Tag: Mathematik

  • Kybernetik, Computer, mathematische Linguistik – zur Geschichte der interdisziplinären Forschung

    Kybernetik, Computer, mathematische Linguistik – zur Geschichte der interdisziplinären Forschung

    Die heutigen Übersetzungsprogramme verwenden Informationstechnologie, eine Technologie, die wie jede andere Technologie um uns herum eine faszinierende Geschichte hat. Es ist eine Geschichte verschiedener Disziplinen, die miteinander verwoben sind und die auf den ersten Blick nicht viel gemeinsam haben. In der Entwicklung der künstlichen Intelligenz als ein neues Feld, das mehrere Wissenschaften zusammenbrachte, trug auch die rumänische Schule bei. Und einer ihrer Beiträge war es, die Linguistik mit der Mathematik zu verbinden.



    Computerlinguistik erschien in den Vereinigten Staaten, es ist ein interdisziplinäres Feld, das zwischen Linguistik und Informatik bzw. zwischen natürlicher Sprache und der Sprache der Computerprogrammierung als künstliche Intelligenz angesiedelt ist. In den Jahren vor dem Zweiten Weltkrieg war die Kybernetik die neue Wissenschaft, die die Kombination von Wissenschaften förderte, aus der sich später die Computerlinguistik entwickeln sollte. In den späten 1930er Jahren hatte Rumänien in Ştefan Odobleja einen der Pioniere auf dem neuen Gebiet. Aber nach dem Zweiten Weltkrieg, als die Sowjetarmee das kommunistische Regime durchsetzte, änderte sich der gesamte wissenschaftliche Horizont.



    Einer der Pioniere der mathematischen Linguistik in Rumänien war der Mathematiker Solomon Marcus. In einem Interview mit dem Zentrum für Mündliche Geschichte des Rumänischen Rundfunks aus dem Jahr 1998 erklärte Marcus, wie die Ideologie der kommunistischen Einheitspartei die Wissenschaft politisierte:



    Die Kybernetik wurde als bürgerliche Schöpfung abgelehnt, aber dann ist etwas passiert. Zu dieser Zeit folgten wir der Moskauer Linie aufs Wort. Und was geschah, war, dass die wirklichen Wissenschaftler in Moskau eine sehr geniale Idee hatten: die Forschung, die im Bereich der Linguistik stattfand, wie die mathematische Linguistik, vom humanistischen Zweig der Kultur zu trennen. Und dann führten sie sie mit dem Zweig der Wissenschaft und Technologie zusammen. Nach der Periode der Verurteilung der Kybernetik gab es also einen Gesinnungswandel in Moskau, und die technisch-wissenschaftliche Revolution wurde begrü‎ßt. Und plötzlich wurde die technisch-wissenschaftliche Revolution zu einem der Ziele der kommunistischen Gesellschaft, um die technisch-wissenschaftliche Gesellschaft zu schaffen.“



    Wie jede andere Änderung in der politischen Einstellung des kommunistischen Regimes erwies sich auch in diesem Fall der Pragmatismus als stärker als die Ideologie. Diese Veränderung, die in Moskau stattfand, wurde von den Satellitenländern der Sowjetunion übernommen. Solomon Marcus dazu:



    Offensichtlich hatte Bukarest diesen Slogan verinnerlicht, und so gelang ein doppelter Coup: Den Wissenschaftlern gelang es, nicht nur die mathematische Linguistik — damals Computerlinguistik genannt — als Wissenschaft anerkannt zu sehen, sondern auch, diesen Schritt durch die Nähe zur Informatik als Ausdruck der technisch-wissenschaftlichen Revolution hochzustilisieren. Damals war das gro‎ße Thema die »maschinelle Übersetzung«, und wir sollten den Einzug der maschinellen Übersetzung vorbereiten. Das Ziel war, dass die Übersetzung aus einer Sprache in eine andere nicht mehr »manuell«, von Hand, also menschlich, sondern von einer Maschine ausgeübt wird. Das Problem war entscheidend, weil sowohl die Russen als auch die Amerikaner in der Lage sein wollten, leicht aus dem Englischen ins Russische und aus dem Russischen ins Englische zu übersetzen. Die Linguistik war aufgrund von Stalins Thesen über Marxismus und Linguistik ein gro‎ßes Minenfeld. Und siehe da — die mathematische Linguistik konnte sich diesem Spannungsfeld entziehen: Sie wechselte plötzlich in den Bereich der Naturwissenschaften und der Technologie.“



    Die beiden wissenschaftlichen Gemeinschaften, die sich aus Philologen und Mathematikern zusammensetzten, blickten mit Vorbehalten auf die Absicht, die neue Disziplin zu schaffen. Solomon Marcus erinnert sich weiter:



    Alexandru Rosetti war einer der wenigen Philologen, die dieses neue Anliegen begrü‎ßten und förderten. Doch seine Kollegen ignorierten das Thema einfach oder argumentierten dagegen. Sie sagten, dass dies keine Linguistik sei. Professor Emanuel Vasiliu wandte eine Art von Linguistik an, die der Logik und der Mathematik nahe stand. Auch für Mathematiker war die Zusammenarbeit mit einer humanistischen Disziplin wie der Linguistik völlig gegen die Tradition. Sie sagten, traditionsgemä‎ß würde die Mathematik eher mit der Mechanik, der Physik und der der Chemie einiges am Hut haben als mit anderen Disziplinen. Und deshalb waren viele sehr skeptisch. Sie glaubten nicht, dass dies etwas bewirken würde. Der einzige, der nicht skeptisch, sondern enthusiastisch war, war [der Mathematiker und Informatiker] Grigore Moisil. Wissen Sie, was für ein Glück wir hatten, dass wir dank seiner Unterstützung schon in den frühen 1960er Jahren die Möglichkeit hatten, mathematische Linguistik an der Universität Bukarest zu lehren?!“



    In seiner Absicht, das neue Gebiet zu erforschen, erhielt Solomon Marcus die Unterstützung von einflussreichen Mathematikern wie Grigore Moisil und Philologen wie Alexandru Rosetti. Und so machten er und Emanuel Vasiliu sich daran, den neuen Trend durch Universitätskurse und Publikationen umzusetzen:



    Ich hatte gro‎ßes Glück, denn Moisil und Rosetti, ein Mathematiker und ein Linguist, setzten sich gemeinsam für die Einführung der mathematischen Linguistik-Forschung in Rumänien ein. Sie kämpften auch für die Einrichtung von Universitätsstudien in mathematischer Linguistik, und wir waren eines der ersten Länder in der Welt, die dies taten. Ich, als Mathematiker, und Professor Emanuel Vasiliu vom Fachbereich Philologie, als Linguist, machten die ersten Schritte auf diesem Gebiet. Wir wurden auch durch gewisse Austausche im Ausland unterstützt, ich hatte ein Lehrbuch über mathematische Linguistik an der Universität Bukarest veröffentlicht, es kam 1963 im Didaktischen Verlag heraus, und wir durften diese Arbeiten ins Ausland an verschiedene Persönlichkeiten schicken, die an ähnlichen Themen forschten. Das Dieses Buch wurde sofort in London, New York, Moskau, Paris und Prag übersetzt.“



    Im Jahr 1966 wurde in Bukarest der Internationale Kongress für Linguistik organisiert, an dem viele ausländische Sprachwissenschaftler teilnahmen und der eine bedeutende rumänische Präsenz hatte. Das Ereignis setzte Rumänien auf die Landkarte der modernsten Wissenschaft, einer Wissenschaft, die in nur wenigen Jahrzehnten den Computer zum wichtigsten Objekt der heutigen Welt machen würde.

  • 23.07.2019

    23.07.2019

    Viorica Dancila, die Vorsitzende der sozialdemokratischen Partei PSD, der wichtigsten Regierungspartei in Rumänien, ist am Dienstag in Bukarest zur Kandidatin für die Präsidentschaftswahlen im Herbst bestimmt worden. Auf dem Kongress der PSD, am 3. August soll diese Kandidatur bestätigt werden. Zuvor hat die Vorsitzende der Sozialdemokraten Gespräche mit Calin Popescu Tariceanu, dem Vorsitzenden ihres Koalitionspartners ALDE und mit Victor Ponta, dem Vorsitzenden der Partei Pro Rumänien, über die Unterstützung eines gemeinsamen Kandidaten der Linken im Präsidentschaftswahlkampf geführt. Diese Gespräche endeten in einer Sackgasse. Politische Beobachter schätzten, Dancila liegt in der Wählergunst auf dem 3. Platz, nach dem Amtsinhaber, Klaus Iohannis, der von den Liberalen unterstützt wird und dem Vorsitzenden der bürgerlichen Allianz USR-PLUS, Dan Barna.






    In Bukarest haben heute der Ungarnverband UDMR und die parlamentarische Gruppe der nationalen Minderheiten die vom rumänischen Präsidenten Klaus Iohannis vorgeschlagene nationale politische Vereinbarung zur Konsolidierung des europäischen Weges Rumäniens unterzeichnen. Am 13. Juni unterzeichneten das Staatsoberhaupt Rumäniens und die Vorsitzenden der liberalen Partei PNL, der bürgerlichen Allianz USR-PLUS, der PMP und der Pro Romania das Dokument. Die regierende PSD und ALDE haben sich geweigert, das Abkommen unter Begründung zu unterzeichnen: einige Vorschläge der beiden Parteien seien vom Präsidenten nicht akzeptiert worden.






    Der frühere britische Au‎ßenminister Boris Johnson wurde am Dienstag zum Vorsitzenden der regierenden konservativen Partei gewählt und wird anstelle von Theresa May Premierminister. Ihm unterlag den derzeitigen Chef der Londoner Diplomatie, Jeremy Hunt, nachdem Johnson 92.153 der rund 159.000 Stimmen der Parteimitglieder erhalten hat. Am Mittwoch wird Johnson nach einem Besuch bei Königin Elizabeth II. die Leitung der Regierung übernehmen. Sie ist es, die ihn offiziell zum Premierminister ernennt. Kurz nach der Bekanntgabe des Sieges versprach Johnson, den Brexit am 31. Oktober umzusetzen. Die Befürworter des Brexits befürchten eine neue Verschiebung.






    Rumänische Studenten haben zwei Silber- und drei Bronzemedaillen bei der 60. Internationalen Mathematik-Olympiade in Bath, Gro‎ßbritannien, vom 10. bis 22. Juli erhalten. Das teilte das rumänische Bildungsministerium mit. Dies ist der renommierteste Wettbewerb dieser Art und wurde 1959 auf Initiative der Rumänischen Gesellschaft für Mathematikwissenschaften ins Leben gerufen, wobei die erste Ausgabe im rumänischen Brasov stattfand. Damals nahmen sieben Ländern daran teil. In Rumänien wurde dieser Wettbewerb bisher sechsmal ausgetragen, zuletzt im vergangenen Jahr in der zentral rumänischen Gro‎ßstadt Cluj.






    Der rumänische Titelverteidiger CFR Cluj tritt am Mittwoch gegen Maccabi Tel Aviv in einem Spiel an, das für die zweite Vorrunde der Champions League zählt. Am Donnerstag spielen drei weitere rumänische Mannschaften in der Vorrunde der Europa League. Der rumänische Pokalsieger Viitorul Constanta trifft auf KAA Gent aus Belgien, der Vize-Meister FCSB auf den armenischen Alashkert FC und die CSU Craiova auf den ungarischen Honved Budapest. Die Rückspiele sind für nächste Woche geplant.




    In Rumänien wird das Wetter in den nächsten Tagen heiter und warm. Vereinzelt wird es noch im Gebirge, in der Landesmitte, im Süden und Osten des Landes regnen. Die THT leigen zwischen 24 und 30 Grad.

  • Lernen mit MyKoolio – die e-Learning-Plattform für Schüler

    Lernen mit MyKoolio – die e-Learning-Plattform für Schüler

    Das rumänische Schulsystem erweckt oft den Eindruck, altmodisch zu sein. Überholte Lernmethoden, eingeschränkter Zugang zu neuen Technologien — das alles macht den Lernprozess unattraktiv für die heutigen Schüler. Um dem entgegenzuwirken wurde eine e-Learning-Plattform gegründet, die gro‎ßen Wert auf den Zusammenhang zwischen dem Lernprozess und dem Internet, dem Gebrauch moderner Technologien legt.



    Nur derjenige Lehrer, der seinen Schülern das Lernen beibringt, ist ein echter Lehrer“, meinte der rumänische Philosoph Constantin Noica. Ausgehend von dieser Idee kann behauptet werden, dass die e-Learning Plattform MyKoolio einige der erfahrensten und engagiertesten Lehrer landesweit zusammen brachte, mit dem Zweck, eine Plattform zu schaffen, die sich genau das vornimmt — den Schülern das Lernen beizubringen. Prof. Dr. Radu Gologan, Vorsitzender der Gesellschaft für mathematische Wissenschaften, Professor an der Polytechnischen Universität Bukarest und gleichzeitig Koordinator des MyKoolio-Lehrer-Teams, erzählte uns, was das Vorhaben interessant macht:



    Weltweit entwickelte sich eine neue Tendenz, die die Ausbildung mit dem Rechner und dem Internet in Verbindung bringt. Es ist eine Weile her, dass ich mir darüber Gedanken machte — ich dachte, es wäre gut, eine derartige Aktion in Rumänien zu starten, ein solches Vorhaben umzusetzen. Das Unternehmen, das das Projekt umsetzte, kam mit der Idee: eine interaktive, gut strukturierte Bildungsplattform, die gleichzeitig sowohl von den Eltern wie auch von den Lehrern und Kindern verwendet werden kann. Eine Bildungsplattform sollte die Schule spielerisch gestalten, eine Alternative für die Computerspiele sein. Die Plattform ist in Wirklichkeit ein Spiel — Kinder und Jugendliche spielen und lernen gleichzeitig. Die Kinder lernen Mathe und Rumänisch, mit der Zeit werden sie auch anderes lernen. Mathematik wird den Kindern in einer vereinfachten Weise beigebracht — ohne Komplikationen, ohne komplizierte Formeln, ohne zahlreiche Zeichen, sondern direkt und konkret.“




    Die Plattform richtet sich an Schülern der Klassen 1-8. Der Ansatz der Plattform MyKoolio berücksichtigt die Bedürfnisse eines Kindes mit durchschnittlicher schulischer Leistung (Note 7-8 — das entspricht in etwa der Benotung 2-3 im Schulsystem der deutschsprachigen Länder — Anm. d. Red.). Romeo Ioan, Generaldirektor von MyKoolio, erläuterte uns die Entstehungsgeschichte des Projektes:



    Vor knapp einem Jahr half ich meiner Tochter mit den Mathehausaufgaben. Sie ging damals in der fünften Klasse. Ich stellte fest, dass ich dabei viele Schwierigkeiten hatte. Ich wusste nicht, wie ich ihr am besten die betreffenden Begriffe erklären konnte. Und im Internet fand ich auch keine Materialien, von denen ich sagen konnte, dass sie dem Lehrplan entsprachen. Ich wollte ihr die Mathematik attraktiv vorstellen, mir fehlten aber die Hebel dazu. Ich dachte, es wäre gut, wenn es eine Plattform gäbe, die all diese Mängel beheben würde. Und so haben wir das Projekt gestartet.“




    Romeo Ioan sagte uns, wer die Leistungsempfänger der Plattform MyKoolio sind:



    Wir richten uns hauptsächlich an drei Empfängergruppen. In erster Linie wollen wir die Kinder unterstützen, allerdings können auch Eltern und Lehrer von der Plattform Gebrauch machen. Wir hoffen, die Kinder finden die Arbeit mit der Plattform interessant. Das interaktive Mitwirken soll diesbezüglich helfen. Die Plattform kommt aber auch den Eltern entgegen, denn die Lehreinheiten sind sehr klar und deutlich aufgefasst und dauern nicht länger als 2-3 Minuten. Sie helfen den Kindern, eine logische Denkweise zu entwickeln. Durch die Interaktion auf der Plattform aktivieren die Eltern Kenntnisse, die mit der Zeit in Vergessenheit geraten sind. Auch die Lehrer können sie nutzen. Durch die Plattform haben sie Zugang zu schülerfreundlichen Lehrmaterialien. Der Zugang zur Plattform ist für alle Schulen in Rumänien frei. Darüber hinaus wollen wir ein Projekt zur Förderung benachteiligter Regionen umsetzen. Damit auch die Empfänger, die in weniger privilegierten Regionen leben, Zugang zur Plattform haben. Das ist ein wichtiges Ziel für uns.“




    Die Nutzer, die die Webseite www.mykoolio.com besuchen, können ein neues Konto erstellen. Was folgt danach? Mehr Einzelheiten bringt Romeo Ioan, Generaldirektor von MyKoolio:



    Beim Einsteigen erblicken die Kinder eine sehr schöne Welt — es werden ihnen 8 Planeten gezeigt. Jeder davon steht für ein Schuljahr. Sie drehen sich alle um eine Hauptfigur, nämlich Koolio. Koolio ist ein Au‎ßerirdischer, der seine Neuronen verlor. Demnach machte er sich auf der Suche nach neuen Neuronen und landete somit auf unserem Planeten. Er hofft, dass ihm die Menschen durch ihre Aktivitäten helfen können, die Neuronen zu finden. Dann will er wieder auf seinen Heimplaneten zurückkehren. Es ist eine schöne Geschichte, durch die wir die Schüler verlocken wollen. Wir nahmen uns vor, die Plattform so attraktiv und spielerisch wie möglich zu gestalten.“




    Răzvan Ioan, Mitgründer der Plattform, fügte noch hinzu:



    Ich fand die Idee des Projektes sehr spannend, sogar gro‎ßzügig. Sie hat ein gro‎ßes Entwicklungspotenzial. Denn es besteht Bedarf dafür. Wir müssen das Medium Online verwenden, um Bildung und Wissen zu fördern. Eine solche Gelegenheit darf nicht verpasst werden, zumal Rumänien über sehr gute Internetverbindungen verfügt. Die Schüler haben nun die Möglichkeit, in nur 1-2 Minuten etwas zu lernen, was ihnen im Normalfall eine Stunde nahm. Sie können auch Punkte sammeln und Medaillen gewinnen, denn sie haben die Möglichkeit, sich an verschiedenen Missionen zu beteiligen.“




    Die Gründer der Plattform MyKoolio wünschen sich, dass die kommenden Generationen ein logisches Denken entwickeln und nicht nur die Fähigkeit, sich Dinge zu merken. Aus diesem Grund haben sie sich bemüht, die Plattform so zu gestalten, dass sie für alle zugänglich ist — sowohl technisch betrachtet wie auch aus finanzieller Perspektive.

  • Das Haus der Experimente – Physik als Spaß erlebt

    Das Haus der Experimente – Physik als Spaß erlebt

    Ich wei‎ß nicht, wie sehr Ihnen die Physik am Herzen liegt oder ob Sie damit vertraut sind. Auch wei‎ß ich nicht, ob Ihnen die Physik zuspricht oder ob Sie sie wenigstens interessant finden. Stellen Sie sich dennoch mal vor, Sie könnten die verschiedensten Theorien über das Gewicht, über Flüssigkeiten, Akustik, Optik und vieles Anderes mehr in einer spielerischen Art experimentieren und so die dahinter versteckten Vorgänge begreifen. Es wäre schon möglich, dass unsere Sympathie für ein trockenes Fach etwas zulegt, nicht wahr?



    Kinder spielen und experimentieren gerne. Sie haben mehr Spa‎ß daran als am Lesen. Das Haus der Experimente greift eben diesen Aspekt auf und bietet die Möglichkeit, wissenschaftliche Vorgänge selber zu probieren. Somit wird ein informeller Lernprozess gestartet. Und das Experimentieren beginnt im Haus der Experimente direkt am Eingang, nämlich bei der Kleiderabgabe. Da kann schon experimentiert werden, wie ein Rollensystem funktioniert.



    Das Haus der Experimente wurde durch eine rumänisch-schweizerische Zusammenarbeit auf die Beine gebracht. Es geht um eine Partnerschaft zwischen einem rumänischen Verein und dem Wissenschaftszentrum Technorama Swiss Science Center, kofinanziert durch Schweizer Fördermittel. Die erste Sekretärin der Schweizer Botschaft in Rumänien, Frau Anne-Lise Cattin Hennin, nahm an der Eröffnung des Entdeckerhauses teil. Das Projekt sei ein greifbares Beispiel der gelebten bilateralen Beziehungen zwischen Rumänien und der Schweiz, so die Diplomatin:



    Ich freue mich, an der Eröffnung des Entdeckerhauses teilzunehmen. Es ist ein attraktives Projekt. Das Haus der Experimente regt nicht nur an, ist nicht nur auf Spa‎ß ausgerichtet, sondern stellt vielmehr einen neuen Ansatz der Wissenschaft dar. Und ist zugleich die Antwort auf moderne, zeitnahe Bildungsbedürfnisse. Es veranschaulicht die Distanz zwischen dem akademischen Ansatz, der Art und Weise, in der die Schulen die Wissenschaft den Kindern näher bringen, und der Art und Weise, in der die Kinder es gerne haben wollten, wie sie mit wissenschaftlichen Vorgängen spielerisch experimentieren. Wissenschaft und Innovation brachten zahlreiche Vorteile und trugen zur Entwicklung unserer Gesellschaften bei. Dieser ist ein Ort, wo Kinder experimentieren und mitmachen können. Indem sie mitmachen, verstehen sie auch besser, was dahinter steckt. Durch die Interaktion begreifen sie besser die wissenschaftlichen Vorgänge. Sie haben auch die Möglichkeit zum selber ausprobieren. Ich bin fest davon überzeugt, dass das Entdeckerhaus eine Erfolgsgeschichte wird. Als ich meinem Sohn davon erzählte, dass ich hierher komme, war er sauer, dass er nicht mitkommen konnte, weil die Eröffnung während der Schulzeit stattfand. Wir freuen uns sehr, unseren Beitrag zum Projekt zu leisten. Es war eine sehr gute Zusammenarbeit zwischen exzellenten Partnern. Die Ergebnisse sind daher dementsprechend gut und auch sehr nützlich.“




    Mehr über die Entstehungsgeschichte des Entdeckerhauses erzählte uns Gabriela Ionescu, Projektleiterin und Vorsitzende des Ausbildungsvereins:



    Das Haus der Experimente ist ein Wissenschaftszentrum. Es ist das erste gemeinnützige Wissenschaftszentrum für Kinder und Jugendliche. Erwachsene sind allerdings auch willkommen. Eine solche Reise konnten wir jedoch nicht alleine antreten. Unser Hauptpartner ist das Schweizer Science Center Technorama. Wir haben allerdings auch mit anderen rumänischen Partnern zusammengearbeitet. Wie es zur Entstehung des Entdeckerhauses kam? Es entstand aus einem Bedürfnis heraus. Das Bildungsniveau ist in Rumänien zurückgegangen. Wir bieten einen praktischen Ansatz der Wissenschaft und versuchen somit das Gefälle zwischen Theorie und Praxis ein bisschen zu verringern. Doch was passiert in der Tat im Haus der Experimente? Ganz einfach: Es wird experimentiert. Die Besucher können alles selber anfassen, probieren, entdecken, um herauszufinden, was hier vorgeht. Jeder Besucher experimentiert unabhängig seines Alters nach Belieben mit den Exponaten. Es gibt selbstverständlich auch Anweisungen. Die Anweisungen sind in drei Sprachen — Rumänisch, Englisch und Italienisch. Falls sie dazu noch zusätzliche Informationen brauchen, wird ihnen durch unsere Mitarbeiter geholfen, die einfach zu erkennen sind.“




    Mehr als 100 Experimente können hier versucht werden. Eine Entdeckungsreise, auf der Gesetze der Physik spielerisch erkannt werden. Es werden mehrere Physikfelder abgedeckt — Akustik, Optik, optische Täuschungen, Mathematik, Mechanik, Magnetismus. Dazu gibt es 12 Bereiche, die durch reizende Bezeichnungen anziehen, wie etwa Münchhausens Aufzug oder das Schloss des Fakirs. Alexandru Mironov, ein bekannter rumänischer Science-Fiction-Autor, zeigte sich voller Hoffnung im Hinblick auf das Wissenschaftszentrum:



    Was hier getan wird, ist sehr wichtig. Es zeigt, dass Ausbildung nicht nur im Klassenraum, sondern überall stattfindet. Es wäre schön, wenn die Massenmedien das Projekt entsprechen fördern und die Lehrer es unterstützen würden. Damit die 1340 Gymnasien und mehr als 860 Sekundarschulen das Haus der Experimente besuchen und womöglich einmal im Monat den Physikunterricht hierher versetzen. Und sich vielleicht auch inspirieren lassen, so dass irgendwann ein solches Wissenschaftszentrum auch in Constanţa oder Temeswar eröffnet wird. Denn praktische Lernprozesse sollten überall gefördert werden. Ich wei‎ß, das ist nur der Anfang. Seit Jahren wünsche ich mir, dass auch in Rumänien eine Cité de la Science et de lIndustrie wie in Paris oder ein naturwissenschaftlich-technisches Museum wie das Deutsche Museum in München, ein Science Museum wie in London eröffnet wird. Ich wünsche mir, dass eines Tages ein Raumschiff aus diesem Hof abgeht.“




    Falls Sie sich für einen Besuch entscheiden, wäre es ratsam, sich im Voraus anzumelden. Sie können das auf der Webseite des Entdeckerhauses machen. Von der gleichen Webseite aus können auch Online-Spenden getätigt werden.

  • EU-Bildungsbericht 2015: Große Chancenungleichheit im rumänischen Schulsystem

    EU-Bildungsbericht 2015: Große Chancenungleichheit im rumänischen Schulsystem

    Der diesjährige Bericht der EU-Kommission über die allgemeine und berufliche Bildung wartet nicht allein mit Statistiken über die Fortschritte der Bildung in den EU-Mitgliedsstaaten auf, sondern gibt auch Aufschluss über die Art und Weise, in der die Unterrichtssysteme den sozial-wirtschaftlichen Hintergrund beeinflussen. Der Bericht schlussfolgert, es seien Investitionen notwendig, um die Bildung integrativer zu gestalten und den gesellschaftlichen Aufstieg zu fördern. Eine Möglichkeit wäre, der Bildung einen höheren Prozentsatz vom Haushalt zu gewähren, sagte Angela Filote, die Leiterin der Vertretung der Europäischen Kommission in Rumänien:



    Eine Korrelation, die leicht bemerkbar ist, ist jene zwischen dem Haushalt für Bildung und der Leistung dieses Sektors. Rumänien belegt den letzten Platz in der EU und gibt immer weniger Geld für die Bildung aus. Ich hoffe, dass dieser Trend nicht fortgesetzt wird. Ich wünsche mir, dass das Geld richtig ausgegeben wird. Das Hauptproblem ist eigentlich die Qualität dieser Ausgaben. Die Bildung hat einen Einfluss auf die ganze Gesellschaft, und nicht nur auf die Wirtschaft. Eine Bevölkerung, die über gute Bildung verfügt, riskiert weniger, marginalisiert oder ausgegrenzt zu werden. In Rumänien gibt es viele Kinder, die keine Bücher haben. Dieses Phänomen ist besonders auf dem Dorf, in den benachteiligten Gemeinschaften, besonders bei den Roma, präsent.“




    Was den Schulabbruch anbelangt, liegt Rumänien mit 18,1% über den europäischen Durchschnitt von 11,1%. Die riesigen sozial-wirtschaftlichen und Bildungsunterschiede zwischen Stadt- und Dorfbevölkerung sind eine Konstante Rumäniens. Einzelne überragende Schulleistungen mindern dieses Stadt-Land-Gefälle jedoch nicht. Laut PISA-Testen verfügen die rumänischen Schüler im Alter bis zu 15 Jahren über niedrigere Lesekompetenzen (37,3%) verglichen mit dem EU-Durchschnitt (17,8%), und haben ein schwächeres Leistungsniveau auch in Fächern wie Mathematik (40,8% verglichen mit 22,1% in der EU) und Naturwissenschaften (37,3% verglichen mit 16,6%.). Michael Teutsch von der Generaldirektion für Bildung und Kultur der Europäischen Kommission meint, es sei wichtig aber nicht ausreichend, allein diese Daten zu kennen:



    All diese quantitativen Indikatoren sind zwar bedeutend. Die Art und Weise, in der wir uns auf sie beziehen, ist aber nur der Anfang. Diese Indikatoren sind kein Ziel, sie beschreiben eine Realität. Es freut uns, dass in Rumänien über mehrere Strategien debattiert wird. Ich kenne mindestens fünf, die ganz gut sind. Wir stellen uns die Frage, ob sie nur gut geschriebene Texte sind, oder wirklich etwas für die Menschen, an die sie sich richten, bedeuten. Diese Strategien sind wunderbare Dokumente. Die wichtigste Herausforderung ist jedoch ihre Umsetzung. Sie sollen nicht nur einfache offizielle Aufgaben sein, die als gelöst gelten.“




    Rumänien wurde empfohlen, die bereits formulierten Strategien umzusetzen. Florin Popa, Mitglied der Generaldirektion für Bildung und Kultur der Europäischen Kommission, dazu:



    Die Ungleichheit der Chancen, die Benachteiligung auf sozial-wirtschaftlicher Ebene sowie auf Bildungsebene hängen zusammen. Die Ungleichheit beginnt sehr früh, und wenn man nicht eingreift, wird sie immer schlimmer. Dieses Problem löst sich nicht von selbst. Im Gegenteil, das Problem wird noch grö‎ßer. Dieser Zusammenhang ist in den benachteiligten Gruppen, die besonders empfindlich sind, intensiver. Die frühzeitige Bildung, die Vorschulzeit ist sehr wichtig. Hier muss man eingreifen. Die politische Verantwortung könnte eine Lösung sein. Und hier geht es wiederum um die Kohärenz und die Komplementarität der unterschiedlichen Strategien.“




    Der neue Bildungsminister Adrian Curaj, ehemaliger Generaldirektor der Abteilung für die Finanzierung des Hochschulunterrichts, Forschung, Entwicklung und Innovation, meint, mit Innovation könnte man vieles anspornen. Die neue Bildungspolitik soll die Autonomie der Unterrichtsinstitutionen mit den Strategien verflechten. Adrian Curaj dazu:



    Die Idee, dem Bildungsgefälle entgegenzuwirken, ist ausgezeichnet. Das bedeutet die Beharrlichkeit, schrittweise ein Problem zu lösen. Ich wünsche mir, die Neuerung oder die Innovation zu finden, die mir helfen wird, diesen Sprung in die Wege zu leiten. Au‎ßer Befähigung, an der es uns sicherlich nicht fehlt, brauchen wir die Bereitschaft, zu experimentieren. Ich glaube sehr an die Kreativität der Rumänen, aber weniger an ihre Fähigkeit als Unternehmer. Rumäniens Chance ist die Kreativität und die Bildung. Hinzu kommt selbstverständlich auch die Wettbewerbsfähigkeit.“




    Der Bericht für die allgemeine und berufliche Bildung 2015 empfiehlt den Mitgliedsstaaten, zusammenzuarbeiten und Erfahrungen auszutauschen.

  • „Totaler Horizont“ – ein Gespräch mit dem Mathematiker Solomon Marcus

    „Totaler Horizont“ – ein Gespräch mit dem Mathematiker Solomon Marcus

    Ich war immer der Meinung, dass eine meiner gro‎ßen Chancen im Leben die Wahl dieses Berufes war: Forschungsprofessor in Mathematik und all ihren Erweiterungen, die für mich überall hin reichen.“ Dieses ist das Bekenntnis des Akademiemitglieds Solomon Marcus anlässlich seines 90. Geburtstags in einem Interview mit Radio Rumänien International über Mathematik, Poesie und Offenbarung — Bestandteile eines Lebens, das der Forschung gewidmet wurde. Ein Leben unter dem Zeichen der Frage, die er sich in seiner Kindheit gestellt hat: Was ist, wenn du weiter und weiter blickst?“ Die Welt ist das, was wir es schaffen, darin zu sehen. Wenn unsere Vorstellungskraft stark genug ist, wird die Welt, in der wir leben, genauso reich sein.“




    Als Autor zahlreicher fachübergreifender Studien über den Einsatz von Mathematik in der Linguistik, in der Theateranalyse, in der Poesie, der Natur- und Sozialkunde, in den visuellen Künsten wurde das Akademiemitglied Solomon Marcus einschlie‎ßlich für seine Literaturkritik mit verschiedenen Auszeichnungen geehrt. Seine Bücher wurden in unzählige Sprachen übersetzt, er veröffentliche über 50 Bände und hunderte Artikel in wissenschaftlichen Fachzeitschriften im In- und Ausland.




    Für Solomon Marcus fand das Treffen mit der Dichtung um das Alter von 15 Jahren statt. Damals hatte er Sara pe deal“ (Abends am Hügel“) des rumänischen Nationaldichters Mihai Eminescu gelesen, das er als ein Gedicht von einem au‎ßerordentlichen Erglühen beschreibt. Ich habe gefühlt, wie ich in diesen zauberhaften Zustand eintauche. Diesen habe ich dann bei Rilke, Edgar Allan Poe, Baudelaire wiedergefunden. In die Mathematik stieg er viel später ein, weil die Schulmathematik nicht ideen- und visionsgerichtet, sondern von mechanischen Prozessen beschlagnahmt war. Sie diente zwar zur Bildung des Ordnungsgefühls, es war aber nichts Tiefgründiges“ — sagt der heutige Akademiker.




    Du hast einen Apfel. Du isst heute eine Hälfte davon, morgen noch eine Hälfte von dem was übrig geblieben ist, übermorgen wieder eine Hälfte vom Tag zuvor. Und dann, wann hört diese Apfelesserei auf? Wir kennen das aus der Praxis: Einen Apfel isst man recht schnell auf. Aber gemä‎ß diesen Berechnungen wird der Apfel niemals ganz aufgegessen. All diese Fragen überfielen mich, aber ich konnte nicht erkennen, was es mit ihnen auf sich hat, denn Schulmathematik hat mich niemals angezogen.“ So erklärt Solomon Marcus seine Annäherung an seinen Exzellenzbereich — Mathematik, aber auch die Offenheit anderen Fächern gegenüber.



    Die ersten Vorbilder von Informatikprogrammiersprachen gab es in der Biologie — der Kreislauf und dann die Vererbung. Eigentlich war es ein intellektuelles Unternehmen, bei dem eine Vielfalt von Akteuren angestellt war — Linguistik, Mathematik, Logik, Biologie, Psychologie und es kam immer etwas dazu. So bin ich auf Semiotik gesto‎ßen. Ich bin zum Entschluss gekommen, dass man das Wissen auf natürliche Weise nicht auf ein Fach begrenzen kann. Mann muss einen totalen Horizont vor sich haben.“




    Mit der Literatur kann man sich auch ohne eine andere bürokratische Legitimierung, ein Diplom z.B., befassen. Doch in der Mathematik ist es schwieriger. Es ist ein Fach, für das man sich einem systematischen Lernprozess unterziehen muss, fügt Solomon Marcus hinzu. Und die Logik, Biologie, Psychologie und Poesie kommen ergänzend hinzu. Solomon Marcus:



    Die Herrlichkeit des Schauspiels des menschlichen Wissens kommt in erster Linie aus der Art und Weise, wie sich die Einheit der Welt unterschiedlich ausdrückt. Es handelt sich um eine gewisse Einheit, eine gewisse tiefe Einfachheit. Solange wir eine teilweise Darstellung beibehalten, eine Darstellung, die die Welt in Scheiben teilt, und jede Welt hat ihre eigene Einstellung, dann werden wir von einer fehlenden integrativen Beobachtung frustriert sein. Wir müssen sehen, wie die Welt aussieht, wenn Landschaften aus den unterschiedlichsten Richtungen gleichzeitig auf uns zukommen. Z.B. stellen wir fest, dass die Isomerie in der Chemie letztendlich ein Phänomen ist, das der menschlichen Vererbung ähnelt, mit der Art, wie Töne in der Sprache verwendet werden. All diese stehen unter dem Zeichen des Primats der Struktur vor der Substanz. Dies führte zur Entstehung des Strukturalismus aus dieser profunden Ähnlichkeit zwischen scheinbar sehr unterschiedlichen Gestalten. Gerade das ist das Schöne beim Wissen und das ist auch die Genugtuung der Tatsache, dass man die Welt begreift.“




    Ein Begreifen, für das das Internet ein sehr nützliches Werkzeug darstellt, meint Solomon Marcus:



    Wir leben noch in einer Übergangszeit — das Internet ist noch jung –, einer Übergangszeit, in der wir genügend beachtenswerte Schriftsteller haben, die noch nicht einmal das ABC des Internets kennen. Wir haben auch sehr viele junge Internetenthusiasten, die eine Einladung in die traditionelle Bibliothek mit Grauen entgegennehmen.“




    Auch wenn das Internet irgendwann mal die Quasi-Gesamtheit der gedruckten Kultur übernehmen werde, so Solomon Marcus, brauchen wir noch eine wesentlich kombinierte Erziehung. Wir befinden uns an einem historisch besonders wichtigen Kreuzweg, sagt der rumänische Wissenschaftler.

  • Memoiren aus der idealen Bibliothek

    Memoiren aus der idealen Bibliothek

    Memoriile din biblioteca ideală“, Memoiren aus der idealen Bibliothek“ des rumänischen Schriftstellers und Mathematikers Bogdan Suceavă ist eine Essaysammlung zum Thema: Begegnung mit der Mathematik. Für Bogdan Suceavă, Mathematikprofessor an der California State University in Fullerton stellt das ein bedeutungsvolles Thema dar. Der Band wurde im Verlag Polirom veröffentlicht und ist das erste Werk, das einer der grö‎ßten Autoren der rumänischen Nouvelle Vague seinem Beruf widmet. Ich betrachtete mich selbst als jemand, der zuerst und vor allem Mathematik-Probleme löst. Für mich wurde es schnell klar, dass die konkrete und optimale Lösung zu finden, sei es in der Mathematik oder in der Literatur, ein deutlicher Ausdruck der Intelligenz darstellt“, sagte er. Wir haben den Autor der Romane Noaptea când cineva a murit pentru tine” (In der Nacht, als jemand für dich starb“) und Venea din timpul diez“ (in der englischen Übersetzung: Coming from an Off-Key Time“) gefragt, was eine konkrete Lösung in der Literatur eigentlich bedeutet. Bogdan Suceavă antwortet:



    Handelt es sich darum, einen Roman zu schreiben, dann beginnt die Lösung mit der Stimme des Erzählers und mit der konkreten Identifizierung des richtigen Zeitpunkts, wann die ganze Geschichte zu Ende gehen soll, anders gesagt, indem man ein gut geplantes Ende vorbereitet. Der Schriftsteller denkt daran, welche Gestalten in den Vordergrund gebracht werden sollen und wo die Spannung ausgelöst werden soll. Alles hat mit der literarischen Lösung zu tun und alles kann zu kompliziert werden, wenn zu viele Gestalten mitmischen. Diesmal hatte ich die Gelegenheit, zu erzählen, wie bestimmte Sachen, die wir beim Mathe-Studium lernen, sich später als besonders hilfreich auch in anderen Bereichen des Kulturlebens, insbesondere in der Literatur erweisen.“



    Begegnungen mit Ideen einiger verstorbenen Wissenschaftler wie Huygens, Newton, Meusnier, Euler, Sophie Germain, durch Bücher vermittelt, sowie direkte Begegnungen mit Menschen, die seinen Werdegang als Autor stark beeinflusst haben, bilden die Essaysammlung Memoiren aus der idealen Bibliothek“. Der Band richtet sich an den gewöhnlichen Leser, und nicht an den Leser, der bereits in die Mathematik eingeführt wurde.



    Die Geometrie-Schule findet ebenfalls einen wichtigen Platz in der Essaysammlung des rumänischen Schriftstellers. Die Bukarester Schule entwickelte für mehr als ein Jahrhundert ein besonderes akademisches Programm, dem Bogdan Suceavă den Anfang seiner Karriere schuldet. Gheorghe Ţiţeica, Dan Barbilian, Nicolae Teodorescu, Solomon Marcus, Ieronim Mihăilă, Basarab Nicolescu sind nur einige der rumänischen Mathematiker, die Bogdan Suceavă mit seiner Essaysammlung würdigt. Wenn die wahren Mathematiker davon träumen, Theoreme zu beweisen, die ihre Namen tragen, dann war mein grö‎ßter Traum, nicht nur verschiedene mathematische Ideen völlig zu verstehen, sondern auch mehr über ihre Herkunft zu wissen, wie sie überhaupt entstanden sind und wie sie sich entwickelt haben“, schreibt Bogdan Suceavă.



    In den Seiten seiner Essaysammlung sucht der Schriftsteller die passende Antwort auf die Frage: Welcher ist der Sinn der Mathematiker in einer beeilten und oberflächlichen Welt?



    Es gibt auch Ecken in der Welt, wo die Logik eine wichtige Rolle spielt. Die Welt braucht Mathematiker, weil sie Menschen braucht, die ethische Kompromisse nicht eingehen, Menschen, die nüchtern bleiben, wenn andere vom Untergang bedroht werden. Sie sind Menschen, die sich immer Fragen stellen, schwierige Fragen, die intellektuelle Anstrengungen benötigen und die andere in die Richtung einer passenden Antwort führen, die einem alles deutlich macht. In den letzten zwanzig Jahren begegnete ich in Rumänien Vergnügung und Oberflächlichkeit. Wir können aber erneut in unsere Vergangenheit blicken, wir können uns die Frage stellen, was wir noch wiedergutmachen können und was wir noch aus dem öffentlichen Raum retten können.“



    Nach Studiumsabschluss an der Bukarester Universität, wo er sein Diplom in Geometrie erhielt, machte er 2002 die Doktorarbeit-Prüfung an der US-Universität Michigan State University, East Lansing. Das ganze Leben dem Mathematikstudium zu widmen, sei für osteuropäische Forscher sehr schwer, sagt Bogdan Suceavă. Für westeuropäische Forscher stelle das ebenfalls eine Herausforderung dar, da manche von ihnen keinen langfristigen Job finden können:



    Für mich wurde es leichter, als ich lernte, was ich zu tun habe. Alles, was ich unterrichte, steht in diesem Buch. Das ist der inhaltsreichste Teil meiner Biographie. In diesem Buch erwähne ich dennoch nur einige der Geometrie-Themen, mit denen ich mich dank der Professoren der Bukarester Universität und später der Michigan State University befasst habe. Es handelt sich aus dieser Perspektive um ein subjektives Buch. Eine Geschichte der Geometrie aus einem subjektiven Sichtpunkt.“



    Der Band Memoiren aus der idealen Bibliothek“ wurde im Verlag Polirom veröffentlicht und ist Teil der Sammlung “Ego-grafii”. Das Buch ist auch im elektronischen Format zu erhalten.



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  • Rumänien räumt bei internationalen Schülerwettbewerben ab

    Rumänien räumt bei internationalen Schülerwettbewerben ab

    Beeindruckend ist die Bilanz der rumänischen Teilnehmer an der Internationalen Geographie-Olympiade in Japan Anfang August: drei Goldmedaillen und eine Silbermedaille. Die Leistung brachte Rumänien ferner den ersten Platz der Gesamtwertung ein, die alle Mitbewerber aus 31 Ländern umfasste. Im vergangenen Jahr hatten die rumänischen Schüler den zweiten Platz des Medaillenspiegels belegt. Ähnlich gute Nachrichten überbrachte das Bildungsministerium von der Internationalen Astronomie- und Astrophysik-Olympiade in Griechenland. Hier erreichte die rumänische Delegation ihren bislang grö‎ßten Erfolg: insgesamt fünf Medaillen, davon zwei aus Gold, zwei aus Silber und eine aus Bronze.



    Die Leistungen der rumänischen Teilnehmer bei internationalen Schülerwettbewerben sind in der Regel gut. Jedes Mal kehren die Schüler mit Preisen nach Hause. Das war auch der Fall bei der Olympiade für Sprachwissenschaften in Manchester, einem Wettbewerb, bei dem Rumänien zum ersten Mal vertreten war. Die Delegation landete in der Länderrangliste auf dem dritten Platz und erhielt zwei individuelle Belobingungen. Der Wettbewerb ist eine von zwölf internationalen Olympiaden der Wissenschaften. In diesem Jahr waren 138 Teilnehmer aus 26 Ländern in Manchester, darunter Schüler aus Australien, China, Estland, Israel, den USA oder den V.A.E. Die Wettbewerbsaufgaben setzen den Umgang mit Analogien voraus, durch den Einsatz von Elementen grammatikalischer und mathematischer Logik, beim Verstehen unbekannter Fremdsprachen. Dabei gehen die Veranstalter von dem Grundsatz aus, dass die Sprachwissenschaft die Gedankenströme ordnet und den Kommunikationsprozess regelt. Die Menschen bauen dafür Strukturen auf, die das leichte Erlernen jeglicher Fremdsprachen begünstigen.



    Während die Olympiade für Sprachwissenschaften eine Premiere für die rumänischen Schüler darstellte, ist es bei der Mathematik genau andersrum. Hier sind rumänische Preisträger bereits Tradition. In diesem Jahr eroberten sie Ende Juli, bei der Olympiade in Santa Monica, in Kolumbien, drei Silber- und drei Bronzemedaillen. Aus der usbekischen Hauptstadt Taschkent, wo die Chemie-Olympiade stattfand, brachte die rumänische Delegation eine Goldmedaille, zwei Silbermedaillen und drei Bronzemedaillen mit.



    Nicht minder erfolgreich sind die Physik-Olympiateilnehmer: das belegen die fünf in diesem Jahr gewonnenen Medaillen (zweimal Gold, dreimal Silber). Nicht zuletzt holten die Informatik-Spezialisten vier Medaillen in Australien, davon zweimal Gold.



    Und die Krönung des aus rumänischer Sicht erfolgreichen Jahres 2013 erfolgte bei der Mehrdisziplinen-Olympiade Tuymaada in Russland: insgesamt gewannen die rumänischen Schüler 13 Medaillen — neun davon waren aus Gold, in den Disziplinen Informatik, Mathematik, Physik und Chemie.