Tag: Maler

  • Europäische Kulturhauptstadt Temeswar: Brauner und Brâncuși-Ausstellungen

    Europäische Kulturhauptstadt Temeswar: Brauner und Brâncuși-Ausstellungen

    Victor Brauner war ein Maler, Bildhauer und Dichter des Surrealismus, einer der führenden Vertreter der Bewegung, ein jüdischer Künstler, der ursprünglich aus Rumänien stammte. Constantin Brâncuși gilt weltweit als der Vater der modernen Bildhauerei und der zeitgenössischen Kunstsprache.


    Victor Brauner: Erfindungen und Magie“ ist vom 17. Februar bis 28. Mai in der Kulturhauptstadt Temeswar geöffnet. Constantin Brâncuși: Rumänische Quellen und universelle Perspektiven“ lädt die Besucher zwischen dem 30. September 2023 bis zum 28. Januar 2024 in den Westen Rumäniens ein. Wir sprachen mit Ovidiu Șandor, dem Präsidenten der Stiftung Art Encounters, die die Veranstaltungen mitorganisiert, über die beiden außergewöhnlichen Ausstellungen und die Art Encounters Biennale in Temeswar (19. Mai – 16. Juli 2023).



    Natürlich haben wir heute Abend hier den Beitrag der Stiftung Art Encounters in Zusammenarbeit mit dem Nationalen Kunstmuseum und dem Französischen Institut zum Kulturhauptstadtprogramm vorgestellt. Das gesamte Programm ist sehr ehrgeizig, mit herausragenden Veranstaltungen in allen Bereichen. Was die Beteiligung unserer Stiftung anbelangt, so handelt es sich zunächst um eine Victor-Brauner-Ausstellung, eine erste wirkliche Retrospektive von Victor Brauner in seinem Heimatland, einem Künstler, der in diesem Land leider viel zu wenig bekannt ist, und wir hoffen, dass wir dazu beitragen können, diese Situation zu ändern, mit zahlreichen Leihgaben aus dem Centre Pompidou in Paris und mit Werken aus verschiedenen Museen des Landes.


    Eine Ausstellung, von der ich glaube, dass sie dem Publikum die Möglichkeit geben wird, diesen international bedeutenden surrealistischen Künstler zu entdecken oder wiederzuentdecken. Ein jüdischer Künstler, der in Rumänien geboren wurde und dessen Leben meiner Meinung nach eine wichtige Geschichte im Zusammenhang mit der Zeit des Zweiten Weltkriegs darstellt, die leider auch heute noch wichtig ist, wenn man bedenkt, was um uns herum geschieht. Als nächstes steht die Biennale Art Encounters auf dem Programm, die bereits zum fünften Mal stattfindet, und zwar in diesem besonderen Jahr 2023, eine Veranstaltung, die sich unter der Leitung des Schweizer Kurators Adrian Notz mit der Beziehung zwischen Kunst und Technologie befassen wird. Während die beiden anderen Ausstellungen Persönlichkeiten des kulturellen Erbes vorstellen, ist die Biennale eine Veranstaltung, die den Beitrag der jungen Generation aus Rumänien und Osteuropa, aber auch bedeutender internationaler Künstler zeigt, um darzustellen, was heute in der Welt geschieht, wie wir mit Kunst, Technologie und allem um uns herum umgehen.


    Am 30. September ist die Eröffnung der Brâncuși-Ausstellung geplant, der ersten Brâncuși-Retrospektive der letzten 50 Jahre in Rumänien und Mittel- und Osteuropa. In gewisser Weise bringen wir symbolisch Brâncușis reife Werke aus Museen wie dem Centre Pompidou, der Tate Modern London und der Guggenheim Foundation Venedig nach Hause, zusammen mit Werken, vor allem aus seiner Jugend, die sich in Museen des Landes, dem Nationalen Kunstmuseum Bukarest und dem Nationalen Kunstmuseum Craiova befinden. Diese Ausstellung wird erneut gemeinsam mit dem Nationalen Kunstmuseum Timisoara und dem Institut Français organisiert.



    Was wird die Ausstellung Victor Brauner: Erfindungen und Magie“ dem Publikum bringen? – fragten wir Ovidiu Șandor.



    Im Fall von Brauner wird es viele Werke geben, viele Gemälde, die vielleicht seine bekannteste Kunstform darstellen, zusammen mit wichtigen Zeichnungen aus seinem Werk. Wir sprechen hier über Werke, die sowohl Brauners Beitrag oder Arbeit während der Zeit umfassen, als er in Rumänien lebte und arbeitete, insbesondere in Bukarest, in den 20er und 30er Jahren, als er eine der Säulen der Avantgarde in Bukarest war, als auch Werke aus der Zeit, als er in Frankreich lebte, den 40er Jahren bis zu seinem Tod in den 60er Jahren. Es wird also eine Ausstellung sein, die seine gesamte Karriere umfasst. Auch einige seiner Skulpturen werden zu sehen sein. Es wird ein gefilmtes Interview mit Victor Brauner zu sehen sein. Es werden einige seiner berühmten Werke zu sehen sein, darunter das Bild, auf dem er sich selbst mit einem verletzten Auge malt, was einige Jahre später tatsächlich passiert, als ihm ein Freund bei einer Kneipenschlägerei das Auge aussticht. Diese Form der Vorahnung entspricht also ganz dem surrealistischen Denken, das davon ausgeht, dass es eine irgendwie verborgene Beziehung zwischen der Realität und dem Unwirklichen, zwischen Leben und Traum, zwischen bestimmten Dingen und Magie usw. gibt.



    Ovidiu Șandor enthüllte auch die Überraschungen der großen Retrospektive Constantin Brâncuși – Rumänische Quellen und universelle Perspektiven“:



    Im Fall von Brâncuși handelt es sich um eine bedeutende Anzahl von Skulpturen, sowohl aus seiner frühen als auch aus seiner reifen Schaffensperiode. Die von Doina Lemny kuratierte Brâncuși-Ausstellung versucht, diesen Wandel von Brâncuși aufzuzeigen, der darin besteht, dass der junge Künstler Rumänien verlässt, wo er in Tradition und Kultur verwurzelt ist, und in Paris ein beeindruckendes internationales kulturelles Universum entdeckt. Und die Ausstellung zeigt die Verwandlung, die Brâncușis Werke durchlaufen, bis sie diese raffinierten Formen von universeller Bedeutung erreichen. Neben den Skulpturen werden wir eine wichtige Reihe von Fotografien von Brâncuși zeigen, ein Teil seines Werks, der in Rumänien vielleicht zu wenig bekannt ist und geschätzt wird. Tatsächlich entdeckt Brâncuși irgendwann die Kamera und verbringt viel Zeit damit, seine Werke im Atelier sorgfältig aufzustellen, auf das richtige Licht zu warten, sie in verschiedenen Positionen, in verschiedenen Kombinationen von Sockeln und Werken zu fotografieren, und wenn man so will, ist es eine Art Lektion, in der Brâncuși uns lehrt, wie man seine Skulptur betrachtet. Natürlich werden daneben auch Zeichnungen von Brâncuși zu sehen sein, die Korrespondenz von Brâncuși mit bestimmten Freunden im Land sowie Filme, die sowohl von Brâncuși als auch von anderen wichtigen Künstlern der Zeit gedreht wurden und Brâncuși bei der Arbeit zeigen.

  • Constantin Daniel Rosenthal: ein Künstler im Dienste der Revolution

    Constantin Daniel Rosenthal: ein Künstler im Dienste der Revolution

    Unter Einhaltung aller Abstandregeln und Hygienevorschriften fand sich im Hof des ehemaligen Königlichen Palastes und heutigen Nationalen Kunstmuseums in Bukarest das Publikum ein, um den Auftakt einer interessanten Ausstellung zu erleben: Rosenthal — ein Künstler in revolutionären Zeiten“. Cristina Verona Tobi ist zeitweilig Museumsdirektorin und klärt über die Hintergründe auf:



    In diesem Jahr feiert das Kunstmuseum 70 Jahre seit der Eröffnung der ersten Nationalgalerie — die Gelegenheit durften wir natürlich nicht verstreichen lassen, ohne das Ereignis gebührend zu markieren. Nun jährt sich aber in diesem Jahr auch die Geburt des Künstlers Constantin Daniel Rosenthal, der uns das berühmte Werk des »Revolutionären Rumäniens« hinterlassen hat“, sagt die Museumsleiterin. Ihrem Haus ist es nicht nur wichtig, die grö‎ßten Kunstaustellungen zu organisieren, sondern immer auch die Verbindung zwischen Kunst und Gesellschaft in den Vordergrund zu stellen, sagt Cristina Verona Tobi. Ein besonderer Moment ist 1848, als die Revolution eine Modernisierung auf der Grundlage liberaler Ideen anstie‎ß, findet sie.


    Die Ausstellung zeigt Werke, die das Publikum zum ersten Mal zu sehen bekommt, deshalb ist sie nicht nur für das Fachpublikum interessant, sondern für alle, die sich für Kunst begeistern. Es geht hier auch um eine Einladung an die jungen Menschen, zusammen in die Vergangenheit zu blicken und die Zukunft zu entschlüsseln. Über den Neuerungscharakter der Ausstellung wei‎ß Monica Enache am besten Bescheid. Die Kuratorin der Ausstellung ist auch Leiterin der Abteilung Moderne Rumänische Kunst:



    Das ist eigentlich die zweite Monographie-Ausstellung — die erste fand 1970 statt, umfasste aber nur 11 Werke Rosenthals und hatte keinen Katalog. Die Katalogschrift, die diesmal die Ausstellung begleitet, umfasst alle Werke, über die wir heute erfahren haben — im In- und Ausland, in öffentlichen wie privaten Sammlungen.“



    Wie die Kuratorin dann ausführt, geht es auch um bisher völlig unbekannte Werke. Aber der Band enthält auch alle Briefe, die es heute in Rumänien aus Rosenthals Nachlass gibt. Einige liegen in der Nationalbibliothek, die anderen in der Bibliothek der Rumänischen Akademie. Das sind Briefe, die Rosenthal seinen Freunden geschrieben hat — vor allem dem Politiker und Publizisten C. A. Rosetti und dem Arzt Adolf Gruno. Abgesehen von der kunstdetektivischen Arbeit, die Werke Rosenthals zusammenzuführen, versucht die Ausstellung auch mehr Licht auf seinen Aktivismus zu werfen. Rosenthal stand nämlich offen und vorbehaltslos auf der Seite der Revolution — von daher sei die Ausstellung ein Ansto‎ß für uns, nachzudenken, inwiefern wir denn bereit sind, für eine gemeinsame Causa einzutreten, sagt Monica Enache. Mithilfe der Ausstellung ist dann ein ehrlicher Blick auf die nähere oder weniger nahe Vergangenheit möglich, auf Persönlichkeiten und Momente — es gilt, die Propagandaschichten abzuschälen und ihre wahre Bedeutung freizulegen, meint die Kuratorin, der diese Ausstellung besonders am Herzen liegt:



    Für mich kommt sie einer Neueröffnung des Museums gleich. Ich habe viel und lange von zuhause gearbeitet, was hilfreich war, da die Recherche so tiefgründiger, aber auch praktischer wurde. Das war ein Glück im Unglück, sozusagen“, findet Enache. Sie plante die Ausstellung als Publikumsmagnet, denn — sagt sie — jeder in Rumänien sollte zumindest einmal dieses Bild des Revolutionären Rumäniens“ gesehen haben und zumindest für die Bukarester — wenn es schon keine Touristen mehr gibt — ist das eine Einladung, die man schlecht ausschlagen kann. Enache wollte aber abgesehen von den bekannteren Bildern auch den weniger bekannten Teil seines Lebens und Schaffens zeigen: Letztendlich sei Rosenthals politische Arbeit viel wichtiger als seine Kunst, was einer Kuratorin nicht leicht einzugestehen falle, meint Enache. Am ehesten gibt sein Nachlass Einsicht in seine politischen Einstellung, sagt die Kunstexpertin, die bei der Vernissage aus einem Brief des jüdischen Künstlers an den Revolutionsanführer von 1848 C.A. Rosetti vorlas:



    Es gibt so viele vernünftige Menschen in unserem Land und so viele Leidenschaften gilt es zu überwinden. Warum bin ich nicht, wenn auch nur für einen Augenblick, der Mächtigste? Du kann es nicht fassen, wie stark ich für eure Sache leide. Ich hätte nie geglaubt, so walachisch zu sein“, schrieb Rosenthal am 26. Juli 1848 an C.A. Rosetti.

  • Syrischer Künstler Ammar Alnahhas findet in Rumänien zweite Heimat

    Syrischer Künstler Ammar Alnahhas findet in Rumänien zweite Heimat

    Kupferarchitekt — so lässt sich der Name unseres heutigen Gastes übersetzen. Und, in der Tat, Ammar Alnahhas ist Bildhauer, allerdings entdeckte er hierzulande seine Berufung zum Maler. Er reiste vor 10 Jahren nach Rumänien, beabsichtigte jedoch zunäcsht nicht, für längere Zeit hier zu bleiben. Er kam aus Damaskus, wo er Bildhauerei an der Kunstuniversität studiert hatte. Das Cervantes-Institut hatte eine Ausstellung in Spanien organisiert und ihm wurde die Gelegenheit geboten, seine Werke auszustellen. Die Ausstellung erwies sich als ein gro‎ßer Erfolg. Nichtsdestotrotz konnte er nicht anwesend sein, denn er hatte kein Visum. Der junge Künstler Ammar Alnahhas betrachtete Europa als ein Tor zum Erfolg. 2006 kam er demnach nach Rumänien und verlie‎ß das Land nie wieder. Er lernte viele Leute kennen, freundete sich mit ihnen an und reiste kreuz und quer durch Rumänien. Allerdings nicht nur als Tourist, sondern auch als Künstler. Er nahm nämlich an zahlreichen Kunstcamps teil, die überall im Land, vom Donaudelta bis hin zur Marmarosch, stattfanden.



    Ein Teil meiner Familie war hier, in Rumänien. Mein Onkel und mein Bruder, der hier Pharmazie studiert hatte, lebten schon da. Ich beschloss, mich ihnen anzuschlie‎ßen, um somit Europa über Rumänien zu erreichen. Ich dachte ursprünglich, nicht länger als 3-4 Monate hier zu bleiben. In der Zwischenzeit sind 11 Jahre vergangen und ich bin immer noch hier. Denn es hat mir sehr gut gefallen. Ich hatte Erfolg in Rumänien und das ist für mich als Künstler besonders wichtig. Es geht mir gut, dennoch möchte ich mich weiterentwickeln. In den ersten 4 Jahren meines Rumänienaufenthaltes arbeitete ich in einem Restaurant. Und ich malte gelegentlich in meiner Freizeit. Nach 4 Jahren veranstaltete ich eine erste Ausstellung mit Kunstwerken, die ich in Rumänien geschaffen hatte. Ich lernte hier viel über Farben, wie ich sie einsetzen soll. Das hat mir sehr gut gefallen. Und ich lernte offene, warme Menschen kennen, die uns, den Syrern, sehr ähnlich sind. Die Sprache ist sehr unterschiedlich, die Menschen aber nicht. Ich habe mal eine Ausstellung veranstaltet, die ich »Mosaik von Mesopotamien«, also von Syrien, nannte. Doch auch in Rumänien gibt es ein Mosaik, also organisierte ich auch eine Ausstellung zum Thema Mosaik nach rumänischer Art. Ich bin der Meinung, jede Region Rumäniens hat etwas Besonderes, was sie mit dem Land allgemein verbindet. Im Donaudelta entdeckte ich viel Blau, Türkis. In der Marmarosch stand Grün im Vordergrund. Und ich passte meine Farben entsprechend an. Anlässlich meiner ersten Ausstellung lernte ich viele Menschen kennen, die mich später viel unterstützten. Deshalb bin ich der Ansicht, die Rumänen sind ein warmes, freundliches Volk. Wie gesagt, ich lernte viele Künstler kennen und sie luden mich zu verschiedenen Künstler-Camps und Ausstellungen ein. Ich freue mich, dass ihnen meine Werke gefallen haben.“




    Ammar Alnahhas lernte Rumänisch von seinen neuen Freunden. Er passte sich schnell an das Leben in Rumänien an. Mittlerweile sind auch weitere Familienangehörige nachgekommen. Sie leben schon seit mehreren Jahren in Rumänien. Allerdings haben sie in Syrien viele liebe Freunde zurückgelassen. Ammar hofft, irgendwann wieder nach Syrien zurückzukehren, auch wenn nur für einen Besuch:



    Syrien ist meine Heimat, mein Leben. Rumänien ist zu meiner zweiten Heimat geworden. Wir pflegen zu sagen: Es ist der Ort, wo wir Brot gegessen und Wasser getrunken haben. Ich denke nicht daran, zurückzukehren. Ich bete dafür, dass sich dort alles zum Guten ändert. Doch mir geht es gut hier, ich habe Freunde, ich komme gut aus mit den Leuten. Was in Syrien vor sich geht, ist aber bedauerlich. Ich habe viele Freunde zurückgelassen, die eine Familie haben. Kinder, alte Leute… ich hoffe, es wird sich eine Lösung finden und alles wird gut. Rumänien hat mir von Anfang an sehr gut gefallen, die Menschen hier liegen mir am Herzen. Es ist ein schönes, warmherziges Land. Ich bin vor 11 Jahren angereist und bin immer noch da. Ich hatte viele Vorteile hier. Ihr habt eine viele Jahre zurückgehende Geschichte, eine langwährende Tradition und Kultur — ähnlich wie wir. In den Kunst-Camps, an denen ich mitmache, erzählen mit die anderen Teilnehmer immer etwas über Schä‎ßburg, über das Donaudelta, über Curtea de Argeş. Ich habe Vieles dazugelernt. Ihr habt eine wertvolle Vergangenheit.“




    Ammar Alnahhas wei‎ß andere Künstler wie ihn hochschätzen. Er wünschte sich, manche von ihnen irgendwann mit nach Syrien zu nehmen, ihnen sein Land und seine Kultur zu zeigen:



    Ich wünsche mir, all meine Freunde nach Rumänien zu bringen. Desgleichen würde ich ganz gerne meine Freunde in Rumänien mit nach Syrien nehmen. Es wäre schön, in Syrien einige Künstler-Camps zu veranstalten, wie wir es hier in Rumänien machen. In Syrien gibt es auch Vieles zu sehen, wir haben eine reiche Kultur und Geschichte. Ich würde all das, was ich hier gelernt habe, mitnehmen: die Warmherzigkeit, die Farben, die schöne Seele der Menschen.“