mateescu.



    In Rumänien ist der Kaiserschnitt so verbreitet, dass die wenigen Menschen beim Versuch, die Mentalität zu ändern, kaum Aussichten haben. Wir vergessen, dass die Geburt ein Teil des Lebens ist, wir haben vergessen, dass die Natur uns unterstützt und nicht unser Feind ist, schüttelt auch Brânduşa Mitroi den Kopf:



    Wie wir das ändern können? Wenn wir uns vergegenwärtigen, dass die Geburt ein Teil des Lebens ist. In den meisten Fällen versagt die Natur nicht und ermöglicht es jeder Frau, das Kind zu gebären, das sie sicher auf die Welt bringen kann. Wie können wir das verbessern? Die Teilnahme an pränatalen Kursen, wenn möglich die Anwesenheit des Vaters bei der Geburt oder die epidurale Analgesie.“



    Irina Mateescu verlangt auch berufspolitische Ma‎ßnahmen: Es wäre aus meiner Sicht eine Lösung, wenn wir uns als Hebammen vom Orden der ausgebildeten Krankenschwestern und Krankenpfleger loslösen. Und wenn der Bereitschaftsdienst mehr Hand anlegt.“ Was Mateescu meint, ist auch ihrer Ansicht nach eine typisch rumänische Anomalie: Frauen werden während der Schwangerschaft von A bis Z von einem Arzt begleitet, der sie dann auch bei der Geburt selbst betreut. Doch wenn er gerade auf einer Party war, ist er nicht unbedingt der fitteste dafür. Deshalb regt Mateescu an, dass die Ärzte, die gerade Bereitschaftsdienst haben, die Kinder zur Welt bringen. Dazu muss nach Protokollen gearbeitet werden. Die fachärztliche Betreuung für das Wohl von Mutter und Kind muss auf Einheitlichkeit beruhen, sie muss standardisiert werden, damit sie im ganzen Land umgesetzt werden kann, sagt die Hebamme.




    Es gibt noch ein weiteres gro‎ßes Problem in ganz Rumänien, nämlich die Trennung des Säuglings von der Mutter unmittelbar nach der Geburt. Für das Neugeborene ist eine solche Behandlung brutal und für die Mutter emotional verheerend. Wann wird aus der Sicht der Hebamme eine Lösung für dieses Problem gefunden werden?



    Wenn Hebammen aktiver werden und wenn die Zahl der Schwangerschaften, die wir betreuen können, steigt, wenn wir Frauen während der Wehen und bei der Geburt unterstützen dürfen, wenn wir Mutter und Kind danach gemeinsam betreuen könnten, ohne Neugeborene von ihren Müttern zu trennen. Gesunde Mütter und Neugeborene dürfen zusammen sein, sie werden schnell aus dem Krankenhaus entlassen und dann zu Hause unter Beobachtung gehalten. Was die Hebammen betrifft, so haben sie damit kein Problem. Es geht einfach darum, dass wir auch in unserem Land arbeiten dürfen, meint die Hebamme Irina Mateescu abschlie‎ßend.

  • Nach zähen Verhandlungen im Gesundheitswesen: Arbeitskonflikt geschlichtet

    Nach zähen Verhandlungen im Gesundheitswesen: Arbeitskonflikt geschlichtet

    Nach den Verhandlungen zwischen der Regierung und den Gewerkschaften gab es eine einzige Gewissheit: Der Generalstreik im rumänischen Gesundheitswesen, der für Freitag angekündigt worden war, findet nicht mehr statt. Zuvor hatten im April spontane Protestbewegungen in den Krankenhäusern landesweit stattgefunden – gefolgt von einem zweistündigen Warnstreik am Montag. Das waren die zumindest paradoxalen Folgen der Gesundheits-Reformen der Regierungskoalition aus PSD und ALDE.



    Die Regierung hatte großzügige Gehaltserhöhungen in Aussicht gestellt – mit dem Ziel, die gut 15.000 rumänischen Ärzte im Ausland wieder in die Heimat zu locken. In der Tat wurden Anfang des Jahres spektakuläre Gehaltserhöhungen für Ärzte beschlossen, von einigen Hundert Euro auf einige Tausend Euro im Monat. Auch die Krankenpfleger beziehen jetzt erheblich angehobene Gehälter.



    Allerdings hat die Deckelung der Zulagen auf maximal 30% des Grundgehalts der Anweisungsbefugten zu drastischen Einkommenskürzungen bestimmter Kategorien von Angestellten geführt. Das sind etwa die Krankenpflegehelfer, Krankenträger, Biologen oder Apotheker. Jetzt reagierte Gesundheitsministerin Sorina Pintea auf die Proteste im Gesundheitswesen und kündigte eine erneute Änderung des Gesetzes über die Entlohnung von Staatsbediensteten an. Die Änderungen würden vor allem die Berechnungsgrundlage der Zulagen betreffen, fügte Arbeitsministerin Lia Olguţa Vasilescu hinzu. Sie sagte, der Bereitschaftsdienst von Ärzten und Krankenpfleger sollte von nun an nicht mehr von der Obergrenze von 30% bei Zulagen betroffen werden.



    Ferner würden Hebammen und Krankenschwestern in Zukunft in die Berufsgruppe der Krankenpfleger aufgenommen werden. Fachkliniken und einige der Rettungsdienste sollten bei ausreichend begründeten Entscheidungen die Zulagen erhöhen können. Die Vereinbarung zwischen Regierung und Gewerschaften sieht außerdem vor, dass alle Angestellten, die unter den Folgen des Entlohnungsgesetzes leiden, Kompensationssummen erhalten. Auch sollen die Tarifverhandlungen neu ausgerollt werden.



    Der Abschluss der aktuellen Vereinbarung werde den Arbeitskonflikt löschen, kündigte der Vorsitzende der stärksten Gewerkschaft im Gesundheitswesen SANITAS, Leonard Bărăscu. Beobachter verweisen jedoch darauf, dass die Vereinbarung kein Heilmittel für die chronischen Krankheiten des Systems darstelle: altmodische Krankenhäuser mit mangelhafter Ausstattung und Infektionen in den Salons, die zudem einen verschäften Medikamentenmangel beklagen. Außerdem sei in den Krankenhäusern ein Mangel an Personal festzustellen, zudem sei das verfügbare Personal in der Beziehung zu den Patienten lustlos, ja sogar feindlich gesinnt.



    Relevant ist in diesem Zusammenhang eben die Wahrnehmung der Patienten. Laut einem Bericht der Europäischen Kommission haben 60% der Rumänen innerhalb einer Umfrage angegeben, von der Korruption betroffen zu sein – und diese sei insbesondere im öffentlichen Gesundheitswesen grassierend. Die Oberstaatsanwältin der Antikorruptionsbehörde DNA, Laura Codruţa Kovesi, behauptete unlängst, die Korruption sei vor allem bei den medizinischen Dienstleistungen, der Haushaltsplanung der Krankenhäusern und dem Zugang des Personals zu den Planstellen weit verbreitet. Demzufolge müsse ein Kandidat für die Anstellung als Krankenpflegehelfer 1500 Euro Bestechungsgeld zahlen, für eine Krankenpflegerstelle 2500 Euro, Rettungsfahrer würden 1000 Euro Schmiergeld hinlegen müssen – so die Beispiele der Oberstaatsanwältin. Und das seien genug Argumente für die These, dass das System eigentlich nicht an Unterfinanzierung leidet, sondern intern übermäßig bestohlen würde.