Tag: Leibeigenschaft

  • Constantin Dobrogeanu-Gherea (1855–1920): sozialdemokratischer Vordenker und Literat

    Constantin Dobrogeanu-Gherea (1855–1920): sozialdemokratischer Vordenker und Literat

    Constantin Dobrogeanu-Gherea wurde 1855 in Slawjanka bei Jekaterinoslaw in der heutigen Ukraine als Solomon Katz in einer Familie jüdischer Kaufleute geboren und hatte ein sehr abenteuerliches Leben. Die Familie gehörte zur Mittelschicht der damaligen russischen Gesellschaft — sein Bruder war Arzt, sein Vater Inhaber einer Bierbrauerei. Katz besuchte die Hochschule in Charkiw und fand als Student schnell den Anschluss zu russischen Anarchisten. Er nahm 1874 Teil am sogenannten Gang ins Volk“, einer Gro‎ßaktion der russischen Narodniki –Volksanarchisten, die als Studenten dem Bauernvolk die Revolution schmackhaft machen wollten.



    Verfolgt von der zaristischen Polizei, erreichte er die Stadt Iaşi in Rumänien und gelangte von hier aus in die Schweiz, wo er Verbindung mit den dortigen russischen Revolutionären aufnahm. Wieder zurück in Rumänien schmuggelte er illegale Literatur ins Russische Reich. Doch er lebte sich auch schnell in Rumänien ein, wo er 1890 auch die Staatsbürgerschaft erwarb. Zur damaligen Zeit war jedoch die rumänische Staatsbürgerschaft den christlich-orthodoxen Menschen vorbehalten. Solomon Katz wurde zu Constantin Dobrogeanu-Gherea, entschied sich für eine Karriere als Literaturkritiker und gehörte 1893 zu den Gründern der sozialdemokratischen Arbeiterpartei Rumäniens. Professor Călin Cotoi von der Universität Bukarest wei‎ß mehr über das Leben dieses linken Denkers:



    Sein Leben ist sehr interessant — er wird 1877 von der russischen Geheimpolizei entführt und nach Sibirien gebracht, von wo er über Norwegen flüchten kann und nach Rumänien zurückkehrt“ — Amerikaner würden ihn als larger than life beschreiben, meint Cotoi.



    Gherea lässt später ab von der gesellschaftlichen Vision der Narodniki und Anarchisten und wird zu einem der wichtigsten Vertreter des orthodoxen Marxismus nach Kautsky. Er übersetzt das Erfurter Programm“, versucht aber, den Marxismus an Rumänien anzupassen, dass damals als Agrarperipherie ganz andere Besonderheiten aufwies, erläutert der Historiker — der mehrsprachige Constantin Dobrogeanu-Gherea wurde in kurzer Zeit zu einem exzellenten Diagnostiker der gesellschaftlichen Missstände im rumänischen Dorf. Sein Buch zur neuen Leibeigenschaft wird zur echten Inspirationsquelle rumänischer Sozialisten.



    Gherea ist keine alleinstehende Figur“, sagt Professor Cotoi, es gibt ein breiteres Spektrum, in der es linkes Gedankengut und Sozialismus an diese Peripherie anzupassen gilt, in der Rumänien und Südrussland als Grenzgebiet zwischen Europa und dem russischen Reich lagen.“



    Er prägte den Begriff der neuen Leibeigenschaft — in seinem gleichnamigen Buch versucht er den Ideen eines anderen Ex-Narodniki, Constantin Stere, sein eigenes Konzept entgegenzustellen — sozialistische Ideen haben Sinn und Zweck in Rumänien und sind sogar die einzig fortschrittliche Denkweise, die auch in Rumänien existieren könnte. Solche Konzepte sollten dann auch die Gründung der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei Rumäniens im Jahr 1893 mitbestimmen — Gherea war einer der Gründungsmitglieder, sagt Călin Cotoi: Die Partei war schon von Anfang an problematisch — die Mitglieder der Arbeiterklasse, insofern sie der Rede wert ist, hatten nicht alle die rumänische Staatsangehörigkeit Es waren viele Juden, Magyaren, Deutsche und siebenbürgische Rumänen darunter — dazu kommen, dass antisemitische Töne in der Arbeiterschaft laut werden und die Partei sie zu beschwichtigen versucht“, beschreibt der Historiker die damalige Lage.



    Die Partei brach schlie‎ßlich unter dem Gewicht der eigenen Paradoxien zusammen und Gherea wollte sich nicht vom Mahlstrom mitrei‎ßen lassen, umso mehr er gerade die rumänische Staatsbürgerschaft bekommen hatte. Er taucht also in den rumänischen kulturellen Mainstream ein und wird zu einem der bedeutsamsten Literaturkritiker, nachdem er in Konflikt mit der Koryphäe Titu Maiorescu gerät. Das hei‎ßt, dass einer der grö‎ßten linken Denker nicht als Parteimensch bekannt wird, sondern als Literat. Der Bukarester Historiker Cotoi meint, dass der im November 1917 auch nicht mehr jüngste Gherea das bolschewistische Regime eher ablehnt — er war ein Sozialist, der gegen die gesellschaftlichen Probleme mit demokratischen Waffen kämpfen wollte.



    Er war ein Sozialdemokrat à la Kautsky. Nach seiner Theorie versucht er, Politik zu leben. Und nach Kautsky sind die Bolschewiki eher Häretiker. Aber Gherea steht in Kontakt mit ihnen, mit Rakowski zum Beispiel. Ghereas Sohn wirkt dort mit, er selbst behält sich eine gewisse Autonomie vor und bleibt in der Sozialdemokratie deutscher Prägung“, findet der Bukarester Historiker.

  • Berlinale 2015: „Aferim!“ von Radu Jude gewinnt Silbernen Bären für Regie

    Berlinale 2015: „Aferim!“ von Radu Jude gewinnt Silbernen Bären für Regie

    Ein Balkanwestern in Schwarz-Wei‎ß: In der Walachei des Jahres 1835 suchen ein Landjäger und sein Sohn einen entlaufenen Roma-Sklaven und begegnen dabei Menschen unterschiedlicher Herkunft und Gesinnung. Am Mittwoch war der Film Aferim!“ des rumänischen Regisseurs Radu Jude auf der Berlinale zu sehen, Samstagabend wurde der Streifen mit dem Silbernen Bären für die beste Regie (zusammen mit Body“ von Małgorzata Szumowska) geehrt.



    Der bis jetzt beste, originellste Film von Radu Jude“, schreibt die amerikanische Fachzeitschrift Variety über Aferim!“, den dritten abendfüllenden Spielfilm des rumänischen Regisseurs, eine Produktion, die für den offiziellen Wettbewerb der Internationalen Filmfestspiele Berlin 2015 ausgewählt wurde. Variety lobt die Regie des Films und das Drehbuch von Radu Jude und Florin Lăzărescu über Ausgrenzung und Ständeordnung in der Walachei des 19. Jh. Bemerkenswert seien auch die Leistung der Darsteller, vor allem jene Toma Cuzins als flüchtiger Sklave, sowie die exzellente Kameraführung von Marius Panduru in diesem Schwarz-Wei‎ß-Streifen. Auch The Hollywood Reporter schreibt nur Gutes über den Spielfilm von Radu Jude: Das ist ein starker Wettbewerbsteilnehmer: Der Film macht einen sehr guten Gesamteindruck, das Thema ist aktuell, das Drehbuch ist hart und amüsant zugleich. Der gegenwärtige Rassismus gegen die Roma in Osteuropa war eine Inspirationsquelle für mehrere starke Spielfilme der letzten Jahre. »Aferim!« geht aber an die historischen Wurzeln dieses so aktuellen Themas — in ihrem Drehbuch erzählten Radu Jude und Florin Lăzărescu echte Erfahrungen der Roma-Sklaven im Donaufürstentum Walachei. Am wichtigsten ist, dass es den Drehbuchautoren gelungen ist, dieses dunkle Thema auf amüsante und persönliche Art darzustellen, ohne daraus eine hölzerne, realsozialistische Predigt zu machen“, so The Hollywood Reporter.



    Aferim!“ (ein im Rumänischen veraltetes Wort türkischer Herkunft, zu deutsch in etwa: Bravo!“, Gut gemacht!“) ist ein Historien-Film in Schwarz-Wei‎ß, man könnte sagen ein Western im Fürstentum Walachei des Jahres 1835. Im “Tagesspiegel” wurde nach der Berliner Premiere der Film folgenderma‎ßen vorgestellt:



    “Zwei Männer, Vater und Sohn, reiten durch die Walachei, durch Wälder, Steppe und Sümpfe. Der Vater ist Hauptmann, er hat einen Steckbrief dabei. Gesucht wird der junge Carfin, er soll die Frau des Bojaren verführt haben. Carfin ist Zigeuner — das Wort Roma gibt es im Sprachgebrauch der Mehrheitsbevölkerung noch nicht. Roma sind Sklaven, Gesindel. Die Leibeigenschaft wurde in den Donaufürstentümern erst um 1850 verboten, vorher konnten die Fürsten mit ihren“ Roma beliebig verfahren, sie weiterverkaufen (aber nur als ganze Sippschaft) oder wie Tiere behandeln, nur getötet werden durften sie nicht. Zigeuner“, das bekommt man in Aferim!“ reichlich zu hören, sind Krähen, Maden, mieses Pack. Der Hauptmann und sein Sohn sprechen eine räudige, aggressive Sprache, wie überhaupt alle, die sie auf ihrem Ritt treffen, Bauern und Popen, Türken, Kinder, Trinker in einer Spelunke. Eine Welt voller Ausbeutung, Willkür, Korruption, in der auch Frauen Menschen zweiter Klasse sind und Ehebruch grausam bestraft wird. Und das mitten in der spröden Schönheit der Walachei, die der Film in grobkörnigen Schwarz-Wei‎ß-Aufnahmen festhält.”



    Gedreht wurde Aferim!“ in der Dobrudscha, im Măcin-Gebirge und im Süden Rumäniens, in der Umgebung von Giurgiu, mit einem Budget von 1,4 Mio. Euro. Eine zentrale Frage des Films ist die Roma-Sklaverei in der Walachei des 19. Jh. Mehr dazu vom Regisseur Radu Jude:



    Der Film handelt nicht nur von der Leibeigenschaft. Da aber über diesen Teil der rumänischen Geschichte nur wenig gesprochen wird, kommt die Sklaverei der Roma am stärksten in Erscheinung. In dem Film geht es um viele andere Themen: die Situation der Frauen, die Religion, die Art und Weise, wie Ideen von einem Menschen zum anderen weitervermittelt werden, die Toleranz, all diese Themen kommen in meinem Film vor. Was ich damit sagen wollte, ist, dass ein soziales Phänomen, wie auch ein Phänomen im Privatleben, tiefe Wurzeln in einer näheren oder entfernteren Vergangenheit hat. Oft vergessen wir diesen Aspekt. Wir sollten aber die Verantwortung für unsere Vergangenheit übernehmen, und das wollen wir meistens nicht, weil es uns nicht leicht fällt. Auch bei ganzen Gesellschaften gilt, was Freud über das Individuum sagte: Was wir zu verdrängen versuchen, kommt auf uns zurück. Deshalb bin ich der Ansicht, dass jede Gesellschaft die unangenehmen Zeiten und Ereignisse in ihrer Geschichte immer wieder in Erinnerung bringen sollte.“




    Aferim!“ ist die wichtigste rumänische Kinoproduktion seit 2010, als Die Autobiographie des Nicolae Ceauşescu“ von Andrei Ujică und Aurora“ von Cristi Puiu gedreht wurden. Der 1977 geborene Regisseur Radu Jude ist bereits bei seinem dritten abendfüllenden Spielfilm und kommt in die Reihen der besten rumänischen Kinomacher. Dieses Kunstwerk wird zum Klassiker des rumänischen Kinos und ist bereits eine starke Präsenz in den öffentlichen Debatten“, schreibt der Filmkritiker Andrei Gorzo. Der Regisseur Radu Jude spricht über seine Inspirationsquellen für Aferim!“:



    Für meinen Film hatte ich unterschiedliche Inspirationsquellen, nicht nur kinematographische. Was mich am meisten interessierte, war, wie man eine geschichtliche Rekonstruktion schaffen kann, ohne die Kinogänger an der Nase herumzuführen. Ich wollte eine Scheibe echten Lebens mit der Kamera aufnehmen. Darüber gibt es lange Diskussionen, manche Kinotheoretiker erklären sich gegen historische Spielfilme, weil sie meinen, solche Streifen seien ein Versto‎ß gegen den Grundsatz der Kinokunst. Ich wollte aber einen Spielfilm drehen (auch wenn mein Projekt vom geschichtlichen Gesichtspunkt schwer einzustufen ist) und deshalb gab ich den Zuschauern gewisse Hinweise, dass sie sich eigentlich einen Spielfilm anschauen, und dass sie sich darüber gewisse Fragen stellen sollten, um ihre eigenen Antworten zu finden. In »Aferim!« wurde alles dicker aufgetragen — das ist weder gut noch schlecht. Es ist blo‎ß ein Versuch, den Zuschauern zu signalisieren, dass sie das Vorgeführte nicht als vorgefertigte Kost aufnehmen sollten.“




    Der Spielfilm Aferim!“ von Radu Jude ist eine Produktion von Hi Film Productions und wird Anfang März in die rumänischen Kinos kommen.

  • Suceava – die erste Hauptstadt der Moldau (1388). Befreiung der Roma aus der Leibeigenschaft (1856)

    Suceava – die erste Hauptstadt der Moldau (1388). Befreiung der Roma aus der Leibeigenschaft (1856)


    Eine der ältesten städtischen Siedlungen des mittelaterlichen Fürstentums Moldau ist Suceava — die am 10. Februar 1388 erstmals urkundlich erwähnte Hauptstadt. Suceava liegt im extremen Norden Rumäniens, die Stadt hat sich mit der Ausdehnung des mittelaterlichen Königreichs Ungarn im Norden des äu‎ßeren Karpatenraums weiterentwickelt. Die Entstehung der Stadt ist eng an die Geburt des mittelalterlichen Staates der Moldau gebunden.


    Mitte des 14. Jahrhunderts waren die in der Marmarosch (Maramureş)lebenden Rumänen von einem lokalen Woiwoden namens Dragoş angeführt. Der damalige ungarische König Ludwig I. erteilte ihnen den Auftrag, die Moldau gegen die tatarische Gefahr aus dem Osten zu verteidigen. Somit diente die Moldau als eine Art Pufferzone.


    Nach der Etablierung des moldauischen Staates im letzten Viertel des 14. Jahrhunderts wird Suceava zur Fürstenresidenz von Petru Muşat I (1375-1391). Zur Herkunft des Namens der Stadt gibt es zwei Theorien. Die erste Theorie vertritt der Geschichtsschreiber Simion Dascălul, der im 17. Jahrhundert seinen Vorgänger Grigore Ureche zitierte. Laut seinen Angaben hätten sich in Suceava einige Kürschnermeister niedergelassen — auf ungarisch Szűcs”. Der Name der Stadt würde eben eine Kombination zwischen dem ungarischen Wort und dem rumänischen Suffix -eavă” sein. Die ungefähre Übersetzung wäre in diesem Fall Kürschnerei“.


    Die zweite und eine weniger glaubwürdige Theorie geht von einer anderen Kombination als Grundlage für den Namen der Stadt Suceava aus. Der Holunderbaum hei‎ßt auf Rumänisch soc“, hinzu wäre der slawische Suffix -va“ gekommen. Also würde die Übersetzung von Suceava Holunderwald hei‎ßen.


    Bis heute erhalten sind in Suceava die zwei mittelalterlichen Burgen, zwischen denen die Stadt sich entwickelte. Die erste Burg in Şcheia oder die Westburg von Suceava befindet sich im Nordwesten der Stadt, auf einem 384 Meter hohen Hügel, etwa 80 Meter über dem Meeresspiegel. Sie war Teil der von Petru I. Ende des 14. Jahrhunderts erbauten Befestigungsanlage. Während der Herrscherzeit Alexandru des Guten, Anfang des 15. Jahrhunderts, wurde die Burg nicht mehr benutzt. Zurzeit stehen die Burgruinen auf der Liste der historischen Denkmäler des Kreises Suceava.


    Die zweite Burg, der Suceavaer Fürstensitz, befindet sich im Osten der Stadt, auf einem 70 Meter hohen Hügel. Auch diese Burg wurde von Petru I. erbaut, allerdings wurde sie von seinen Nachfolgern erhalten und erweitert. Stefan der Gro‎ße befestigte sie, aber Dumitraşcu Cantacuzino sollte die Burg 1675 zerstören. Wie bei der Burg Şcheia sind auch von dem Fürstensitz die Ruinen erhalten geblieben, die unter Denkmalschutz stehen.


    Das mittelalterliche Suceava war eine Vielvölkerstadt, hier lebten — nebst Rumänen — Deutsche, Ungarn und Armenier. Der Wirtschaft lag ein reger Handelsaustausch zugrunde. Unter Alexandru Lăpuşneanu wurde die Hauptstadt der Moldau Mitte des 16. Jahrhunderts nach Jassy/Iaşi verlegt, dennoch sollte Suceava bis Anfang des 17. Jahrhunderts die Residenz weiterer moldauischer Fürsten bleiben.



    Die Revolution von 1848 gilt als Anhaltspunkt der Modernität in den rumänischen Fürstentümern. Sie war das Ergebnis immer intensiverer Kontakte zum Westen und der Schwächung des jahrhundertelangen osmanischen Einflusses. Die Rumänen suchten, ähnlich wie alle Nationen in Mittel- und Osteuropa, ihren eigenen Weg zur wirtschaftlichen Entwicklung und zum geistlichen Fortschritt. Die rumänischen Revolutionsführer haben die meisten ihrer Modernisierungsideale als Treibfedern der sozialen, politischen und wirtschaftlichen Emanzipation angesehen. Die neue Gesellschaft sollte den Menschen von jedem Zwang befreien und die Kreativität zum eigenen Nutzen und im gemeinsamen Interesse stimulieren.


    In diesem Zusammenhang wurde die Leibeingenschaft als rückständiges Überbleibesel der Vergangenheit angesehen. Im rumänischen Raum wurde über bestimmte Kategorien von Bauern immer noch wirtschaftlich verfügt. Es gab aber gleicherma‎ßen auch eine rassiale Ausbeutung, die viel strenger war — die der Roma. Und in diesem Falle waren die Unterdrückten keine freien Menschen, sondern Leibeigene eines Landherren.


    Die Ursprünge der Sklavenhaltung von Roma verlieren sich im Dunkel der Geschichte. Ab dem 13. Jahrhundert wurden Roma-Stämme aus dem Nordwesten Indiens von den Mongolen als Armeehelfer mitgenommen und bei ihren Kriegskampagnen eingesetzt. In den Rumänischen Fürstentümern gab es drei Kategorien von Roma-Sklaven: Sklaven des Staates, der Kirche und die von Privatpersonen. Die Sklaverei war also eine im Mittelalter und in der frühen Moderne klar definierte Institution. Die damaligen Gesetze regelten recht deutlich die Rechte bzw. den Entzug der Rechte von Sklaven, ebenso die Behandlung, der sie unterzogen werden sollten.


    Die grö‎ßte Hürde für die Liberalen in Rumänien war es, die Grundbesitzer von der Befreiung der Roma zu überzeugen, von ihrem erniedrigenden und unmenschlichen sozialen Status. Die Abolitionisten, also die Gegner der Sklaverei, hielten die Leibeigenschaft für inakzeptabel in der modernen Gesellschaft, die sie errichten wollten. Die Idee von der Abschaffung der Sklaverei fand nur mühsam Zustimmung in der Gesellschaft — die ersten Stimmen in dieser Richtung wurden 1837-1838 laut. Schritt für Schritt wurde die Idee in den Jahren vor der Revolution von 1848 populärer. Weil humanitäre Argumente für die Abschaffung der Sklaverei bei den Sklavenbesitzern kaum Anklang fanden, setzten die rumänischen Abolitionisten auf die wirtschaftliche Effizienz der Institution.


    Ion Câmpineanu war einer der ersten Adelsvertreter, die 1837 ihre Sklaven befreit hatten. Er und Mihail Kogălniceanu waren verantwortlich für verbitterte Presse-Kampagnen zugunsten der Abschaffung der Sklaverei. Man hat auch im Rahmen öffentlicher Ansprachen auf die niedrige Rentabilität der Sklavenhaltung wiederholt hingewiesen. Eines der damaligen Hauptargumente: Die zahlreichen Sklaven an den Höfen der Bojaren (adelige Gro‎ßgrundbesitzer) kosteten mehr als ihre scheinbar kostenlose Arbeit einbrachte.


    Nach 1850 haben die Sklavenbesitzer die wirtschaftliche Notwendigkeit der Abschaffung verstanden. Am 8. Februar 1856, wenige Wochen vor dem Pariser Frieden, der den Krimkrieg beendete, unterschrieb der Fürst der Walachei Barbu Ştirbey das Gesetz, durch das 250.000 Menschen, etwa 7% der damaligen Bevölkerung, zu freien Menschen wurden.


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