Tag: Informatik

  • Kybernetik, Computer, mathematische Linguistik – zur Geschichte der interdisziplinären Forschung

    Kybernetik, Computer, mathematische Linguistik – zur Geschichte der interdisziplinären Forschung

    Die heutigen Übersetzungsprogramme verwenden Informationstechnologie, eine Technologie, die wie jede andere Technologie um uns herum eine faszinierende Geschichte hat. Es ist eine Geschichte verschiedener Disziplinen, die miteinander verwoben sind und die auf den ersten Blick nicht viel gemeinsam haben. In der Entwicklung der künstlichen Intelligenz als ein neues Feld, das mehrere Wissenschaften zusammenbrachte, trug auch die rumänische Schule bei. Und einer ihrer Beiträge war es, die Linguistik mit der Mathematik zu verbinden.



    Computerlinguistik erschien in den Vereinigten Staaten, es ist ein interdisziplinäres Feld, das zwischen Linguistik und Informatik bzw. zwischen natürlicher Sprache und der Sprache der Computerprogrammierung als künstliche Intelligenz angesiedelt ist. In den Jahren vor dem Zweiten Weltkrieg war die Kybernetik die neue Wissenschaft, die die Kombination von Wissenschaften förderte, aus der sich später die Computerlinguistik entwickeln sollte. In den späten 1930er Jahren hatte Rumänien in Ştefan Odobleja einen der Pioniere auf dem neuen Gebiet. Aber nach dem Zweiten Weltkrieg, als die Sowjetarmee das kommunistische Regime durchsetzte, änderte sich der gesamte wissenschaftliche Horizont.



    Einer der Pioniere der mathematischen Linguistik in Rumänien war der Mathematiker Solomon Marcus. In einem Interview mit dem Zentrum für Mündliche Geschichte des Rumänischen Rundfunks aus dem Jahr 1998 erklärte Marcus, wie die Ideologie der kommunistischen Einheitspartei die Wissenschaft politisierte:



    Die Kybernetik wurde als bürgerliche Schöpfung abgelehnt, aber dann ist etwas passiert. Zu dieser Zeit folgten wir der Moskauer Linie aufs Wort. Und was geschah, war, dass die wirklichen Wissenschaftler in Moskau eine sehr geniale Idee hatten: die Forschung, die im Bereich der Linguistik stattfand, wie die mathematische Linguistik, vom humanistischen Zweig der Kultur zu trennen. Und dann führten sie sie mit dem Zweig der Wissenschaft und Technologie zusammen. Nach der Periode der Verurteilung der Kybernetik gab es also einen Gesinnungswandel in Moskau, und die technisch-wissenschaftliche Revolution wurde begrü‎ßt. Und plötzlich wurde die technisch-wissenschaftliche Revolution zu einem der Ziele der kommunistischen Gesellschaft, um die technisch-wissenschaftliche Gesellschaft zu schaffen.“



    Wie jede andere Änderung in der politischen Einstellung des kommunistischen Regimes erwies sich auch in diesem Fall der Pragmatismus als stärker als die Ideologie. Diese Veränderung, die in Moskau stattfand, wurde von den Satellitenländern der Sowjetunion übernommen. Solomon Marcus dazu:



    Offensichtlich hatte Bukarest diesen Slogan verinnerlicht, und so gelang ein doppelter Coup: Den Wissenschaftlern gelang es, nicht nur die mathematische Linguistik — damals Computerlinguistik genannt — als Wissenschaft anerkannt zu sehen, sondern auch, diesen Schritt durch die Nähe zur Informatik als Ausdruck der technisch-wissenschaftlichen Revolution hochzustilisieren. Damals war das gro‎ße Thema die »maschinelle Übersetzung«, und wir sollten den Einzug der maschinellen Übersetzung vorbereiten. Das Ziel war, dass die Übersetzung aus einer Sprache in eine andere nicht mehr »manuell«, von Hand, also menschlich, sondern von einer Maschine ausgeübt wird. Das Problem war entscheidend, weil sowohl die Russen als auch die Amerikaner in der Lage sein wollten, leicht aus dem Englischen ins Russische und aus dem Russischen ins Englische zu übersetzen. Die Linguistik war aufgrund von Stalins Thesen über Marxismus und Linguistik ein gro‎ßes Minenfeld. Und siehe da — die mathematische Linguistik konnte sich diesem Spannungsfeld entziehen: Sie wechselte plötzlich in den Bereich der Naturwissenschaften und der Technologie.“



    Die beiden wissenschaftlichen Gemeinschaften, die sich aus Philologen und Mathematikern zusammensetzten, blickten mit Vorbehalten auf die Absicht, die neue Disziplin zu schaffen. Solomon Marcus erinnert sich weiter:



    Alexandru Rosetti war einer der wenigen Philologen, die dieses neue Anliegen begrü‎ßten und förderten. Doch seine Kollegen ignorierten das Thema einfach oder argumentierten dagegen. Sie sagten, dass dies keine Linguistik sei. Professor Emanuel Vasiliu wandte eine Art von Linguistik an, die der Logik und der Mathematik nahe stand. Auch für Mathematiker war die Zusammenarbeit mit einer humanistischen Disziplin wie der Linguistik völlig gegen die Tradition. Sie sagten, traditionsgemä‎ß würde die Mathematik eher mit der Mechanik, der Physik und der der Chemie einiges am Hut haben als mit anderen Disziplinen. Und deshalb waren viele sehr skeptisch. Sie glaubten nicht, dass dies etwas bewirken würde. Der einzige, der nicht skeptisch, sondern enthusiastisch war, war [der Mathematiker und Informatiker] Grigore Moisil. Wissen Sie, was für ein Glück wir hatten, dass wir dank seiner Unterstützung schon in den frühen 1960er Jahren die Möglichkeit hatten, mathematische Linguistik an der Universität Bukarest zu lehren?!“



    In seiner Absicht, das neue Gebiet zu erforschen, erhielt Solomon Marcus die Unterstützung von einflussreichen Mathematikern wie Grigore Moisil und Philologen wie Alexandru Rosetti. Und so machten er und Emanuel Vasiliu sich daran, den neuen Trend durch Universitätskurse und Publikationen umzusetzen:



    Ich hatte gro‎ßes Glück, denn Moisil und Rosetti, ein Mathematiker und ein Linguist, setzten sich gemeinsam für die Einführung der mathematischen Linguistik-Forschung in Rumänien ein. Sie kämpften auch für die Einrichtung von Universitätsstudien in mathematischer Linguistik, und wir waren eines der ersten Länder in der Welt, die dies taten. Ich, als Mathematiker, und Professor Emanuel Vasiliu vom Fachbereich Philologie, als Linguist, machten die ersten Schritte auf diesem Gebiet. Wir wurden auch durch gewisse Austausche im Ausland unterstützt, ich hatte ein Lehrbuch über mathematische Linguistik an der Universität Bukarest veröffentlicht, es kam 1963 im Didaktischen Verlag heraus, und wir durften diese Arbeiten ins Ausland an verschiedene Persönlichkeiten schicken, die an ähnlichen Themen forschten. Das Dieses Buch wurde sofort in London, New York, Moskau, Paris und Prag übersetzt.“



    Im Jahr 1966 wurde in Bukarest der Internationale Kongress für Linguistik organisiert, an dem viele ausländische Sprachwissenschaftler teilnahmen und der eine bedeutende rumänische Präsenz hatte. Das Ereignis setzte Rumänien auf die Landkarte der modernsten Wissenschaft, einer Wissenschaft, die in nur wenigen Jahrzehnten den Computer zum wichtigsten Objekt der heutigen Welt machen würde.

  • Alexandru Timuş aus Moldawien: „Die Entscheidung, in Rumänien zu studieren, war inspiriert“

    Alexandru Timuş aus Moldawien: „Die Entscheidung, in Rumänien zu studieren, war inspiriert“

    Alexandru Timuş wurde 1998 im nordbessarabischen Dorf Bărăboi geboren. Er hat das Gymnasium in Rumänien, in der siebenbürgischen Stadt Târgu Mureş (Neumarkt am Mieresch) abgeschlossen. Seine Familie habe eine lange Verbindung zu Rumänien, sagt unser Gesprächspartner:



    Meine Gro‎ßmutter hat sechs Geschwister, vier von ihnen leben heute in Deutschland, Frankreich und Rumänien. Alle haben in Rumänien studiert. Auch die Taufpaten meiner Eltern wohnen seit 20 Jahren in Târgu Mureş. Mein Bruder hat auch in Târgu Mureş studiert, er hat die Universität »Petru Maior« abgeschlossen. Er hatte sich für Rumänien nicht nur deshalb entschieden, weil Verwandte von uns hier wohnen, sondern auch weil das rumänische Bildungssystem besser als in unserem Land ist. Wir haben eine enge Verbindung zu Rumänien, mein Bruder lebt hier seit sieben Jahren, ich seit sechs Jahren und hier habe ich auch meine Freunde.“




    In Rumänien hat Alexandru Timuş als Gymnasialschüler auch seine Leidenschaft zur Informatik entdeckt. Derzeit studiert er im dritten Jahr an der Informatik-Fakultät der Technischen Universität im westrumänischen Timişoara (Temeswar). Dort möchte er auch bleiben und sein Studium fortsetzen. Derzeit ist er auch an einem amerikanischen Software-Unternehmen in Teilzeit beschäftigt. Er war Mitglied des Verbands der Bessarabischen Studenten in Timişoara und ein Semester studierte er an der Wissenschaftsuniversität in Krakau:



    Mein Bruder hatte mit einem Erasmus-Stipendium in der Türkei studiert und überzeugte mich davon, dass so eine Erfahrung sehr wertvoll ist. Ich habe sechs Städte in Polen besucht, Krakau ist meiner Meinung nach die schönste. Ich habe meine Zeit dort in vollen Zügen genossen, hatte hilfsbereite Kollegen und die Organisation »Erasmus Student Network« hat uns dabei unterstützt, uns in der polnischen Gesellschaft schnell einzuleben. Mit dieser Erfahrung bin ich viel gewachsen, es war schwieriger als in Rumänien, aber es hat sich ohne Zweifel gelohnt.“




    Auch die Entscheidung, nach Rumänien zu kommen, bezeichnet unser Gesprächspartner als sehr inspiriert:



    Auch dank dieser Entscheidung bin ich viel gewachsen. In meinem Heimatland wäre ich weiterhin auf meine Eltern angewiesen geblieben. Hier bin ich aber unabhängig geworden.“




    Wir haben im Anschluss Alexandru Timuş gefragt, wie er sich in Rumänien fühlt:



    Wie zu Hause. In den letzten zwei Monaten, die ich in der Republik Moldau verbrachte, habe ich Rumänien einfach vermisst. Ich fühlte mich in meinem Heimatland anders als meine Landsleute. Ich vermisste Rumänien und meine Freunde, besonders weil ich hier ein sehr aktives Leben habe.“




    Zum Schluss richtete Alexandru Timuş eine Botschaft an die anderen Studenten in Rumänien:



    Ich hoffe, dass alle rumänischen Studenten, die Kollegen aus dem Nachbarland Republik Moldau haben, genauso gastfreundlich wie meine sind. Ich hoffe, dass sie auch ihre moldauischen Kollegen zum Trinken einladen, damit sie sich hier nicht allein fühlen. Wenn man die Denkweise der anderen kennt, dann kann man sich in einer anderen Gesellschaft natürlich schneller einleben. Den anderen moldauischen Studenten sage ich einfach: Kommt nach Rumänien! Ihr werdet es sicher nicht bereuen. Ich möchte meinen Freunden und Kollegen aus Târgu Mureş, Claudia, Laura, Georgiana, danken, weil sie die ganze Zeit an meiner Seite waren, meinem Bruder und natürlich meiner Informatik-Lehrerin Andreea Drăguş, der ich diese Erfahrung in Rumänien verdanke.“

  • Student aus Sri Lanka: „Rumänien hat mein Weltbild erweitert“

    Student aus Sri Lanka: „Rumänien hat mein Weltbild erweitert“

    Mein Name ist Buddhika Priyashantha Kandamulla Arachchige, ich komme aus Sri Lanka. In meiner Sprache bedeutet »Buddhika« »intelligent«, und »Priyashantha« hei‎ßt »von den anderen geliebt«. In unserer Heimatstadt war mein Vater für die Gestaltung der Seiten bei der Zeitung »Silumina« zuständig und wir kriegten jeden Tag die Zeitung zu Hause. So habe ich eine Anzeige gelesen, laut der die Rumänische Botschaft in Sri Lanka Stipendien für Studenten anbot. Es gab zwei Stipendien und ich habe mich beworben.“




    Buddhika Priyashantha Kandamulla Arachchige ist 2012 nach Rumänien gekommen. Ein Jahr hat er Rumänisch gelernt und zwischen 2013 und 2017 an der Technischen Fakultät in Bukarest studiert. Zwischen 2017 und 2019 besuchte er ein Masterstudium an der Informatikfakultät, 2019 begann er ein Doktorstudium im Bereich Energie und Informatik. Während seines Universitätsstudiums hat er als Mitglied der Bukarester Vertretung der Europäischen Studentenorganisation der Elektroingenieure das Land bereist und an Workshops in Aachen, Deutschland, und Antwerpen, Belgien, teilgenommen. Er hat auch ein Erasmus-Stipendium erhalten und ein Semester an der Universität in Aalborg, Dänemark studiert. In seiner Freizeit mag er Wandern, Bergsteigen, Musikhören, Lesen. Sein Lieblingsbuch?



    »Sherlock Holmes« von Sir Arthur Conan Doyle, ich glaube, ich habe alle Bücher über Sherlock Holmes gelesen. Als Schüler war das eine sehr gute Übung für mich und für meine Denkweise, mir vorzustellen, wie Sherlock Holmes ein Rätsel lösen würde.“




    Buddhika Priyashantha Kandamulla Arachchige hat seiner Familie in Sri Lanka darüber erzählt, wie er den ersten Winter in Rumänien erlebte, über die kulturellen Unterschiede und die Landschaften Rumäniens:



    Die Menschen sind sehr warmherzig und sie haben mir geholfen, mich hier einzuleben. Zusammen mit meinen Kollegen habe ich schöne Wanderungen gemacht. Rumänien ist das Paradies der Bergsteiger, wir sind auf viele Bergen gestiegen, auf dem Gipfel Capra Neagră im Retezat-Gebirge zu steigen, war wunderschön, die Natur ist atemberaubend, dort haben wir Gämsen gesehen. Wir haben auch den Ceahlău- und auf den Râtan-Berg an der Grenze zu Serbien bestiegen. Ich habe die Hafenstadt Constanţa besucht, Sighişoara (Schä‎ßburg), Sibiu (Hermannstadt), Iaşi (Jassy) und Braşov (Kronstadt), die für mich die schönste Stadt Rumäniens ist.“




    Selbst wenn er sein neues Zuhause liebt, empfindet unser Gesprächspartner Heimweh. Dieses Jahr möchte er seine Familie in Sri Lanka zusammen mit seiner Freundin besuchen:



    Meine Freundin ist Rumänin und ich möchte sie meiner Familie in Sri Lanka vorstellen. Wir respektieren Frauen und legen viel Wert auf Familie, in meinem Land gibt es ein Sprichwort, das besagt: »Die Mutter ist der Buddha der Familie.«“




    Buddhika Priyashantha Kandamulla Arachchige lebt schon seit acht Jahren in Rumänien und schlie‎ßt die Möglichkeit nicht aus, hier zu bleiben:



    Derzeit habe ich einen Teilzeitjob bei einer Firma in Portugal, die im Bereich Automatisierungstechnik tätig ist. Als nächstes möchte ich meinen Doktortitel erlangen. Ich möchte eine Zeit wieder in Sri Lanka leben, aber nicht bald. Während der Zeit in Rumänien bin ich unabhängig geworden und ich habe mein Weltbild erweitert. Hier habe ich mit Menschen aus zahlreichen Ländern zusammengearbeitet und sehr viel über die kulturellen Unterschiede gelernt.“