Tag: Malen

  • Mikrobiologie-Experimente für Jugendliche: „Malen mit Bakterien“

    Mikrobiologie-Experimente für Jugendliche: „Malen mit Bakterien“

    Heute möchten wir Sie zu einem Experiment auffordern. Haben Sie jemals daran gedacht, sich als Maler zu versuchen? Haben Sie wiederum daran gedacht, dass Ihre Werkzeuge, mit denen Sie als Maler arbeiten, Bakterien sein konnten? Vermutlich nicht. Dennoch fand im Labor der Universität Sapientia in der Stadt Miercurea Ciuc (ung. Csíkszereda, dt. Szeklerburg) zum zweiten Mal in Folge ein interessantes Vorhaben statt. Die Initiatoren des Projektes nahmen sich vor, Gymnasiasten für das interessante Vorhaben heranzuziehen. Im Rahmen des Projektes schafften die Jugendlichen Gemälde“ mit Hilfe von Bakterien. Es war eine gute Gelegenheit, um auch die gute Seite der Mikroorganismen kennenzulernen.



    Dr. István Máthé ist Dozent und arbeitet in der Abteilung für Bioingenieurwissenschaft an der Universität Sapientia in Miercurea Ciuc. Er erzählte uns, wie es zum Projekt kam:



    Vor knapp 10 Jahren nahm ich an einer internationalen Konferenz teil. Ich sah damals das Logo eines Pharmaunternehmens, das mit Hilfe von Bakterien geschaffen worden war. Und so kam ich auf die Idee. Ich experimentierte das Malen mit Bakterien mit meinen Studenten im Labor. Sie zeigten sich begeistert von der Idee und so kam unsere Initiative zustande.“




    In einem ersten Schritt erhielten die am Projekt beteiligten Jugendlichen wei‎ße Blätter. Darauf konnten sie mit Bleistift eine Skizze entwerfen, so István Máthé. Danach legten sie die entworfene Skizze unter die durchsichtigen Petrischalen und begannen die Bakterien nach dem gewünschten Umriss auszusäen. Die lebenden Gemälde“ werden erst zwei Tage nach der Aussaat sichtbar. Die verwendeten Bakterien beinhalten unterschiedliche Farbpigmente. Mit der Zeit vermehren sich die Bakterien und so entsteht das Gemälde. Die meisten Bakterien, die eingesetzt werden, tragen zum Abbauen organischer Stoffe im Boden bei. Die entstandenen anorganischen Stoffe können im Nachhinein von Pflanzen bei der Photosynthese verwendet werden. Mehr Einzelheiten dazu bringt Dr. István Máthé:



    Wir haben mehrere Petrischalen aus Glas, in denen unterschiedlich gefärbte Bakterien ausgesät werden können. Die Bakterien vermehren sich im Nährmedium, in dem sie ausgesät wurden. Nach zwei Tagen werden sie sichtbar. Am Anfang können nur ein paar feine Linien erkannt werden, das Gemälde für sich ist noch nicht sichtbar. Nach ein paar Tagen entwickeln sich die Kreationen aus dem gegebenen Nährmedium heraus.“




    Eines der Projektziele war, den Schülern zu zeigen, wie wichtig die Bakterien in unserem Alltag sind, so unser Gesprächspartner, der noch Folgendes hinzufügte:



    Wir wollten erstmals die Studenten und danach die Schüler ins Mikrobiologielabor einladen, um ihnen die gute Seite der Mikrobiologie zu zeigen. Denn nur wenige wissen, dass wir täglich Milliarden von Bakterienzellen verwenden — in der Milchindustrie, bei der Brotherstellung, in der Alkohol-, Pharma- oder Kosmetikindustrie. Als Kinder lernen wir, dass die Bakterien schlecht seien, dass wir die Hände waschen müssen, um sie loszuwerden. Wir wollten den Jugendlichen zeigen, dass mit Bakterien gearbeitet werden kann, dass es auch eine gute Seite daran gibt.“




    Die Initiative Mit Bakterien malen“ wurde dieses Jahr schon zum zweiten Mal umgesetzt. Die Anzahl der Teilnehmer legte im Vergleich zum Vorjahr zu:



    Letztes Jahr beteiligten sich 188 Schüler aus Miercurea Ciuc, heuer machten 230 Schüler der 12. Klasse aus unserer Stadt mit. Es handelt sich vielmehr um eine künstlerische Initiative, doch wir unterhielten uns mit den Schülern auch über Wissenschaft. Wir erklärten ihnen, was für eine Rolle die Bakterien in unserem Leben spielen. Der Grundgedanke dabei war, uns mit den Bakterien anzufreunden. Die Kunstwerke waren sehr vielfältig. In der Tat haben wir es mit kurzlebigen Kreationen zu tun. Sie können nur ein paar Tage betrachtet werden, dann müssen sie sterilisiert werden. Denn die Bakterien sterben sowieso und dann gehen auch die Gemälde verloren. Die Schüler wählten ganz unterschiedliche Themen für ihre Kunstwerke — Naturlandschaften, Bildnisse, volkstümliche Motive, Pflanzen, Tierdarstellungen. Die Phantasie der Schüler kennt keine Grenzen.“




    Rund 500 Petrischalen, die das geeignete Nährmedium beinhalteten, verwandelten sich in Gemälde“. Dr. István Máthé freut sich, ein originelles Projekt ins Leben gerufen zu haben:



    Es ist eine einmalige Initiative landesweit. In den gro‎ßen Labors der Welt wird mit Bakterien gemalt. Einzigartig ist allerdings, dass wir hunderte Schüler daran beteiligten. Das Ergebnis war eine Ausstellung von 450 solchen Kunstwerken. Und das ist unserer Ansicht nach einmalig!“




    Dieses Jahr nahm zum ersten Mal am Projekt auch ein Maskottchen teil. Es handelt sich um Sapibacillus, eine stilisierte, nette und freundliche Bakterie, die die jungen Maler bei ihrer Arbeit überwachte und unterstützte. Das Plüsch-Maskottchen wurde von Studenten entworfen. Es lie‎ß sich freundlicherweise mit allen Teilnehmern fotografieren. Die von den Schülern in Miercurea Ciuc geschaffenen Kunstwerke wurden durch eine Jury, gebildet aus Vertretern der Universität, beurteilt. Die vergänglichen Kunstwerke konnten für ein paar Stunden im Flur der Universität bewundert werden. Die besten Kunstwerke wurden ausgezeichnet, Die Gewinner erhielten Preise — Diplome und Fachbücher sowie Belletristik.



    Zum Schluss sterben die Kunstwerke. Die Petrischalen werden ausgewaschen. Sie sollen im kommenden Jahr wieder das Nährmedium für neue Gemälde anbieten.

  • „Menschen durch Kunst“: Verein Samusocial fördert Kreativwerkstatt für Obdachlose

    „Menschen durch Kunst“: Verein Samusocial fördert Kreativwerkstatt für Obdachlose

    Obdachlose Erwachsene in Bukarest stellen zum ersten Mal ihre Gemälde und Grafiken aus. Wer sind wir?“ — so lautet die Ausstellung, die Kunstwerke obdachloser Menschen präsentiert. Aussteller sind einige durch das vom rumänischen Verein Samusocial geförderte Projekt Menschen durch Kunst“ assistierte obdachlose Menschen.



    Die prächtigen Räume der Römischen Galerie in der Innenstadt von Bukarest beherbergen eine Ausstellung, die Kunstwerke obdachloser Menschen zur Schau bringt. 11 Projektteilnehmer — heimlose Menschen — stellten hier ihre Werke aus, die persönliche Lebenserfahrungen widerspiegeln. Vor der Eröffnung wurden die Gemälde mit Lumpen gedeckt. Die Besucher hatten demnach die Gelegenheit, die Bilder selber zu entblö‎ßen“ und somit die Welt, in der die Aussteller leben, mit all ihren Geheimnissen, die unseren Augen oft verborgen bleiben, zu entdecken. Anca Florea, Ausbilderin im Bereich Bildende Kunst und zugleich Leiterin des Projektes Menschen durch Kunst“ und Volontärin bei der Organisation Samusocial, erzählte uns, wie sich das Projekt entwickelte:



    Es war meine Projektidee. Ich wollte auch mit anderen Menschengruppen arbeiten, etwas Verschiedenes im Vergleich zu meinen üblichen Tätigkeiten machen. Ich dachte, ich könnte obdachlose Menschen in ein Projekt einbinden. Ich hatte privat mehrere heimlose Personen kennengelernt und erkannt, dass sie sich künstlerisch ausdrücken können. Und dachte, es gebe vermutlich mehr Obdachlose, die das könnten. Und so kam ich auf die Projektidee. Ich unterhielt mich darüber mit ein paar Leuten von Samusocial. Das Projekt hei‎ßt »Menschen durch Kunst«. Die Organisation Samusocial hatte bereits eine berufsbezogene Kreativwerkstatt am Laufen, im Rahmen derer sie dekorative Objekte bastelten. Mein Projekt wurde in die berufsbezogene Werkstatt eingebunden. Samusocial lud obdachlose Menschen zum Mitmachen ein, und wir organisierten eine Kunstwerkstatt mit Fokus auf Malerei und Grafik. Kunst wurde dabei im Hinblick auf die Persönlichkeitsentwicklung sowie zur Entfaltung der Ausdruckskapazität und künstlerischer Fähigkeiten eingesetzt. Was auf mich zukam, war viel mehr als erwartet. Ich hatte es mit offenen, begabten Menschen zu tun. Sie waren sehr daran interessiert, im Projekt mitzuwirken.“




    Die Ausstellung fordert uns auf, andere Menschen kennenzulernen, sie aus einem verschieden Blickwinkel zu betrachten — nämlich als Kunstschöpfer. Bei der Betrachtung ihrer Werke kommt unwillkürlich die Frage auf: Wer sind wir, was für geheime Eigenschaften verbergen wir? Die Zusammenarbeit mit obdachlosen Menschen im Rahmen des Projektes zeigte Anca Florea, wie stark sich die Menschen nach dem Schönen sehnen. Anca Florea erzählte uns über einen Obdachlosen, der sich nur ein einziges Mal an der Werkstatt beteiligte:



    Als ich am Morgen in die Werkstatt kam, war er schon da. Irgendjemand erzählte mir, der Mann habe die Nacht auf der Stra‎ße verbracht. Ich fragte ihn daraufhin, wo er geschlafen habe. Er habe nicht geschlafen, hie‎ß es, er sei fortdauernd gelaufen. Denn es war sehr kalt gewesen. Ich war sehr beeindruckt: Er war die ganze Nacht gelaufen, um nicht vor Kälte zu sterben, und kam dennoch am frühen Morgen in die Werkstatt. Nicht ein einziges Mal hat er sich über etwas beschwert. Ich informierte die Teilnehmer über das Thema des Tages. Er überlegte kurz und sagte dann plötzlich: ‚Geben Sie mir Bitte ein Blatt Papier, ich werde Ihnen etwas Schönes zeichnen.‘ Ich war sehr beeindruckt von ihm. Er hatte so viel gelitten. Spürte dennoch das Bedürfnis nach etwas Schönem. Ich glaube, das brauchen wir alle, wenn wir leiden. Wir müssen unser Leid durch etwas Schönes ausgleichen. Ich glaube, dieses Beispiel spricht für den Zweck meines Projektes an und für sich.“




    Wir wollten von Anca Florea erfahren, wie ihre Schüler waren, was für eine Erfahrung sie mit ihnen gemacht hat:



    Sie waren nett. Zu Beginn waren sie etwas zurückhaltend. Ich war auch eher zurückhaltend, denn es war das erste Mal, dass ich mit Obdachlosen zusammenarbeitete. Sie waren allerdings auch sehr aufnahmebereit und aufgeschlossen. Die Stimmung war sehr angenehm. Wir haben uns zusammen wohl gefühlt. Wir haben Spa‎ß gehabt, gelacht, aber auch gearbeitet. Sie waren sehr respektvoll. Wir haben uns gut verstanden, sie waren rezeptiv, daher haben wir auch gut gearbeitet. Ich verhalf jedem einzelnen von ihnen, die eigene Richtung und den eigenen Stil zu finden. Ich forderte sie auf, die Themen für ihre Gemälde in sich selbst zu suchen. Denn das setzt ein Kunstwerk voraus — dass der Autor einen Teil seiner Seele im Kunstwerk einbaut. Deshalb forderte ich sie auf, in ihr Inneres zu schauen und dort die für sie wichtigen Dinge zu finden. Und so ihre Themen auszuwählen. Ich gab ihnen einige Ratschläge in Bezug auf die einzusetzende Technik. Denn ich wollte ihnen helfen, ihre eigene künstlerische Bahn zu finden. Ich denke, ich habe es geschafft. Jeder von ihnen hat angefangen, einen eigenen Stil zu entwickeln. Sie arbeiten zusammen, dennoch drückt sich jeder im eigenen Stil aus. Es ist wichtig, die eigene Ausdrucksweise zu entdecken.“




    Liviu Lucian Marcu ist einer der ausstellenden Künstler. Er erzählte uns über seine Werke, die seine Lebenslust ausdrücken, wie auch aus den Titeln der Gemälde hervorgeht wie z. B. Die laute Tischrunde“ oder Der lustige Lumpen“.



    Ich habe mein Leben lang gesoffen… ich wollte immer Spa‎ß am Leben haben. Mein Werk geht in die entgegengesetzte Richtung wie der »Tisch des Schweigens« von Brancusi. Er kam aus Oltenien, ich aus der Moldau. Daher schaffte ich »Die laute Tischrunde«. Ich stelle mir einen Tisch vor, auf dem umgekippte Becher liegen, an dem Säufer sitzen. Aus dem Kassettenrekorder ertönt Musik. Ein Besoffener schläft mit dem Kopf auf dem Tisch. Ich konnte nicht all das malen, es wäre zu schwer gewesen und das war mein erstes Gemälde. Ich werde noch daran arbeiten, um es zu ergänzen. Das hoffe ich zumindest. Ich werde meine Werke neu angehen und sie wie es sich gehört wieder malen.“




    Bogdan Florin Ionescu malt Gesichter:



    Ich malte Menschen wie wir. Ich hatte bis dahin noch nie gemalt, doch es hat mich entspannt. Am Anfang dachte ich, es sei ein Spiel. Es hat mich entspannt und plötzlich fand ich Gefallen daran.“




    Etwa 20 obdachlose Menschen nahmen insgesamt an der Werkstatt teil. Fortlaufend waren immer 4 Leute da, die etwas malten. Allerdings nicht immer die gleichen. 11 von ihnen stellten ihre Kunstwerke in der Römischen Galerie aus. Die Teilnehmer konnten nicht immer anwesend sein, da die Esszeiten in den sozialen Kantinen schwanken. Sie kamen nicht immer in die Werkstatt, doch wenn sie es taten, hatten sie Freude am Malen und suchten das Schöne.