Tag: Mădălina Dan

  • Regionale Choreographie-Biennale: Produktionen aus Osteuropa im Dialog

    Regionale Choreographie-Biennale: Produktionen aus Osteuropa im Dialog

    In der ersten Novemberwoche fand in Bukarest die Pilotveranstaltung der Regionalen Choreographie-Biennale statt. Daran arbeiteten das Nationale Tanzzentrum Bukarest und die polnische East European Performing Arts Platform zusammen. Die Regionale Biennale, die unter der Bezeichnung Re//Dance gefördert wurde, soll das erste Branchenereignis des zeitgenössischen Tanzes in Mittel- und Osteuropa werden.



    Als sie im Herbst 2013 ihre Amtszeit als Intendantin des Nationalen Tanzzentrums antrat, wäre die Idee von der Veranstaltung bereits ansatzweise aufgekommen, erzählt die Choreographin Vava Ştefănescu. Man habe bereits damals den Bedarf einer Internationalisierung verspürt, einer Vernetzung mit der Au‎ßenwelt.



    Die Biennale sei nicht auf den Tanz im traditionellen Sinne ausgerichtet, erklärt die Kunstkritikerin Iulia Popovici. Deshalb sei in der Bezeichnung das Wort Choreographie enthalten, und nicht der zeitgenössische Tanz.



    Wir leben in einer Welt, in der die Choreographie überall ist. Wir haben die soziale Choreographie… jeder bewegt sich. Die Choreographie ist also in unserem Alltag präsent. Es gibt diese realitätsfremde Idee, dass der Tanz nur zwischen drei schwarzen Wänden und einer vierten Wand passiert, die das Publikum darstellt, und dass er des gesamten professionellen Künstlerensembles bedarf. Nein, zwischen diesem Konzept und der zeitgenössischen Choreographie liegen heute Welten. Es gibt eine Vielfalt von Ausdrucksformen, die dem gewöhnlichen Menschen immer näher stehen, eben weil der zeitgenössische Tanz schon immer eine Nischenkunst war und er keine Chance hat, anders zu werden.“




    Auf dem Programm der Regionalen Choreographie-Biennale standen Aufführungen aus Bulgarien, Tschechien, Kroatien, Polen, Ungarn und Rumänien. Die mexikanische Künstlerin Cristina Maldonado lebt zurzeit in Prag. Ihre perfomative Installation The Stranger Gets a Gift Service — Interruptor“ ist für die Biennale ausgewählt worden. Damit dürfen die Besucher jeweils nur einzeln, der Reihe nach, experimentieren. Cristina nennt sie absichtlich nicht Zuschauer, weil jeder der Besucher eingeladen wird, mit der Installation zu experimentieren, in einem Raum, in dem man sich allein wiederfindet.



    Über viele Jahre hinweg wollte ich Erfahrungen schaffen, die dem Zuschauer die Möglichkeit bieten, sich in unterschiedlicher Art und Weise mit den Dingen auseinanderzusetzen. Sie sollten nicht einfach sitzen bleiben und die Aufführung verfolgen. Andererseits sollte nicht die Situation entstehen, in der man irgendwohin geht und einer einem sagt, man soll vor allen Leuten aufstehen und teilnehmen. So etwas missfällt mir wirklich sehr. Es soll eher wie eine Einladung zum Abendessen sein, wenn man jemanden einlädt, Gerichte zu kosten, die einem selbst schmecken. Oder wenn man ein Umfeld schafft, in der die Person von einfachen Dingen aus dem eigenen Alltag überrascht wird, die aber auf einmal interessant oder magisch wirken. Es sind Dinge, die von jener Person neu entdeckt werden. Es ist wie eine Zeit für sich selbst. Man stellt die Verbindung zu den eigenen Gefühlen oder Gedanken her.“




    Ein weiterer Höhepunkt der Biennale war Mothers of Steel“, eine rumänisch-polnische Co-Produktion. Die Performance wurde von Mădălina Dan und Agata Siniarska ausgearbeitet und umgesetzt. Ihre Zusammenarbeit sei rein zufällig entstanden, im Rahmen eines europäischen Programms, eröffnet Siniarska.



    Wir wussten nicht, was wir tun sollen. Die Tatsache, dass wir beide aus ex-kommunistischen Ländern stammen, war die offensichtliche Schnittmenge. Wir haben begonnen, uns über unsere Mütter zu unterhalten und darüber, wie Mütter in der kommunistischen Zeit waren, in Rumänien und Polen. Das war der Ausgangspunkt dieser Forschungsarbeit. Wir haben festgestellt, wieviele Klischees es über Polen in Rumänien gibt und umgekehrt, über Rumänen in Polen. Wir dachten, der Kommunismus sei ein einziger gewesen, dabei kam er auf so unterschiedliche Art und Weise in den beiden Ländern zum Ausdruck. Es gibt aber auch bestimmte Verbindungen. Dieser kulturelle, aber auch historische Austausch war äu‎ßerst interessant.“




    Das Projekt Mothers of Steel“ untersuche das Weinen als Praxis, also den Umgang mit den Affekten und insbesondere das Tränenvergie‎ßen, sagt die rumänische Choreographin Mădălina Dan:



    Wir waren nicht unbedingt an den persönlichen Bereichen interessiert, sondern eher an der politischen Verbindung oder an der Ebene der nationalen Identität und an deren Bedeutung — warum müssen wir uns emotional identifizieren und warum gibt es die Möglichkeit, unter den Dingen zu leiden, die uns nahe stehen. All das auf Ebene der Nostalgie, der persönlichen Geschichte, der Orte in denen wir gewohnt haben, der Sprache… Wir beide waren an diesem Bereich interessiert. Sie interessierte sich mehr für die Pathos-Ebene, die sich auf den Monumentalismus oder den Propaganda-Bereich auswirkt, bzw. wie es ist, wenn man wahre Gefühle für die eigene Heimat hat, was man unter dem kommunistischen Regime ja auch anstrebte. Ich war eher an der affektiven Ebene interessiert — welche Hebel gibt es, warum fühlen wir uns am Ende so, warum identifizieren wir uns mit der emotionalen Dimension des Nationalen.“




    Die Regionale Choreographie-Biennale ermöglicht dem zeitgenössischen Tanz aus Rumänien, sich mit dem zeitgenössischen Tanz der Region zu vernetzen. Allerdings habe auch das Publikum diese Chance bekommen, glaubt die Intendantin des Tanzzentrums in Bukarest, Vava Ştefănescu:



    Jede Reise lehrt dich etwas über dich selbst, es bringt dir bei, dich neu zu orientieren, dich selbst weiter zu entwickeln, dich neu zu konstruieren. Und das geschieht auch mit den Gastaufführungen, mit den Ideen der durch die Region reisenden Künstlern. Wenn man sich nur auf einen sehr beschränkten und geschlossenen Raum bezieht, hat man wenig Chancen, sich weiter zu entwickeln und das eigene Denken zu erweitern. Dass man in letzter Zeit viel Wert auf Mobilität legt, in allen möglichen Programmen, ist nicht nur eine Modeerscheinung. Ich finde, dass die Entwicklung in Osteuropa sehr wertvoll ist, aber nicht nur aus der Perspektive der Abgrenzung vom Westen, sondern vor allem als sehr authentischer Gedankenraum, der sehr unterschiedlich auf die Konfrontation mit Marktsystemen reagiert. Wir haben festgestellt, dass die Situation des zeitgenössischen Tanzes in diesen Ländern ähnlich ist und dass unsere Bedürfnisse die gleichen sind, vor allem dieser Bedarf einer stärkeren Verbindung mit dem Publikum.“

  • The Regional Choreography Biennial

    The Regional Choreography Biennial

    The National Dance Centre in Bucharest, jointly with the East European Performing Arts Platform from Poland organized in Bucharest, in the first week of November, the pilot edition of the Regional Choreography Biennial- Re//Dance — the first event of its kind devoted to contemporary dance in the whole of central and eastern Europe. According to choreographer Vava Stefanescu, the idea of organizing the event emerged as early as the autumn of 2013, when she became manager of the National Dance Centre, because the need to get the institution connected to what was happening outside Romania became apparent.



    The biennial does not focus on what we traditionally call dance, argues Iulia Popovici, explaining why she chose the name Choreography Biennial and not Contemporary Dance Biennial: “We live in a world where choreography is present everywhere. We have social choreography…as everyone is on the move. Choreography is present in our daily lives. The idea that dance can manifest itself only between three dark walls and a fourth symbolic one, made up by the public, or that it involves the participation of an artistic and professional ensemble, entailed by the concept of dance, is far from what is happening in contemporary choreography at the moment. There is a diversity of forms which are getting closer and closer to common people, precisely because contemporary dance has always been a niche art and stands slim chances to change.”



    The Regional Choreography Biennial brought together shows and performances from such countries as Bulgaria, the Czech Republic, Croatia, Poland, Hungary and Romania. Mexican artist Cristina Maldonado is residing in Prague and participated in the Biennial with an installation-performance, experimented by one user at a time: “The Stranger Gets a Gift Service – Interruptor”. Cristina calls the people attending guests and not spectators, because they are invited to experiment the installation.



    Another performance featured at the Biennial was “Mothers of Steel”, a Polish-Romanian co-production, created and performed by Romanian Mădălina Dan and Agata Siniarska of Poland. The latter says it was chance that brought them together, when they started working together for a European program.



    The project “Mothers of Steel” is an analysis of the so-called crying practice, that is the practice of working with emotion and particularly with tear shedding, says choreographer Mădălina Dan: “We didn’t take any particular interest in personal areas, but rather political connection areas or the national identity level and what that entails; why we should identify emotionally with someone else and why there is a high chance of suffering because of things so close to us, relative to our nostalgias, personal histories, the places we lived in, the languages we speak… We both took an interest in this area. She took a higher interest in pathos, as it is reflected in monumentalism or propaganda, or what it is like to have true feelings for your country, which was a desideratum in Communism. I was particularly interested in the emotional area: what leverage we have, why we feel in a particular way and why we identify ourselves with the national emotional area.”



    The Regional Choreography Biennial is an opportunity for contemporary dance in Romania to reconnect itself to the regional contemporary dance, and the public at large stands this chance, too: “Anytime, any travel teaches you something about yourself, teaches you to reposition yourself, to develop yourself and to reconstruct yourself. This also goes for the movement of artists and of the ideas that artists generate through their shows in this area. If you limit yourself to references coming from a rather limited and close area, you stand slim chance of evolving and developing your thinking. It is not only fashionable to lay emphasis on mobility programs of all kinds. It seems very useful and valuable what happens in the east-European space, but not necessarily from separating the East from the West, but rather as an authentic and original thinking area, which reacts differently, when compared to market systems. I’ve noticed that the situation of contemporary dance is pretty much the same in these countries, and we all need pretty much the same things, especially in terms of connecting better with the public.”



    Romania is the only country in the region which has a national Dance Centre, devoted to contremporary dance.

  • News from Polska – polnische Tanzkunst in Bukarest

    News from Polska – polnische Tanzkunst in Bukarest

    Fünf renommierte Künstlerinnen Polens waren Ende Februar und Anfang März zu Gast auf dem Mikrofestival News from Polska, organisiert vom Bukarester Tanzzentrum (CNDB) zusammen mit dem Polnischen Kulturinstitut, beteiligt. Die Theater‑, Tanz- und Performance-Aufführungen haben klassische Themen des polnischen zeitgenössischen Theaters angesprochen. Thematisiert wurden zudem Fragen wie die persönliche, künstlerische, nationale und menschliche Identität.



    Das Solospiel Şi va veni Crăciunul“ (Und Weihnachten wird kommen“) ist vom Flugunfall bei Smolensk inspiriert, der sich 2010 ereignete und bei dem alle 96 Insassen, unter ihnen der polnische Staatschef Lech Kaczynski, ihr Leben verloren. Die Idee dazu hatte die Protagonistin Agnieszka Przepiórska:



    Damals befand ich mich während einer Pause zwischen zwei Arbeitsverträgen, ich blieb also viel zu Hause, las die Zeitung und verfolgte die Nachrichten. Immer wieder traten diese Frauen in die Aufmerksamkeit, die Witwen der polnischen Politiker, die beim Flugunfall ihr Leben verloren. Sie schauten mich an, sie schauten ganz Polen an und drückten ihr Leiden aus. Dann habe ich mich selbst gefragt: Wieso erlauben sie den Journalisten, sich in ihr Leben einzumischen? Einige von ihnen haben ihnen die Tür geöffnet, sie in ihr Haus eingeladen und über ihr Leiden gesprochen. Ich habe mich gefragt, wieso öffnen einige die Tür und andere hingegen nicht. Genau an jenem Moment habe ich angefangen, an diese Witwen zu denken. Es handelt sich nicht um eine Performance zu einem politischen Thema, sondern hingegen um eine Aufführung, die die Gefühle einer Frau thematisieren, die ihren Mann, einen wichtigen Politiker, verloren hat. Es handelt sich um Ehefrauen, die kein eigenes Leben hatten. Meiner Ansicht nach bildet die Politik nur den Hintergrund dieses Solospiels.“




    Die Kuratorin des Festivals News from Polska“, Iulia Popovici, sagte, eine Absicht der Festspiele sei es, den rumänischen Zuschauern künstlerische Ausdrucksformen näher zu bringen, die in Rumänien keine gro‎ße Resonanz finden, so zum Beispiel das Monodrama. Das Solospiel ist ein besonders geschätztes Genre, das für die polnische Kunstszene eine gro‎ße Bedeutung hat. Die Performances Und Weihnachten wird kommen“, Diva“, ID-ance“ seien für diese Kategorie besonders relevant, sagt die Kuratorin.



    Die Festspiele gingen mit einer Aufführung zu Ende, die mehrere Künstler auf dieselbe Bühne brachte. Delfinul care m-a iubit“ (Der Delfin, der mich liebte“) ist eine moderne Performance, in der dokumentarisches Theater, neue Medien und Sportübungen zusammenschmelzen. Das Projekt beruht auf der in den Sechzigern von der NASA finanzierten Forschungsarbeit des US-amerikanischen Neuropsychologen John Cunningham Lilly, der Delfinen die englische Sprache beibringen wollte. Den Fokus legen die polnischen Künstler auf die berührende Geschichte über die Beziehung zwischen Margaret Howe Lovatt und dem Delfin Peter. Der Vorschlag der Regisseurin Magda Szpecht stellt das Publikum vor eine wahre Herausforderung und beruht darauf, das Theater als Ort zu betrachten, wo man die eigene Einbildungskraft entwickeln kann. Die Regisseurin Magda Szpecht:



    Ich habe acht Momente aus dieser Forschungsarbeit ausgewählt, die wichtigsten meiner Meinung nach. Die Teile der Aufführung entsprechen diesen Momenten, erzählten die Geschichte jedoch nicht genau. Jede Szene wiedergibt unsere persönlichen Eindrücke gegenüber einem bestimmten Ereignis aus der Geschichte und darüber, was im Laboratorium passierte. Meiner Meinung nach liegt der Akzent auf Kommunikation. Nicht nur die Kommunikation zwischen Künstlern, sondern auch das Verhältnis zwischen dem Auftritt der Künstler und der Reaktion des Publikums. Denn die Aufführung beruht auf der Idee, dass auf der Bühne Delfine auftreten und im Saal Menschen sitzen. Wir sollten also unser Bestes tun, um von Anfang an das Gefühl zu entwickeln, dass wir etwas gemeinsam haben und dass wir kommunizieren können. Wir gehören nicht derselben Spezies an, wir sind nicht gleiche Lebewesen.“




    Veranstaltungen, die polnische Theater- und Tanzaufführungen in die Aufmerksamkeit der rumänischen Zuschauer bringen, sind keine Neuigkeit im rumänischen Kulturraum. Das Zielpublikum gibt es schon und es wartet nach wie vor mit gro‎ßem Interesse auf neue Auftritte der polnischen Künstler. Die Kuratorin Iulia Popovici mit weiteren Einzelheiten über die Festspiele News from Polska“:



    Bislang hatte das Polnische Kulturinstitut Monodramen und ein Tanzfestival präsentiert. Nun setzten wir uns zum Ziel, die Monodramen und den Tanz zusammenzubringen und die beiden mit einer realen Gegebenheit in der polnischen Kunstszene in Verhältnis zu setzen: der weiblichen Schöpfung. Wir haben Aufführungen unterschiedlicher Gestaltung präsentiert, in denen Frauen auftreten, von Frauen geschaffen wurden, die verschiedene Blickpunkte über Geschichten von Frauen vorschlugen, aber das hei‎ßt nicht, dass sich der Diskurs dieser Frauen ausschlie‎ßlich an andere Frauen richtet. Sie nahmen sich auch nicht vor, deutlich feministische Blickwinkel einzunehmen. Es geht eigentlich darum, dass derzeit in Polen die Stimmen der Künstlerinnen lauter werden. Ihre Präsenz in der polnischen Szene ist heute stärker als früher, sie prägen das Theater, den Tanz, den kulturellen Massengeschmack sehr stark.“




    Die rumänisch-polnische Zusammenarbeit im Bereich Kunst nahm mit der Zeit zahlreiche Formen ein. Ein neues Beispiel ist das Projekt Mame de oţel“ (Mütter aus Stahl“), das die rumänische Künstlerin Mădălina Dan zusammen mit der polnischen Performerin Agata Siniarska beim zweiten Internationalen Festival Unabhängiger Aufführungen Bazaar“ in Tschechien darbot.

  • Like CNDB #1 – das Festival für Zeitgenössischen Tanz und Performance

    Like CNDB #1 – das Festival für Zeitgenössischen Tanz und Performance

    Es ist mehr als eine Genugtuung, dass es einen so gro‎ßen Erfolg hat! Auf allen Ebenen: organisatorisch, wirtschaftlich, qualitativ — die Qualität des Publikums, die Qualität der Aufführungen. Es tut sehr gut, die Bestätigung dafür zu bekommen, dass man gute Entscheidungen getroffen hat und dass der zeitgenössische Tanz einem so breiten und sich darauf spezialisierendem Publikum präsentiert werden kann.“



    Das waren die Gedanken der Choreographin Vava Ştefănescu, Interimsdirektorin des Nationalen Tanzzentrums Bukarest, am Ende des 1. Festivals für Zeitgenössischen Tanz und Performance Like CNDB“. Veranstalter war selbstverständlich das Tanzzentrum selbst, die einzige öffentliche Kulturinstitution, die den zeitgenössischen Tanz in Rumänien entwickelt und fördert.



    Für das Festival konnte ein unerwartet zahlreiches Publikum begeistert werden, darunter auch viele neue Zuschauer, die für eine sehr angenehme und freundliche Stimmung sorgten, die man in einem Konzertsaal nur selten vorfindet. Laut eigenen Angaben habe das Organisationsteam des Zentrums für das Festival bewusst originelle, überraschende, unterhaltende und extravagante Aufführungen gewählt, von denen einige heute erwähnt werden sollen.



    Im Jahr 2010 hatte der Künstler Mihai Mihalcea die Kulturszene mit einem Projekt gestürmt, in der die eigene Biographie zur Fiktion wurde: Er selbst verwandelte sich in Farid Fairuz und lancierte durch seine Aufführungen Fragen und Überlegungen zu Themen wie Kulturproduktion, Kapitalismus, Sexualität und Religion. Mihai Mihalcea bzw. Farid Fairuz war selbst Direktor des Nationalen Tanzzentrums zwischen 2006 und 2013 — beim Festival Like CNDB“ präsentierte er die Aufführung Realia (București-Beirut)“.




    Es ist eine Aufführung, in der ich den Zuschauer vermutlich voll und ganz betören möchte, durch die Überlappung der zwei Charaktere — so dass man nicht mehr wei‎ß, wo Farid aufhört und Mihalcea beginnt. Es ist eine Aufführung, in der ich unterschiedlichste autobiographische Geschichten zur Diskussion stelle, aber gleichzeitig knüpfe ich an viele Dinge aus der heutigen Welt an, die mich bewegen — an den Bürgerkrieg in Beirut zum Beispiel und viele andere Geschehnisse, die meine Aufmerksamkeit im Laufe der Zeit geweckt und in mir eine Spannung erzeugt haben.“



    Für den Soundtrack wählte der Künstler Stücke von Dhafer Youssef, Brent Lewis, Tschaikowski und Margareta Pâslaru, die dieses gemeinsame Erleben einer doppelten Identität vervollständigen.



    Für einen besonderen Moment beim Like-Festival sorgte die Choreographin Mădălina Dan, die eine Langzeit-Performance aufführte: das achtstündige Hematopoesis“, bei dem die Zuschauer im Rahmen von zwei einstündigen Zeitfenstern selbst zu Performern werden konnten. Wir fragten Mădălina Dan, was sie motiviert hat, einen solchen Versuch zu wagen.



    Ich hatte eine recht ernste Motivation, genauer gesagt war es die Krankheit. Ich wäre sonst bislang nicht auf die Idee gekommen, einen Bewegungsmarathon zu veranstalten, aber ich hatte eben ein recht schwieriges Jahr hinter mir: Ich musste mich einer Behandlung unterziehen, habe erfahren, wie physischer und psychischer Schmerz sich anfühlen und wie es ist, wenn der eigene Körper nicht mehr richtig funktioniert. Ich habe mir überlegt, dass dieser Zustand durch Vitalität kompensiert werden muss. Und dann dachte ich, einen achtstündigen Marathon auf die Beine zu stellen. Ich glaube, dass mich dieser Bereich der physischen Erschöpfung interessiert, in dem man einen Zeitraum mit dem Publikum teilt, der über die gewöhnliche Dauer einer Aufführung hinausgeht. Die Tanzaufführungen dauern in der Regel eine Stunde. Ich wäre an einem Ablauf interessiert, bei dem die Menschen einen Vorgang ohne Skript, ohne Dramaturgie verfolgen. Ich habe das als offene Dramaturgie bezeichnet, im Sinne, dass Sie auch weniger interessante Momente mitverfolgen werden, denn es handelt sich dabei um eine Improvisation und, an manchen Stellen, um Komposition in Echtzeit. Es gibt einen Transformationsprozess, den die Zuschauer miterleben, und ich glaube, dass diese Betrachtung interessant ist.“




    Die erste Ausgabe des Festivals für Zeitgenössischen Tanz und Performance, Like CNDB“, ist am 27. Februar mit zwei Aufführungen der Choreographin Andreea Novac zu Ende gegangen. Dabei geht es um zwei Solo-Vorstellungen, Dance a playful body“ mit dem Schauspieler Istvan Teglas und Despre tandreţe“ (Über die Zärtlichkeit“), in der Andreea Novac auch Hauptdarstellerin ist. Dance a playful body“ wurde bereits 2008 geschaffen, dennoch zieht es auch heute noch ein zahlreiches Publikum an, wie die Künstlerin selbst erzählt.



    Es ist eine Aufführung, in der ich mit dem Körperkonzept spiele — der Darstellung des Körpers und dem Körper im Alltag. Beides ist in ein und derselben Person enthalten. Denn was mir an Istvan sehr gut gefallen hat und ich stets in der Aufführung versucht habe zu vermitteln, ist sein Vermögen, sehr schnell von einem Gemütszustand zum anderen überzugehen. Er ist ein Chamäleon des Körpers und ein chamäleonischer Darsteller. Und das macht diese Aufführung auch: Sie wechselt von unterschiedlichen Etappen, in denen wir den Körper als Darstellung haben und er entpersonifiziert ist, zu Zuständen, in denen der Körper in seiner Verletzlichkeit erscheint und es dann Istvan, der Mensch, ist. Es ist ein Spaziergang durch die Zustände, Emotionen, Formen.“



    Über die Zärtlichkeit“ wurde vor zwei Jahren geschaffen. Wie Andreea Novac selbst gesteht, war der Ausgangspunkt rein persönlicher Natur — dann begann sie über die Zärtlichkeit der künstlerischen Tätigkeit zu sprechen:



    Ich schwanke ständig zwischen der Realität und der Fiktion, zwischen ehrlich und verstellt, eine Gratwanderung, die ich selbst nicht vollständig beherrsche.“



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