Tag: Märchen

  • Rundfunkgeschichte: Hörspiele für Kinder waren ein konstanter Erfolg

    Rundfunkgeschichte: Hörspiele für Kinder waren ein konstanter Erfolg

     

     

    Hörspiele für Kinder aus dem Hause Radio Rumänien waren entlang der Zeit sehr erfolgreich, und ihr Erfolg ist das Verdienst von Drehbuchautoren, Schauspielern und Regisseuren sowie von technischen Teams. Sie alle haben die Geschichte des Kinderhörspiels mitgeschrieben. Im Archiv des rumänischen Rundfunks gibt es zahlreiche Aufzeichnungen zur Geschichte der Sendungen für Kinder, darunter Interviews mit wichtigen Persönlichkeiten, die damit verbunden sind.

     

    Die Schriftstellerin Silvia Kerim war auch als Radiojournalistin tätig und hat mit Hingabe an Kindersendungen gearbeitet. Sie begann ihre Arbeit im Rundfunk 1961 in einer Kulturredaktion, die versuchte, der politischen Ideologie der Zeit zu entkommen. 1998 hat das Zentrum für mündliche überlieferte Geschichte des rumänischen Rundfunks Silvia Kerim interviewt. Im Interview erinnert sich die Kinderbuchautorin, wie es den Hörspielmachern gelang, die Qualität der Produkte für die kleinsten Zuhörer beizubehalten.

    Ich wurde einer Redaktion zugeteilt, der mir sehr gut gefiel, sie hieß »Theater am Mikrophon für Kinder«. Das war ein Glücksfall, denn die meisten Stücke, die das Hörspiel-Repertoire für Kinder ausmachten, waren Märchen und Geschichten. Sie stammten aus der Weltliteratur, so dass Ideologie und Manipulation dort nicht wirklich hineinpassten. Die Schauspieler waren großartig, die Regisseure waren großartig, so dass es keinen Platz für Lügen und Kompromisse gab.“


    Wie an jedem Arbeitsplatz sind das Klima und die Belegschaft ausschlaggebend. Die Kinderbuchautorin Silvia Kerim erinnert sich weiter an ihre Zeit in der Hörspielredaktion für Kinder.

    In der Redaktion hatten wir Eduard Jurist als Chef, von ihm habe ich gelernt, was es heißt, als Vorgesetzter bescheiden zu sein, nicht den Chef zu spielen, eine gleichmäßig verteilte Aufmerksamkeit gegenüber jüngeren oder älteren Redakteuren zu haben. Ich hatte auch Vasile Mănuceanu als Kollegen. In dieser Redaktion der Jugendprogramme arbeiteten viele Ausnahmetalente, darunter der begnadete Schriftsteller Călin Gruia. Mit großer Freude möchte ich auch Mioara Paler erwähnen, die einst die Kinderredaktion leitete und der ich die Freude am Schreiben für Kinder verdanke. All diese Kollegen haben in mir diese Liebe zu Kindern gespürt, sie haben meinen Wunsch gespürt, für Kinder zu schreiben.“

     

    Als Autorin hat Silvia Kerim viele Drehbücher für Kinderhörspiele verfasst. Im Interview mit dem Zentrum für mündlich überlieferte Geschichte erinnerte sie sich, wie wichtig ihr die Geschichten waren, die sie von ihren Eltern in der Kindheit erzählt bekam.

    In der Redaktion wurde mir aufgetragen, einige Geschichten zu überarbeiten, die schlecht aus der chinesischen oder japanischen Literatur übersetzt worden waren. Man gab mir solche Geschichten und Kurzgeschichten, die einen ganz eigenen Dreh hatten. Als ich sie nacherzählte, wurde mir klar, dass ich viel von meiner Fantasie in sie hineinlegte und dass ich die Geschichten, die mir im Kopf herumschwirrten, irgendwann selbst schreiben könnte, was wiederum magische Wurzeln hatte. Meine Mutter erzählte meinem Bruder und mir Abend für Abend Geschichten, als wir noch sehr klein waren. Eine Zeit lang war es »Schneewittchen«, ich glaube, ein Jahr lang hörten wir uns Nacht für Nacht »Schneewittchen« an, entweder in Episoden oder gekürzt. Und wenn meine Mutter bei einem Detail nicht mehr weiter wusste, sprangen wir beide ein, um ihr zu widersprechen und sie daran zu erinnern, dass es beispielsweise nicht Schlafmütz war, der dies und jenes getan oder gesagt hatte. Und dann gab es Geschichten, die von Tieren handelten, die meine Mutter ebenso wie mein Vater sehr liebten. Beide Eltern haben diese Zuneigung für Tiere an uns weitergegeben.“

     

    Doch in den Jahren, in denen Silvia Kerim Kindergeschichten über den Äther brachte, indoktrinierte das kommunistische Regime die Öffentlichkeit mit aller Gewalt. Auch Kulturredaktionen waren der Zensur unterworfen. Doch die Journalistin und Autorin, schaffte es, sich der Zensur und Ideologie in subtiler Weise zu entziehen.

    Ich möchte wirklich sagen, dass im Falle meiner Texte die Ideologen es ziemlich schwer hatten, Propaganda unterzubringen. Ich habe nie das Wort »Pionier« verwendet, Wörter wie »Partei« und »Pionier« kamen in meinen Texten nie vor. Meine Drehbücher und Geschichten sind traurige Geschichten von armen Menschen, vom Sterben der Großeltern, vom teuersten Kuchen, dem Apfelkuchen, oder vom köstlichsten Nachtisch, dem Toast mit Pflaumenmus. Ich habe immer gedacht, dass es viel mehr unglückliche, verwaiste Kinder gibt als reiche, verzogene Kinder. Und dass diese Geschichten sie erreichen müssen, oder vielmehr auch sie. In einer Zeit, in der wir angehalten wurden, nur über glückliche Kinder zu schreiben, die unter der Obhut der Partei gesund und unbeschwert aufwachsen würden, war es nicht leicht, einen Text an der Zensur vorbeizukommen, vor allem wenn die dort beschriebene Realität eher traurig und hoffnungslos aussah.“

  • Kinder- und Jugendtheater in Hermannstadt weicht auf Online-Aufführungen aus

    Kinder- und Jugendtheater in Hermannstadt weicht auf Online-Aufführungen aus

    Im Monat April ist das Theater Gong“ in Sibiu (Hermannstadt) online gegangen. Das Online-Angebot des Theaters umfasst Aufführungen auf Deutsch und Rumänisch, Workshops für Kinder und Programme für Senioren. Über das reiche Angebot des Theaters im mittelrumänischen Sibiu spricht in den folgenden Minuten der Intendant Adrian Tibu:



    Auch während dieser schwierigen Zeit und unter den aktuellen Umständen möchten wir mit unserem Publikum in Verbindung bleiben. Jeden Dienstag bieten wir den Zuschauern eine Online-Aufführung auf Deutsch und jeden Samstag eine Aufführung auf Rumänisch. Wir haben das Projekt am nationalen Tag des Theaters, am 27. März gestartet. Damals sollte eine Aufführung in der Regie von Eliza Păuna stattfinden, eine Adaption nach dem »Langen Weg nach Santa Cruz« von Michael Ende stattfinden, die wir der Stadt Sibiu im Herzen Siebenbürgens widmen. Wir sahen uns aber gezwungen, sie abzusagen. Im Monat April gab es die Online-Aufführung »Der grö‎ßte Gulliver« in der Regie von Alexandru Dabija, mit Musik von Ada Milea, eine Aufführung nach literarischen Vorlagen von Gellu Naum. Das war eine gro‎ßartige Chance, dass diese Aufführung für ein breites Publikum zugänglich war, denn sonst konnte sie bei einem anderen Theater nicht auf die Bühne gebracht werden. Eine besondere Aufmerksamkeit haben wir in dieser Zeit den rumänischen Märchen geschenkt, so zum Beispiel »Harap Alb« von Ion Creangă, in der Regie von Gavriil Pinte. Natürlich konnten deutsche Märchen nicht fehlen, einen guten Anlass, die Brüder Grimm den rumänischen Zuschauern näher zu bringen; eine der Aufführungen war »Die Bremer Stadtmusikanten«. Der Zutritt ist kostenlos bei jeder Online-Aufführung, und wir haben mit gro‎ßer Freude festgestellt, dass unser Online-Angebot auch viele Auslandsrumänen erreicht hat. Jede Aufführung wurde von insgesamt 20.000 Menschen angeschaut. Diese Zahl hat unsere Erwartungen überschreitet. Die Aufführungen werden gleichzeitig auch auf den Facebook-Seiten unserer Partner gestreamt.“




    Die Coronavirus-Pandemie hatte negative Folgen auf die Kultur- und Kreativwirtschaft. Der Intendant des Theaters Gong“ in Sibiu blickt jedoch optimistisch in die Zukunft:



    Ich glaube, dass wir uns behutsam und unter neuen Bedingungen bald treffen werden. Ich glaube, dass die Zuschauer am Anfang zurückhaltend sein werden, ich bin mir jedoch sicher, dass wir im Sommer teilweise zu unserem beruflichen Alltag zurückkehren werden. Die Zuschauer werden wahrscheinlich am Anfang zurückhaltend sein, aber ich hoffe, dass es auch unter sozialer Distanzierung möglich sein wird, unsere Tätigkeit wieder aufzunehmen. Das Theater Gong bietet auch Workshops für Gruppen unter 12 Personen, und ich hoffe, dass sie bald stattfinden werden. Natürlich werden wir auch unser Online-Angebot ausweiten, aber das wahre Theater wird auf der Bühne gespielt. Nur auf der Bühne kann man starke Emotionen zum Ausdruck bringen. Eine Aufführung auf der Bühne basiert auf der Interaktion mit dem Publikum.“




    Das Theater Gong in Hermannstadt stellt seine Streamings und bereits aufgezeichneten Aufführungen auf seiner Facebook-Seite zur Verfügung.

  • Feenschule: Mütter erfinden altersgerechte Märchen für Kleinkinder

    Feenschule: Mütter erfinden altersgerechte Märchen für Kleinkinder

    Die in Rumänien gegründete Feenschule“ erkannte das erzieherische Potenzial selbsterfundener Geschichten. Die Geschichte vom Traum in den Socken“ erzählt uns, wie die Kinder ihren Tag besser beurteilen und verbessern könnten. Wir erfahren über die Möglichkeiten zur Verbesserung des Mitgefühls in Beziehung zu den Eltern. Diese werden ihrerseits ersucht, den laufenden Tag zu benoten. Die Geschichte vom Neugierigen Wind“ erzählt über die Erlebnisse des Wind-Jungen, der sich bemüht, herauszufinden, was das Kind schreibt, das so konzentriert an seinem Büro sitzt. Zum Schluss findet er heraus, es sei sehr wichtig, Freude an der eigenen Gefühlswelt zu haben.



    Sie mögen behaupten, Sie hätten die Zeit, in der Sie Märchen lasen und zuhörten, schon hinter sich. Oder Sie denken vermutlich, Feen gäbe es in Wirklichkeit nicht, Sie glauben nicht daran. Doch das, was wir Ihnen heute erzählen, wird Ihre Überzeugungen erschüttern. Es wird Sie davon überzeugen, dass es Feen gibt. Sie vollbringen gute Taten und erzählen spannende Märchen. Die zwei Feen, Zâna Lunia und Zâna Azaleea, werden uns während unseres Abenteuers in der Feenschule“ begleiten. Denn wir unterhielten uns mit Georgeta Poiana, sonst als Fee Zâna Lunia bekannt. Und sie erzählte uns — was denn sonst — eine Geschichte. Die Entstehungsgeschichte der Feenschule:



    Die Feenschule entstand aus dem Wunsch heraus, Märchen für Kinder zu schreiben. Doch wir wollten gesunde Märchen schreiben. Dabei sollte die Liebe zum Leben und der Respekt für die Welt rundherum zum Ausdruck kommen. Wir wünschten uns eine Alternative zu den klassischen Märchen, die auch negative Helden und oft Gewalttaten umfassen. Im frühen Alter sollten die Kinder keine Angst spüren — das ist unsere Meinung. Wir wissen, die traditionellen rumänischen Märchen drücken Wahrheiten aus, manche umfassen eine Initiierung. Und wir sehen ihre Bedeutung ein. Doch wir sind der Ansicht, es sei nicht nötig, sie kleinen Kindern vorzulesen. Daher unser Anliegen — und zwar Märchen zu schaffen, die unserer Meinung nach von für dieses Alter korrekteren Werten ausgehen. Unsere Märchen sollten den Respekt für die Natur, für die Menschen, für die Welt allgemein ausdrücken.“




    Und somit legten die zwei Feen, Zâna Lunia und Zâna Azaleea, ihre Kräfte zusammen und starteten ein spannendes Projekt, das anfänglich Erziehungswege für die eigenen Kinder identifizieren sollte. Die Kinder sollen zum Beispiel lernen, keine Blumen mehr abzurei‎ßen — das sagte uns Fee Lunia:



    Wir wollten diesen Gedanken mit einer Geschichte hinterlegen. Deshalb erfanden wir eine Fee, die die Blume pflegt. Die Fee sei klein und zierlich und bunt und schütze die Blume vor dem Regen und vor der Hitze und der Kälte. Die Fee wäre nicht besonders glücklich, wenn wir ihre Blume abrei‎ßen würden, erzählten wir. Diese Geschichte kam gut bei unseren Kindern an. Daher regte mich die Fee Azaleea an, die Geschichte aufzuschreiben. Und so entstanden unsere Märchen und Geschichten. Und Fee Azaleea schrieb unsere Märchen später in Reimen. Jede Geschichte wird derzeit durch ein Gedicht ergänzt.“




    Am Anfang war nur eine Internetseite — www.scoaladezane.ro. Die Mütter wünschten sich allerdings auch eine gedruckte Version der Märchen. Und so entstand der erste Band, herausgegeben vom Coresi-Verlag. Die Feen wollen künftig sowohl einen Prosa- wie auch einen Poesieband veröffentlichen. Und somit werden die Eltern zu Schülern, die eine von Feen zugelassene Schule besuchen. Fee Lunia ergänzte Folgendes:



    Unsere Märchen sind voller Bedeutung, haben einen tieferen Sinn. Jeder der mitliest — ob Eltern oder Gro‎ßeltern — findet diesen Sinn. Damit Sie sich das besser vorstellen: Unsere Märchen sind wie die Spitze eines Eisbergs. Sie gehen so tief, wie die Leser wahrnehmen können. Die Märchen sind für jedes Alter geeignet. Beim Wiederlesen enthüllen sich dem Leser neue Sinne und Bedeutungen. Nehmen wir das Märchen »Der weise Baum« als Beispiel. Wie tiefsinnig das Märchen ist, begriffen wir erst, nachdem wir es zehnmal gelesen haben.“




    Auf der Internetseite sind mehr als 30 Märchen und sehr viele Gedichte zu lesen. Auch Gedanken sind dort veröffentlicht, die zur Entwicklung der Märchen führten — das sagte uns die Fee. Und sie ergänzte noch:



    Wir bekommen auch Feedback von unseren Leserinnen. Eine von ihnen erzählte uns, dass ein Märchen von uns, »Die Reise der wei‎ßen Pusteblume«, ein guter Anlass für ihre Kinder war, ihr zahlreiche Fragen über das Leben und den Tod zu stellen. Eine halbe Stunde wurde sie mit Fragen zu diesem heiklen Thema gelöchert. Und sie schrieb uns, um sich bei uns zu bedanken. Ohne unsere Geschichte hätte sie nicht gewusst, wie man das Thema angeht. Wir waren begeistert von ihrem Feedback. Die Rezensionen sind sehr gut, die Mütter sind ebenfalls begeistert. Sie wünschen sich, mehr solcher Geschichten zu hören.“




    Danach verführte uns die Fee mit weiteren bezaubernden Geschichten:



    Der herausgegebene Band umfasst Märchen wie »Die Geschichte des weisen Baums«, »Die Reise der Pusteblume«, »Das bezauberte Kleid«. Doch wir nahmen auch Anregungen von Müttern zum Anlass, um Geschichten zu schreiben. Zum Beispiel wollte eine Mutter die Neugierde ihrer Kinder für Obst und Gemüse erwecken. So entstand das Märchen vom Alchemisten, die auch auf unserer Internetseite gelesen werden kann. Oder »Die Perlenkette« — die Geschichte eines Jungen, der seiner Mutter etwas Besonderes schenken möchte, aber nicht wei‎ß, wie er das Geschenk beschaffen kann. Es sind viele gute Erzählungen. Sie unterstützen eine respektbasierte Bildung.“




    Die Feen veröffentlichten auf der Internetseite auch einige Anweisungen für eine angemessene Verwendung der Märchen. Wir zitieren: Märchen entstehen, wenn Kinder ihnen zuhören. Sie sind mit Träumen gespickt. Auch ein bisschen sü‎ßer Sternenstaub wird dazugegeben. So schmecken sie am leckersten.“

  • Abracadabra: Märchen und Kindergeschichten mit Kindern neuerzählt

    Abracadabra: Märchen und Kindergeschichten mit Kindern neuerzählt

    Ich schaff’s, ich bin ein Zauberer“ — das ist das richtige Passwort zur Märchenwelt. Sobald es in die Zauberwelt eintritt, schlüpft das Kind in seine vermutlich erste Rolle hinein, es wird zum Märchenheld“. Dabei handelt es sich um ein innovatives Konzept, dass dieses Jahr das Reifealter erreicht. Die Stiftung Abracadabra, geleitet vom Schauspieler Marian Râlea, startete das Projekt, vor gut 18 Jahren, in Zusammenarbeit mit dem Bukarester Nationaltheater I.L.Caragiale“.



    Wir unterhielten uns über das Projekt mit dem Schauspieler Marian Râlea — dem Magier, so wie er in der Öffentlichkeit häufig genannt wird. Diesen Spitznamen erlangte der beliebte Schauspieler viele Jahre davor, dank der Rolle, die er in einer erfolgreichen Kindersendung hatte:



    Unser Projekt setzt in natürlicher Weise die Kindersendung »Abracadabra« fort, die 10 Jahre lang im Fernsehen lief. »Abracadabra« lie‎ß die Kinder Märchenhelden werden. Schon damals konnte ich bemerken, dass sich die Kinder mehr wünschen als nur zuschauen und zuhören. Kinder wollen mitmachen. Wir dachten, es sei wichtig, dass die Kinder weiter spielen. Die Theaterbühne schien der geeignete Ort zum Weiterspielen. Denn auch die Schauspieler spielen ihre Rollen. 2001 starteten wir das Projekt mit der ersten Begegnung auf der Bühne des Nationaltheaters. Sie fand am Palmsonntag statt. Wir haben extra diesen Feiertag gewählt, der in der rumänischen Kultur sehr wichtig ist. Er kündigt die Ankunft der Frühlings mit Blumen und Sonnenschein und lächelnden Gesichtern an. Wie im Nu sind 18 Jahre vergangen…“




    Kinder im Alter zwischen 4 und 10 Jahren werden auf der Bühne des Nationaltheaters erwartet, um zusammen mit Marian Râlea und seinem Team zu singen, zu tanzen und Spa‎ß zu haben. Im Laufe des Jahres werden alle Kinder der Reihe nach unsterbliche Märchenhelden. Die Schauspieler Marian Râlea, Adina Cristescu und ihre Mitarbeiter planen alles ganz genau. Mehr Einzelheiten dazu bringt Marian Râlea:



    Wir dachten uns für jedes Jahr ein anderes Thema aus — »Spiele der Kindheit«, »Märchen von Mihai Eminescu«, »Märchen von Ion Creangă«. In einem Jahr haben wir sogar Shakespeares Geschichten inszeniert. Im Mittelpunkt waren allerdings fast immer rumänische Märchen und Geschichten, mythologische Figuren der rumänischen Folklore. Im Unterschied zur Universalliteratur sind die Helden in rumänischen Märchen weder so gut, wie sie sich zeigen, noch so böse, wie sie erscheinen mögen. Je nach Jahreszeit haben wir die rumänischen Feier- und Festtage mit den dazugehörenden typischen Gestalten in den Vordergrund gebracht. Dragobete, Baba Dochia — das sind für uns Boten des Frühlings. Dann beginnen die Geschichten, die sich um die Ostertradition drehen, Geschichten über kleine Insekten, die zum Leben erwachen, über Blumen, die nach dem harten Winter wieder zu Leben kommen. Doch das Allerwichtigste ist die Interaktion mit den Kindern, die Tatsache, dass sie mitspielen, sich in der Aufführung einbringen. Die Kinder steigen auf die Bühne und werden zu Märchenhelden. Manchmal kennen sie die Geschichte — das freut uns, denn es hei‎ßt, die Eltern haben sie ihnen vorgelesen –, manchmal wiederum nicht. Die Kinder bekommen immer die positiven Rollen. Wir, die Schauspieler, verkörpern fast immer das Böse. Die Kinder sind immer weder der Märchenprinz oder die Traumprinzessin.“




    Wie in einem Märchen, spärlich verkleidet und lediglich mit ein paar Dingen bewaffnet, lernen die Kinder, ihre Angst zu überwinden und heldenhaft gegen böse Geister und dunkle Mächte vergangener und zeitgenössischer Märchen zu kämpfen. Die Aufführungen sind höchst interaktiv. Der Magier orientiert die Kinder in ihren Rollen, begleitet sie im Laufe der Geschichte. Manchmal spielen mehrere Kinder gleichzeitige die gleiche Rolle, denn es hei‎ßt, in der Märchenwelt sei doch alles erlaubt.



    Seit 18 Jahren ist der Theatersaal des Nationaltheaters jeden Sonntagvormittag proppenvoll. Dennoch kann Marian Râlea nicht genau einschätzen, wie viele Kinder auf die Bühne im Laufe der Zeit gestiegen sind. Ab und zu kommen Jugendliche im Teenager-Alter zur Aufführung und schauen sich nostalgisch die Interaktion auf der Bühne zu. Den Schauspielern fällt es schwer, die ehemaligen Kinder zu erkennen, doch sie stellen mit Genugtuung fest, dass sie eine Spur in ihren Herzen hinterlassen haben. Sie wissen auch nicht, ob irgendein Kind, das mal auf der Bühne war, die Schauspieler-Laufbahn gewählt hat. Dazu Marian Râlea:



    Das war ja auch nicht unser Ziel. Wäre es gewesen, so hätten wir einen Schauspiel-Klub einrichten können. Für uns war aber wichtig, dass sie ihre Angst überwinden, sich mir den eigenen Gefühlen konfrontieren, auf die Bühne steigen und weiter spielen. Denn der Beruf des Kindes ist hauptsächlich das Spiel. Au‎ßerdem wollten wir die vor allem rumänische Märchen und die rumänische Sprache sowie die Interaktion der Kinder fördern.“




    Mit einem Luftballon als Schwert, einem Lappen als Kleid oder als Zaubermantel, einem leeren Eierkarton als Schild engagieren sich die Kinder im Kampf gegen das Böse und verwandeln sich für ein paar Stunden in Märchenhelden. Weder muss man die Rollen im Voraus kennen noch die Geschichte, in der das Kind auftritt. Schauspielerische Begabung ist auch nicht wichtig. Es ist sogar erlaubt, schüchtern zu sein. Auf der Bühne haben alle Kinder Platz. Die Geschichte wird jedes Mal neu geschrieben, spontan, unter der Leitung des Magiers Marian Râlea. Seit 18 Jahren erwartet er jeden Sonntagvormittag die Kinder im Nationaltheater, um zusammen die Märchen jedes Mal neu zu erfinden.

  • Leseförderung: „Narativ“ – das Lektürefestival für Kinder

    Leseförderung: „Narativ“ – das Lektürefestival für Kinder

    Auf wie viele Arten kann ein Märchen gelesen werden? Das fragten sich diesen Herbst die Mitarbeiter des Vereins Curtea Veche. Um eine Antwort zu liefern, luden sie Kinder, Eltern und Lehrer zu einem Lektürefestival für Kinder ein. Das Lektürefestival hei‎ßt NARATIV und findet heuer zum zweiten Mal statt. Die Teilnehmer hatten freien Zugang zu den 120 Aktivitäten, die innerhalb des Festivals veranstaltet wurden. Sämtliche Workshops im Rahmen des Festivals verfolgten ein einziges Ziel — das Interesse der Kinder für Lektüre anzuspornen und die Eltern zur Lektüre mit dem Kind anzuregen.



    Valentina Roman ist Projektleiterin und Geschäftsführerin des Vereins Curtea Veche. Sie stellte das Projekt Narativ — ein Lektürefestival für Kinder“ auf die Beine. Valentina erzählte uns, wie es dazu kam:



    Der Verein Curtea Veche wurde vor zwei Jahren gegründet. Das hei‎ßt, seit zwei Jahren versuchen wir Kinder zum mehr Lesen zu animieren. Lesen soll Spa‎ß machen, nicht als Pflicht betrachtet werden. Diese Botschaft versuchen wir zu vermitteln. Wir veranstalten verschiedene Aktionen, sowohl in Städten wie auch im ländlichen Raum. Dabei erkannten wir zwei wesentliche Hindernisse, die den Kindern den Zugang zu Lektüre erschweren: Im ländlichen Raum, in den Dörfern, haben die Kinder keinen Zugang zu Büchern. In den Städten dagegen besteht diese Schwierigkeit nicht. In den Städten gibt es Buchhandlungen, die Kinder haben zuhause Bücher, doch sie zeigen kaum ein Interesse am Lesen. Die Eltern machen sich Sorgen, sie wissen nicht, wie sie ihre Kinder für das Lesen begeistern können. So sind wir auf den Gedanken gekommen, ein Lektürefestival zu veranstalten. Im Rahmen des Festivals finden verschiedene interaktive Workshops statt, an denen sich Kinder und Eltern beteiligen. Wir versuchen das Lesen attraktiv zu machen. Wir wollen ihnen zeigen, dass Geschichten und Märchen auch anders gelesen werden können.“




    Workshops wie Die Odyssee — ein Comicheft“, Pinocchio — Märchen mit Musik“, Peter Pan — Schauspielkunst für Leser“ oder Storytelling“ begeisterten die kleinen Teilnehmer und boten ihnen zugleich die Möglichkeit, sich künstlerisch einzubringen: sie zeichneten, komponierten Musik, spielten Theater und dachten sich eigene Geschichten aus. Bekannte Märchen der Weltliteratur wurden neuentdeckt, umgestaltet und überdacht, so Valentina Roman, die Leiterin des Projektes Narativ — ein Lektürefestival für Kinder“:



    Wir sind von mehreren bekannten Märchen ausgegangen und haben die Kinder aufgefordert, ihre Einbildungskraft einzusetzen. Wir regten sie z.B. an, ein Lieblingsbuch mit Musik zu unterlegen oder ein Comicheft nach der Odyssee zu erstellen. Wir bauten ein Schattentheater auf und forderten sie auf, Geschichten zu erfinden. Wir dachten auch an die ganz jungen Teilnehmer, an die Kinder, die noch nicht lesen können. Für sie schrieben wir einige Reimspiele und Rätsel auf. Wir fassten sie zusammen unter dem Titel »Buchstaben für Kerlchen«. Dadurch wollten wir sie mit dem Alphabet vertraut machen.“




    Barna Nemethi ist Regisseur und Fotograf. Er leitete ein Workshop für Kinder innerhalb des Festivals. Wir baten ihn, seine Erfahrung mit uns zu teilen:



    Der von mir geleitete Workshop hie‎ß »Märchen-Journalist«. Wir gingen von den grundsätzlichen Fragen aus, die sich ein Journalist stellt, und versuchten das Geschehen in mehreren Märchen zu ermitteln. Wir wollten den Kindern zeigen, dass ein Buch nicht blo‎ß als Lesestoff fungiert. »Robinson Crusoe« zum Beispiel ist ein Kinderbuch aber zugleich auch ein Studium der Politikwissenschaft. Wir regen die Kinder an, das Gelesene zu hinterfragen.“




    Das Lektürefestival stellt eine gute Gelegenheit dar, Schüler und Kinder und ihr Leseverhalten kennenzulernen, sagte unser Gesprächspartner. Und fügte noch hinzu:



    Beim Workshop, den ich dieses Jahr leitete, thematisierten wir die »Reise zum Mittelpunkt der Erde« von Jules Verne. Es ist ein bedeutender Science-Fiction-Roman, besonders beliebt unter den Konsumenten dieses literarischen Genres. Das Gespräch entwickelte sich in mehrere Richtungen. Die Teilnehmer stellten Fragen wie z.B.: Was steht im Mittelpunkt der Erde, wie können wir das herausfinden, was wusste Jules Verne über den Mittelpunkt der Erde. Es war ein sehr interessanter Meinungsaustausch für alle Teilnehmer.“




    György Gáspár ist ein Fachmann auf dem Gebiet der Familien- und Paartherapie. Er leitete mehrere Workshops beim Lektürefestival:



    Wie auch vergangenes Jahr war auch das diesjährige Lektürefestival eine besondere Erfahrung. Viele Familien wünschen sich, dass ihre Kinder Spa‎ß am Lesen haben. Sie wünschen sich, dass ihre Kinder gerne lesen. Sie wollen eine Freundschaftsbeziehung zwischen ihren Kindern und den Büchern aufbauen. Eltern und Kinder nahmen zusammen an verschiedenen Aktivitäten teil, aus denen die Bedeutung des Lesens hervorging. Die Beziehung zu den Büchern ist meiner Ansicht nach gleichzusetzen mit jeglichen gewöhnlichen Freundschaftsbeziehungen, die wir in unserem Leben pflegen. Wie alle anderen Freundschaftsbeziehungen muss auch die Beziehung zu den Büchern liebevoll gepflegt werden. Die Eltern dürfen die Kinder nicht unter Druck setzen, damit diese mehr lesen. Sie sollten vielmehr das Lesen attraktiv machen, so dass die Kinder Spa‎ß daran haben. Drum sollten die Eltern schon von klein auf ihren Kindern Märchen vorlesen, mit ihnen kommunizieren. Der Akt des Lesens basiert auf die Fähigkeit des Kindes, Worte wahrzunehmen und zusammenhängend zu verstehen. Mehr als 100 Eltern beteiligten sich an meinem Workshop.“




    Letztes Jahr seien 40 kreative Werkstätte im Rahmen des Festivals organisiert worden, dieses Jahr waren es 120. Mehr als 2000 Kinder beteiligten sich daran, so Valentina Roman, Leiterin des Projektes Narativ — eine Lektürefestival für Kinder“ und Geschäftsführerin des Vereins Curtea Veche. Die Arbeit mit Kindern überrasche sie jedes Mal aufs Neue, so Valentina Roman. In diesem Zusammenhang erwähnte sie ein lustiges Geschehnis:



    Die Kinder haben fast immer einen gescheiten Spruch parat. Ich kann Ihnen von einem Mädchen erzählen, das uns sagte, sie lese gerne »Die drei Musketiere«, weil sie eigentlich zu viert seien.“




    Im gleichen Ton kann im Mittelpunkt der Erde eine noch kleinere Erde gefunden werden. Und so weiter. Spiel, Erforschung, Erkenntnis — alles rund ums Lesen!