Tag: Kinderrechte

  • Kinderrechte in Rumänien: Bericht einer NGO bescheinigt kritische Lage

    Kinderrechte in Rumänien: Bericht einer NGO bescheinigt kritische Lage

    Am 20. November 1989 verabschiedete die Generalversammlung der Vereinten Nationen das Übereinkommen über die Rechte des Kindes, kurz UN-Kinderrechtskonvention, ein Dokument, das auch von Rumänien ratifiziert wurde. 30 Jahre später verfassten die NGO Save the Children“ und der Ombudsmann in Rumänien eine Studie über die mangelhaftesten Kapitel Rumäniens im Hinblick auf den Schutz der Kinderrechte in Rumänien. Von der wirtschaftlichen Situation der Kinder, die zum Schulabbruch führen kann, bis hin zur Kinderarbeit, Ausbeutung von Minderjährigen und Gewalt gegen Kinder sieht die Zusammenfassung der 30-jährigen Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention in Rumänien nicht ermutigend aus. Dazu Gabriela Alexandrescu, geschäftsführende Präsidentin der Organisation Save the Children“ Rumänien:



    Die Situation der Kinder in Rumänien ist nach wie vor kritisch. 30 Jahre nach der Ratifizierung des Übereinkommens über die Rechte des Kindes lebt ein Drittel der Kinder in Rumänien unterhalb der Armutsgrenze, und es gibt eine chronische und recht gro‎ße Spaltung zwischen Stadt und Land in Bezug auf die Achtung der Rechte des Kindes, wie das Recht auf Gesundheit, Bildung und menschenwürdiges Leben. Auch der Schulabbruch ist extrem hoch und beeinflusst die Entwicklung der Gesellschaft erheblich. Rumänien hat leider die höchste Kindersterblichkeitsrate in der EU: Obwohl der Trend rückläufig ist, blieb die Kindersterblichkeitsrate bei 6,5‰ gegenüber dem EU-Durchschnitt von 3,6‰. In Rumänien werden auch die höchsten schweren Entbehrungen bei Kindern in der EU vermerkt: In diesem Zusammenhang beträgt der Prozentsatz bei den rumänischen Kindern 21,5%, verglichen mit dem EU-Durchschnitt von 5,9%.“




    Obwohl Rumänien aus legislativer Sicht die meisten Empfehlungen der UN-Kinderrechtskonvention übernommen hat, waren die Fortschritte der letzten zehn Jahre bei den Kapiteln Kindersterblichkeit, Schutz vor Gewalt und Armutsbekämpfung eher bescheiden. In vielen Bereichen haben sich der Lebensstandard und der Zugang zu Dienstleistungen für Roma-Minderjährige und für Minderjährige mit Behinderungen sogar verschlechtert, so der Bericht der Organisation Save the Children“ über die Achtung der Kinderrechte in Rumänien. Au‎ßerdem ist der allgemeine Zugang zur Bildung — einschlie‎ßlich Erziehung über Gesundheit und Fortpflanzung — aufgrund vieler sozialer Probleme mangelhaft. Rumänien ist beispielsweise das europäische Land mit den meisten minderjährigen Müttern: Es gibt über 17.000 minderjährige Schwangere pro Jahr, und fast 800 dieser jungen Mütter sind unter 14 Jahre alt. Gabriela Alexandrescu mit Details:



    Infolge des Schulabbruchs während der Grundschule und in der Hauptschule verlieren wir durchschnittlich 30.000 Kinder, die keine Schule mehr besuchen. Und die Beteiligung von Roma-Kindern am Schulunterricht ist immer noch gering.“




    Hinzu kommt, dass die Schule in einigen Fällen kein günstiges Umfeld ist; auch in der Schule ist die Gewalt präsent, die ohnehin das Leben vieler Kinder dominiert. Mehr dazu von Gabriela Alexandrescu, der geschäftsführenden Präsidentin der Organisation Save the Children Rumänien“:



    Viele Eltern oder Familienmitglieder wenden verbale, emotionale und körperliche Gewalt an, um ihre Kinder zu ‚erziehen‘. Fast zwei Drittel der Kinder geben an, dass sie unter einer solchen Praxis der Erziehung in der Familie leiden. In der Schule ist eines von drei Kindern Opfer oder Zeuge von Bullying oder Mobbing. Unsere Kinder werden mit viel Gewalt konfrontiert.“




    Um die Fälle der Nichteinhaltung der Rechte von Minderjährigen zu verringern, verfügt der Ombudsmann seit 2018 über eine spezialisierte Abteilung. Der Kinderombudsmann übernimmt und bearbeitet Beschwerden über die Verletzung eines oder mehrerer Rechte von Personen im Alter unter 18 Jahren. Was der Kinderombudsmann im ersten Jahr seiner Aktivität geleistet hat, erfahren wir von der Fachberaterin Ligia Crăciunescu:



    Dieses Jahr haben wir 517 Beschwerden und 425 Meldungen von Amts wegen registriert. Es gab über 90 Untersuchungen in Fällen von möglichen Verletzungen der Kinderrechte, und der Kinderombudsmann erteilte über 50 Empfehlungen in Bezug auf diese Rechte. Es gab 156 Telefonmeldungen und rund 200 Gespräche mit betroffenen Personen in der Hauptstadt und in der Provinz. Alle diese Daten beziehen sich auf mögliche Verletzungen der Rechte des Kindes.“




    Ein Beispiel für einen Fall, der durch die Initiative eines Kinderbeauftragten gelöst wurde, war der eines 12-jährigen Jungen aus dem Kreis Dâmboviţa, der von seinem eigenen Vater zur Arbeit geschickt wurde. Die ersten Informationen kamen zunächst aus den Medien, sagt Ligia Crăciunescu.



    Sobald uns diese Nachricht bekannt wurde, schaltete sich der Kinderombudsmann von selbst ein und forderte das Sozial- und Jugendamt Dâmboviţa auf, Auskunft über diesen Fall zu geben und die erforderlichen rechtlichen Ma‎ßnahmen zu treffen. Als Ergebnis dieser Aktion teilte uns das Sozial- und Jugendamt Dâmboviţa mit, dass das mobile Team des Jugendamtes und mehrere Vertreter der örtlichen Behörden — Polizei und Rathaus — an Ort und Stelle waren und einen 12-jährigen Jungen auf der Wiese der Stadt Găeşti fanden, der sagte, dass er sich täglich morgens bis abends um eine Kuhherde kümmern müsse. Der Vater wusste, dass sein Sohn arbeitete und nahm das Geld, mit dem das Kind für seine Arbeit bezahlt wurde. Das Kind wurde sofort in ein Kinderzentrum gebracht und erhielt Sonderbetreuung und Psychotherapie, um dieses Trauma zu überwinden.“




    Laut Statistiken einer anderen NGO, World Vision Romania, gehen 11% der benachteiligten Kinder in Rumänien arbeiten, anstatt die Schule zu besuchen.

  • Parlament diskutiert über Gründung des Kinder-Ombudsmanns

    Parlament diskutiert über Gründung des Kinder-Ombudsmanns

    Das Kabinett Tudose hat vor einem Monat der Einrichtung einer Ombudsstelle für Kinder-und Jugendrechte grünes Licht gegeben. Die Institution soll sich für die Einhaltung der Kinderrechte einsetzen. An diese Behörde können Kinder und Jugendliche Beschwerde richten, wenn sie ihre Rechte verletzt sehen. Mit dem Vorhaben, das mittlerweile dem Parlament zur Debatte vorgelegt wurde, versucht Rumänien dem Vorschlag des UN-Ausschusses für die Rechte der Kinder nachzukommen. Eine solche Institution könnte allerdings eine bedeutende Rolle in Rumänien spielen, einem Land, in dem Kinderrechtsverletzungen keine Seltenheit sind. Nach neuesten Studienergebnissen seien im Vorjahr landesweit über 10.000 Fälle von Gewalt an Kindern verzeichnet worden.



    Aus dieser Sicht lasse sich eigentlich in den letzten Jahren ein stark steigender Trend abzeichnen. Die Ombudsstelle für Kinder und Jugendrechte soll als unabhängige Institution eingreifen, wenn andere Verantwortungsträger ihre Aufgabe zum Schutz der Kinder nicht erfüllen. Die Präsidentin der Nationalen Behörde für den Schutz der Kinderrechte und Adoption, Gabriela Coman erläutet: In Rumänien haben verschiedene Institutionen in diesem Bereich klare Zuständigkeiten, so zum Beispiel im Fall von Kindern, die in Kinderheimen erzogen und betreut werden, müssen verchiedene Behörden überprüfen, ob die Standards eingehalten werden, ob genügend Personal verfügbar ist, ob es den Bedürfnissen der Kinder nachkommt, ob man richtig um die Kinder kümmert, ob sie zur Schule gehen. Was soll der Kinder-Ombudsmann machen?



    Dieser Institution können Kinder Beschwerde einreichen, falls eine dieser Behörden nicht tut, was sie gesetzmä‎ßig tun muss”. Am Donnerstag haben der Ombudsmann, die Nationale Behörde für den Schutz der Kinderrechte und Adoption zusammen mit der Organisation Rettet die Kinder“ im rumänischen Parlament eine öffentliche Debatte über die Einrichtung einer Ombudsmann-Stelle für Kinder und Jugendrechte organisiert. Sollte das Parlament die Gründung dieser Institution beschlie‎ßen, wird somit Rumänien zum 36. EU-Land, wo es eine unabhängige Institution gibt, die sich für die Rechte der Kinder und Jugendlichen einsetzt.


  • Persönlichkeit des Jahres 2014 bei RRI: Malala Yousafzai

    Persönlichkeit des Jahres 2014 bei RRI: Malala Yousafzai

    Liebe Freunde, RRI veranstaltete auch heuer seine traditionelle Hörerumfrage zum Jahresende. Mitmachen durften alle Hörer und Internetbenutzer, Ihre Meinung konnten Sie uns auch auf Facebook oder per Twitter zukommen lassen. Sie sollten uns mitteilen, welche aktuelle Persönlichkeit für Sie den grö‎ßten positiven Einfluss auf das Weltgeschehen des Jahres 2014 ausgeübt hat.



    Zu Ihren Nominierungen für die Persönlichkeit des Jahres gehörten der neu gewählte rumänische Präsident Klaus Iohannis, der russische Präsident Wladimir Putin, der chinesische Präsident Xi Jinping, der abgedankte spanische König Juan Carlos, die litauische Präsidentin Dalia Grybauskaitė, der kolumbianische Präsident Juan Manuel Santos oder Deutschlands Au‎ßenminister Frank-Walter Steinmeier.



    Vorgeschlagen wurden ferner die im Kampf gegen die Ebola-Epidemie in Westafrika eingesetzten Ärzte, Krankenschwestern und Missionare, der Gewinner unserer Umfrage vom letzten Jahr, Papst Franziskus, der rumänische Tennis-Star Simona Halep, der deutsch-französische Journalist Peter Scholl-Latour, der französische Ökonom Tomas Piketty oder María Conchita Alonso, die US-amerikanische Schauspielerin und Sängerin venezolanisch-kubanischer Abstammung, die in Kalifornien wohnt und sich für Demokratie in ihren Heimatländern einsetzt.



    Die Persönlichkeit des Jahres 2014 bei RRI ist aber eine junge Frau, die das weltweite Geschehen trotz ihres Alters mitgeprägt hat: die Kinderrechtsaktivistin Malala Yousafzai, die 2014 mit dem Friedensnobelpreis geehrt wurde. Sie ist die jüngste Preisträgerin in der Geschichte des Nobelpreises. Am 10. Oktober wurde ihr gemeinsam mit dem indischen Kinderrechtsaktivisten Kailash Satyarthi der prestigeträchtige Preis zuerkannt.



    Diese junge Frau ist ein Vorbild für alle Frauen, die in Ländern zu Hause sind, wo sie das Recht auf Bildung nicht nach ihren Vorstellungen genie‎ßen dürfen. Malala ist für sie ein Vorbild und eine Inspiration. Es ist kein Wunder, dass ihr der Friedensnobelpreis gewährt wurde“, begründete unser Hörer Adrian Micallef aus Malta die Wahl von Malala Yousafzai zur Persönlichkeit des Jahres 2014 bei RRI.

  • Plädoyer für die Würde – zur Situation der psychisch Kranken in Rumänien

    Plädoyer für die Würde – zur Situation der psychisch Kranken in Rumänien

    Einige internationale Organisationen äu‎ßerten ihre Besorgnis gegenüber der Art und Weise, in der diese Menschen in Rumänien in den psychiatrischen Anstalten behandelt werden, die unter der Verwaltung des Gesundheitsministeriums, der Nationalen Behörde für den Schutz behinderter Personen oder der Nationalen Behörde für den Schutz der Kinderrechte stehen. Die Gesetzgebung bietet nach wie vor keine Garantien für den Schutz dieser Personen. In Wirklichkeit werden ihre Rechte und Freiheiten nicht eingehalten.



    In diesem Kontext hat das Zentrum für Rechtliche Ressourcen das Programm Plädoyer für die Würde“ eingeleitet. Dieses nimmt sich vor, einen unabhängigen Monitorisierungs-Mechanismus der freiheitseinschränkenden Institutionen (auch der psycho-sozialen Zentren) zu schaffen. Zudem verfolgt das Programm die Verbesserung des gesetzlichen und institutionellen Rahmens im Bereich des Schutzes der Rechte der Personen mit psychischen Störungen. Auch die Integrations- und Akzeptanz-Kapazität der psychisch gestörten Personen in der Gesellschaft soll verbessert werden.



    Warum man über die Nichteinhaltung der Menschenrechte im Fall der Personen, die in unterschiedlichen Anstalten untergebracht sind, sprechen kann, erklärt uns Georgiana Marinescu, Geschäftsführerin des Zentrum für Rechtliche Ressourcen:



    Freiheitsentzug bedeutet nicht nur Arrest oder Strafvollzugsanstalt. Es bedeutet die Unterbringung in einer Anstalt, die man nicht nach eigenem Willen verlassen kann, die Unterbringung in einem Zentrum für behinderte Personen, in der Psychiatrie, in einem Zentrum für neuropsychische Rehabilitation. Mann kann diese nicht nach Belieben verlassen, man wird daran gehindert. Du wei‎ßt, wann Du reingehst, du wei‎ßt aber nie, wann Du wieder rauskommst, es ist also eine freiheitsentziehende Einweisung. Und wenn diese Unterbringung freiheitsentziehend ist, müssen diese Menschen dieselben Garantien bekommen wie die Personen in einer Strafvollzugsanstalt oder im Arrest und sogar mehr, weil man davon ausgeht, dass es sich um eine gefährdete Gruppe handelt, die geschützt werden muss.“



    Seitdem es eingeleitet wurde, hat das Programm Plädoyer für die Würde“ auf mehrere Fälle von Menschenrechts-Verletzungen in unterschiedlichen Anstalten aufmerksam gemacht. Manche dieser wurden sogar beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EUGH) vorgetragen. Das Zentrum für Rechtliche Ressourcen möchte nicht nur solche Fälle lösen, sondern kämpft auch für die Lösung einiger Probleme im System. Ein Fall, der vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte untersucht wurde, ist der eines jungen geistlich zurückgebliebenen Roma, der bei der Geburt verlassen wurde, mit HIV infiziert wurde und an Tuberkulose leidete. Dieser starb mit 19 Jahren, nachdem er aus einem Jugendheim in ein Zentrum für geistig gestörte Personen transferiert wurde. Er hie‎ß Valentin Câmpeanu. Details hat Constantin Cojocariu, Anwalt bei der Nichtregierungsorganisation Interights:



    Wir haben uns über die Verletzung vieler Rechte aus der Europäischen Menschenrechtskonvention beschwert: das Recht auf Leben, das Recht auf Freiheit, das Recht auf Privatleben, das Recht, nicht diskriminiert zu werden, das Recht auf wirksame Behandlung. Câmpeanu wurde allein der Willkür der Behörden überlassen und die Behörden haben alle seine Rechte verletzt, sie haben ihn nicht geschützt. Diese Menschen sind irgendwie unsichtbar und werden dank dieses Falls sichtbar. Es gibt Strukturprobleme und man muss Lösungen finden.“



    Georgiana Pascu, Managerin des Programms Plädoyer für die Würde“ hat damals, in 2004, diesen Fall persönlich unter die Lupe genommen. Sie erklärt uns, warum der Fall zum Symbol wurde, mit dessen Hilfe man den Teufelskreis brechen möchte:



    Der Fall betrifft einen Jugendlichen, der im Februar 2004 19 Jahre alt wurde. Dieser Fall bringt alle Elemente zusammen: psychische Krankheit, jung und ohne Schutz, ohne Eltern. Es zeigt uns das Problem im System und zwar, dass jeder Mensch aus dem Gesundheitswesen eine wichtige Rolle hat. Wir müssen die Rolle des Sozialarbeiters, der Anträge geschickt hat, nicht herunterspielen, die Rolle des Landkreisrates, die Rolle des Erziehers, der Valentin vielleicht hätte begleiten müssen. Er wurde aber anhand von Papieren tranferiert. Im Dokument wurde erwähnt: Die Ausrüstung und das Kind werden transferiert. Die Sache ist mehr als dramatisch.“



    Die Berichterstatter des Zentrums für Rechtliche Ressourcen haben viele Heime besucht und auf gravierende Missstände aufmerksam gemacht. Sie haben zudem nach dem Ursprung der Probleme gesucht. In den meisten Fällen zeigten die Ermittlungen, dass die Missstände aus einigen Gründen nicht ohne weiteres ausgeräumt werden können. Ein Grund wäre die Struktur der Zentren, die den Habilitations- und Rehabilitations-Bedürfnissen dieser Jugendlichen nicht entsprechen. Es handelt sich um Minderjährige, die unterschiedlich gefährdet sind und die unterschiedliche Aufmerksamkeit brauchen. Zudem mangelt es an Personal und an Qualität des Personals.



    Ein weiterer Grund ist das Fehlen einer finanziellen Motivation und einer ständigen Fortbildung aller Berufskategorien, die in solchen Zentren arbeiten. Ein letzter Grund ist das Fehlen von Instrumenten, mittels derer die Jugendlichen Missbräuche anzeigen können und die den Jugendlichen den Zugang zur Justiz ermöglichen würde. Das hat auch das Zentrum für Rechtliche Ressourcen dazu gebracht, für das Recht zu kämpfen, diese Jugendlichen vor dem Staat zu vertreten.



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