Tag: Jugendtheater

  • Hermannstädter Kinder- und Jugendtheater nimmt Aufführungen mit Publikum wieder auf

    Hermannstädter Kinder- und Jugendtheater nimmt Aufführungen mit Publikum wieder auf

    Nach einer fast dreimonatigen Pause kehren die Darsteller des Kinder- und Jugendtheaters Gong“ in Hermannstadt wieder auf die Bühne zurück. Die Aufführung Hermann träumt“ in der Regie von Eliza Păuna, nach einer Bearbeitung von Daniel Chirilă, war die erste Produktion, die dem Publikum präsentiert wurde. Wir sprechen über diese Premiere mit dem Theaterintendanten Adrian Tibu und mit der Schauspielerin Eliza Păuna, die die Aufführung inszenierte. Adrian Tibu:



    Wir hoffen, dass 2021 für das Theater anders sein wird. Wir sind sehr glücklich, dass wir vor unserem treuen Publikum auftreten durften, wir sind sehr aufgeregt, und die Freude des Wiedersehens ist umso grö‎ßer, als wir über eine Premiere sprechen. Die Kinder hatten die Möglichkeit, sich mit dem Animationstheater erneut zu treffen, natürlich unter der strengen Einhaltung aller Corona-Regelungen, und die Reaktionen haben unsere Erwartungen überschritten. »Hermann träumt« ist eine musikalische Aufführung, Charlie Fălămaş ist sowohl Schauspieler als auch Komponist in dieser Produktion, die eine urbane Liebeserklärung an unsere Stadt, Sibiu, darstellt. Es ist für uns besonders wichtig, vor dem Publikum aufzutreten, das ist unser Auftrag als Theater einer Gemeinschaft — wir wollen eine lebendige Chronik dessen sein, was um uns herum geschieht. Die beiden Aufführungen, die dem Publikum präsentiert werden, »Hermann träumt« und »Der grö‎ßte Gulliver«, eine Adaption von Leta Popescu nach dem gleichnamigen Text von Gellu Naum, können zum Glück mit Publikum auf die Bühne gebracht werden, weil wir im letzten Jahr unser Programm neu gestaltet haben, um es an den Kontext anzupassen. Und »Hermann träumt« ist eine kleine Aufführung, mit nur drei Schauspielern auf der Bühne, also konnten wir während der Proben Abstand halten, die Schauspieler trugen Masken, wir haben die Corona-Regelungen eingehalten, damit alle sicher sind.“



    Hermann, die Hauptfigur der Aufführung, ist ein 8-jähriger Junge, der alle typischen Sorgen eines Kindes in seinem Alter hat: Die Schule scheint ihm zu schwer, er hat nicht genug Zeit zum Spielen und wird ständig von Eltern und Lehrern getadelt, weil auf ihn einwirken wollen, er aber das gleiche verträumte und verspielte Kind bleiben will. Phantasie ist eine von Hermanns Superqualitäten, und so wird ein banaler Schulweg zu einem Abenteuer, in dem Hermann die Rolle des Retters für Eltern, Lehrer und sogar die ganze Stadt spielt. Die Schauspielerin Eliza Păuna, Regisseurin der Aufführung, sagt dazu:



    Die Idee für diese Aufführung hatte ich schon lange. Hermann ist ein Kind, das auf dem Schulweg spielt und sich alles Mögliche einbildet, dass er jemand anderes ist, dass die Ampeln in der Stadt und die berühmten Hermannstädter Häuser mit Dachaugen mit ihm sprechen — kurzum, er ist ein Kind mit einer gro‎ßen Einbildungskraft. Es hat Spa‎ß gemacht, mit Daniel Chirilă an der Aufführung zu arbeiten, aber da sie nur 55 Minuten dauert, mussten wir auf einiges von dem verzichten, was wir uns vorgenommen hatten. Andererseits wollten wir die Zeichnungen von Dan Perjovschi in die Aufführung integrieren, obwohl unser Publikum, ich meine die Kinder, nicht wissen, wer Dan Perjovschi ist, sie wissen nicht, dass er einer der wichtigsten rumänischen bildenden Künstler ist. Aber auf diese Weise wirft die Aufführung viele Fragen auf. Und nach der Aufführung gibt es für die Kinder im Foyer eine Wand, auf der sie ihre Gedanken ausdrücken können. Wir waren überhaupt nicht überrascht, zu sehen, dass viele von ihnen Botschaften geschrieben haben, die mit Schule, Lehrern, Freizeit zu tun haben, Themen, die auch in der Aufführung vorkommen. Ich bin froh, dass ich dank dieses Drehbuchs, das an die Stadt Sibiu, die ich sehr liebe, angepasst ist, zum Gong-Theater gekommen bin. Au‎ßerdem bin ich jetzt auch Schauspielerin des Gong-Theaters, und wenn es gut läuft, werden Sie mich bald in der Rolle des Fuchses in der Aufführung »Der kleine Prinz« nach Antoine de Saint-Exupéry, in der Regie von Bobi Pricop sehen.“



    In weiteren Rollen sind Raluca Răduca, Adrian Prohaska und Lucia Barbu zu sehen, das Bühnenbild der Inszenierung unterzeichnet Romulus Boicu.

  • Dramatikerin Gianina Cărbunariu mit Preis des öffentlich-rechtlichen Kultursenders ausgezeichnet

    Dramatikerin Gianina Cărbunariu mit Preis des öffentlich-rechtlichen Kultursenders ausgezeichnet

    Die Dramatikerin und Theaterregisseurin Gianina Cărbunariu hat den Preis des Kultursenders Radio România Cultural in der Sektion Theater erhalten. Die Gala wurde wegen der Coronavirus-Pandemie abgesagt, die Jury gab infolgedessen ihre Entscheidung in einer Sondersendung bekannt. Die Intendantin des Jugendtheaters im ostrumänischen Piatra-Neamţ wurde für ihr visionäres Management“ geehrt und für die Inszenierung des Theaterstückes Frontal“, eine freie Adaption nach der Geschichte eines faulen Menschen“ des rumänischen Klassikers Ion Creangă. Die Aufführung basiert auch auf Interviews, soziologischen und anthropologischen Studien sowie Kommentaren und Online-Auftritten zum Thema soziale Ungleichheit und Kriminalisierung von Armut. Das Stück thematisiert zudem die Rolle der Medien, Stereotype aufzubauen und zu vermitteln, die Armut mit Faulheit gleichsetzen. Die Dramatikerin und Regisseurin Gianina Cărbunariu sagte über die Auszeichnung:



    Der Kontext, in dem ich diesen Preis erhalte, ist einzigartig. Wir haben uns auf die sogenannte soziale Distanzierung eingestellt, aber die aktuelle Situation wirft zudem Fragen über unser soziales Gewebe auf. Ironischerweise — oder eben nicht — nimmt sich diese Aufführung vor, die soziale Distanzierung ins Gespräch zu bringen, die sowieso in den letzten Jahren in einer gewissen Form in unserer Gesellschaft gegenüber den sozial Benachteiligten zu spüren war. Das Theater ist eine Kunst, die die direkte Kommunikation zwischen Künstlern und Zuschauern vorsieht und in dieser besonders heiklen Zeit einen Weg finden muss, um diese Krise zu bewältigen und ihren Beitrag zur Wiederherstellung der empfindlichen Struktur unserer Gesellschaft zu bringen.“




    2017 hat Gianina Cărbunariu die Leitung des Jugendtheaters in Piatra Neamţ übernommen und ein Programm gestartet, das vor allem auf der Vielfalt des Repertoires basiert und zum Nachdenken über die aktuellen Herausforderungen in der rumänischen Gesellschaft anregt. Das Theater hat Programme für junge Regisseure organisiert — wie Mic-RO-laborator de creație teatrală“ (Mik-RO- Laborator für Theaterschöpfung“) und #SafeSpoTT“, die Aufführungen zu aktuellen Themen auf die Bühne bringen. Bei den beiden Projekten wirkten auch Gymnasialschüler mit, die somit sehen konnten, wie eine Theateraufführung zustande kommt, von der Idee bis zur Premiere. Gianina Cărbunariu:



    Vor drei Jahren habe ich dem Theater in Piatra Neamţ ein Projekt vorgeschlagen, das den Namen »CO-Laborator de creaţie« trug (»Ko-Laboratorium der Schöpfung«). Dieses Führungsprojekt galt für mich eher als künstlerisches Projekt, das anstrebte, die Zuschauer an die Theaterkunst näher zu bringen und ein tieferes Verständnis unserer Gesellschaft zu vermitteln. In der kommenden Zeit müssen wir unseren Gedanken und unserer Kreativität freien Lauf lassen und sogar die Zeit in Isolation nutzen, um daran zu denken, wie man eine gerechte Welt schaffen kann. Ich danke den Journalisten des Kultursenders RRC dafür, dass sie bei jeder Premiere sowie beim Theaterfestival in Piatra Neamţ dabei sind und uns nahe stehen, und ich betrachte diesen Preis als Anerkennung der Teamarbeit. Ich danke also meinen Kollegen und dem ganzen Team des Theaters in Piatra Neamţ und natürlich allen, die ihren Beitrag zur Aufführung von »Frontal« brachten. Ich hoffe, dass wir uns bald in Theatersälen treffen werden.“

  • „Junges Festival in Hermannstadt“: Internationale Theaterfestspiele für neue Zuschauergenerationen

    „Junges Festival in Hermannstadt“: Internationale Theaterfestspiele für neue Zuschauergenerationen

    Das Junge Festival“, das zum vierten Mal am Hermannstädter Gong-Theater für Kinder und Jugendliche unter der Leitung von Theaterdirektor Adrian Tibu, organisiert wird, begann am 2. November mit sechs Veranstaltungen. Eines der Events zog besondere Aufmerksamkeit auf sich. Unter dem Titel Ein Sommernachtstraum“ führten Schauspieler des Flute Theatre aus Gro‎ßbritannien ein Stück nach William Shakespeare für Kinder aus dem Autismus-Spektrum auf. Alle Schauspieler setzten sich zusammen mit den Kindern in einen Kreis und führten zusammen mit ihnen verschiedene Bewegungen durch und wiederholten immer wieder Gesten, Laute und Sätze, die die Kinder nachahmten. Besonders beeindruckt waren die Eltern und Gro‎ßeltern der Kinder, die im Publikum sa‎ßen und sich über die rege Interaktion zwischen Kindern und Schauspielern freuten. Zum Schluss hatten die Kinder so viel Vertrauen, dass sie mit geschlossenen Augen dem Laut eines Glöckchens, das ein Schauspieler führte, folgten. Es war eine sehr gelungene und mitrei‎ßende Veranstaltung und die Kinder waren sichtlich glücklich. Über die Aufführungen im Rahmen des Jungen Festivals von Hermannstadt” erfahren Sie mehr vom Theaterdirektor und Festivalleiter Adrian Tibu:



    Auch mit der diesjährigen Auflage versuchen wir, allen Publikumskategorien, mit denen wir bereits arbeiten, etwas anzubieten, aber gleichzeitig wollen wir neues Publikum fürs Theater »Gong« gewinnen, vor allem Jugendliche. Dieses Jahr hatten wir zum ersten Mal in Rumänien die Theatertruppe »Flute« aus Gro‎ßbritannien, die mit einer Theateraufführung für autistische Kinder und ihre Familien sowie mit einem Workshop für Pädagogen aufwartete. Dann präsentierte zum ersten Mal in unserem Theater die Theatertruppe »Mere Phantoms« aus Kanada eine Installation mit Schattentheater. Für die zwei Festival-Wochenenden haben wir uns zwei Sonderthemen ausgesucht. Am ersten Wochenende gab es Aufführungen mit Theatertruppen aus Frankreich und am zweiten Wochenende haben wir zum Abschluss des Festivals am 11. November das Thema Gastronomie ausgesucht — in den Aufführungen ging es darum, was wir heutzutage essen.“




    Eine Aufführung, die ans Herz des Hermannstädter Publikums ging, war Bambi“ vom Bukarester Theater Excelsior, Regie Attila Vizauer, Choreographie Vava Ştefănescu, Managerin des Nationalen Tanzzentrums. Die Musik stammte vom beliebten, leider zu früh verstorbenen Liedermacher und Schauspieler Ioan Gyuri Pascu. Mehr über das Entstehen dieser bezaubernden Theateraufführung vom Regisseur Attila Vizauer:



    Die erste angenehme Überraschung bereitete uns Ema Stere mit ihrer Bühnenbearbeitung nach dem Roman »Bambi« von Felix Salten, der auch die Grundlage für den bekannten Walt-Disney-Zeichentrickfilm war. Die Bühnenbearbeitung von Ema Stere war aber viel dramatischer, nicht so rosarot und leicht wie der Film. Zum Casting waren mehr als 200 junge Schauspieler gekommen, und Ioan Gyuri Pascu probte und sang mit jedem, um die beste Auswahl zu treffen. Die Choreographin Vava Ştefănescu arbeitete auch sehr intensiv mit den jungen Schauspielern, sie studierten jede Bewegung ein. Ich habe gesehen, wie Vava den Kandidaten vorgeschlagen hat, zusammen einen Wald zu bilden. Unter meinen Augen verwandelten sich die Menschen in Bäume — Bäume, die dem Regen und dem Wind standhalten mussten, die ihre Zweige nach der Sonne streckten, Bäume, die die anderen Lebewesen im Wald unter Schutz nahmen… Da wurde mir klar, wie diese Aufführung aussehen sollte, wir brauchten keine Tierkostüme, die Darsteller sollten auf natürliche Weise, durch Körperbewegungen und durch ihre Stimme alles zum Ausdruck bringen.“




    Wenn die Beschäftigung mit dem, was wir essen, wichtiger wird als die Empathie, wenn die Ernährungsberater immer genau wissen was, wieviel, wann und wie wir essen müssen, wenn jede Auswahl, die wir beim Essen treffen, irgendwie falsch ist, was bleibt uns noch auf dem Teller? Diese Fragen stellt sich die Theateraufführung für Kinder über 12 Jahren und Jugendliche Identic natural“ (Naturidentisch“) der Theater-Gesellschaft Art No More aus Rumänien. Die Schriftstellerin und Journalistin Elena Vlădăreanu und der Regisseur Robert Bălan haben den Originaltext verfasst und inszeniert. Robert Bălan:



    Das Thema Essen hat mich lange beschäftigt, und ich wollte eine didaktische Theateraufführung für Gymnasiasten auf die Bühne bringen, um ihnen zu zeigen, was und wie sie essen sollten. Bei der Dokumentation ist mir aber klar geworden, dass man auf diese Fragen zum Thema Essen keine deutliche Antworten geben kann. Man kann nicht einfach sagen: ‚Das ist gut‘ oder ‚Das ist schlecht‘. So ist eine Art Puzzle mit sehr vielen Meinungen entstanden, mit widersprüchlichen Meinungen von Ernährungsexperten. Die berühmten Bio-Lebensmittel sind nicht immer gut für uns, und die berüchtigten ‚naturidentischen‘ Stoffe sind nicht immer schädlich.“




    Die am besten besuchte Veranstaltung des Jungen Festivals von Hermannstadt“ war die Aufführung Bo“ der Theatertruppe Teater Tre aus Schweden, die sich an Babys und Kleinkinder zwischen 6 Monaten und 2 Jahren richtete. Der Theaterdirektor und Festivalleiter Adrian Tibu dazu:



    Es gibt sehr viele junge Mütter, die mit ihren Babys ins Theater kommen wollen, und für uns ist das eine energiegeladene Erfahrung. Es entsteht eine Art Magie, wenn so viele Babys und kleine Kinder im Theatersaal direkten Kontakt mit der Bühne aufnehmen. Das verleiht uns Kraft, neue Projekte ins Leben zu rufen und ein neuartiges Theater für neue Zuschauergenerationen zu schaffen.“

  • Jugendtheater in Piatra Neamţ: Publikum aller Altersgruppen willkommen

    Jugendtheater in Piatra Neamţ: Publikum aller Altersgruppen willkommen

    Das Jugendtheater im ostrumänischen Piatra Neamţ, wo viele Nachwuchsschauspieler Erfahrung sammeln konnten, feiert 2017 50 Jahre, seitdem es sich dem Ziel widmet, junge Darsteller am Anfang ihrer Karriere zu fördern und zu unterstützen. Eine bedeutende Rolle spielte dabei das Theaterfestival Ich plädiere für die Jugend“. Die 29. Festspiele, die dieses Jahr unter der Leitung der neuen Theaterintendantin Gianina Cărbunariu organisiert wurden, standen im Zeichen einer Annäherung der Jugendlichen an das Phänomen Theater.



    Zum Auftakt des Festivals fand eine feierliche Veranstaltung statt: die Vernissage der Fotoausstellung Schauspieler und Zuschauer des Jugendtheaters“, die als Ergebnis des gleichnamigen Projektes gilt. Die 46 Bilder, die dabei ausgestellt wurden, entstanden bei den Treffen zwischen Schauspielern des Jugendtheaters und Einwohnern der Stadt Piatra Neamţ. Jedes Foto wird von einem Auszug aus den von den Einwohnern der ostrumänischen Stadt erzählten Geschichten begleitet. Wir haben die Theaterintendantin um Einzelheiten gebeten:



    Im Rahmen des Projektes »Schauspieler und Zuschauer des Jugendtheaters« haben wir 46 Interviews mit Zuschauern verschiedener Generationen und mit unterschiedlichem Hintergrund geführt. Dabei waren nicht nur Zuschauer, sondern auch potentielle Zuschauer. Wir haben auch mit Menschen gesprochen, die nie im Theater waren. Das fanden wir besonders interessant und wichtig, neue Zuschauer ins Theater zu locken. Es geht nicht darum, dass es kein Potenzial für neue Zuschauer gibt, sondern dass sie aufgrund mangelnder Zeit oder Sichtbarkeit unserer Projekte unsere Theaterstücke nicht besuchen. Die Interviews spielten eine gro‎ße Rolle in diesem feierlichen Moment. Wir haben auch eine Fotoausstellung organisiert und alles Mögliche getan, damit dieses Projekt auch au‎ßerhalb unseres Theaters an Sichtbarkeit gewinnt.“




    Die Bilder, die im Theaterfoyer ausgestellt werden, stammen von der Fotografin Mihaela Jipa, die zusammen mit den Darstellern die Gedanken der Einwohner über ihre Stadt und ihre Beziehung zum Theater zusammenstellt. Mihaela Jipa:



    Man sagt, dass das Theater Menschen bilden kann. Im Theater kann man sich wiederfinden, im Theater kann jeder er selbst sein. Das Theater ist wie eine Kirche — bevor man sie betritt, muss man innerlich und äu‎ßerlich dafür vorbereitet sein. Eine Dame hat uns einmal erzählt, ihr Lieblingsdarsteller sei Bogdan Talaşman. Er hat ihr ein Autogramm gegeben, wo auch ein Satz stand, der zum Lebensmotto unserer Zuschauerin wurde. Alle Menschen, mit denen wir in Kontakt getreten sind, haben uns etwas Au‎ßergewöhnliches erzählt. Das war eine wahre Lektion für uns alle. Die Annäherung der Einwohner unserer Stadt ans Theater hat für alle einen Wahrnehmungswandel mit sich gebracht. Es handelt sich um die Wahrnehmung des Publikums, der Darsteller und der Rolle des Theaters.“




    Die Geschichten über das Jugendtheater Piatra Neamţ wurden zum feierlichen Moment präsentiert und sind auch im Festivalheft wiederzufinden. Die Geschichten werden von den Stadteinwohnern und von gro‎ßen Darstellern erzählt, die auf die Bühne des Jugendtheaters getreten sind. Mitgemacht haben sowohl ältere Einwohner der Stadt, die die Geschichte des Theaters miterlebt haben, als auch die der jüngeren Generation, in deren Leben das Theater einen Platz gefunden hat. Gianina Cărbunariu:



    Im Monat Juli hatten wir das Projekt »Archiv der Schauspieler« gestartet. Wir hatten die Zuschauer dazu ermutigt, uns in Briefen ihre persönliche Erfahrung mit dem Jugendtheater zu erzählen. Diese Briefe bildeten dann die Grundlage unserer feierlichen Veranstaltungen. Der feierliche Moment bildete der Antrieb des ganzen Projektes, und in Zukunft möchten wir mit neuen Ideen und Anregungen auch an unserem emotionalen Archiv arbeiten und dort mehr Stoff sammeln.“




    Auf dem Programm des diesjährigen Theaterfestivals Piatra Neamţ stand eine neue, den Gymnasialschülern gewidmete Sektion. Auf dem Spiel steht nicht der Preis an sich, sondern auch das Ziel, Jugendliche ins Theater zu locken. Wenn es uns gelingt, ihren Appetit für diese Form von Kultur anzuregen, werden sie ins Theater kommen, sich an Publikumsgesprächen beteiligen, sich später darüber unterhalten und zusammen lernen, wie man sich ein Theaterstück ansieht“, sagte Gianina Cărbunariu. Zu den sieben Jugendlichen, die aufgrund eines Bewerbungsschreibens für dieses Projekt ausgewählt wurden, zählte auch der Zehntklässler Francisc Gabriel Lolea. Er erzählte, was ihn dazu anregte, sich am Projekt zu beteiligen und was er vom Theater erwartet:



    Ich haben mich zuerst am Wettbewerb »Tee, Gedichte, Theater« beteiligt und ein Treffen mit dem Darsteller des Jugendtheaters »Victor Giurescu« gewonnen. Wir haben uns zu unterschiedlichen Themen unterhalten, so zum Beispiel zum Thema Hoffnung in die Jugend setzen und über den Scheuspielerberuf. Dieses Treffen hat mich höchst motiviert und ich habe mich selbst gefragt, warum nicht den Worten und der Liebe freien Lauf lassen. Ich habe also einen Motivationsbrief verfasst und war völlig überrascht, als mein Name unter den 200 Teilnehmern zu sehen war. Die Aufführungen finde ich besonders interessant und die Themen sollen uns alle zum Nachdenken anregen. Wie der Name schon besagt, soll das Jugendtheater Jugendliche ins Theater locken.“




    Die Theaterintendantin Gianina Cărbunariu ist fest davon überzeugt, dass das Theater nicht für die intellektuelle Elite sei, sondern für alle:



    Ich wünsche mir, dass die Einwohner der Stadt Piatra Neamţ ins Theater gehen. Ich möchte auch, dass das Jugendtheater zum Theater der ganzen Gemeinde wird, dass die Stadteinwohner fühlen, dass ihnen dieses Theater gehört. Ich möchte, dass sie uns kritisieren, ich möchte, dass sie mit den Darstellern in Dialog treten.“

  • Theaterfestival in Piatra Neamţ: Im Zeichen der Jugend, aber generationsübergreifend

    Theaterfestival in Piatra Neamţ: Im Zeichen der Jugend, aber generationsübergreifend

    Nach einer 4 Jahre langen Pause setzte das Jugendtheater in der nordmoldauischen Stadt Piatra Neamţ mit dem Festival Ich plädiere für die Jugend“ im Oktober 2015 die schöne Tradition der Förderung junger Theaterleute fort. Die Wiederaufnahme des ältesten Theaterfestivals in Rumänien (die erste Auflage war im Jahr 1969) bedeutete auch die Wiederkehr des Theaterensembles in seinem alten Zuhause, dem denkmalgeschützten Gebäude, das in den letzten Jahren saniert wurde. Das sei ein Zeichen der Normalität, meint der Theaterintendant und Schauspieler Liviu Timuş. Das Theater der Jugend, das dieses Jahr die 27. Auflage des Theaterfestivals in Piatra Neamţ veranstaltet, hat im Laufe der Jahre viele der besten rumänischen Schauspieler und Regisseure hervorgebracht.



    Mit den Aufführungen, die dieses Jahr nach Piatra Neamţ eingeladen wurden, versuchte man, ein Röntgenbild des rumänischen Theaters der Gegenwart zu machen. Ferner wollten die Veranstalter die Trends präsentieren, die von jungen rumänischen Theaterleuten initiiert wurden. In den letzten Jahren war das unabhängige Theater in Rumänien besonders aktiv, und daher waren dieses Jahr in Piatra Neamţ mehrere unabhängige Theaterproduktionen zu sehen. Das Stück Fă tu primul pas!“ (Mach du den ersten Schritt!“) von Jean-Claude Carrière, in der Regie von Andrei Munteanu, ist eine Produktion des 2010 gegründeten unabhängigen Kunsttheaters Bukarest. Hauptdarstellerin ist Raluca Aprodu, eine Schauspielerin, die sowohl in unabhängigen Theatern als auch in Staatstheatern spielt und durch ihre Filmrollen sehr bekannt wurde. Wie wählt man einen Text für eine Theateraufführung und wie entsteht eine Aufführung in einem unabhängigen Raum? Raluca Aprodu:



    Man sollte sich von nichts und niemandem beeinflussen lassen. Wichtig sind nur der Wunsch des Schauspielers, eine gewisse Theaterfigur kennenzulernen, und der Wunsch des Regisseurs, einen gewissen Theatertext zu interpretieren. Das wär’s. Leider müssen wir uns dem Ort anpassen, wo wir spielen werden. Manchmal ist es sehr wichtig, dass viele Leute ins Theater kommen. Da beginnen wir, Kompromisse zu machen. Es ist zum Beispiel wichtig, dass auf dem Plakat das Wort ‚Komödie‘ steht. Nach einem stressigen Arbeitstag will niemand eine schwierige, ernste Aufführung sehen. Wenn schon, dann geht man ins Staatstheater. Um das Publikum anzulocken, muss man deshalb ein bisschen gerissen sein. Wir haben eine Produktion im Godot-Theater, die ‚Happy End‘ hei‎ßt. Der Originaltitel war ‚Lieselotte im Mai‘, er klang nicht besonders attraktiv, und wir haben ihn geändert. Der Name war schon wichtig — obwohl es sich um dasselbe Stück handelte, kamen mehr Leute ins Theater, und wir konnten ihnen genau das zeigen, was wir beabsichtigt hatten. Inzwischen gibt es sehr viele unabhängige Theaterproduktionen, das Publikum hat Mut gefasst und kommt zu uns. Besonders wichtig ist, dass auch bekannte Schauspieler neulich in unabhängigen Produktionen spielen, sie wirken wie ein Publikumsmagnet.“




    Um junge Theaterregisseure, Bühnenbildner und Schauspieler zu fördern hat das Theaterfestival Piatra Neamţ auch eine Wettbewerbsabteilung; 16 der 80 eingeladenen Theateraufführungen beteiligten sich an dem Wettbewerb. Zu den Preisträgern gehört auch die junge Schauspielerin Nicoleta Lefter, die mit dem Preis für die beste Darstellerin ausgezeichnet wurde. Sie spielte die Rolle Nadia in dem Stück Viză de clown“ (Aliens with Extraordinary Skills“) von Saviana Stănescu, einer Aufführung des Bukarester Theaters Odeon in der Regie von Alexandru Mihail. 2008 wurde das Stück Aliens with Extraordinary Skills“ im Julia Miles Theatre in New York aufgeführt und erhielt enthusiastische Kritiken in The New York Times und anderen amerikanischen Publikationen. Die Geschichte wurde von einer echten Begebenheit inspiriert: Ein Rumäne und ein Ukrainer brachten mehr als 800 Immigranten in die USA, und zwar mit falschen Visa für Zirkusdarsteller. Die 33jährige Nicoleta Lefter ist eine der besten Schauspielerinnen ihrer Generation und beteiligt sich an zahlreichen Theaterfestivals. Man braucht viele solcher Festivals, vor allem für junge Theaterleute, meint Nicoleta Lefter:



    Der wichtigste Schritt wäre meiner Ansicht nach, dass wir versuchen, junge Leute davon zu überzeugen, vom Computer und Fernseher abzulassen. Sie sollten mal ins Theater kommen, lebendige Menschen auf der Bühne sehen, Gefühle empfinden, die vor dem Bildschirm nicht möglich sind. Im Theater hat man Erlebnisse, die einen ändern und zum Sozialisieren bringen können. Ich habe festgestellt, dass wir immer mehr zu Einsamkeit und Isolierung neigen. Die Leute sozialisieren nicht mehr, sie öffnen sich nicht mehr, sie haben keinen Spa‎ß mehr am Zusammentreffen, am Diskutieren, sie interessieren sich nicht mehr, wie es den anderen geht… Das wäre am Wichtigsten, glaube ich. Und wenn die Aufführungen auch eine Erziehungskomponente hätten, etwas, das die Einbildungskraft der jungen Menschen stimulieren kann, wäre es wunderbar.“




    Einer der jungen Regisseure, die zum Theaterfestival Ich plädiere für die Jugend“ in Piatra Neamţ eingeladen wurden, ist Vlad Cristache. Er inszenierte das Stück The History Boys“ von Alan Bennett im Bukarester Theater Excelsior. Die Produktion wurde in den Kategorien Beste Aufführung“ und Beste Regie“ nominiert. Vlad Cristache plädiert für mehr Festivals für junge Theaterleute:



    Einerseits ist es schon eine tolle Sache, dass so etwas passiert, weil man zwei oder mehrere Generationen von Theaterleuten zusammenbringt, Leute, die in den letzten zehn Jahren debütiert haben. Man sieht ihre Aufführungen und so gewinnt man einen Eindruck darüber, wie sie die Entwicklung des Theaters verstehen. Andererseits glaube ich nicht so sehr an diese Aufteilung in ‚junge‘ und ‚alte‘ Theaterleute — ich glaube, dass sehr viele Theaterleute, die schon ein gewisses Alter erreicht und eine gro‎ße Erfahrung gesammelt haben, bei ihren Entscheidungen und Aufführungsideen viel frischer, viel jünger sein können als die sog. ‚jungen Theatermacher‘. Jugend liegt nicht im biologischen Alter, sie hängt von der Persönlichkeit ab.“