Tag: Konfessionsschulen

  • Hörerpostsendung 5.4.2015

    Hörerpostsendung 5.4.2015

    Liebe Freunde, herzlich willkommen zur Hörerpostsendung von RRI, heute am Ostersonntag in der Katholischen und der Evangelischen Kirche. Daher: Fröhliche Ostertage im Namen unserer Redaktion an alle, die heute feiern! In Rumänien leben laut der Volkszählung von 2011 knapp 870.000 Menschen römisch-katholischen Glaubens unterschiedlicher Muttersprache, etwa 600.000 meistens ungarischstämmige Anhänger der Reformierten Kirche, knapp 60.000 ungarischsprachige Unitarier und etwa 20.000 lutherisch-evangelische Gläubige — die zuletzt genannten sind meistens Siebenbürger Sachsen. Für all diese Menschen in Rumänien ist heute der Ostersonntag, für die 16,3 Millionen Menschen zählende orthodoxe Mehrheit und für und die etwa 160.000 Gläubigen der Griechisch-Katholischen Kirche ist heute allerdings der Palmsonntag und Ostern wird folglich erst am nächsten Sonntag gefeiert. Vergangenes Jahr haben Ost- und Westkirchen am selben Sonntag Ostern gefeiert, nämlich am 20. April. Das ist eher die Ausnahme, denn meistens fällt das orthodoxe Osterfest später. Die Differenz beträgt null bis fünf Wochen, bei der Berechnung des Osterfestes halten alle orthodoxen Kirchen (mit Ausnahme der finnisch-orthodoxen Kirche) am julianischen Kalender fest. Nächstes Jahr fällt das orthodoxe Osterfest sogar fünf Wochen später als in den Westkirchen; gemeinsam gefeiert wird wieder 2017 und dann erst in den Jahren 2025 und 2028 wieder. Es gibt aber auch ökumenische Überlegungen, das Osterfest im gesamten Christentum wieder gemeinsam zu begehen bzw. einen Kompromiss zwischen dem gregorianischen und dem julianischen Kalender zu finden. Es ist aber schwer zu sagen, ob es jemals zu einer Einigung kommt, seit der Trennung der abendländischen und der morgenländischen Kirche im Jahr 1054 haben sich dogmatische Unterschiede etabliert, die wohl nicht so leicht zu überbrücken sind.






    An dieser Stelle möchte ich mich für die Ostergrü‎ße von unseren Hörern herzlich bedanken. Ich habe auch eine Gru‎ß-Mail mit Ostereier im Anhang an alle Hörer geschickt, doch kamen etwa 70 E-Mails wieder zurück. Es scheint, dass bekannte E-Mail-Server wie gmx.de, gmx.at, aol.com und andere unsere Adresse als Spam-Quelle gelistet haben und daher Botschaften von uns einfach abblocken. Dieses Problem haben wir seit vergangenen Herbst, ich habe es erneut unseren IT-Leuten gemeldet und hoffe, dass sie irgendwann ihre Hintern bewegen und etwas dagegen tun. src=http://devrri.freshlemon.ro/wp-content/uploads/2023/10/foto.jpg
    Elektronische Gru‎ßkarte von Hörer Andreas Fessler




    Wir bleiben beim Thema Religion, denn unser Hörer Andreas Pawelczyk (aus Mannheim) hat eine Frage zum Religionsunterricht in Rumänien:



    Ostern ist ja ein religiöses Fest. Nun konnte ich im Sozialreport einen sehr interessanten Bericht hören. Um Folgendes geht es da:



    Nach der Wende 1990 wurde in Rumänien Religion als Pflichtfach eingeführt und zwar von der 1. Klasse bis zur 12. Oberstufenklasse. Nach einigen kritischen Einwänden in der Gesellschaft und einigem Hin und Her wurde vom Verfassungsgericht dazu ein Urteil gefällt: Jetzt müssen Schüler, die den Religionsunterricht besuchen möchten, dies beantragen. Die Schüler, die fernbleiben wollen, können dies ohne Formalitäten machen.


    Es wurde nun festgestellt, dass sich über 90% der Schüler in Rumänien für den Religionsunterricht angemeldet haben. Ein Grund wohl für die rege Teilnahme soll auch sein, dass man dafür keine Alternative anbieten kann und die Kinder in der Zeit ohne Aufsicht sind und in den Klassenräumen sitzen bleiben müssen.



    Wenn ich dazu meine Schulzeit vergleiche, war das in Baden-Württemberg in den 60er und 70er Jahren so geregelt, dass man den Religionsunterricht besuchen musste und nur mit Unterschrift der Eltern austreten konnte. Wer in der Oberstufe als Volljähriger austrat, machte dies mit der eigenen Unterschrift. Dies war eine gro‎ße Minderheit. Ersatzunterricht wurde auch nicht angeboten. Aber die Intelligenten nutzten die Zeit, um die Hausaufgaben zu machen. Soweit meine deutschen Erfahrungen.


    Meine Frage: Wie war dies vor 1990 geregelt und gibt es zu dieser Problematik mittlerweile Meinungsumfragen?“




    Vielen Dank für Ihre Zeilen, lieber Herr Pawelczyk. Von 1948 bis 1990 gab es keinen Religionsunterricht in rumänischen Schulen, das kommunistische Regime verschrieb den staatlichen Schulen eine atheistische Ausrichtung. Zwar war der offizielle Atheismus nicht so extrem wie beispielsweise in Albanien, wo Gotteshäuser schlicht geschlossen oder zu Profanbauten umfunktioniert wurden, doch in der Öffentlichkeit waren Kirche und Religion höchstens geduldet. Wer Karriere machen wollte, lie‎ß sich eher nicht in der Kirche erblicken, denn das war nicht unbedingt förderlich für den beruflichen Werdegang. In den letzten Jahren des Ceauşescu-Regimes wurde die Kirche immer mehr bedrängt, zahlreiche Bukarester Gotteshäuser wurden abgerissen, um den grö‎ßenwahnsinnigen Bauplänen des Diktators Raum zu bieten. In der Öffentlichkeit wurde auch gar nicht mehr über Ostern oder Weihnachten gesprochen, man nannte sie schlicht Frühlings- bzw. Winterfesttage, den traditionellen Gru‎ß Christus ist auferstanden“ oder Frohe Weihnachten“ musste man sich verkneifen; generell feierte man — wenn überhaupt — nur noch im engsten Familienkreis.



    Religion wurde nur noch in den wenigen Gymnasien mit theologischer Fachausrichtung gelehrt, den sogenannte Seminarien. Darunter verstand man mittlere Schulen für die Ausbildung von Pfarrern — auch im Deutschen hat das Wort Seminar u.a. auch diese Bedeutung. Für einen einfachen Dorfpfarrer reichte diese Ausbildung, wer etwas auf sich gab, lie‎ß dem Seminar allerdings ein Theologiestudium folgen. Diese theologischen Gymnasien waren in staatlicher Hand und sind nicht mit den Konfessionsschulen zu verwechseln, die die kommunistischen Machthaber gleich nach dem Krieg schlagartig verstaatlichten. Am 3. August 1948 wurde per Staatserlass eine Reform“ des rumänischen Schulsystems beschlossen. Dadurch wurden mit einem Schlag 1.856 Immobilien der konfessionellen Einrichtungen samt materiellem Inventar beschlagnahmt, ist in einer Abhandlung des rumänischen Historikers Dinu C. Giurescu zu lesen. Betroffen davon waren alle anerkannten christlichen Glaubensbekenntnisse sowie die jüdische und die muslimische Gemeinschaft. Erst nach 1990 wurden Konfessionsschulen wieder zugelassen.



    Die jüngste Umfrage zum Thema Religionsunterricht (zumindest die jüngste, die ich finden konnte) stammt aus dem Jahr 2011. Damals war der Religionsunterricht noch verpflichtend. 86% der Befragten haben den Religionsunterricht in staatlichen Schulen prinzipiell befürwortet, 8% waren dagegen, 5% hatten keine Meinung dazu. Allerdings zielte diese Frage allein auf das Angebot des Fachs Religion im Schulprogramm ab. Wenn es um die Pflicht des Religionsunterrichts in öffentlichen Schulen geht, gibt es weit weniger Befürworter. Nur noch 50% sind mit Religion als Pflichtfach einverstanden, während 40% der Befragten es begrü‎ßen würden, wenn Religion nur ein Wahlfach unter anderen wäre. Generell hat die Zahl der Befürworter des pflichtigen Religionsunterrichts rapide abgenommen — 2006 waren es 71%, hingegen 2011 nur noch 50%.




    Vergangene Woche erhielten wir auch einen längeren Brief von Michael Lindner (aus Gera, Thüringen), dessen Verlesung ich auf den heutigen Sonntag verschieben musste. Der Brief war am 18. Februar abgeschickt worden und hat wohl wochenlang im Ablagesystem unserer Postbearbeitung gesteckt. (Ich hätte beinahe Absacksystem“ gesagt.) Aus Zeitgründen werde ich den Brief etwas kürzen. Herr Lindner schrieb:



    Liebe Freunde in der deutschen Redaktion!



    Schon wieder flattert ein Brief aus Gera in die deutsche Redaktion von Radio Rumänien International. Gleichzeitig möchte ich mich für den hochinteressanten Funkbriefkasten vom 15. Februar bedanken, der den Hörerzuschriften zu Ehren des Weltradiotags am 13. Februar 2015 gewidmet war. Natürlich habe ich mich besonders gefreut, dass Sie auch meinen kleinen Beitrag vorgelesen haben, so dass meine Mühe doch nicht umsonst war. Aber auch die Beiträge der anderen Hörerfreunde fanden mein Interesse. So kann ich doch von einigen namentlich bekannten Hobbyfreunden interessante Details über ihr Hobby Radiohören“ erfahren. Was geschieht nun eigentlich mit den eingeschickten Beiträgen der vielen Hörer? Der Weltradiotag wurde doch von der UNESCO ins Leben gerufen, um an die Bedeutung des Radios zu erinnern. Werden die Beiträge eventuell von RRI an die UNESCO weitergeleitet, um dort archiviert zu werden? Wie kam es eigentlich dazu, dass sich gerade RRI jedes Jahr an den 13. Februar erinnert und daraus gleich eine Höreraktion startet? Wäre toll, wenn Sie mal darüber näher berichten würden.



    Nun aber ein anderes Thema. Am 13. Februar unternahm ich eine kleine Reise in die Elbmetropole Dresden, um den Gedenkfeierlichkeiten zum 70. Jahrestag der sinnlosen Bombardierung der Stadt 1945 durch englische und amerikanische Bomber beizuwohnen. Die Stadt Dresden liegt mir sehr am Herzen, da ich einen Gro‎ßteil meiner Kindheit und Jugend in dieser Stadt verbrachte. Die Liebe für diese Stadt entwickelte sich immer stärker, je öfter und intensiver ich mich mit deren Geschichte befasste. Es gab kein Museum, kein Schloss noch eine andere Sehenswürdigkeit, die mir nicht bekannt war. Trotz oder gerade wegen dieser starken Bindung an Dresden war es ein unheimliches Gefühl für mich, gerade am 13. Februar durch diese Stadt zu spazieren. Gedanklich hatte ich immer die zerstörte Stadt vor mir, es machte mich sehr nachdenklich und irgendwie hilflos.







    Dresden empfinde ich als ein lebendes Symbol, dass es nie wieder Krieg geben darf und dass man sich aktiv für den Frieden einsetzen muss. Ich lege Ihnen eine Ansichtskarte bei, die eindrucksvoll die weltbekannte Frauenkirche zeigt, nach der Bombardierung und letztendlich nach dem Wiederaufbau 1992-2005.“


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    Ansichtskarte von Michael Lindner




    Lieber Herr Lindner, vielen Dank für den ausführlichen Brief. Den Welttag des Radios am 13. Februar wie auch den hauseigenen Hörertag am ersten Novembersonntag nehmen wir zum Anlass, unsere Hörer verstärkt zu Wort kommen zu lassen. Ob die UNESCO die Beiträge archiviert, wei‎ß ich einfach nicht; 2013 gab es noch die Möglichkeit für Hörer und Sender, sich auf einer eigens für den World Radio Day geschaffenen Webseite anzumelden und Audiobeiträge hochzuladen. In den folgenden Jahren habe ich diese Möglichkeit nicht mehr gesehen. Auf jeden Fall archiviere ich aber diese Sendungen und stelle Manuskripte und Audiodateien auf unserer Webseite bereit. Beispielsweise habe ich sämtliche Hörertag-Sendungen von 1996 bis 2005 sichergestellt, die Tonbänder digitalisiert und sie im Abschnitt Audioarchiv zum Nachhören bereitgestellt. Ab 2006 sind die Audiodateien leider nur sporadisch gespeichert worden (ich konnte nur noch die Sendungen von 2008 und 2010 finden), seit 2013 kümmere ich mich wieder darum.



    Zum sinnlosen Bombenangriff auf Dresden: Davon können auch die Rumänen ein Lied singen. Am 4. April 1944 um 13.45 Uhr heulten die Sirenen in Bukarest, über 200 US-amerikanische Bomber verdunkelten den Himmel. Die Hauptstadt Rumäniens, damals noch ein Verbündeter Nazi-Deutschlands, wurde angegriffen, viele Menschen schafften es nicht mehr in die Luftschutzkeller. Hauptziel der Angriffe war der Nordbahnhof, die Alliierten wollten militärische Transporte an die Ostfront verhindern. Doch starben dabei auch tausende Zivilisten und hunderte Nutzbauten und Wohnhäuser wurden in Schutt und Asche verwandelt. Und es blieb nicht dabei: Bis zum Bruch Rumäniens mit Nazi-Deutschland und dem darauf folgenden Frontenwechsel am 23. August 1944 flogen die Amerikaner und Briten weitere 16 Luftangriffe. Etwa 3.000 Bomben wurden während dieser Zeit auf Bukarest abgeworfen, tagsüber waren es die Amerikaner, nachtsüber die britische Luftwaffe. Die rumänische Zeitung Adevărul“ hat im Jahr 2011 einen bebilderten Artikel zum Thema veröffentlicht und auch einen Militärhistoriker interviewt und Zeitzeugenberichte zitiert. Laut militärischen Quellen sind in den insgesamt 17 Bombardements vom April bis August 1944 über 5.500 Menschen ums Leben gekommen und über 3.300 wurden verletzt. 3.456 Wohnhäuser wurden dabei völlig zerstört, etwa ebensoviele ernsthaft beschädigt, dadurch wurden knapp 48.000 Bukarester obdachlos. Diese Zahlen sind in der Grö‎ßenordnung sicherlich nicht mit jenen in Dresden zu vergleichen, doch die Bombenangriffe waren genauso sinnlos und inhuman.



    Zeit für die Posteingangsliste. Neue Postbriefe lasse ich mir kommende Woche in die Hand drücken.







    E-Mails erhielten wir bis Sonntagmittag von Paul Gager, Christian Mayer und Georg Pleschberger (alle drei aus Österreich), Arman Sabciyan (Türkei), Andy Martynyuk (aus Moskau, Russland) sowie von Anna Seiser, Günter Jacob, Siegbert Gerhard, Andreas Pawelczyk, Klaus Pfahl, Alexander von Obert, Ralf Urbanczyk, Klaus Nindel, Helmut Matt, Horst Cersovsky, Volker Willschrey, Dieter Feltes, Andreas Fessler, Martina Pohl, Dieter Sommer, Heinz-Günter Hessenbruch, Jörg Hoffmann und Sieghard Brodka (alle aus Deutschland). src=http://devrri.freshlemon.ro/wp-content/uploads/2023/10/foto.jpg
    Osterstrau‎ß-Gru‎ß von Dieter Feltes




    Das Internetformular nutzten Paul Gager (Österreich) sowie Walter Grube und Daniel Kähler (Deutschland).



    Ostergrü‎ße per Fax erhielten wir von Günter Spiegelberg und Heinz-Günter Hessenbruch (beide aus Deutschland).




    Audiobeitrag hören:




  • Konfessionsschulen in Rumänien

    Konfessionsschulen in Rumänien

    In Rumänien gibt es Schulen des öffentlichen Bildungssystems und gleichzeitig Schulen, die von der Kirche verwaltet werden. Es handelt sich um Konfessionsschulen, wo nach demselben Lehrplan wie in den staatlichen Schulen unterrichtet wird, die sich aber von diesen in einer Hinsicht unterscheiden. Um mehr über die Differenzen zu erfahren und darüber, was sie verlockend für die Schüler macht, haben wir bei diesen und ihren Lehrern und Eltern nachgefragt.



    Răzvan geht auf das Römisch-Katholische Gymnasium Sankt Joseph“ in Bukarest und ist in der 9. Klasse, Fachrichtung Mathematik-Informatik. Er ist schon seit der 1. Klasse Schüler dieses Gymnasiums. Damals wählten natürlich die Eltern für ihn, aber später, als er die Aufnahmeprüfung fürs Gymnasium abglegen sollte, entschied er sich, beim selben Gymnasium weiterzumachen.



    Mir gefällt es, was wir in der Schule lernen. Ich brauche keine Nachhilfestunden, denn die Lehrer unterrichten alles sehr gut in der Klasse. Hier gibt es keine Drogen und keinen Alkohol, im Vergleich zu anderen Gymnasien, wo sich die Schüler auch schlagen. Da es sich um ein kleines Gymnasium handelt, haben die Lehrer genug Zeit, um sich um uns alle zu kümmern.“



    Da Răzvan der Fachrichtung Mathematik-Informatik nachgeht, hat er nur eine Stunde Religion wöchentlich. Dafür hat Francesca, Schülerin in der 12. Klasse bei der Fachrichtung Theologie, mehrere Religionskurse. Sie ist orthodox und sie mag es, dass man auf einem katholischen Gymnasium, das Gleichgewicht zwischen Kenntnissen und seelischer Ruhe fördert.



    Für mich und meine Eltern ist Ordnung im Leben wichtig. Im Vergleich zu den Schülern von Mathe-Info habe ich hier vier-fünf religionsbezogene Unterrichtsstunden wöchentlich: Religionsgeschichte, Religion, Religionskunde, die den Geschichts- und Rumänischstunden entsprechen, weil sie sehr viel gemeinsam haben.“



    Schwester Rodica Miron, Leiterin des Römisch-Katholischen Gymnasiums Sankt Joseph“ in Bukarest ist der Auffassung, dass das Haupziel dieser Konfessionsschule au‎ßer der intelektuellen Bildung der Kinder auch eine dem Evangelium entsprechende ethische und geistige sei. Wie man das unter den Bedinungen des üblichen Lehrplans erzielen kann, erfahren wir von Schwester Rodica Miron.



    Was unser Gymnasium kennzeichnet, ist das Herangehen aller Fächer. Das ganze Schulklima unterstützt die Schüler, eine geistige, kulturelle Sichtweise zu entwickeln, sich als Menschen zu entwickeln. Es gibt auch einen geistlichen Leiter, es gibt viele bewährte Personen — Nonnen und Priester –, die hier tätig sind und den Kindern zur Verfügung stehen, wenn sie Fragen jegliche Art haben.



    Aber gerade dieses geistliche Klima hält einige Eltern und Kinder fern von dieser Schule. Schwester Rodica Miron:



    Einige kommen vollkommen zufällig zu uns — und bleiben. Wir betreiben hier keine Proselytenmacherei. Wir wissen gar nicht mal, wer in der Schule katholisch, orhodox oder evengelisch ist. Es stimmt allerdings, dass wir nur christliche Kinder haben, denn unser Bildungskonzept ist christlich. Wir arbeiten mit allen Kindern in der Schule einheitlich. In der ganzen Geschichte unseres Gymnasiums — das letztes Jahr das 20. Jubiläum gefeiert hat — ist nur ein einziger Schüler Priester geworden. Es gibt auch einige Nonnen unter den ehemaligen Schülerinnen, aber die meisten haben eine laizistische Karriere befolgt.“



    Kinder, die allen christlichen Konfessionen angehören, werden auch beim Griechisch-Katholischen Gymnasium Iuliu Maniu“ in Oradea (Gro‎ßwardein) aufgenommen. Dort gibt es 60% Orthodoxe, rund 30% Römisch-Katholiken und Griechisch-Katholiken und die restlichen gehören anderen christlichen Glaubensrichtungen an. Laut dem Leiter Aurelian Cristea ist das Ziel des Gymnasiums die Bildung der Persönlichkeit der Kinder im Sinne der allgemeinen christlichen Werte, aber nicht unbedingt im Sinne eines bestimmten Glaubens.



    In den Allgemeinbildungsklassen hat man eine Stunde Religionsunterricht jede Woche. In der Fachrichtung Theologie gibt es drei oder vier Stunden zusätzlich. Einmal die Woche, Freitags von acht bis neun Uhr, haben wir eine Liturgie für Jugendliche, an der sich alle Schüler unserer Schule beteiligen. Darüber hinaus gibt es viele au‎ßerschulische Tätigkeiten, die nicht zum Lehrplan gehören und daher nicht pflichtig sind. Diese werden von Volontären — Priester und Religionslehrer — vorgeschlagen. Durch ihre Komplexität ziehen sie die Kinder an. Sie bilden ihre Persönlichkeit im Geiste der moralischen, altruistischen Grundsätze der Liebe und des Mitgefühls für die, die es nötig haben. Sie lernen, wie sie im Falle von Problemen, die in ihrem Leben auftreten, durch Gebet und durch Vertrauen zu den Nahestehenden reagieren sollen.“



    Pater Vasile Gavrilă hat die Schule Heilige Drei Hierarchen“ in Bukarest gegründet, um den orthodoxen Kindern und Eltern eine Alternative zum üblichen Unterricht, die näher an ihrem Glauben stehen soll, zu bieten. Er versucht, dies zu tun, indem er den Lehrplan des Bildungsministeriums befolgt und gleichzeitig ein bestimmtes Verhalten der Lehrer fördert. Im Vergleich zu anderen Konfessionsschulen ist die Schule Heilige Drei Hierarchen“ eine Privatschule, deren Tätigkeit vom Ministerium genehmigt wurde und den Segen des Patriarchen der Rumänisch-Orthodoxen Kirche, Daniel, ehalten hat. Das gewährt ihr eine gewisse Unabhängigkeit, die in vielen Hinsichten sichtbar ist. Pater Vasile Gavrilă:



    Alles, was man in der Schule lernt, lernt man aus der Perspektive der offenbarten Wahrheit Gottes. Es herrscht kein Gegensatz zur Wissenschaft und zur Kultur. Wir versuchen, Kultur mit der offenbarten Wahrheit zu verflechten. Da es sich um eine Privatschule handelt, sind wir berechtigt, diejenigen einzuschreiben, die wir einschreiben möchten. Es findet eine Art Auswahlverfahren statt, indem wir, die Schule, eine Vereinbarung mit den Eltern treffen, die uns ihr Vorhaben mitteilen. Vorrangig ist für uns au‎ßer Allgemeinbildung die Erziehung der Kinder und die Persönlichkeitsbildung im christlich-orthodoxen Glauben.“



    Orthodoxer Priester ist auch John Downey. Der US-Amerikaner, der zur Orthodoxie übergetreten ist und vor fünf Jahren zum Priester vereidigt wurde, unterrichtet auch Englisch. Wir erfahren, wie er den orthodoxen Geist während seiner Unterrichtsstunden übermittelt:



    Ich spreche nicht allzu sehr über die christlichen Werte, wenn ich Englisch unterrichte, sondern versuche, zu unterrichten, indem ich den christlichen Geist einhalte, z.B. wenn ich möchte, dass die Klasse sich ruhig verhält. Kinder sind eben Kinder und machen Krach. Als Lehrer muss ich mich durchsetzen, aber auch Mitgefühl zeigen. Man muss sie disziplinieren, aber gleichzeitig müssen sie verstehen, dass man sie liebt, obwohl man weder ihr Freund noch Feind ist. Ich versuche eine persönliche Beziehung zu jedem Kind aufzubauen, denn die orthodoxe Perspektive ist sehr persönlich.“



    Iulian Capsali hat zwei Kinder, die in die Konfessionsschule Heilige Drei Hierarchen“ gehen. Als praktizierender Orthodoxe möchte er dem Nachwuchs seinen Glauben näher bringen, insbesondere weil es Dinge bei den öffentlichen Schule gibt, die ihn unglücklich machen:



    Wenn man sich zuhause und in der Schule wie ein Christ verhält, dann werden die seelischen Eigenschaften des Kindes aufgewertet. Es tritt dem Geist der Kirche bei. Es ist um so besser, wenn dieser Geist auch in der Schule anwesend ist. Meine anderen Kinder kommen aus der Schule mit Angeleneheiten, die ihnen Sorgen bereiten. Stellen Sie sich vor, es gibt Schulkameraden meiner Kinder, die Drogen nehmen oder später sogar zu Dealern werden — und das im Gymnasium! Ich denke, dass es kein Gymnasium in Bukarest gibt, wo dieses Phänomen nicht anwesend ist.“



    Audiobeitrag hören: