Tag: Leseförderung

  • Rumänien an letzter Stelle in der EU, was den Buchkonsum angeht

    Rumänien an letzter Stelle in der EU, was den Buchkonsum angeht

    Die Initiative, die von Verlegern, Journalisten und einem Teil der Zivilgesellschaft unterstützt wird, soll die Aufmerksamkeit auf die niedrigen Zahlen lenken, die sowohl den Buchmarkt als auch die Lesegewohnheiten der Rumänen kennzeichnen. Das Konsumbarometer 2019, das 2020 veröffentlicht wird, zeigt beispielsweise, dass 80 % der Rumänen in den letzten 12 Monaten überhaupt nicht in eine öffentliche Bibliothek gegangen sind, um Bücher zu lesen oder auszuleihen, während nur 12 % dies 2019 einmal oder einige Male im Jahr getan haben. Au‎ßerdem lasen 39 % der Rumänen im Allgemeinen nicht und nur 16 % taten dies monatlich. Wir die Finanzdaten in diesem Bereich aussehen erfahren wir von Mihai Mitrică, dem Präsidenten des Verlegerverbands:



    Die Einnahmen der Verlage belaufen sich auf etwa 60 Millionen Euro, was für ein Land, das in Bezug auf die Bevölkerungszahl an siebter Stelle in der Europäischen Union steht, sehr wenig ist. Im Vergleich zu den Bedürfnissen der Gesellschaft im Hinblick auf die Verbesserung der Lebensbedingungen ihrer Bürger ist dies sicherlich nicht ausreichend. Wir stehen derzeit an letzter Stelle in der Europäischen Union, was den Buchkonsum angeht. Nur 1,3 oder 1,4 Millionen Menschen bilden in Rumänien das Buchpublikum, das in Buchhandlungen und Bibliotheken geht, Messen, Buchmessen und Buchvorstellungen besucht.”



    Aus Sicht von AER ist die Hauptursache nicht der Buchpreis, der laut Eurostat unter dem durchschnittlichen Anstieg der allgemeinen Verbraucherpreise liegt. Die Hauptursache sei der Rückgang des Bildungsniveaus. Mihai Mitrică: In Rumänien wird sehr wenig Geld für Bücher ausgegeben. Das ist nicht nur ein Problem für Verleger, sondern der Gesellschaft. Bücher sind der effektivste Weg, um die Menschen zu informieren. In den letzten hundert Jahren, seit Guttenbergs Druckerpresse aufkam, war sie das solideste Mittel der Bildung, denn man kann immer wieder auf die Informationen in einem Buch zurückgreifen. Sie bleibt auf der gedruckten Seite fixiert. Das ist einfach die Realität, und der Markt ist so klein, weil es in Rumänien kein Bildungssystem gibt, das die Schüler zum Lesen anregt”.



    Der Lesepakt ist eine Initiative, die mehrere Etappen umfasst. Die erste davon ist eine Debatte, zu der Vertreter der Behörden eingeladen werden. Was AER mit dieser Initiative erreichen will, erfahren wir von seinem Präsidenten Mihai Mitrică: Unser Ziel ist es vor allem, die Behörden für die katastrophale Situation zu sensibilisieren, in der sich die rumänische Gesellschaft in Bezug auf den funktionalen Analphabetismus befindet. Lösungen? Wir haben uns für die Einhaltung des Bibliotheksgesetzes eingesetzt, um den Bestand an Büchern in den Bibliotheken zu erhöhen, denn derzeit wird er jährlich nur zu etwa 15 % des gesetzlichen Mindestbestands erneuert. Das Lesen soll zudem von von einer nationalen Kampagne der zentralen Behörden gefördert werden. Es gab unterschiedliche Initiativen von Verlegern. Sie können aber nichts bewegen, denn der Einfluss eines Verlegers ist auf das Publikum beschränkt. Wer eine ganze Gesellschaft dazu bewegen kann, ist der Staat, die Regierung.



    Die zentralen Behörden, das Kulturministerium und das Bildungsministerium könnten öffentliche Ma‎ßnahmen ergreifen, die das Lesen wieder auf die nationale Tagesordnung setzen. Es macht keinen Sinn, ab 2022 ein Gesetz zu erlassen, das den 15. Februar zum Nationalen Lesetag erklärt, wenn wir nur feiern, aber keine praktischen Ma‎ßnahmen ergreifen, um das Lesen zu fördern”.Die Initiative profitiert vom Know-How internationaler Experten: den Präsidenten des Europäischen Verlegerverbands, des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels und der Stiftung Lesen, Deutschland. Der nächste Dialog ist für den 27. März geplant. Thema ist die Lage der rumänischen Literatur und Bemühungen der Verleger in Rumänien und Moldawien, einen gemeinsamen Markt für rumänischsprachige Bücher zu schaffen.

  • De Basm: Der Verband für Kinder- und Jugendliteratur

    De Basm: Der Verband für Kinder- und Jugendliteratur

    Dank der zahlreichen Projekte hatten Tausende von Kindern und Jugendlichen die Möglichkeit, in Bibliotheken, Schulen, Museen, Kulturhäusern oder auf Buchmessen und -festivals ihre Lieblingsschriftsteller und deren Werke kennenzulernen. Jedes Jahr erreichen die Schriftsteller von De Basm Kinder in Dörfern und benachteiligten Gemeinden mit kreativen Workshops und Buchspenden im Rahmen der De Basm-Karavanen. Das von dem Verband organisierte LittleLit-Festival verbindet die rumänische Kinderliteratur mit der internationalen Literatur, und die von den Autoren erstellten Lehrmittel unterstützen Schüler, Lehrer und Bibliothekare.



    In diesem Jahr organisierte der Verband De Basm eine Reihe von Bildungsworkshops zur Förderung von Freundschaft, Integration, Vielfalt und Toleranz für Kinder im Alter von 6 bis 10 Jahren aus mehreren Gemeinden in Rumänien. Die Workshops sind Teil des Projekts Spiel deinen Trumpf aus!, das mit einer umfangreichen Buchsammelaktion begann. Wir sprachen mit der Schriftstellerin Victoria Pătrașcu, einer der Gründerinnen von De Basm, über die Rolle des Vereins und die in diesem Jahr organisierten Workshops.



    De Basm, der Verband der Kinder- und Jugendbuchautoren, ist eine Organisation, die sich seit ihrer Gründung im Jahr 2018 zum Ziel gesetzt hat, Kinderliteraturschaffende in Rumänien zu unterstützen und vor allem Kindern, insbesondere aus benachteiligten Gebieten, den Zugang zu zeitgenössischer Kinderliteratur zu erleichtern. Es ist kein Geheimnis, dass viele der Gemeindebibliotheken über alte Bücher oder einen geringen Buchbestand verfügen und dass die Kinder dort nicht in der Lage sind, zeitgenössische Geschichten zu lesen, so dass sie sich nicht in der Literatur wiederfinden, die sie lesen. Offensichtlich haben sie auch nicht die Möglichkeit, zeitgenössische Schriftsteller zu treffen. Nicht ein einziges Mal haben diese Kinder gestaunt, dass wir als Schriftsteller lebendig sind, dass wir lebendige Schriftsteller der Gegenwart sind. Jedes Mal, wenn wir diese Kinder treffen, sind sie von den Geschichten, die wir erzählen, begeistert und entdecken, wie sie sich der Literatur nähern können.


    Unser neuestes Projekt <Spiel deinen Trumpf aus!> soll es uns ermöglichen, mit Geschichten zu spielen und daraus zu lernen. Ich habe in zwei Städten des Kreises Dâmbovița Workshops abgehalten, in Conțești und Titu. In Conțești hatten wir eine außerordentliche Veranstaltung. Es gibt dort auch eine traditionelle Roma-Gemeinschaft, und wir hatten mit vielen Roma-Kindern zu tun, die zum ersten Mal in die Bibliothek kamen und bei dieser Gelegenheit diese fabelhafte Welt der Bücher, Geschichten und Zeichnungen entdeckten; viele von ihnen schlossen auch ein Bibliotheksabo ab, worüber wir sehr froh waren. Ich muss erwähnen, dass wir bei diesem Unterfangen nicht allein waren, sondern dass wir zwei außergewöhnliche Partner hatten, nämlich EduCab, das Netzwerk der Stadtbibliotheken, und den Arthur-Verlag, die uns geholfen haben, neue Bücher an diese Orte zu bringen und den alten Buchbestand dort zu aufzufrischen.



    Spiel deinen Trumpf aus! wurde mit der Arbeit an einem von den Mitgliedern des De Basm-Verbandes erstellten Unterrichtsmaterial fortgesetzt, einem wichtigen Projekt, das Lehrern und Bibliothekaren alternative, moderne Methoden zur Erkundung von Geschichten der Kinderliteratur bieten wird. Mit Hilfe des pädagogischen Kits, das an möglichst viele Bibliothekare, Lehrer, Erzieher und Kulturpädagogen verteilt werden soll, gewährleistet das Projekt die Verbreitung europäischer Werte und fördert das kritische Denken der Kinder in möglichst vielen Gemeinden des Landes.



    Victoria Pătrașcu ist Gründungsmitglied des Verbandes De Basm und Autorin von Büchern und Theaterstücken für Kinder. Ihr Debüt gab sie 2008 beim Nemi-Verlag mit , einem erfolgreichen Buch, das später für die Bühne (der Momolino Company) und als Hörspiel (Radio Romania) dramatisiert wurde. Im Jahr 2012 veröffentlichte sie die Anthologie (Kinderbuchverlag), ein Buch, das zu den Finalisten der Good Print-Gala gehörte und ein Jahr später vom Nationalen Hörspielprogramm (Radio Rumänien) dramatisiert und gesendet wurde.



    Im Jahr 2017 erhielt Pătrașcu den Exzellenzpreis für Kinderliteratur, verliehen von Radio Itsy Bitsy. Weitere Kinderbücher folgten: und (Cartier Verlag), (Gutenberg Books), , , und viele andere. Victoria Pătrașcu berichtet von ihren Bemühungen, die Arbeit für den Verein mit der Schriftstellertätigkeit zu verbinden.



    Ich bemühe mich, neben meiner Tätigkeit beim De Basm-Verband, auch weiter zu schreiben. Die jüngste Geschichte, die ich geschrieben habe, heißt der Drache 32. Sie wurde mit Verspätung auf der diesjährigen Buchmesse in Bukarest veröffentlicht, und ich habe mich sehr gefreut, die Kinder wieder einmal persönlich zu treffen. Es ist die Geschichte einer Straßenbahn, die vom Stadtzentrum in die Vororte fährt und irgendwie zwei Welten miteinander verbindet. Es ist eine Straßenbahn, von der aus ein kleines Mädchen sowohl das reale als auch das fantastische Bukarest entdeckt, denn oft sehen Kinder, wenn sie aus dem Fenster schauen, mehr Dinge als wir Erwachsene.


    Es ist eine Geschichte, die von meiner Tochter und den Fahrten zu ihrer Schule inspiriert ist, von den Menschen, die ich jahrelang in der Straßenbahnlinie 32 getroffen habe. Von dieser Straßenbahn aus, die das Randviertel Rahova mit dem Stadtzentrum verbindet, sah ich so viele verfallene, aber immer noch schöne Häuser, Wohnblöcke, die wie Schlafzimmer oder Riesen für das kleine Mädchen in der Geschichte aussehen. Es ist eine zärtliche Geschichte, die auch von den Obdachlosen erzählt, die manchmal im Bauch des Drachen 32 leben, eine Geschichte, die viele mögliche Diskussionen mit den Lesern eröffnen kann, ein Buch, das von Mihaela Paraschivu absolut sensationell illustriert wurde.

  • Von Wien über Klausenburg nach Bonn: Der Europäische Tag des Buches

    Von Wien über Klausenburg nach Bonn: Der Europäische Tag des Buches

    Ende April hat in Klausenburg, im Herzen der Stadt, im Casino – dem Zentrum für urbane Kultur, eine Veranstaltung stattgefunden, die Kinder, Jugendliche aus benachteiligten Verhältnissen, rumänische Verleger und Schriftsteller zusammenbringen sollte – der Europäische Tag des Buches.


    Was genau der Europäische Buchtag bedeutet und welches das Konzept der Veranstaltung ist, erfuhren wir von Bianca Mereuță, Leiterin des Signatura-Verlags und Organisatorin der Veranstaltung in Rumänien:



    Mit dem Europäischen Tag des Buches wollen wir junge Menschen auf kreative Weise an Bücher heranführen, und zwar in einer Form, die sie als interessant und unterhaltsam empfinden, die ihnen ein Gefühl des Wohlbefindens vermittelt und sie dazu bringt, Bücher als Alternative zu den vielen Reizen zu sehen, denen sie in ihrem täglichen Leben begegnen und die so interessant sind. Der Europäische Tag des Buches wurde in Österreich von unseren österreichischen Partnern ins Leben gerufen.


    Es handelt sich um ein von Erasmus+ kofinanziertes Projekt, in dessen Rahmen wir in fünf Ländern Veranstaltungen organisieren, bei denen junge Menschen aus sozial schwachen Verhältnissen, die weniger Zugang zu kulturellen Aktivitäten und Büchern haben, mit Autoren, der Welt des Buches und der Bildung sowie mit jungen Menschen aus gewöhnlichen Verhältnissen in Kontakt kommen, um einen Tag lang Freude und Vergnügen am gemeinsamen Lesen und am Zusammensein mit Büchern zu erleben.


    Das Projekt wird in vier europäischen Ländern durchgeführt, und das fünfte ist der Kommunikationspartner des gesamten Konzepts. Österreich ist der Initiator des Europäischen Buchtages, am 27. April folgte die Veranstaltung in Rumänien, im Mai gibt es Veranstaltungen in Schweden, und im November endet die Veranstaltungsreihe in Deutschland, in Bonn. Der Europäische Tag des Buches richtet sich an junge Menschen.



    Der Europäische Tag des Buches steckt noch in den Kinderschuhen, es ist die erste Ausgabe. Die Teilnahme an der Veranstaltung ist kostenlos und steht der breiten Öffentlichkeit offen. Was soll mit der Veranstaltung erreicht werden? Und was genau wird bei der Veranstaltung passieren? – das fragten wir Bianca Mereuță:



    Der Europäische Tag des Buches zielt darauf ab, jungen Menschen Bücher näher zu bringen, jungen Menschen aus sozial schwachen Verhältnissen ebenso wie jungen Menschen, die es gewohnt sind, regelmäßig Zugang zu Büchern zu haben, Zugang zu Bildung, zu materiellen Möglichkeiten, die ihnen die Welt leichter erschließen. Vor den eigentlichen Veranstaltungen mit jungen Menschen aus sozial schwachen Verhältnissen haben wir eine Reihe von kreativen Schreib- und Kunstworkshops durchgeführt, in denen sie durch künstlerischen, kreativen Ausdruck literarische Kreationen in die Welt brachten, die auch auf der Veranstaltung zu sehen sein werden. Auf diese Weise haben wir versucht, ihnen zu zeigen, dass Lesen, Bücher und Kreativität für jeden erreichbar sind. Jeder kann kreativ sein. Jeder von uns hat die Ressourcen, um kreativ zu sein, aber die Grundlage, um kreativ zu werden, ist eine tiefere Kultur und ein Fundament des Lernens und des Bewusstseins für die Bedeutung von Bildung.


    Am 27. April, ab 11.30 Uhr, waren Jugendliche und Erwachsene, natürlich in Begleitung von Kindern, willkommen. Wir freuten uns darauf, sie alle im Casino, im Zentrum für urbane Kultur, zu sehen, wo verschiedene kreative Veranstaltungen rund um das Buch ihre Aufmerksamkeit für ein paar Stunden auf sich ziehen und ihnen hoffentlich ein Gefühl des Wohlbefindens vermitteln konnten. Junge Menschen müssen über die einfachen Alternativen, die ihre Bedürfnisse unmittelbar befriedigen, hinausblicken, um ein langfristiges Versprechen zu sehen. Diese Verheißung der Bildung, die langsam, Schritt für Schritt, aufgebaut wird, die aber wirklich den Menschen aufbaut, den ganzen Menschen, den Menschen mit Wohlbefinden, mit sich selbst, den Menschen, der Kenntnisse und der die Kontrolle hat, weil er ein solides Fundament besitzt, das auf Büchern beruht.



    Am Ende unserer Diskussion teilte die Organisatorin des Europäischen Buchtages, Bianca Mereuță, ihre Hoffnungen für die Zukunft des Projekts mit uns:



    Wir wollen den Europäischen Buchtag zu einem mehrjährigen Ereignis machen. Wir möchten, dass der Europäische Tag des Buches so viele junge Menschen wie möglich in möglichst vielen Teilen Rumäniens erreicht. Dies ist notwendig. Wir hoffen also, dass der Europäische Tag des Buches wächst und vor allem in den Herzen, in den Seelen, in den Köpfen derjenigen wirkt, die jetzt nach Cluj kommen, die sich an diese Ereignisse erinnern und die Bedeutung des täglichen Lesens verstehen werden.



    Hinzu kommt, dass es in Rumänien seit diesem Jahr einen nationalen Lesetag gibt, der laut Gesetz am 15. Februar begangen wird – die Lesestatistik des Landes war bislang erschreckend: Ein Rumäne liest im Durchschnitt weniger als 5 Minuten pro Tag und etwa ein Buch pro Jahr. In einem Land, in dem weniger als 10 % der Bürgerinnen und Bürger ein Buch pro Jahr kaufen, kommt den Schulen eine entscheidende Rolle zu, wenn es darum geht, eine scheinbar veraltete Tätigkeit, das Lesen, als eine Beschäftigung zu kultivieren, die uns vor einem oberflächlichen Universum bewahren soll, einem Universum, in dem wir unsere Maus klicken, ohne richtige Entscheidungen zu treffen.



    Lesen schafft tiefe und dauerhafte Bindungen in den Köpfen aller, ob Kinder oder Erwachsene, so das Bildungsministerium, das an diesem Tag den Lehrplan dahingehend änderte, dass der Lehrer unabhängig von dem Schulfach, um 11 Uhr und um 14 Uhr im Klassenzimmer Leseaktivitäten organisiert, an denen alle Vorschulkinder und Schüler teilnehmen können. Die Lehrkräfte empfahlen allen Schülerinnen und Schülern, ein Lieblingsbuch mitzubringen oder ein Buch aus der Schulbibliothek auszuleihen und 15 Minuten lang entweder allein oder in kleinen Gruppen zu lesen. Ziel der Aktion war es, das Lesen als tägliche Gewohnheit zu fördern.

  • Leseschwäche: Jüngere Generation hat jegliches Interesse am Lesen verloren

    Leseschwäche: Jüngere Generation hat jegliches Interesse am Lesen verloren

    35 % der Rumänen geben an, noch nie ein Buch gelesen zu haben, obwohl es unzählige Studien gibt, die zeigen, dass Lesen die harmonische Entwicklung eines Individuums fördert, Stress zu reduzieren hilft und auch zur wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung beiträgt. Die Weltbank hat gezeigt, dass höhere Alphabetisierungsraten mit einer gesünderen Bevölkerung, niedrigeren Kriminalitätsraten und grö‎ßeren wirtschaftlichen Wachstumsraten verbunden sind.



    Es sieht so aus, als ob sich das Verhältnis der Rumänen zu Büchern 10 Jahre nach der antikommunistischen Revolution vom Dezember 1989 zu verschlechtern begann und das Interesse der neuen Generationen am Lesen dramatisch gesunken ist. Wer ist schuld daran und was kann man tun, wo doch wissenschaftlich erwiesen ist, dass Lesen zur Entwicklung der kognitiven Fähigkeiten eines jungen Menschen beiträgt?



    Wir haben die Journalistin Marina Constantinoiu, eine Expertin auf diesem Gebiet, die auch an der Fakultät für Journalismus und Kommunikation lehrt, gefragt, wie sich das mangelnde Interesse junger Menschen am Lesen erklären lässt?



    Leider ist das Verhältnis zwischen Schülern und dem Lesen im Allgemeinen, mit oder ohne Verbindung zum Internetzeitalter, ziemlich schlecht, und das ist nichts Neues, das gibt es schon seit 25 Jahren, denn vielleicht waren die ersten Jahre nach der Revolution von 1989 etwas gro‎ßzügiger, was das Lesen angeht. Man kann dem Internet die Schuld geben, aber auf der anderen Seite ist es nicht der einzige Grund und nicht einmal der schwerwiegendste. Ich denke, dass das Hauptproblem in der Familie liegt, denn die Familie ist es, die das Kind nicht zum Lesen ermutigt oder die Unfähigkeit des Kindes zum Lesen toleriert. Ich wei‎ß nicht, ob wir alle mit einem Interesse am Lesen geboren werden, ich wei‎ß, dass dies für meine Generation etwas ist, das in der Familie kultiviert wurde. Ich denke, jetzt ist es eine Frage des nationalen Notstands, denn wir sind in einer sehr schlechten Situation, was das Lesen angeht. Und das kann man an der gro‎ßen Armut des Wortschatzes sehen, mit dem die Menschen heutzutage kommunizieren.“




    Lesen als tägliche Gewohnheit baut neuronale Verbindungen auf und stärkt sie in jedem Alter, nicht nur bei Kindern und jungen Erwachsenen. Werte wie Bildung, Respekt vor Büchern oder Lehrern haben begonnen zu verschwinden. Wenn wir unsere nationale Identität nicht ernsthaft beschädigen wollen, sollten wir dies zu einem nationalen Notstand erklären, meint Marina Constantinoiu:



    Ich war früher selbst eine Studentin und jetzt unterrichte ich und ich unterhalte mich normalerweise gerne mit meinen Studenten au‎ßerhalb des Unterrichts. Ich versuche herauszufinden, was ihre Leidenschaften sind, ob sie lesen und wie viel. In letzter Zeit musste ich aber leider nicht mehr fragen, weil es offensichtlich geworden ist. An der Art und Weise, wie sie ihre Projekte schreiben und wie sie einen längeren Text betrachten, kann ich erahnen, wie viel sie lesen, denn die Arbeit daran ist für sie mit viel Langeweile verbunden. Viele erschrecken allein schon bei dem Gedanken, einen langen Text lesen, darüber nachdenken, ihn verstehen und etwas darüber schreiben zu müssen.“




    Es ist lebenswichtig, dass die Familie, unabhängig von der eigenen Bildung, in den Kindern den Respekt vor und das Interesse am Lesen kultiviert. Ohne Wissen, ohne Lernen aus Büchern ist es, als würde man eine Reise mit einer leeren Tasche beginnen. Und das ist nie gut, sagt Marina Constantinoiu:



    Lesen als Gewohnheit ist normalerweise etwas für die über 40-Jährigen, und ich gehöre zu dieser Kategorie, ich fühle mich wie ein Dinosaurier, aber es ist nicht normal, so zu sein. Ich denke, es sollte in der Familie beginnen und Lesen sollte eine Verpflichtung sein, die sanft auferlegt wird. Denn Lesen ist das, was einen als Person formt. Das sage ich vielen Kindern, die die Stirn runzeln, wenn sie hören, dass sie in der Schule mehr lesen sollen, denn sie befinden sich gerade in den aufmüpfigen Jahren ihrer Entwicklung. Egal, welches Berufsfeld man wählt, man kann die Reise nicht ohne Informationen antreten und ohne das richtige Vokabular, das man nur durch Lesen erwerben kann. Es ist egal, wie wir sie nennen: Wörter, Informationen, Ideen, Metaphern, es ist egal. Wichtig ist, dass man sie hat und sie im Leben benutzt.“




    Zusammenfassend lässt sich sagen, dass es wichtig ist, unsere Kinder zum Lesen anzuregen. Ihnen zu helfen, die Freude daran zu entdecken, jeden Tag für eine Weile innezuhalten und einfach zu lesen. Auf lange Sicht ist es auf jeden Fall lohnend.



    Audiobeitrag hören:



  • „Poesie beißt nicht“: Lyrik-Tram bimmelt durch die Stadt

    „Poesie beißt nicht“: Lyrik-Tram bimmelt durch die Stadt

    Das Projekt Tramvaiul poeziei“ (Lyrik in der Stra‎ßenbahn“) wird von der NGO Arta nu muşcă“ (Kunst bei‎ßt nicht“) in Partnerschaft mit der Bukarester Stadtverwaltung und der Rumänischen Gesellschaft für öffentlichen Personenverkehr organisiert. Mit diesem Projekt setzen sich die Organisatoren zum Ziel, das Interesse des Publikums an Gedichten zu wecken. Laut dem Kulturbarometer 2018 erklärten 69% der Rumänen und 46% der Bukarester, sie hätten kein Buch in dem Jahr gelesen, lediglich 9% der Befragten lesen laut der Umfrage fast täglich.



    Das Projekt Lyrik in der Stra‎ßenbahn“ begann am 10. September und endete Anfang Oktober. Die Bukarester, die in die gelbe Stra‎ßenbahn eingestiegen sind, haben sich der Möglichkeit erfreut, Gedichte zu lesen und zu hören, mit Jazzmusik im Hintergrund 100 Gedichtbände durchzublättern, die den Reisegästen in der Stra‎ßenbahn zur Verfügung standen. Loredana Munteanu ist Gründerin und Koordinatorin des Projektes Kunst bei‎ßt nicht“:



    Alles hat dieses Jahr am Welttag der Poesie am 21. März angefangen; aus diesem Anlass haben wir ein ähnliches Event in einer Stra‎ßenbahn organisiert, und die Reaktionen waren positiv, das Event war ganz gut besucht. Wir haben beschlossen, die Idee weiterzuführen und die Poesie sozusagen auf die Stra‎ße zu bringen, das hei‎ßt näher an das Publikum. Das Event hie‎ß »Poesie bei‎ßt nicht«. Zu Gast hatten wir Dichter, die zahlreichen Begeisterten der Gedichte aus ihren Bänden vorgelesen haben. Als zweiten Schritt haben wir eine interaktive Bibliothek eingerichtet und Dichter zu zahlreichen Events eingeladen.“




    Auf der ersten Reise mit der gelben Tram waren überall in den Wagen Zitate aus berühmten rumänischen Dichtern zu lesen, wie Mihai Eminescu, George Bacovia, Lucian Blaga, Geo Bogza, Nichita Stănescu, Magda Isanos, Tudor Arghezi, Cristian Popescu. Für die Reisegäste gab es auch ein Musik- und Gedichtrezital der Schauspielerin Silva Helena Schmidt und des amerikanischen Künstlers Warren Walker. Wie die Reisegäste darauf reagiert haben, erläutert Loredana Munteanu:



    Viele Menschen, besonders Jugendliche, haben gesagt, sie sind sich dessen bewusst geworden, dass sie mehr lesen und weniger Zeit mit dem Tablet oder Smartphone verbringen sollen. Andere dachten am Anfang, sie wären in die falsche Stra‎ßenbahn eingestiegen, und als wir ihnen erklärten, worum es geht, sagten sie, so eine Veranstaltung gab es noch nie in Bukarest. Es gab auch andere Reisegäste, die nur für eine kurze Zeit in Rumänien waren und sagten, die Idee sei ihnen aus anderen Ländern bekannt. Es hat mich gefreut, das zu hören, ein ähnliches Projekt gab es allerdings erstmals 2013 in Hong Kong.“

  • Sammelband thematisiert Rolle der Rumänischlehrer im Unterricht

    Sammelband thematisiert Rolle der Rumänischlehrer im Unterricht

    In seinem Buch Prof de limba română“ (Rumänischlehrer“) trägt der Autor Geschichten engagierter Lehrer zusammen, die mit einem unzeitgemä‎ßen Schulsystem kämpfen und sich anstrengen, bei der jüngeren Generation den Spa‎ß am Lesen zu wecken. Der Band Prof de limba română“ (Rumänischlehrer“) des Verlegers Cristian Cosma ist laut Aussage des Autors eine andere Art von Anthologie“ die sich zum Ziel setzt, die Situation der zeitgenössischen Literatur und die Rolle der Rumänischlehrer im heutigen Kulturraum wieder in die Aufmerksamkeit der Literaturbegeisterten zu bringen:



    Die prekäre Situation der rumänischen Schriftsteller lässt sich einigerma‎ßen dadurch erklären, wie wir ihre Mission verstehen. Das ist als ob wir mit der Motorsäge Bäume fällen würden, weil sie alt sind oder um das Aussehen der Stadt zu verbessern, anstatt uns an Experten in diesem Bereich zu wenden. Die Rumänischlehrer zählen zu den wenigen Experten im Literaturbereich. In der Buchindustrie gibt es viele Experten auf Papier, die anderen bleiben unbemerkt, weil sie vor 20–30 Schülern sitzen oder stehen, mit der erhöhten Bürokratie im Bereich kämpfen, zeitgleich halten sie ihr Wissen auf dem neusten Stand, sie lesen viel, sie wissen, welche Autoren auf die jüngsten Buchmessen auftreten.“




    Dumitriţa Stoica ist Rumänischlehrerin am Gymnasium Gheorghe Lazăr“ in Bukarest und Autorin von zwei Romanen: Nu mă atinge“ (Rühr mich nicht an“), der 2011 im Verlag Humanitas erschien, und La marginea lumii“ (Am Rande der Welt“), der 2018 im Verlag Cartea Românească erschien. Die Lehrerin hat ihren Beitrag zum Band von Cristian Cosma gebracht:



    Es handelt sich um eine Sammlung von Geschichten über Schule, Leben, Erfahrungen der Lehrer, die verschiedenen Generationen angehören, und die Texte decken einen gro‎ßen Zeitraum ab. Ich habe vorerst nur den ersten Band gelesen, der zweite enthält Erinnerungen von Lehrern, die in den 1950er und 60er Jahren unterrichtet haben. Die jüngsten Lehrer, die ihre Erfahrungen in diesem Buch teilen, unterrichten seit zwei oder drei Jahren. Das Buch würde ich als sehr lebendig beschreiben, denn all diese Geschichten hat jemand erlebt und sie werden meistens mit viel Humor erzählt. Andere weisen hingegen tragische und komische Merkmale auf, und das Bild der Schule, das dieser Band vermittelt, ist sehr echt. Viele Texte erzählen von der Verwirrung, in die wir geraten sind, denn die Schule entfernt sich langsam von der rumänischen Literatur und von der Geisteskultur.“




    Die Lehrerin Dorica Boltaşu Nicolae ist der Ansicht, dass die Schule zu einem steifen Mechanismus geworden ist, die Struktur der rumänischen Schule sei unzeitgemä‎ß und entspreche nicht den Ideen der jungen Generation, glaubt sie. Mit dem System umzugehen, sei auch nicht einfacher, für wen vor der Klasse sitzt:



    Allzu oft fühle ich, dass ich vom System verschluckt werde. Mit dem Literaturunterricht stecken wir auch in einer Sackgasse meiner Meinung nach. Das ist durch mehrere Gründe zu erklären, zum einen wurde die Zahl der Unterrichtsstunden stark reduziert, der Schulplan ist auch nicht befriedigend, dasselbe kann man über die Prüfungen sagen. Die Mentalität der jetzigen Generation von Gymnasialschülern ist auch anders als zuvor, dasselbe gilt auch für ihren Erwartungshorizont, sie nehmen einfach nicht alles an, sie erwarten etwas von uns und wir strengen uns wirklich an, ihre Erwartungen zu verstehen und zu erfüllen, das tun nicht mal ihre Eltern.“




    Die Pubertät bereitet viele Schwierigkeiten, dieses Alter ist sehr schwierig aus affektiver Sicht, und im Universum der Fiktion sollten sich die Teenager wohl fühlen. Die Lehrerin ist der Ansicht, dass der Schulplan verbessert werden soll, damit er den Schülern die Literatur näher bringt und bei der jüngeren Generation den Spa‎ß am Lesen weckt:



    Die Diskussion ist sehr vielseitig, so sind auch die Ursachen, einige davon sind wirklich kaum zu glauben, so zum Beispiel das dritte Thema beim Abitur. Dieses Thema sieht das auswendige Lernen von Literaturkritik vor und das ist alles, man soll dafür nichts lesen. Wie ich als Lehrerin feststelle, müssen die Schüler mehr auswendig lernen als selbst lesen und die literarischen Werke verstehen. Eine Änderung der Struktur des Rumänischunterrichts ist meiner Meinung nach zu diesem Zeitpunkt unentbehrlich.“




    Die Anthologie, die Cristian Cosma zusammengestellt hat, thematisiert sowohl die Zufriedenheit als auch die Herausforderungen der Rumänischlehrer von heute:



    Neben kurzen Geschichten über Versuche engagierter Lehrer, den Schülern die Literatur näher zu bringen, bleibt das Grundproblem des rumänischen Schulwesens, dass es als veraltet gilt und eine gründliche Reformierung braucht. Ohne eine Änderung bis ins Einzelne wie zum Beispiel die Änderung der Struktur des Abiturs im Fach Rumänische Sprache und Literatur fällt es uns sehr schwer, mit dem jetzigen Phänomen zu kämpfen, dass die Bücher uns so fremd geworden sind und dass die Schüler den Spa‎ß am Lesen verloren haben. Der Autor schlie‎ßt jedoch mit einer optimistischen Note, weil die Lehrer, die er zu diesem Thema befragt, engagierte Lehrer sind, die ihren Beruf lieben und sehr entschlossen glauben, dass ihr Engagement etwas verändern kann.“




    Zum Band Rumänischlehrer. Eine Anthologie andersartiger Texte“ haben auch Ana Boariu, Ohara Donovetsky, Mariana Jitari, Ivona Munteanu, Viorica Răduţă, Adrian Săvoiu und Olga Ştefan ihren Beitrag gebracht.

  • Leseförderung: „Bücher im Triumphbogen“

    Leseförderung: „Bücher im Triumphbogen“

    Am 1. Februar wurde in Rumänien der Welttag des Vorlesens“ gefeiert. Es folgte das Projekt Bücher in der U-Bahn“, das gro‎ßen Erfolg erntete. Vor kurzem wurde eine neue Initiative gestartet, nämlich Bücher im Triumphbogen“. Das letzte Projekt wurde anlässlich des Welttags des Buches und der Urheberrechte umgesetzt. Mitbegründer des Vorhabens waren die Stadt Bukarest und der Verlag Litera. Im Rahmen des Projekts öffnete der Triumphbogen — ein Wahrzeichen der Stadt Bukarest — seine Tore für das breite Publikum. Er verwandelte sich zeitweise in eine öffentliche Bibliothek. Bei dieser Gelegenheit wurden im Triumphbogen Leseräume sowie eine Multimedia-Stelle für Kulturinformationen eingerichtet. Somit bot das historische Denkmal seinen Besuchern einen günstigen Rahmen für eine interaktive Erkenntniserfahrung an.



    Oana Zaharia, die Leiterin des Amtes zur Verwaltung historischer Denkmäler und touristischer Sehenswürdigkeiten (AMPT), erzählte uns mehr über diese Kampagne:



    »Bücher im Triumphbogen« ist ein Vorhaben, das wir zusammen mit dem Litera-Verlag, unserem Partner für diesen Event, entwarfen. Der Verlag veranstaltete die Nacht der Bücher am 23. April in den vergangenen 6 Jahren. Am 23. April wird nämlich der Welttag des Buches gefeiert. Dieses Jahr feiern wir das Bücherjahr in Rumänien, also wollten wir etwas Besonderes vorbereiten. Und wir sind auf die Idee gekommen, den Triumphbogen in eine Bibliothek umzugestalten. Gro‎ß und Klein hatten somit die Möglichkeit, den Triumphbogen in Form einer Bibliothek zu besichtigen.“




    Der Triumphbogen ist eine der bedeutendsten Sehenswürdigkeiten in der rumänischen Hauptstadt. Allerdings wissen nur wenige Leute, dass er von Innen besichtigt werden kann, so unsere Gesprächspartnerin:



    Sehr viele Leute wissen nicht, dass auch der Triumphbogen besucht werden kann. Die meisten Gäste sind beeindruckt, nachdem sie hineinschauen. Die Aussicht von oben, von der Plattform, ist ebenfalls sehr schön. Darüber hinaus sind die Besucher von der Innengestaltung des Triumphbogens überrascht. Denn die meisten erwarten etwas anderes. Über einen Fu‎ß des Bogens kann man im Inneren hinaufsteigen, bis man die Dachterrasse erreicht. Der zweite Fu‎ß ist für den Abstieg. Wer derzeit in den Triumphbogen hineingeht, findet dort Leseräume, Kinderspielplätze — eine echte Bücherwelt. Das Projekt kam sehr gut an, wir hatten nicht mit so einem gro‎ßen Erfolg gerechnet.“




    Bei der Eröffnung fand eine Video-Mapping-Show statt. Die Mauern des Triumphbogens wurden somit in eine virtuelle Bibliothek umgewandelt. Die dreidimensionale Animation verdeutlichte drei Themen — Geschichte, Bücher und Kunst. Die Videoprojektionen eröffneten den Teilnehmern eine Tür zu einer magischen Welt. Berühmte Kunstwerke, seltene Bücher oder Neuerscheinungen wurden im Rahmen einer interaktiven Farben-, Licht- und Tonallegorie verknüpft.



    Die Nacht der Bücher war ebenfalls eine erfolgreiche Veranstaltung — wie immer eigentlich. Oana Zaharia, die Leiterin des Amtes zur Verwaltung historischer Denkmäler und touristischer Sehenswürdigkeiten, erzählte uns mehr darüber:



    Am Abend der Eröffnung — also zwischen 19 und 23 Uhr — kamen etwa 5000 Gäste. Es war proppenvoll. Alle, die hineingingen, wollten länger drinnen bleiben, den Augenblick genie‎ßen, sich umschauen. Es war etwas schwierig, die Besucher in Bewegung zu halten. Der Event war auf jeden Fall ein Erfolg!“




    Der Bukarester Triumphbogen bleibt bis Mitte Juni offen. Die Besucher werden aufgefordert, ein Buch aus der eigenen Bibliothek mitzubringen. Die gesammelten Bücher sollen im Nachhinein an benachteiligte Gemeinden gespendet werden. Oana Zaharia versprach sogar mehr Überraschungen:



    Dieses Jahr führen wir mehrere Kampagnen durch, um die Menschen zum Lesen anzuregen. Wahrscheinlich werden wir auch weiterhin verschiedene Veranstaltungen im Triumphbogen organisieren. Bis zum 15. Juni planen wir noch, neuerschienene Bücher vorzustellen und andere kleinere Kulturereignisse zu veranstalten. Diese wollen wir in das Projekt des Triumphbogens als Bibliothek einflie‎ßen lassen. Danach sollen hier verschiedene Ausstellungen veranstaltet werden. Unsere Kampagnen zielen darauf ab, vor allem Kinder und Jugendliche zum Lesen anzuregen. Denn das Lesen verhilft ihnen, sich zu jungen informierten Erwachsenen zu entwickeln. Es hilft ihnen, sich selbst zu definieren.“




    Oana Zaharia ermuntert auch unsere Hörer:



    Lesen! Möglichst viel lesen! Und schauen Sie sich ab und zu unsere Kampagnen an. Denn wir möchten damit möglichst viele Einwohner von Bukarest und Touristen anlocken.“




    Eine komplexe Erfahrung — die Besucher der temporären Bibliothek können dadurch die wunderbare Welt der Bücher in der historisch konnotierten Stimmung des Triumphbogens entdecken.

  • Digitale Revolution: Bleibt das Lesen von Büchern auf der Strecke?

    Digitale Revolution: Bleibt das Lesen von Büchern auf der Strecke?

    Schon im zarten Alter gewöhnen sich die Kleinen an die Fernbedienung, das Tablet oder den Laptop und verbringen viel Zeit vor den Bildschirmen — zum Nachteil von Spielen im Freien oder später, wenn sie im Schulalter ankommen, zum Nachteil von Lesen. Welche Auswirkungen hat die Nutzung von Bildschirmen bei Kindern? Diana Mocanu, Leiterin des Verlags Gama“ in Iaşi, der hauptsächlich Bildungsprojekte durchführt, fasst zusammen:



    Nach europäischen Statistiken verbringen Kinder unter 5 Jahren etwa 3 Stunden pro Tag vor dem Bildschirm, was viel ist, zu viel sogar. Meines Erachtens muss ein Kleinkind seine Feinmotorik, sein Vokabular entwickeln, die Schaffung neuer neuronaler Verbindungen durch Interaktion mit realen Objekten, und nicht virtuell fördern. Aus diesem Grund muss ein 3-jähriges Kind von den Bildschirmen ferngehalten werden und einigen Regeln unterliegen. Mit dem Wachstum nimmt das Digitale in seinem Leben immer mehr Platz ein. Teenager müssen sogar ihre Computerkenntnisse entwickeln, denn das ist die Zukunft. Es ist jedoch ebenso wichtig, einen Geschmack für das Lesen zu entwickeln, und aus diesem Gesichtspunkt haben Eltern eine sehr wichtige Rolle zu spielen, da sie die richtigen Bücher bereitstellen und die Kinder zum Lesen anregen und motivieren können.“




    Um das Lesen unter jungen Leuten zu fördern, startete der Gama Verlag in Iaşi die Kampagne Der Tag, an dem wir Zeit haben“ für Kinder und Eltern. Diana Mocanu dazu:



    Die Kampagne begann mit Rundtischgesprächen. Eines davon fand auf der Buchmesse Gaudeamus in Bukarest, das andere in Iaşi statt. Für beide Rundtischgespräche haben wir Experten aus den Bereichen Bücher, Erziehung und Informatik eingeladen, um das Thema aus verschiedenen Blickwinkeln zu betrachten. Wir wollten Eltern helfen, die mit diesem Problem konfrontiert werde, und versuchen, praktische Lösungen zu finden.“




    Die Büchersammlungen, die von den Eltern gemeinsam mit den Kindern gelesen werden können, sind eine gro‎ße Hilfe. Das Kind kann ohne viel Aufwand leichter lesen. Diana Mocanu:



    Wenn wir das Buch mit dem Smartphone oder dem Tablet vergleichen, stellen wir fest, dass digitale Geräte attraktiver sind, mehr Spa‎ß machen und weniger Aufwand erfordern. Das Lesen ist dagegen eine komplexe Tätigkeit, die Anstrengung über mehrere Jahre voraussetzt. Im Wettbewerb mit dem Bildschirm wird das Buch nicht gewinnen, solange sich das Kind mit dem Lesen schwer tut.“




    Eine solche Kampagne ist jedoch nicht wirksam, wenn sie nicht gleichzeitig an die Eltern gerichtet ist, um sie zu erziehen — glaubt Dichter Robert Şerban, der an einem der unter dem Motto Der Tag, an dem wir Zeit haben“ organisierten Rundtischgespräche teilgenommen hat. Was antwortet er den Eltern, die besorgt sind, weil sie feststellen, dass ihre Kinder zu viel Zeit vor den Bildschirmen verbringen? Robert Şerban:



    Eltern vergessen, in den Spiegel zu schauen. Sie vergessen, den Fernseher auszuschalten; sobald sie zuhause sind, vergessen sie, ihre Laptops und Tablets beiseite zu legen. Mit anderen Worten, fordern sie die Kinder auf, das zu tun, was sie nicht selbst tun können, sie fordern von den Kindern Dinge an, die für sie selbst unmöglich erscheinen. Jetzt wissen wir es nur zu gut: Kinder übernehmen die Verhaltensweisen, die sie bei ihren Eltern sehen, bei Erwachsenen, die ihnen als Vorbilder dienen. Freunde, die Kinder haben, fragen mich seit Jahren, was zu tun ist, welche Strategien sie anwenden sollen, um ihre Kinder zum Lesen zu veranlassen. Und meine Antwort lautet immer: ‚Und was machen Sie, wenn Sie nach Hause gehen?‘, ‚Was ich mache? Ich setze mich aufs Sofa und schalte den Fernseher ein.‘, ‚Also, was erwartest du dann von deinem Kind? Sieht er dich oder deine Frau bzw. deinen Mann etwas lesen?‘ Das ist die Erklärung. Diese Kampagnen sind wichtig, aber damit es nicht nur bei Theorie oder guten Ansätzen und Slogans bleibt, müssen solche Kampagnen auch die Eltern und nicht nur die Kinder ansprechen.“




    Die Faszination des Internets und der elektronischen Spiele auf Kinder ist für Robert Șerban, selbst ein Elternteil, nicht unbekannt. Er wei‎ß nur zu gut, dass digitale Geräte gute Lernmittel sein können, wenn sie entsprechend eingesetzt werden. Robert Șerban:



    Wir benutzen diese nicht als Werkzeuge, sondern lassen uns von ihnen benutzen. Sie stehlen unsere ganze Zeit. Sie sind faszinierend, fabelhaft. Ich frage mich oft, was ich in den 70er–80er Jahren gemacht hätte, als ich noch ein Kind war, wenn ich solche Geräte in Reichweite gehabt hätte. Ich bin sicher, ich wäre genauso verführt worden wie meine Kinder jetzt. Ich habe einen 8-jährigen Jungen und ein 12-jähriges Mädchen. Auch ich muss mit den Werkzeugen kämpfen, zu denen sie Zugang haben. Ich versuche, sie zu schützen, und ich versuche zu verstehen, dass sie Werkzeuge sind, nicht mehr. Das Handy wird verwendet, um zu telefonieren, und nicht um den ganzen Tag am Bildschirm hängen zu bleiben. Wir sehen fern, wenn wir uns einen Film oder die Nachrichten anschauen wollen, wir wollen aber nicht süchtig werden. Das Lesen ist persönlichkeitsprägend. Egal, ob Sie einen Bildschirm, ein Blatt Papier oder ein Buch vor sich haben, es ist wichtig, dass Sie lesen. Es ist wissenschaftlich nachgewiesen, dass Lesen uns beim Konzentrieren hilft, es entwickelt unser Nervensystem, es entwickelt das Gehirn und die Vorstellungskraft.“




    Die Kampagne, die von dem Gama Verlag ins Leben gerufen wurde, endete mit einem Tag, an dem Eltern und Kinder elektronische Geräte — Computer, Tablets, Smartphones — beiseitegelegt und den Fernseher ausschaltet haben, um denjenigen, die sie lieben, näher zu kommen, in Begleitung eines Buches, eines Spiels oder bei einer Wanderung.

  • Buchmesse „Gaudeamus“ beim 25. Jubiläum

    Buchmesse „Gaudeamus“ beim 25. Jubiläum

    Die Messe Gaudeamus ist der wichtigste Bestandteil des Programms Lectura“ (Lektüre), eines landesweiten Programms, das 1994 von Radio Rumänien ins Leben gerufen wurde. Dessen Ziel ist, die Landeskultur durch Messen und Ausstellungen, die dem Buch und der Erziehung gewidmet sind, zu unterstützen. Radio Rumänien ist die einzige Rundfunkanstalt der Welt, die ein derartiges Kulturprojekt betreut.



    Die Buchmesse Gaudeamus 2018 findet unter dem Zeichen dreier Jubiläen statt: das Jahrhundertjubiläum der Gro‎ßen Vereinigung der rumänischen historischen Provinzen zu einem einheitlichen Staat, neun Jahrzehnte seit der ersten Sendung von Radio Rumänien, einem der ältesten Radiosender Europas, und 25 Auflagen der Gaudeamus-Messe. Obwohl die Buchmesse Gaudeamus üblicherweise ein Gastland und dessen Kultur zelebriert, steht dieses Jahr ein spezielles Thema im Mittelpunkt der Veranstaltung: Das Jahrhundertjubiläum Rumäniens. An einem repräsentativen Stand wird eine Sammlung von 600 Bänden präsentiert, die diesem historischen Augenblick gewidmet sind. Au‎ßerdem finden hier ungefähr 50 Ereignisse statt, darunter Buchvorstellungen, Rundtischgespräche, Filmvorführungen, öffentliche Lesungen. Der Stand des Jahrhundertjubiläums Rumäniens bietet dem Publikum die Möglichkeit, mit einigen der bekanntesten rumänischen Schriftsteller, Literaturkritiker und Historiker zusammenzukommen.



    Auf der diesjährigen Auflage der Buchmesse Gaudeamus — Das Buch zum Lernen“ sind mehr als 300 Aussteller vertreten, darunter bekannte, altbewährte rumänische Verlage, Bildungseinrichtungen, Buchvertriebe, Produzenten von Erziehungspielen für Kinder, Berufsverbände und andere Organisationen, die in den Bereichen Bildung und Kultur aktiv sind. Über die Neuheiten, die auf der 25. Auflage der Buchmesse Gaudeamus präsentiert werden, unterhielten wir uns mit Bogdan-Alexandru Stănescu, Koordinator der Sektion Weltliteratur vom Polirom-Verlag, Andreea Răsuceanu, Koordinatorin und Initiatorin der Buchreihe Rumänische Schriftsteller der Gegenwart“ vom Humanitas-Verlag, und Eli Bădică, Initiatorin und Koordinatorin der Buchreihe N’Autor“ vom Nemira-Verlag. Ein besonderes Event der Sektion Weltliteratur vom Polirom-Verlag ist die Vorstellung des Bandes Cum am împuşcat un elefant“ (Einen Elefanten erschie‎ßen“) von George Orwell. Mehr dazu von Bogdan-Alexandru Stănescu:



    Der Band enthält Essays und Kurzgeschichten von George Orwell, geschrieben in der Zeit von 1922 bis 1927, als er auf den Posten eines Assistant Superintendent in der britischen Imperial Police in Burma arbeitete. Verpflichtet, die Gesetze des Empire auszuführen, mit denen er nicht sympathisierte, entwickelte sich seine Abneigung gegen das repressive und totalitäre Regime im britischen Kolonialreich. Eine weitere Neuerscheinung beim Polirom-Verlag ist »De ce scriem« (»Why write?«) von Philip Roth, in der exzellenten Übersetzung von Radu Pavel Gheo. Es handelt sich um einen Band mit Essays, Interviews, Polemiken und autobiographischen Fragmenten, die Philip Roth zwischen 1960 und 2014 veröffentlichte. Es ist das letzte Buch, das vor dem Tod Philip Roths im berühmten Verlag Library of America erschienen ist. Und in der Non-Fiction-Sektion präsentieren wir bei der diesjährigen Auflage der Buchmesse Gaudeamus den Band »O viaţă în scrisori. Corespondenţă I« (»Ein Leben in Briefen. Korrespondenz I«) (1879–1890) von Anton Pawlowitsch Tschechow, ins Rumänische übertragen und herausgegeben von Sorina Bălănescu. Das ist der erste von drei geplanten Bänden mit dem Briefwechsel des gro‎ßen russischen Schriftstellers.“




    2017 hat der bekannte rumänische Humanitas-Verlag eine neue Buchreihe gestartet: Scriitori români contemporani“ (Rumänische Schriftsteller der Gegenwart“). Die Koordinatorin der neuen Buchreihe, Andreea Răsuceanu, ist der Meinung, dass die rumänische Literatur der Gegenwart eine breite Palette bietet, und daher sollte die Diversität im Mittelpunkt stehen. Über die Buchvorstellungen in der Reihe Rumänische Schriftsteller der Gegenwart“ auf der Buchmesse Gaudeamus erfahren Sie mehr von Andreea Răsuceanu:



    Der Humanitas-Verlag hat dieses Jahr drei neue Bände vorgestellt. Der erste ist der Roman »Transparenţa« (»Transparenz«) von Radu Vancu, ein Gelehrtenroman mit Stil, ein halbfantastischer Roman, der auch eine sehr schöne Liebesgeschichte erzählt. Diese Liebesgeschichte entfaltet sich in einem mythischen Sibiu/Hermannstadt. Die alte siebenbürgische Stadt gewinnt neue Facetten, sie wird literarisch verwertet. Ferner stellen wir ein Debutbuch vor, den Erzählungsband »Guadalajara« von Iulian Popa. Der Autor ist eine neue, originelle Stimme der rumänischen Literatur, er hat mich mit seinen Texten sofort überzeugt, und ich glaube, dass wir noch viel von ihm zu hören bekommen werden. Seine Geschichten haben etwas Unheimliches, Melancholisches, sie erzählen über Ehekrisen, über die Einsamkeit und Orientierungslosigkeit der älteren Menschen, über den Mangel an Kommunikation in der heutigen Gesellschaft. Der dritte Band, den wir auf der Buchmesse Gaudeamus vorstellen, trägt den Titel »16 prozatori de azi« (»16 Prosaschriftsteller von heute«) und ist ein Sammelband mit Texten von 16 der wichtigsten rumänischen Prosaschriftsteller der Gegenwart.“




    Eine weitere Buchreihe mit rumänischer Gegenwartsliteratur ist N’Autor“, vorgestellt vom Nemira-Verlag. Dazu gehören Bücher, die Fragmente von der heutigen Gesellschaft in Rumänien oder auch von überall, von einer Welt im Wandel beschreiben. Die Koordinatorin der Reihe, Eli Bădică:



    Auf der diesjährigen Messe Gaudeamus stellen wir den neuen Band »« Noaptea dintre lumi” (»Die Nacht zwischen den Welten«) von Irina Georgescu-Groza vor. Vor zwei Jahren debütierte Irina mit einem Kurzprosaband, und jetzt kommt sie mit einem wunderbaren Roman über ein junges Mädchen, das in der kommunistischen Zeit lebt und ein sehr spezielles Kind ist. Weitere Bücher, die in der Reihe »N’Autor« erschienen sind und von Lesern, Bloggern und Fachjournalisten positiv aufgenommen wurden, sind »Un cal într-o mare de lebede« (»Ein Pferd in einem Schwanenmeer«) von Raluca Nagy und »Povestiri din garaj« (»Geschichten aus der Garage«) von Goran Mrakić. Auch wenn die internationale Literatur sich immer noch besser verkauft, glaube ich doch an die rumänischen Leser, die verstanden haben, dass die rumänischen Autoren genauso gut wie die ausländischen sind.“




    Am Sonntag, den 18. November, werden wie jedes Jahr die Preise der Messe Gaudeamus verliehen. Drei Trophäen gehen an die besten Aussteller, der Preis für das beliebteste Buch auf der Messe wird per Abstimmung des Publikums gewährt, und Radio Rumänien wird einem der auf der Messe anwesenden Verlage den Exzellenzpreis verleihen. Au‎ßerdem gibt es Preise für Übersetzung und Erziehung. Nicht zuletzt werden die Veranstalter die schönste Buchliebhaberin mit dem Preis Miss Lektüre“ auszeichnen.

  • BOOKerini – die Kinder-Buchmesse in der Mansarde

    BOOKerini – die Kinder-Buchmesse in der Mansarde

    Die Kinder von heute lesen immer weniger, und immer wenigere Eltern lesen ihren Kindern abends vor dem Einschlafen eine Geschichte vor. Jugendliche distanzieren sich auch immer mehr von Büchern, viele lesen nur noch am Bildschirm. Dieses Thema beschäftigt die Öffentlichkeit im zunehmenden Ma‎ße. Neulich entstanden auf private Initiative einige Projekte, die auf einen erfolgreichen Verhaltenswandel abzielen: anstatt sich zu beschweren, warum nicht diese ungeliebte Situation verändern? Der Kulturverband Câte-n lună şi-n mansardă“ (deutsch in etwa: In der Mansarde. Zum Himmel hinauf“) hat die erste Buchmesse für Kinder veranstaltet. BOOKerini fand an einem Wochenende in Bukarest statt. Die Organisatoren lockten die Kinder nicht nur mit Preisermä‎ßigungen bei Büchern an, sondern auch mit verschiedensten Workshops, sagt unsere Gesprächspartnerin Valentina Bâcu:



    Den Akzent legen wir auf wertvolle Bücher und wir tun unser Bestes, damit sich Kinder mit den verschiedenen Figuren der Kindergeschichten anfreunden. Daher haben wir dieser Messe eine besondere Aufmerksamkeit geschenkt. Wir haben kinderfreundliche Stände eingerichtet, die Regale liegen nicht hoch, damit die Kinder nach Büchern ohne Schwierigkeiten greifen können. Sie können zudem die Bücher in einer warmen, freundlichen und familiären Atmosphäre genie‎ßen. Sie können sich auf Bodenkissen und bequeme Sessel setzen und Bücher lesen. Nicht zuletzt organisieren wir eine Reihe von Veranstaltungen hier in der Buchhandlung Cărtureşti Verona. In der Mansarde hatten wir einen Monat vor Messebeginn auch eine Ausstellung zusammen mit den Kindern organisiert. Dort finden auch regelmä‎ßig Workshops für Kinder und verschiedene Lesungen statt.“




    Innerhalb der drei Messetage schien der herrschende Wirrwarr die Idee zu widerlegen, dass die Kinder und Jugendlichen von heute nicht mehr lesen. Unsere Gesprächspartnerin kommt erneut zu Wort mit Einzelheiten:



    Trotz der verbreiteten Meinung lesen die Kinder von heute sogar viel, aber nur wenn es ihnen wirklich Spa‎ß macht, nicht wenn sie das Curriculum dazu zwingt. Das habe ich während der Arbeit mit Kindern entdeckt, das müssen sowohl die Kinder als auch die Lehrer verstehen. Sie wollen nicht die Bücher lesen, die für ihre Eltern als Meisterwerke gelten und die ihnen empfohlen werden. Das Wichtigste ist, meiner Ansicht nach, dass sie selber das Vergnügen am Lesen entdecken. Aus diesem Grund haben wir diese Messe organisiert, die anders ist als andere Fachveranstaltungen. Wir haben auch Leseräume mit einer gemütlichen Atmosphäre gestaltet, so zum Beispiel ein Zelt. Wir haben Workshops organisiert, wo sie Geschichten schreiben und Illustrationen zeichnen lernen. Meine Schlussfolgerung ist, dass die Kinder doch lesen, und die erste Auflage der Buchmesse BOOKerini bestätigt diese Schlussfolgerung. Am ersten Messetag haben sich mehr als 700 Kinder an unseren Veranstaltungen beteiligt, und wir hoffen, dass ihre Zahl zukünftig deutlich zunehmen wird.




    Nicht nur lesen, sondern auch schreiben macht den Kindern von heute Spa‎ß, haben wir bei BOOKerini festgestellt. Dort haben wir mit Delia Calancia gesprochen, die sich als die jüngste Autorin des Verlags Humanitas“ vorstellt. Die Neunjährige hat einen Band sowohl als Autorin als auch als Illustratorin unterzeichnet. Sie zeichnet schon seit drei oder vier Jahren. Nachdem sie lesen lernte, dienten ihr verschiedene Kindergeschichten als Inspirationsquelle für ihre Zeichnungen. Welche Bücher liest aber Delia?



    Ich liebe Fantasy-Bücher wie jene des britischen Schriftstellers Roald Dahl, so zum Beispiel »Matilda« und »Charlie und die Schokoladenfabrik«. Ich liebe eigentlich alle Bücher von Roald Dahl. Ich lese jeden Tag. Es vergeht kein Tag, an dem ich nicht lese.“




    Auch Petru Buzea ist ein junger Autor. Der 10-jährige hat zusammen mit seiner jüngeren Schwester Smaranda das Buch Poveşti scurte, dar cu haz“ (Kurze, jedoch lustige Geschichten“) geschrieben und bebildert. Wie sie auf diese Idee gekommen sind, erläutert Petru:



    Eines Abends, als ich nichts zu tun hatte, dachte ich: Warum nicht eine Geschichte schreiben? Ich fing an, zu schreiben, dann habe ich die Geschichte meiner Mutter gezeigt, und sie war davon begeistert. Ich baue meine Geschichten im Stil der Märchen auf, weil ich Märchen liebe, ich liebe, sie zu lesen. Vor kurzem dachte ich, dass ich mein eigenes Leben als Inspirationsquelle nutzen soll.“




    Auch die elfjährige Petra hat vor kurzem ihr Schreibtalent entdeckt. Die leidenschaftliche Leserin sagt dazu:



    Eben heute habe ich angefangen, ein Buch zu schreiben, aber ich mag auch Illustrationen zu zeichnen. Meine Eltern haben mir immer abends vor dem Einschlafen vorgelesen, meine Gro‎ßmutter auch. Sie schlief manchmal währenddessen ein, und so bin ich auf die Idee gekommen, selber zu lesen.“




    Die Eltern haben die Kraft, den Appetit ihrer Kinder aufs Lesen zu wecken. Das Lektüre-Festival Narativ“ richtet sich gleicherma‎ßen an Eltern und Kinder. Die zweifache Mutter Ana hat uns dort erzählt, warum sie mit ihren Kindern daran teilnimmt:



    Ich möchte, dass sich meine Kinder von Lektüre angezogen fühlen, weil die Kinder von heute viel Zeit mit digitalen Medien verbringen. Mein zehnjähriger Junge hat bereits angefangen zu lesen, das hat er alleine gelernt, aber hin und wieder muss ich ihn dazu motivieren. Meiner Tochter lese ich noch vor, denn sie geht jetzt in die erste Klasse und lernt gerade zu lesen. Wir lesen zusammen, aber dafür haben wir nur wenig Zeit zur Verfügung. Deswegen nehme ich mit meinen Kindern daran teil.“




    Das Festival Narativ“ fand bereits zum dritten Mal statt. Die Festspiele werden vom Verlag Curtea Veche“ organisiert und bieten den Kindern 3000 freie Plätze bei Workshops an, die darauf abzielen, den Appetit der Kinder auf Lektüre zu wecken. Wir haben die Vizepräsidentin des Verlags Miruna Meiroşu um Einzelheiten gebeten:



    Wir veranstalten unterschiedliche Workshops zu den verschiedensten Themen und dadurch wollen wir die Kinder davon überzeugen, dass Lesen sehr lustig und unterhaltsam sein kann. Wir versuchen gleichzeitig ihre Kreativität und ihren kritischen Geist zu fördern. Nicht zuletzt versuchen wir die Lektüre und Techniken der bildenden Kunst, so zum Beispiel das Schattentheater oder die Architektur, zusammenzubringen. Wir organisieren auch Storytelling-Workshops in Fremdsprachen. Wir nutzen packende Geschichten, damit Kinder Fremdsprachen üben können. Wir veranstalten auch verschiedene Konferenzen für Eltern. Seit drei Jahren setzen wir uns dafür ein, die Eltern mit dem Begriff »Parenting für Lektüre« vertraut zu machen. Es handelt sich um moderne Techniken, mit dem mangelnden Appetit der Kinder auf Lektüre umzugehen.“




    Wie eine vom Verlag Curtea Veche“ durchgeführte Umfrage ergibt, haben nur 8% der Bukarester Schüler Spa‎ß am Lesen. Es bleibt nur zu hoffen, dass die Eltern und die Lehrkräfte ihre Anstrengungen vereinen werden, um die Situation zu verändern.

  • Leseförderung: Bukarester Stadtbibliothek wirbt um Leser im öffentlichen Verkehr

    Leseförderung: Bukarester Stadtbibliothek wirbt um Leser im öffentlichen Verkehr

    Laut einer Umfrage von 2015 hätten 25% der in der Provinz lebenden Rumänen in den letzten 12 Monaten kein Buch gekauft. In Bukarest lag dieser Prozentsatz bei 6%. Zudem erklärten 62% der Bukarester, sie hätten in derselben Zeitspanne ein bis fünf Bücher gekauft. 48% der Bewohner anderer rumänischer Regionen gaben dieselbe Antwort. Diese Daten wurden vom Kultur-Konsum-Barometer vor zwei Jahren erfasst. Jetzt hat der Verein Curtea Veche“ eine neue Studie durchgeführt. Curtea Veche“ fördert das Lesen in den Reihen der Kinder. Valentina Roman, Leiterin des Vereins erklärt:



    Nur 8% der Kinder in Bukarest lesen aus Vergnügen in ihrer Freizeit. Ein Teil derer, die nicht lesen, sagen, sie hätten keine Zeit dazu, weil sie Schule und zusätzliche Kurse besuchen, oder sie würden keine Bücher finden, die ihnen gefallen. Die Eltern würden sie zwingen, Bücher zu lesen, die sie nicht interessant finden.“




    Im Rahmen der Studie wurden 1082 Schüler zwischen 11 und 14 Jahren befragt. Dabei stellte sich auch die Frage der Bibliothek-Besuche. Ob die Schüler in die Bibliothek gehen oder nicht, erfahren wir von Valentina Roman:



    Knapp zwei Drittel sagten uns, sie würden die Schulbibliothek nicht besuchen, weil es da keinen Leseraum gibt. Ein anderer Grund ist, dass sie keine für ihr Alter passenden Bücher finden. Ein kleiner Anteil besucht auch die öffentlichen Bibliotheken. Sie tauschen eher Bücher unter sich. Die meisten Lese-Empfehlungen kommen ja von den Freunden. Die Kinder bevorzugen diese den Empfehlungen der Schule oder der Eltern.“




    Auch wenn sie wenig bekannt und besucht werden, bieten die Bibliotheken in den unterschiedlichen Stadtteilen passende Leseräume und Bücher zum Ausleihen. Zugleich sind sie Orte, wo die Menschen in Kontakt miteinander kommen und wo gemeinschaftliche Projekte abgewickelt werden. Das wollten die Bibliothekare der Bukarester Stadtbibliothek Mihail Sadoveanu“ zeigen. Die Bibliothek hat Filialen in allen Bezirken der Stadt und in fast allen Stadtteilen. Die jüngste Kampagne der Bibliothek war Reise mit einem Buch“ und wurde in Partnerschaft mit dem Bukarester Verkehrsbund RATB abgewickelt. Anfang März haben die Bibliothekare in den öffentlichen Verkehrsmitteln Lächeln und Leseaufforderungen verteilt, wie uns Anca Râpeanu, Geschäftsführerin der Stadtbibliothek, erzählte:



    Ein Gro‎ßteil der Bukarester verbringt täglich, wegen des Verkehrs, viel Zeit in den öffentlichen Verkehrsmitteln. Was wäre, wenn sie diese Zeit fürs Lesen ausnutzen würden? Was haben wir dann gemacht? Am 1. März, ein besonderer Tag für die Damen, haben wir ihnen Glückwunschkarten geschenkt. Diese wurden von den Kindern, die an den Kunst-Workshops unserer Bibliothek teilnehmen, gebastelt. So teilen wir den Bukarestern mit, dass wir viele gute Bücher haben und ihnen auch andere kostenlose Programme anbieten.“




    In den sechs Tagen haben 50 Bibliothekare, 7 Volontäre und 10 Praktikanten in den öffentlichen Verkehrsmitteln in Bukarest mit etwa 11 Tausend Bukarestern diskutiert und au‎ßer Glückwunschkarten auch Visitenkarten verteilt. Worum es sich handelt, sagt uns Marilena Chiriţă, Leiterin der Marketing- und PR-Abteilung der Bukarester Stadtbibliothek:



    Was für eine bessere Visitenkarte als die Broschüre mit unseren 34 Filialen könnte die Bibliothek haben? In den Verkehrsmitteln zeigten sich die Menschen interessiert, wo es uns gibt und was wir anbieten. Wir haben auch Menschen getroffen, die unsere Angebote in Anspruch genommen haben.“




    Das Motto der Kampagne lautete: Ein gutes Buch kann in jedem öffentlichen Verkehrsmittel gelesen werden“. Noch ist es zu früh, um zu sagen, ob es ein Erfolg war. Eine andere Kampagne war aber ein Erfolg und findet jetzt wöchentlich statt, weil das Interesse gro‎ß ist. Anca Râpeanu, Geschäftsführerin der Stadtbibliothek, berichtet über Die Märchen-Stunde“:



    Wir haben mit 16 Filialen angefangen. Ein Volontär erzählt den Kindern zwischen 3 und 6 Jahren, die von Eltern begleitet werden, ein Märchen. Die Idee war folgende: Ein Dreijähriger ist kein Leser, das kann er aber werden, wenn man ihm vorliest und er Bücher sieht. Wir hoffen, dass dann auch die Eltern ihren Kindern vor dem Schlaf mindestens 10-15 Minuten vorlesen werden.“




    Und vielleicht wird auch diese in der Bibliothek verbrachte Märchenstunde die Eltern dazu bringen, ein Buch auszuleihen, um es im Bus zu lesen.

  • Leseförderung: „Narativ“ – das Lektürefestival für Kinder

    Leseförderung: „Narativ“ – das Lektürefestival für Kinder

    Auf wie viele Arten kann ein Märchen gelesen werden? Das fragten sich diesen Herbst die Mitarbeiter des Vereins Curtea Veche. Um eine Antwort zu liefern, luden sie Kinder, Eltern und Lehrer zu einem Lektürefestival für Kinder ein. Das Lektürefestival hei‎ßt NARATIV und findet heuer zum zweiten Mal statt. Die Teilnehmer hatten freien Zugang zu den 120 Aktivitäten, die innerhalb des Festivals veranstaltet wurden. Sämtliche Workshops im Rahmen des Festivals verfolgten ein einziges Ziel — das Interesse der Kinder für Lektüre anzuspornen und die Eltern zur Lektüre mit dem Kind anzuregen.



    Valentina Roman ist Projektleiterin und Geschäftsführerin des Vereins Curtea Veche. Sie stellte das Projekt Narativ — ein Lektürefestival für Kinder“ auf die Beine. Valentina erzählte uns, wie es dazu kam:



    Der Verein Curtea Veche wurde vor zwei Jahren gegründet. Das hei‎ßt, seit zwei Jahren versuchen wir Kinder zum mehr Lesen zu animieren. Lesen soll Spa‎ß machen, nicht als Pflicht betrachtet werden. Diese Botschaft versuchen wir zu vermitteln. Wir veranstalten verschiedene Aktionen, sowohl in Städten wie auch im ländlichen Raum. Dabei erkannten wir zwei wesentliche Hindernisse, die den Kindern den Zugang zu Lektüre erschweren: Im ländlichen Raum, in den Dörfern, haben die Kinder keinen Zugang zu Büchern. In den Städten dagegen besteht diese Schwierigkeit nicht. In den Städten gibt es Buchhandlungen, die Kinder haben zuhause Bücher, doch sie zeigen kaum ein Interesse am Lesen. Die Eltern machen sich Sorgen, sie wissen nicht, wie sie ihre Kinder für das Lesen begeistern können. So sind wir auf den Gedanken gekommen, ein Lektürefestival zu veranstalten. Im Rahmen des Festivals finden verschiedene interaktive Workshops statt, an denen sich Kinder und Eltern beteiligen. Wir versuchen das Lesen attraktiv zu machen. Wir wollen ihnen zeigen, dass Geschichten und Märchen auch anders gelesen werden können.“




    Workshops wie Die Odyssee — ein Comicheft“, Pinocchio — Märchen mit Musik“, Peter Pan — Schauspielkunst für Leser“ oder Storytelling“ begeisterten die kleinen Teilnehmer und boten ihnen zugleich die Möglichkeit, sich künstlerisch einzubringen: sie zeichneten, komponierten Musik, spielten Theater und dachten sich eigene Geschichten aus. Bekannte Märchen der Weltliteratur wurden neuentdeckt, umgestaltet und überdacht, so Valentina Roman, die Leiterin des Projektes Narativ — ein Lektürefestival für Kinder“:



    Wir sind von mehreren bekannten Märchen ausgegangen und haben die Kinder aufgefordert, ihre Einbildungskraft einzusetzen. Wir regten sie z.B. an, ein Lieblingsbuch mit Musik zu unterlegen oder ein Comicheft nach der Odyssee zu erstellen. Wir bauten ein Schattentheater auf und forderten sie auf, Geschichten zu erfinden. Wir dachten auch an die ganz jungen Teilnehmer, an die Kinder, die noch nicht lesen können. Für sie schrieben wir einige Reimspiele und Rätsel auf. Wir fassten sie zusammen unter dem Titel »Buchstaben für Kerlchen«. Dadurch wollten wir sie mit dem Alphabet vertraut machen.“




    Barna Nemethi ist Regisseur und Fotograf. Er leitete ein Workshop für Kinder innerhalb des Festivals. Wir baten ihn, seine Erfahrung mit uns zu teilen:



    Der von mir geleitete Workshop hie‎ß »Märchen-Journalist«. Wir gingen von den grundsätzlichen Fragen aus, die sich ein Journalist stellt, und versuchten das Geschehen in mehreren Märchen zu ermitteln. Wir wollten den Kindern zeigen, dass ein Buch nicht blo‎ß als Lesestoff fungiert. »Robinson Crusoe« zum Beispiel ist ein Kinderbuch aber zugleich auch ein Studium der Politikwissenschaft. Wir regen die Kinder an, das Gelesene zu hinterfragen.“




    Das Lektürefestival stellt eine gute Gelegenheit dar, Schüler und Kinder und ihr Leseverhalten kennenzulernen, sagte unser Gesprächspartner. Und fügte noch hinzu:



    Beim Workshop, den ich dieses Jahr leitete, thematisierten wir die »Reise zum Mittelpunkt der Erde« von Jules Verne. Es ist ein bedeutender Science-Fiction-Roman, besonders beliebt unter den Konsumenten dieses literarischen Genres. Das Gespräch entwickelte sich in mehrere Richtungen. Die Teilnehmer stellten Fragen wie z.B.: Was steht im Mittelpunkt der Erde, wie können wir das herausfinden, was wusste Jules Verne über den Mittelpunkt der Erde. Es war ein sehr interessanter Meinungsaustausch für alle Teilnehmer.“




    György Gáspár ist ein Fachmann auf dem Gebiet der Familien- und Paartherapie. Er leitete mehrere Workshops beim Lektürefestival:



    Wie auch vergangenes Jahr war auch das diesjährige Lektürefestival eine besondere Erfahrung. Viele Familien wünschen sich, dass ihre Kinder Spa‎ß am Lesen haben. Sie wünschen sich, dass ihre Kinder gerne lesen. Sie wollen eine Freundschaftsbeziehung zwischen ihren Kindern und den Büchern aufbauen. Eltern und Kinder nahmen zusammen an verschiedenen Aktivitäten teil, aus denen die Bedeutung des Lesens hervorging. Die Beziehung zu den Büchern ist meiner Ansicht nach gleichzusetzen mit jeglichen gewöhnlichen Freundschaftsbeziehungen, die wir in unserem Leben pflegen. Wie alle anderen Freundschaftsbeziehungen muss auch die Beziehung zu den Büchern liebevoll gepflegt werden. Die Eltern dürfen die Kinder nicht unter Druck setzen, damit diese mehr lesen. Sie sollten vielmehr das Lesen attraktiv machen, so dass die Kinder Spa‎ß daran haben. Drum sollten die Eltern schon von klein auf ihren Kindern Märchen vorlesen, mit ihnen kommunizieren. Der Akt des Lesens basiert auf die Fähigkeit des Kindes, Worte wahrzunehmen und zusammenhängend zu verstehen. Mehr als 100 Eltern beteiligten sich an meinem Workshop.“




    Letztes Jahr seien 40 kreative Werkstätte im Rahmen des Festivals organisiert worden, dieses Jahr waren es 120. Mehr als 2000 Kinder beteiligten sich daran, so Valentina Roman, Leiterin des Projektes Narativ — eine Lektürefestival für Kinder“ und Geschäftsführerin des Vereins Curtea Veche. Die Arbeit mit Kindern überrasche sie jedes Mal aufs Neue, so Valentina Roman. In diesem Zusammenhang erwähnte sie ein lustiges Geschehnis:



    Die Kinder haben fast immer einen gescheiten Spruch parat. Ich kann Ihnen von einem Mädchen erzählen, das uns sagte, sie lese gerne »Die drei Musketiere«, weil sie eigentlich zu viert seien.“




    Im gleichen Ton kann im Mittelpunkt der Erde eine noch kleinere Erde gefunden werden. Und so weiter. Spiel, Erforschung, Erkenntnis — alles rund ums Lesen!

  • Leseförderung in Rumänien

    Leseförderung in Rumänien

    Lesen gehört seit langem nicht mehr zu den Lieblingsbeschäftigungen der Jugendlichen in Rumänien. Eine Meinungsumfrage des Rumänischen Institutes für Soziale Studien hat gezeigt, dass 22% der Jugendlichen überhaupt nicht lesen, während einer von fünf nur ein Buch im Jahr liest. Die Tatsache, dass die Rumänen weder Lust noch Geld für Bücher haben, spiegelt sich auch auf dem Markt der gedruckten Bücher wider, der von Jahr zu Jahr schrumpft.



    Zurzeit befindet sich der rumänische Buchmarkt auf dem letzten Platz im EU-Vergleich. Und das ist der Grund, warum unterschiedliche Verbände, Bibliotheken oder Verlage versuchen, dem breiten Publikum das Lesen mit allerlei Projekten schmackhaft zu machen.



    Die Kampagne România, citeşte-mă!“ (Rumänien, lies mich!“) entstand vor dem Hintergrund einer fehlenden landesweiten Strategie zur Förderung der geschriebenen Kultur. Die Verleger standen deshalb vor gro‎ßen Schwierigkeiten, wenn es um die Lese- und Buchförderung ging, berichtet Lucia Ovezea, die Vorsitzende des Rumänischen Buchhändler-Verbandes.



    Es waren unterschiedliche Aktivitäten vorgesehen, aber wir dachten zunächst an die kleineren Kinder, die insbesondere in diesem Alter für das Buch und das Lesen begeistert werden sollen. Deshalb haben wir die Viertklässler ausgewählt und sie zu einem Lesewettbewerb eingeladen. Der Wettbewerb wurde letztes Jahr in ungefähr 50 Schulen in Bukarest, in allen Schulen in Târgoviște und in Câmpina organisiert. Praktisch haben wir versucht, dem Ganzen eine nationale Dimension zu verleihen. In diesem Jahr hatten wir weniger Fördermittel zur Verfügung. Von daher hat der Verband der Buchverleger, der der Konföderation der Buchverleger und –händler angehört, die Kontrolle übernommen und die Kampagne fortgesetzt — dabei wurden 20 Schulen aus Bukarest mobilisiert. Die Kinder werden in diesem Monat an dem Wettbewerb auf Stadtebene teilnehmen, die Preise werden dann — wie letztes Jahr auch — im Rahmen der Buchmesse Bookfest am 31. Mai verliehen.“



    Weil die Jugend von heute die meiste Zeit vor dem Computer verbringt, hat ein junger Mann aus Klausenburg eine Kampagne zur Leseförderung auf Facebook gestartet. Das Projekt von Victor Miron hei‎ßt Die Bücher im Gesicht“ und hat das Selfie-Konzept als Grundlage. Das setzt die Inszenierung eines sogenannten Buch-Selfies“ voraus, das hei‎ßt ein Bild, auf dem das Gesicht der fotografierten Person von dem gerade gelesenen Buch verdeckt ist. Bislang hat Mirons Initiative Hunderte von positiven Rückmeldungen, Kommentaren und Fotos gesammelt und viele Jugendliche für die Kultur begeistert, wie der Autor selbst erzählt:



    Ich konnte die Leute vom Buchladen Bookstory in Klausenburg überreden, den Kunden, die ein Facebook-Profilfoto mit Buch vorweisen können, einen Rabatt von 10% zu bieten. Das geschah im Februar und die Meldung über diese Ermä‎ßigung hat sehr viele Menschen gefreut. Auf der ersten Seite, auf der ich für diese Aktion warb, hatten innerhalb von einigen Tagen fast 2000 Facebook-Nutzer den Gefällt-Mir-Button gedrückt. Und das hat gezeigt, dass die Leute Interesse daran hatten, nach dem ersten Artikel waren sehr viele Nutzer mit einem Buch auf ihrem Profilfoto zu sehen.“



    Nachdem auf Facebook immer mehr Selfies mit lesenden Menschen zu sehen waren, ging Victor Miron zur nächsten Aktion seiner Kampagne über:



    Unsere Absicht war, sie mit Büchern zu überraschen, an Orten, wo sie es nicht erwarteten… Also haben wir eine kleine Bibliothek in einer Autowerkstatt eingerichtet, die für jede Reparaturarbeit ein Buch verschenkte. Das Motto lautete dort: Egal wie schön dein Auto ist, es kann dich nicht in die Gemütszustände versetzen, die ein Buch verursacht. Und dann hat eine Zahnarztpraxis in Klausenburg ein ungewöhnliches Angebot für die lesenden Patienten. Man bekommt eine 10%-ige Ermä‎ßigung auf die Behandlungskosten, wenn man auf Facebook in die Praxis eincheckt und dabei angibt, welches Buch einem ein Lächeln ins Gesicht gezaubert hat. Wir unternehmen also Ungewöhnliches, um die Menschen aus ihrem monotonen Alltag zu entführen und sie zu veranlassen, ein angenehmes Gefühl dem Lesen gegenüber zu entwickeln, interessante Diskussionen über Bücher zu führen. Wir wissen, dass Menschen sehr positiv auf Preisnachlässe reagieren, allerdings reagieren sie noch viel besser auf Gratisangebote. Deshalb haben wir dem Bürgermeisteramt Klausenburg vorgeschlagen, dass am ersten Sonntag eines jeden Monats Bücher lesende Fahrgäste der öffentlichen Verkehrsmittel diese kostenlos nutzen dürfen. Die Behörden haben bestätigt, dass sie das Konzept im Rahmen einer Buchmesse testen wollen und wir konnten es bereits anlässlich des Internationalen Buchtags umsetzen. Wer ein Buch bei sich hatte, konnte den Botanischen Garten in Klausenburg kostenlos besuchen. Auch diese Aktion war recht erfolgreich, in dem Sinne, dass der freie Eintritt am Karfreitag durch eine einfache Anzeige im Internet angekündigt wurde und, innerhalb von einigen Tagen, 32.000 Menschen erreicht hat — das Bild mit der Gratis-Aktion wurde einfach weitergegeben. Insgesamt haben dann 1230 Personen mit einem Buch unter dem Arm den Botanischen Garten besucht.“



    Der Welttag des Buches wird am 23. April begangen und ist inzwischen zum wichtigen Termin für alle Leseratten geworden. In Bukarest und anderen Städten des Landes fanden an diesem Tag unterschiedliche Aktionen zur Leseförderung statt. Nichtsdestotrotz verbringt der Durchschnittsrumäne laut einer Studie des Nationalen Institutes für Statistik lediglich eineinhalb Stunden im Monat mit Theater-, Kino- und Kunstgaleriebesuchen, während das Lesen in der Freizeit im Schnitt nur 13 Minuten am Tag ausmacht, wobei mit fortschreitendem Alter auch die mit Büchern verbrachte Zeit abnimmt. Lucia Ovezea versucht, die Entwicklung zu erklären:



    Die Welt ist global geworden, es gibt nun das Internet, die Informationen verkehren viel schneller, die Möglichkeiten der Freizeitgestaltung oder die eigene Vorstellungskraft kommen heute auf anderen Wegen zum Ausdruck. Und da ist es klar, dass das Lesen dem Ganzen ein wenig hinterherhinkt, weil viele es als veraltet ansehen oder weil es gar nicht wahrgenommen wird. So ist es nun mal, es sind andere Generationen. Lesen ist aber nach wie vor für recht viele Menschen wichtig. Leider ist der Anteil der Leser in Rumänien im Vergleich zu anderen europäischen Ländern viel geringer, aber damit müssen wir uns abfinden. Im Allgemeinen stagniert das Buch bei uns oder es macht kleine Rückwärtsschritte.“



    Für die Jugendlichen sind audiovisuelle Medien, der Fernseher und der Computer das attraktivere Angebot, im Vergleich zum geschriebenen Text. Die virtuelle Welt hat die jungen Menschen erobert und sie vor den Büchern auf Distanz gebracht. Relativ interessiert sind die Schüler heute noch an den Büchern aus dem Lehrplan.



    Audiobeitrag hören: