Tag: Kamerun

  • Darwin Akwo-Mboe aus den USA: „Die Rumänen haben eine besondere Lässigkeit“

    Darwin Akwo-Mboe aus den USA: „Die Rumänen haben eine besondere Lässigkeit“

    Darwin Akwo-Mboe studiert IT an einer privaten Universität in Bukarest, wohin er 2017 kam. Er wurde in den USA in einer Familie aus Kamerun geboren, wuchs in Detroit, Michigan, auf und studierte dort. Er begeistert sich für Sport im Allgemeinen und American Football im Besonderen. Er entschied sich, zufällig nach Rumänien zu kommen, es war ein Land, über das er fast nichts wusste. Wie er hierher kam und wie er aufgenommen wurde, erzählt er selbst:



    Rumänien war nicht meine erste Wahl, sondern Deutschland, wo ich mein Studium und meine IT-Karriere fortsetzen wollte. Zufällig las ich dann einen Artikel, in dem über eine Stadt namens Râmnicu Vâlcea, berichtet wurde, in der einige gro‎ßartige Dinge im Zusammenhang mit dem IT-Bereich passierten. [Anspielung auf die als »Hackerville« bekannte rumänische Stadt, aus der vor einigen Jahren eine Gruppe Cyberkrimineller mit Betrugstricks Menschen vornehmlich aus Westeuropa und den USA prellte — Anm. d. Red.] Zu dieser Zeit war ich auf der Suche nach einem neuen Abenteuer, und das war ein guter Grund, hierher zu kommen. Rumänien war genau der Ort, nach dem ich gesucht hatte. Am Anfang, bevor ich hierher kam, bevor ich als Student zugelassen wurde, dachte ich nicht, dass ich die Zustimmung der Universität, an der ich mich eingeschrieben hatte, bekommen würde. Ich habe nicht weiter über Rumänien nachgedacht, bis ich eines Tages eine E-Mail von der Universität erhielt. Ich war im neunten Himmel und begann mich zu fragen: Was wusste ich wirklich über dieses Land? Na klar, die üblichen Klischees über Dracula, ich hatte ein paar Filme gesehen, also hatte ich ein ziemlich düsteres Bild von Rumänien, vor allem, weil es in diesem Teil der Welt liegt. Ich wusste nicht, wie jemand wie ich, mit dunkler Hautfarbe, behandelt werden würde, aber Rumänien war ein gro‎ßes Ziel für mich. Meine Erwartungen waren nicht hoch, denn mein einziges Ziel war es, hierher zu kommen und meinen IT-Abschluss zu machen und dann würde ich weitersehen. Nach einer Weile fing ich an, Rumänien mehr und mehr zu mögen und mich mehr und mehr für diesen Ort zu interessieren. Es ist interessant, wie ich behandelt wurde, am Anfang wurde ich mit viel Neugierde begrü‎ßt, und in Amerika passiert das einem nicht, wenn man farbig ist. Zuerst nahm ich automatisch an, dass es eine böswillige Absicht war, aber es war nur reine Neugierde. Ein paar Leute um mich herum plapperten einfach nach, was sie in den Filmen gesehen oder in der Musik gehört hatten, ein paar Mal drang das N-Wort an meine Ohren. Zuerst fühlte ich mich ein wenig wütend, aber nach einer Weile wurde mir klar, dass an all dem nichts falsch war, die Rumänen versuchten nur auszudrücken, was sie über Leute wie mich wussten. Nachdem ich mich an die Atmosphäre hier gewöhnt hatte, hat sich mein Eindruck davon, wie schwarze Menschen behandelt werden, geändert. In einigen Fällen spürte ich Feindseligkeit, in anderen fühlte ich mich nicht respektiert, aber das geschah eher auf der Ebene der Institutionen, entweder in der Bank oder an meiner eigenen Universität.“




    Darwin sagt, wenn er noch einmal die Wahl hätte, würde er noch einmal ganz von vorne anfangen und nach Rumänien kommen. Jetzt ist er mit der privaten Hochschule, die er gewählt hat, nicht sehr zufrieden und rät allen, die zum Studieren nach Rumänien kommen wollen, dies zu tun, aber nicht bevor sie den Markt ein wenig erforscht und sich über das Angebot der Universitäten informiert haben. Wir haben ihn gefragt, wie er sich in Rumänien fühlt:



    Ich mag wirklich das Gefühl der Freiheit, das ich hier habe, es ist eine andere Art von Freiheit als in Amerika. Verstehen Sie mich nicht falsch, Amerika ist ein freies Land, aber ich bin etwas anderes gewöhnt, wenn es um Freiheit geht. Was mir hier nicht gefällt, ist eine bestimmte Einstellung einiger Leute, die ich zwar stellenweise treffe, aber ich denke, ich würde überall auf der Welt genauso behandelt werden. Meine Freunde sind vor allem Expats, aber ich habe auch rumänische Freunde. Ich gestehe, dass ich mich mit Rumänen, die ins Ausland gereist sind, wohler fühle. Es scheint mir, dass sie eine breitere Vision von dem haben, was sie mögen und von der Welt im Allgemeinen.“




    Darwin ist Teil eines internationalen Amateur-American-Football-Teams, der Bucharest Rebels, und tritt gelegentlich als Schauspieler in Werbespots auf. Bukarest ist voller angenehmer Überraschungen, und Darwin nimmt diese Stadt, die ihm Oasen der Ruhe bietet, wirklich gerne in sich auf. Er findet, dass das rumänische Essen etwas schärfer sein könnte:



    Was ich an Bukarest mag — und ich wei‎ß nicht, ob das für ganz Rumänien gilt –, ist die Tatsache, dass es einige wunderbare Parks hat. In jedem Teil der Stadt kann man einen absolut schönen Park finden, man kann sich entspannen, es ist eine sehr ruhige und angenehme Atmosphäre. Überall, wo man in Bukarest hingeht, wenn man in einem Radius von etwa einem Kilometer ein wenig spazieren geht, findet man einen schönen Park. Was das Essen angeht, so komme ich aus einer afrikanischen Familie, also habe ich andere Geschmäcker, ich bevorzuge scharfes Essen. Die rumänische Küche ist sehr gut, aber sie wirkt auch etwas fade. Trotzdem schmeckt das Essen gut. Ich mag mit Polenta gefüllte Paprikaschoten und Krautwickel mit Peperoni.“




    In der nächsten Zeit wird Darwin seinen Bachelor-Abschluss in IT machen, aber er hat sich für eine andere rumänische Universität entschieden. Er wei‎ß nicht genau, was seine Zukunft bringen wird und ob er hier bleiben möchte:



    Ich habe das Bedürfnis, in die Vereinigten Staaten zurückzukehren, um mich neu zu orientieren, bevor ich irgendwelche Pläne für die Zukunft in diesem Teil der Welt mache. Ich muss Rumänien aus der Perspektive von Amerika sehen. Das Interessante ist, dass ich in all den Jahren gelernt habe, mein eigenes Land von au‎ßen zu betrachten, und ich habe jetzt eine andere Perspektive darauf, was Amerika ist. In Europa wird Amerika nicht als guter Ort gesehen, und diese Auffassung scheint noch zugenommen zu haben, aber ich denke, das hat mit dem zu tun, was in den letzten Jahren und besonders in den letzten Monaten passiert ist.“




    Darwin vermisst seine Familie in den USA, seine Mutter und seine Schwestern. Au‎ßerdem fehlt ihm die Vielfalt des amerikanischen Essens. Wir fragten ihn, was er mitnehmen würde, wenn er Rumänien verlässt:



    Ich denke, was ich aus Rumänien mitnehmen werde, ist eine bestimmte Einstellung, die die Rumänen haben. Ich finde sie sehr nützlich für die Art, wie sie leben und sich selbst wahrnehmen. Es ist eine gewisse Unbekümmertheit, eine bestimmte Art, auf Worte und Gesten der Höflichkeit zu achten, ein Manierismus, den ich cool finde.“

  • Student aus Kamerun: „Hier kann ich ein international anerkanntes Diplom erlangen“

    Student aus Kamerun: „Hier kann ich ein international anerkanntes Diplom erlangen“

    Hallo, mein Name ist Jean-Paul Missé Missé — Missé Missé ist mein Nachname, in meinem Dialekt, der Bantusprache Abo, hei‎ßt es ‚Sand‘. Ich komme aus Kamerun, aus der politischen Hauptstadt Yaoundé, ich bin aber in Douala geboren, diese ist die wirtschaftliche Hauptstadt des Landes. Ich bin Ingenieur für Kommunikationstechnik von Beruf und in Rumänien studiere ich Politikwissenschaft. Das war mein Traum, in diesem Bereich zu arbeiten, ich möchte eigentlich beides machen, denn ich möchte politische Projekte für mein Land umsetzen.“




    Jean-Paul Missé Missé ist zum ersten Mal 2019 nach Rumänien gekommen. Jetzt studiert er im ersten Jahr an der Bukarester Universität. Er erhielt ein Stipendium der Rumänischen Botschaft in Nigeria. Warum Rumänien, erläutert unser Gesprächspartner in den folgenden Minuten:



    Ich wollte immer dieses Land sehen. Den Triumphbogen in Bukarest habe ich schon vor meiner Ankunft mehrmals im Internet gesehen, auch das Schloss Bran, das ich einmal besuchen möchte. Ich hatte schon immer ein gro‎ßes Interesse für dieses Land, seine Geschichte, seine Kultur und seine Menschen. Ich wollte so sehr das Land hautnah erleben. Die Menschen sind unterschiedlich, es gibt gute und schlechte, zudem kann ich hier ein Diplom erhalten, das auf internationaler Ebene anerkannt wird. Mein älterer Bruder hat ebenfalls hier Politikwissenschaft studiert, dann ist er nach Kamerun zurückgekommen, dort arbeitet er in diesem Bereich und er hat mir nahegelegt, ebenfalls in Rumänien zu studieren.“




    2022 soll Jean-Paul Missé Missé sein Studium in Rumänien abschlie‎ßen. Hier möchte er ein Geschäft im Bereich der Kommunikation gründen und eine Karriere in der Politik machen. In seiner Freizeit schaut er gerne Filme an, trifft seine Freunde und spielt Tischtennis. Er fühlt sich wohl in der rumänischen Hauptstadt. Wie seine ersten Tage in Rumänien waren, erläutert unser Gesprächspartner:



    Dieses Land hat mich gut aufgenommen. Meine Kollegen haben mich sehr gut auch im Studentenheim empfangen. Ich war der einzige Schwarze unter Rumänen. Sie hie‎ßen mich gleich willkommen und wir haben uns vom ersten Abend viel unterhalten. Jetzt sind wir gute Freunde. Es gibt jedoch immer ein Aber. Auch in der Schule ist alles sehr gut, die Kollegen und Professoren sind sehr nett zu mir, aber manchmal höre ich auf der Stra‎ße: ‚Du Schwarzer!‘ Das ist jedoch kein Problem, ich bin nun mal schwarz, also stört mich das nicht. Oder im Bus starrt mich eine Gruppe von Jugendlichen an und dann lachen sie. Aber ich muss ja auch mit solchen Menschen umgehen und man kann solche Situationen erleben, ich sage mir aber, dass es irgendwie normal ist und zu erwarten gewesen wäre. Aber im Allgemeinen ist alles gut. Ein älterer Mann hat mich neulich in einem Supermarkt auf Französisch gefragt: ‚Ça va, mon fils?‘ / ‚Wie geht es dir, mein Sohn?‘ Ich antwortete: ‚Ça va très bien.‘ / ‚Es geht mir sehr gut.‘ Dann hat er mich gefragt, ob ich Französisch spreche, ich habe ja gesagt, und dann hat er angefangen zu singen: ‚Comment ça va, comme ci, comme ci, comme ci, comme ça‘ — das Refrain eines bekannten Hits aus den Achtzigern (der niederländischen Boy-Band »The Shorts«). Das hat uns beide zum Lachen gebracht, auch die anderen Menschen im Supermarkt.“