Tag: König Ferdinand I.

  • Ausstellung im Bukarester Triumphbogen thematisiert Ersten Weltkrieg

    Ausstellung im Bukarester Triumphbogen thematisiert Ersten Weltkrieg





    Nach der Krönung von König Ferdinand I. und Königin Maria zum Herrscherpaar von Gro‎ßrumänien in der Kathedrale von Alba Iulia wurde am 16. Oktober 1922 auch der Triumphbogen in Bukarest eingeweiht. Das königliche Ehepaar und Gefolgschaft, diplomatische Vertreter einiger europäischen Staaten, militärische Einheiten und allegorische Wagen zogen damals in einer feierlichen Zeremonie unter dem Triumphbogen hindurch.



    Als Baudenkmal hat der Triumphbogen seinen Ursprung in der Architektur der römischen Antike, wo er allgegenwärtig war. Auch im modernen Bukarest wurden Triumphbögen als Zeugnis für Siege und gro‎ße staatliche Erfolge errichtet. Provisorische Triumphbögen waren in der rumänischen Hauptstadt schon beginnend mit dem 19. Jh. errichtet worden und sie sollten glorreiche Momente markieren: die Revolution von 1848, die Vereinigung der rumänischen Donaufürstentümer 1859, die Unabhängigkeit Rumäniens 1878, die 40-jährige Herrschaft von König Karl I. 1906 und den Sieg im Ersten Weltkrieg 1918.



    Der Triumphbogen, unter dem Ferdinand I. und Maria als Herrscher des Königreichs Gro‎ßrumänien in ihre Hauptstadt einzogen, wurde 1922 ursprünglich aus Holz errichtet. Doch schon damals fiel zugleich die Entscheidung, später einen steinernen Triumphbogen zu errichten. Der heutige Bogen ist 27 Meter hoch, er wurde vom rumänischen Architekten Petre Antonescu entworfen und 1936 eingeweiht.



    Als öffentliches Denkmal unter der Obhut der Stadt Bukarest eignet sich der Triumphbogen heute für Ausstellungen in den Hohlräumen der beiden Säulen. So hat man die Ereignisse vor 100 Jahren mit einer Ausstellung gewürdigt, die den rumänischen Soldaten gewidmet war, die im Ersten Weltkriegs kämpften. Die Ausstellung konzentrierte sich auf den Briefverkehr zwischen den an der Front kämpfenden Soldaten und ihren zu Hause verbliebenen Familienangehörigen und Freunden. Dramatik und Empfindsamkeit sind die prägenden menschlichen Gefühle, die dem heutigen Besucher aus den ausgestellten Zeitdokumenten entgegenkommen. Dabei wird deutlich, dass der Krieg an sich ein Irrsinn ist, auch wenn die Briefschreiber die politischen Hintergründe manchmal zu verstehen scheinen.



    Titus Bazac ist Aufsichtsbeamter beim Bukarester Amt für Raumgestaltung und öffentliche Denkmäler und kennt die Eckpfeiler der Ausstellung im Triumphbogen:



    Im Inneren der beiden Säulen sowie im Attikageschoss gibt es Hohlräume, die zu Ausstellungszwecken genutzt werden. In der Säule, die Besucher zum Aufstieg benutzen, ist das Innere eines Bauernhauses dargestellt, wo man einen weinende Mutter sehen kann, die Socken für ihren an der Front kämpfenden Sohn strickt. Die Frage steht im Raum, warum er an die Front gehen musste und ob es sinnvoll sei, den natürlichen Kreislauf des Lebens durch einen Krieg zu unterbrechen. Danach ist das Innere eines weiteren Hauses dargestellt, es kann ein städtisches oder ein ländliches Haus sein, wir sehen einen Tisch, auf dem eine Lampe steht. Auch dort fragt sich eine tränenreiche Mutter, warum sie all das durchmachen musste, man kann ihren inneren Kampf mit der Entscheidung nachfühlen, ihren Sohn gehen zu lassen.“




    An den Wänden im Inneren der Säule hängen entlang der Aufstiegstreppe Tafeln mit Collagen aus Fotografien und Faksimiles von Briefen aus den Archiven. Während sie die Treppe nach oben steigen, können die Besucher Bilder betrachten und Zeilen lesen, die einen erahnen lassen, wie die Menschen damals den Krieg erlebt haben. Mutter ist krank vor Sorge um dein Schicksal“, schreibt zum Beispiel eine junge Frau ihrem an der Front kämpfenden Bruder. Mein Liebster, ich und unser Kind warten, dass du unversehrt nach Hause kommst“, ist in einem anderen Brief zu lesen, den ein Offizier von seiner Ehefrau erhalten hatte. Mein Junge, bleib menschlich, sei dir deiner Pflicht bewusst und komm nachher heil nach Hause“, schreibt ein Vater seinem Sohn. Im Dachgeschoss geht der Besucher unter einer riesigen Papierrolle hindurch, die auf dem Deckengewölbe aufgerollt ist und sich von einer Säule des Bogens zur anderen erstreckt.



    Titus Bazac vom Bukarester Amt für Raumgestaltung und öffentliche Denkmäler erzählt im folgenden, was die Besucher der Ausstellung beim Hinuntersteigen über die Treppe im Inneren der anderen Säule des Triumphbogens sehen können:



    Entlang der Abstiegstreppe sehen wir die Rekonstruktion eines Schützengrabens mit seiner beklemmenden Enge. Dort sieht man einen Soldaten, der offenbar seinen Verstand verloren hatte, denn er schnitzt in einem fort und offensichtlich sinnlos an einem Holzpfahl. Ein weiterer Soldat will einen Brief an die Familie schreiben und hält inne, weil er nicht wei‎ß, mit welchen Worten er beginnen soll. Die letzte, etwas makabre Darstellung ist ein Grabmal. Auf einem Bildschirm ist zugleich ein Exekutionskommando zu sehen, das die Grausamkeiten symbolisiert, denen alle Soldaten im Ersten Weltkrieg ausgesetzt waren. Man kann sich dabei an Szenen aus einem berühmten Roman des siebenbürgischen Schriftstellers Liviu Rebreanu erinnern, die er im Ersten Weltkrieg als Zeitzeuge sicherlich auch selbst erlebt hatte: Rumänen aus Siebenbürgen und anderen Kronländern der Doppelmonarchie, die in der K.u.k.-Armee an der Front gegen ihre Brüder aus dem Alten Königreich Rumänien kämpfen mussten. Viele desertierten damals, wurden nicht selten gefasst und standrechtlich erschossen. Es ist der vielleicht schauerlichste Abschnitt der Ausstellung.“

  • 1. Dezember 1918: Zur Bedeutung des rumänischen Nationalfeiertages

    1. Dezember 1918: Zur Bedeutung des rumänischen Nationalfeiertages

    Der 1. Weltkrieg, der von der Entente gewonnen wurde, führte zu einer tiefgreifenden Veränderung der geopolitischen Karte Europas. Neue Staaten entstanden auf den Trümmern ehemaliger Reiche, andere haben ihre Landesfläche vergrö‎ßert. Rumänien war auf der Gewinnerseite. Am 1. Dezember 1918 entstand durch die Vereinigung des bis dahin aus der Walachei und der Moldau bestehenden Königreichs Rumänien mit den Provinzen Bessarabien, Bukowina, Banat, Kreischland und Siebenbürgen der Staat Gro‎ßrumänien. Die neue geopolitische Karte Europas bedeutete auch eine Umgestaltung der politischen Strukturen nach nationalen Kriterien und war ein letzter Ausdruck der Moderne in ihrer Auseinandersetzung mit den Weltreichen. Der Grundsatz der nationalen Selbstbestimmung war entscheidend beim Entstehen der neuen Staaten, und bis heute funktioniert dieser Grundsatz im Rahmen der internationalen Beziehungen.



    Als Siegermacht im Ersten Weltkrieg bestimmte die Entente die Friedensbedingungen für die besiegten Mittelmächte. Abgesehen von den wichtigen Gebietsabtretungen mussten Deutschland, Österreich-Ungarn und ihre Alliierten nach dem Ersten Weltkrieg auch Reparationen zahlen. 1916 hatte Rumänien einen Vertrag mit der Entente unterzeichnet, um in den Krieg einzutreten, und war dadurch berechtigt, beim Friedensschluss maximale Reparationen zu verlangen. Mehr über die Situation der europäischen Länder nach dem Ersten Weltkrieg erfahren wir von Ion Scurtu, Professor für rumänische Gegenwartsgeschichte an der Universität Bukarest:



    Der Waffenstillstand bedeutete das Einstellen aller militärischen Operationen; auf dieser Basis wurde die Friedenskonferenz vom Januar 1919 einberufen. Der Friedensvertrag von Versailles wurde bei der Pariser Friedenskonferenz 1919 im Schloss von Versailles von den Mächten der Triple Entente und ihren Verbündeten bis Mai 1919 ausgehandelt. Mit der Unterzeichnung des Friedensvertrags endete der Erste Weltkrieg völkerrechtlich. Der Vertrag konstatierte die alleinige Verantwortung Deutschlands und seiner Verbündeten für den Ausbruch des Weltkriegs und verpflichtete es zu Gebietsabtretungen, Abrüstung und Reparationszahlungen an die Siegermächte. Nach ultimativer Aufforderung unterzeichnete Deutschland am 28. Juni 1919 den Vertrag im Spiegelsaal von Versailles. Nach der Ratifizierung und dem Austausch der Urkunden trat der Vertrag am 10. Januar 1920 in Kraft. Laut dem Friedensvertrag von Versailles war Deutschland verpflichtet, die neuen Grenzen Rumäniens anzuerkennen, Kriegsreparationen und Kompensationen für die Besatzungszeit zu zahlen. Ferner musste Deutschland Kompensationen für das Drucken von Lei durch die Generalbank der Walachei, die keine Golddeckung hatten, und von der Besatzungsmacht als Währung vorgeschrieben wurden. Im Friedensvertrag von Versailles waren Bestimmungen über alle am Krieg beteiligten Staaten enthalten. Als weitere Pariser Vorortverträge mit den Verlierern folgten am 10. September 1919 der Vertrag von St. Germain mit Deutschösterreich, am 27. November 1919 der Vertrag von Neuilly-sur-Seine mit Bulgarien, am 4. Juni 1920 der Vertrag von Trianon mit Ungarn sowie am 10. August 1920 der Vertrag von Sèvres mit dem Osmanischen Reich. Die Rumänen in Österreich-Ungarn sprachen sich für die Vereinigung mit dem Königreich Rumänien aus. Am 28. November 1918 wurde im Synodensaal der Erzbischöflichen Residenz in Czernowitz durch einen Rumänischen Kongress mit Unterstützung der deutschen und polnischen Vertreter die Vereinigung der Bukowina mit dem Königreich Rumänien proklamiert. Die Rumänen Siebenbürgens sprachen sich am 1. Dezember 1918 im sogen. »Karlsburger Beschluss« (rum. Rezoluţia de la Alba Iulia) für die Vereinigung mit Rumänien aus. Bei der Nationalen Versammlung in Alba Iulia/Karlsburg haben Tausende Rumänen aus Siebenbürgen und dem Banat die Vereinigung mit dem Königreich Rumänien abgesegnet. Die von der Nationalversammlung festgelegten Beschlüsse wurden von Vasile Goldiş verlesen. Am 3. Dezember hat eine Delegation bestehend aus Alexandru Vaida Voevod, Vasile Goldiş, dem griechisch-katholischen Bischof Iuliu Hossu und dem orthodxen Bischof Miron Cristea dem König Ferdinand I. die Karlsburger Beschlüsse eingereicht. Durch ein königliches Dekret wurde am 25. Dezember 1918 der Staat Gro‎ßrumänien proklamiert.“




    Als Gro‎ßrumänien (rumänisch România Mare“) wurde umgangssprachlich das Königreich Rumänien in der Zeitspanne 1919–1940 bezeichnet, als es seine grö‎ßte territoriale Ausdehnung erreichte. Das Königreich Rumänien (umgangssprachlich: Altreich) erhielt nach dem Ersten Weltkrieg und dem Ungarisch-Rumänischen Krieg mehrere Territorien von Ungarn (Siebenbürgen und Teile der historischen Provinzen Banat, Kreischland und Maramuresch), von Österreich (die Bukowina), Russland (Bessarabien) und Bulgarien (Rückgabe der Süddobrudscha). In diesen Gebieten wurde der Anschluss an Rumänien durch Volksversammlungen gefordert. Der neue Staat musste aber international anerkannt werden, was nicht besonders einfach war. Professor Ioan Scurtu dazu:



    Der damalige Ministerpräsident und Leiter der rumänischen Delegation bei der Friedenskonferenz, Ionel Brätianu, war davon überzeugt, dass Rumänien die gleiche Behandlung wie die anderen Gewinnerstaaten genie‎ßen würde. ‚Bei den Kämpfen und bei der Aufopferung waren wir gleich; bei der Friedenskonferenz müssen wir auch gleichberechtigt behandelt werden‘, sagte Ionel Brătianu. Bei der Friedenskonferenz bildete sich aber eine Staatengruppe, der sog. Rat der Fünf, der eigentlich als Rat der Vier funktionierte. Der Rat der Vier, auch die Gro‎ßen Vier genannt, traf die wichtigsten Entscheidungen nach dem Ersten Weltkrieg im Rahmen der Pariser Friedenskonferenz von 1919. Er bestand aus den vier Regierungschefs der mächtigsten Siegernationen, Georges Clemenceau (Frankreich), David Lloyd George (Gro‎ßbritannien), Vittorio Emanuele Orlando (Italien) und Woodrow Wilson (USA), die unter den 32 insgesamt anwesenden Nationen ausschlaggebend waren. Ionel Brătianu bestand auf die Beibehaltung der Gleichheit unter den Gewinnerstaaten, aber der US-Präsident Wilson präzisierte bei der Konferenz, dass jedes Land nur so viel Gewicht habe, wie viel seine jeweilige militärische Macht wert sei. Verglichen zu den anderen Siegerstaaten war Rumänien keine gro‎ße militärische Macht. Das war das wichtigste Problem. Ferner gab es auch gewisse Schwierigkeiten in Bezug auf das Unterzeichnen des separaten Friedens und auf die Tatsache, dass der Vertrag von 1916 sich nicht auch auf Bessarabien (Teile Bessarabiens bilden die heutige Republik Moldau) sondern nur auf die rumänischen Territorien in Österreich-Ungarn bezog. Dann gab es Probleme mit den Reparationen, mit dem freien Verkehr von Waren, Personen sowie von Gütern der Entente auf rumänischem Territorium, und auch mit dem Schutz der Volksminderheiten. Zum letzten Punkt könnte ich Ionel Brătianu zitieren; er erklärte bei der Friedenskonferenz, Rumänien sei in jedem Moment bereit, dieselben Minderheitenrechte anzuerkennen, die die Mitgliedsstaaten vom Rat der Vier auch garantieren. Mit anderen Worten sollten Rumänien, die Tschechoslowakei, Jugoslawien und Griechenland nicht diskriminiert werden. Leider wurden Brătianus Vorschläge nicht angenommen.“




    Letzten Endes erreichte der rumänische Ministerpräsident Ionel Brătianu die Anerkennung des neuen rumänischen Staates mit der Unterstützung Frankreichs. Die Friedensverträge wurden aber vom Ministerpräsidenten Alexandru Vaida Voevod unterzeichnet, dem ersten siebenbürgischen Ministerpräsidenten Gro‎ßrumäniens. Gro‎ßrumänien war ein grandioses Projekt, das von allen Rumänen verwirklicht wurde, aber die wichtigsten Figuren, die eine besondere Rolle dabei spielten, waren der König Ferdinand I., seine Ehegattin, Königin Maria, und der liberale Politiker Ion I. C. Brătianu, besser bekannt als Ionel Brătianu. Der königliche Text der Proklamation vom 25. Dezember bestätigte mit kargen, ernsten Worten den nationalen Willen aller Rumänen: In Anbetracht der einstimmigen Entscheidung der Nationalen Versammlung in Alba Iulia dekretieren wir: Die in dem Beschluss der Nationalen Versammlung in Alba Iulia vom November und Dezember 1918 enthaltenen Territorien sind und bleiben für immer vereinigt mit dem Königreich Rumänien.“