Tag: Linke

  • Kommunisten vor dem Kommunismus – zur Geschichte der rumänischen Kommunisten vor 1945

    Kommunisten vor dem Kommunismus – zur Geschichte der rumänischen Kommunisten vor 1945

    Bevor die Kommunistische Partei die Macht in Rumänien unter sowjetischer Besatzung übernahm, wurden die Anhänger der kommunistischen Ideologie als Idealisten angesehen. In Rumänien hatte der Kommunismus nur wenige Anhänger. Nachdem der Kommunismus in Russland siegte, wurde das bolschewistische Russland zum Hauptfeind Rumäniens. Die rumänischen Kommunisten wurden in der Zwischenkriegszeit und während des Krieges als sowjetische Agenten betrachtet, die gegen die Interessen Rumäniens handelten.



    Der Historiker Adrian Cioroianu hat einen Band mit den Biographien einiger rumänischer Kommunisten vor 1945 koordiniert. 1945 kamen die Kommunisten an die Macht. Vasile Luca, Gheorghe Gheorghiu-Dej, Petre Constantinescu-Iaşi, Ana Pauker, Nicolae Ceauşescu und Petre Gheorghe waren wichtige Namen in Rumänien zwischen 1945 und 1989.



    In der Nachbarschaft der Sowjetunion war die Zahl der Kommunisten relativ klein. Vielleicht war das auch ein Ausdruck der Furcht, die diese Länder vor dem russischen Expansionismus hatten. Da muss man aber auch unterscheiden. Die Lage in Rumänien, wo die Kommunistische Partei schon ab 1924 verboten wurde, war eine andere als in der Tschechoslowakei, wo das Proletariat zahlreicher war und es eine soziale Basis für eine linksorientierte Politik gab. Wichtig ist es, in dieser Periode im öffentlichen Diskurs zwischen der Wahrheit, die von Dokumenten unterstützt wird, und sehr vielen Klischees zu unterscheiden. Im Falle der rumänischen Kommunisten, die vor der Machtübernahme durch die Kommunisten tätig waren, sprechen wir von ein paar Tausend Personen, die aus dem einen oder anderen Grund glaubten, dass diese Version der Linke, die in der Sowjetunion zu finden war, eine Zukunft haben kann. Wir dürfen die 1930er Jahre nicht aus der Perspektive von heute betrachten. Wir müssen die Idee akzeptieren, dass — wie im Falle des Rechtsextremismus, in dem viele anständige junge Leute von der Eisernen Garde verführt wurden — auch im Falle des Kommunismus eine Reihe von Menschen, von Anwälten bis hin zu Arbeitern diese Sympathie hatten. Sie hatten den Eindruck, dass das von der Sowjetunion gebrachte Modell die Tore einer besseren Zukunft öffnen kann.“




    Intellektuelle, Menschen aus der Mittelschicht, Arbeiter, alle, die die Ideologie des Kommunismus angenommen haben, hatten unterschiedliche Motivationen. Adrian Cioroianu dazu:



    Es handelte sich dabei um Menschen, die paradoxerweise die Geschehnisse im West verfolgten. Die Zahl der Kommunisten im Westen war damals steigend. Und es ist überhaupt nicht widersinnig, dass Menschen wie Lucreţiu Pătrăşcanu oder Petre Constantinescu-Iaşi in Kontakt mit dem Kommunismus mittels einer Gewerkschaft aus Frankreich in Berührung kamen. Pătrăşcanu las die Werke mancher Russen auf Französisch. Für einen linksorientierten Rumänen muss es in den 1930er Jahren heikel gewesen sein, zu sehen, wie im Westen, insbesondere in Frankreich, die Zahl der Kommunismus-Anhänger zunahm. Natürlich konnte man sich irrtümlicherweise vorstellen, dass die progressiven Elemente aus dem Westen gegenüber dem, was in Moskau geschah, wohlwollend eingestellt waren. In der Sowjetunion funktionierte die Propaganda-Maschine sehr gut. Heute wissen wir, dass bedeutende westeuropäische Intellektuelle in Frankreich und Gro‎ßbritannien darauf hereingefallen sind; ähnlich war es in Deutschland vor Hitler und in Italien. Das geschah in einem kleineren Umfang auch in Rumänien. Wir dürfen jetzt auch nicht übertreiben, es handelte sich dabei nicht um Hunderttausende oder Dutzend Tausende Menschen. Die Partei wurde 1924 verboten. Wir müssen akzeptieren, dass wir die Register mit den Mitgliedern der Kommunistischen Partei in Rumänien nicht finden werden, als illegale Partei konnten sie diese nicht aufbewahren. Folglich werden wir die genaue Zahl niemals kennen. Der rumänische Geheimdienst hatte das Interesse, eine möglichst geringe Zahl von Kommunisten anzugeben, er lie‎ß sie beobachten, spielte aber ihre Bedeutung herunter. Während des kommunistischen Regimes behaupteten viele, Mitglieder der illegalen Partei gewesen zu sein, vielleicht sogar mehr Leute, als es in Wirklichkeit gewesen waren. Deshalb auch der damalige sinngemä‎ße Spruch: »Am Anfang waren unsereins nur wenige, jetzt sind viele in der Partei geblieben.«




    Kann der Idealismus derjenigen, die den Kommunismus angenommen haben, sie von jeglicher Verantwortung befreien? Der Historiker Adrian Cioroianu:



    Wir schreiben hier die Geschichte einiger sehr bekannter Leute. Das sind etwas bekanntere Fälle und wir wissen heute, dass jeder von ihnen, mit der Ausnahme von Petre Gheorghe, eine Rolle auch nach dem 23. August 1944 gespielt hat. Wenn wir ihre Tätigkeit aus den 1930er Jahren unter die Lupe nehmen, dürfen wir nicht die nachfolgende Periode vernachlässigen. Sie haben von den Prozessen in den 1930er Jahren gegen die Kommunisten profitiert. Sie haben diese in ihre Lebensläufe aufgenommen, sie haben aufgrund dieser eine regelrechte Mythologie des kommunistischen Untergrunds aufgebaut. So auch Nicolae Ceauşescu, der vielleicht spektakulärste Fall von allen. Wir Historiker haben es hier mit einer Gratwanderung zu tun. Einerseits ist es klar, dass es nicht sehr viele Kommunisten gab. Andererseits kommt man zur Schlussfolgerung, dass es auch nicht so wenige, wie wir es uns wünschen würden, waren. Es waren nicht nur 800 oder 1000, wie man so sagt. Unsere Studie zeigt, dass es ein paar Tausend waren. Es ist schwer zu sagen, wieviele Sozialisten waren und wieviele Kommunisten. Während der Prozesse haben viele eine Beziehung zur kommunistischen Bewegung abgestritten. Später, in den 1940er Jahren, nachdem sie an die Macht kamen, forderten alle die Anerkennung ihrer politischen Aktivität vor den Prozessen.“




    Die rumänischen Kommunisten vor der Einführung des kommunistischen Regimes wurden als eine messianische Sekte bezeichnet, als eine subversive Organisation, die trotz ihres Atheismus mystische Neigungen hatte. Zum richtigen Zeitpunkt handelten sie aber auch pragmatisch.

  • Das Rennen um das Präsidentenamt

    Das Rennen um das Präsidentenamt

    Nach der umstrittenen Bilanz des Präsidenten Traian Băsescu am Ende seines zweiten und verfassungsgemä‎ß letzten Mandats sorgen die nahenden Präsidentschaftswahlen in Rumänien für besondere Aufmerksamkeit. Als klarer Favorit gilt der sozialdemokratische amtierende Ministerpräsident Victor Ponta, so die bisherigen Umfragen zur Wahlabsicht. Ponta ist der Vorsitzende einer Partei, die die meisten Ämter in Staatsbehörden besetzt, und erfreut sich zudem einer besonderen Popularität als Spitzenpolitiker, der den Schwierigkeiten aller Rumänen Aufmerksamkeit schenke. Dieses Image wird allerdings von einem Teil der Medien stark gefördert. Überdies zeigen die Sozialdemokraten einen besonders starken Willen zum Sieg, da sie seit 2000 die Präsidentschaftswahl nicht mehr gewonnen haben.



    Der 42-jährige Präsidentschaftskandidat Ponta gilt in der rumänischen politischen Szene als sehr jung. Seine Gegner bezeichnen ihn eher als “unreif”, um das Amt des Staatschefs zu bekleiden, und einige seiner Auftritte in der Öffentlichkeit haben im Laufe der Zeit die Zweifel an seiner politischen Reife genährt. Während die politische Linke mit Ponta alles auf eine Karte setzt, haben sich die Rechten die Entscheidung für die Präsidentschaftskandidatur schwieriger gemacht.



    Die wichtigsten rechtsorientierten Parlamentsparteien, die National-Liberale Partei (PNL) und die Liberal-Demokratische Partei (PDL) haben sich jüngst zusammengeschlossen und die Christlich-Liberale Allianz gebildet. Der deutschstämmige und langjährige Bürgermeister des mittelrumänischen Sibiu, zu deutsch Hermmanstadt, wurde zum Kandidaten der neugebildeten Allianz bei der Präsidentschaftswahl nominiert. Der gebürtige Siebenbürger liegt in der Wählergunst in seiner Region deutlich vorn und erfreut sich auch der Beliebtheit, die zahlreiche Rumänen der “deutschen Ernsthaftigkeit” entgegenbringen.



    In den Augen seiner Gegner gilt Johannis hingegen als zu “provinziell”, um das Präsidentenamt in Bukarest zu bekleiden. Soziolgen zufolge sei die Wählerschaft zum grö‎ßten Teil nicht bereit, ein Mitglied einer nationalen Minderheit protestantischer Konfession als Präsidenten eines Landes zu akzeptieren, dessen Bevölkerung zu 80% aus Christlich-Orthodoxen besteht. Den bisherigen Umfragen zur Wahlabsicht zufolge gilt Johannis dennoch als Gegenkandidat des amtierenden Ministerpräsidenten Ponta in der Stichwahl. Die anderen rechtsorientierten Kandidaten liegen in den Umfragen mit einstelligen Prozenten weit hinten. Der ehemalige Ministerpräsident Călin Popescu-Tăriceanu tritt laut Politikbeobachtern bei den November-Wahlen im Namen des sogenannten liberal-reformierten Dissidententums vergebens an.



    Selbst wenn von der eigenen Partei widerrufen, tritt die liberal-demokratische Europaabgeordnete Monica Macovei (PDL) auch bei den Wahlen an, weil sie laut eigener Aussage mit dem verstorbenen Nelson Mandela geistig verwandt sei. Im den Reihen der präsidentennahen Volksbewegung PMP löst die nahende Präsidentschaftswahl heftige Unruhen aus: Selbst wenn er von der Parteiführung zum Kandidaten ernannt wurde, wird dem ehemaligen Minister Cristian Diaconescu sein Antreten von der Parteichefin Elena Udrea strittig gemacht. Die letztere ist stark überzeugt, dass sie das einzige Parteimitglied sei, das als Gegenkandidat für Victor Ponta gelten kann, selbst wenn sie sich keiner Popularität in der Wählergunst erfreut.