Tag: Meinungsfreiheit

  • Finanzminister Boloș: demokratische Werte sind die größten Vorteile des EU-Beitritts Rumäniens

    Finanzminister Boloș: demokratische Werte sind die größten Vorteile des EU-Beitritts Rumäniens

    “Rumänien ist ein wichtiges Kapitel in der Geschichte der Europäischen Union. Wir sprechen von einer Chance, die Bukarest zusammen mit den Finanzmitteln aus Brüssel für eine modernisierte Infrastruktur und der Freizügigkeit für alle Rumänen bekommen hat.” Diese Erklärung gab Finanzminister Marcel Boloș am 9. Mai, dem Europatag, ab.

    Der Beitritt Rumäniens zur Europäischen Union habe zudem einen enormen Nutzen gebracht, der sich in der Aufnahme von EU-Geldern widerspiegelt, die auf anderem Wege wahrscheinlich nicht zu erhalten gewesen wären. “Konkret hat Rumänien seit dem EU-Beitritt im Jahr 2007 und bis heute mehr als 95 Milliarden Euro erhalten und 30 Milliarden zum Haushalt der Europäischen Union beigetragen. Die Nettobilanz weist also einen Überschuss von 65 Milliarden Euro aus”, betonte der Finanzminister. Ihm zufolge wird Rumänien dank dieser Mittel im Jahr 2020 die Schwelle von 30 Milliarden Lei (6 Milliarden Euro) überschreiten, die aus europäischen Geldern in einem einzigen Jahr investiert werden, während im vergangenen Jahr die Rekordmarke von 80 Milliarden Lei (16 Milliarden Euro) erreicht wurde.

    Darüber hinaus bedeute der Beitritt Rumäniens zur EU auch die Integration in den Binnenmarkt, die Freizügigkeit von Waren, Personen, Dienstleistungen und Kapital, erinnerte Minister Bolos. Er sagte, dass sich die ausländischen Investitionen seit dem EU-Beitritt verdoppelt haben und im Jahr 2022 rund 108 Milliarden Euro erreichten. Rumänien ist ein attraktives Land für europäische Unternehmen und das bedeutet nicht nur Investitionen, sondern auch die Entwicklung von Bereichen, die in der Vergangenheit vernachlässigt wurden. Für die rumänischen Bürger bedeutet die Entwicklung, die mit der EU-Mitgliedschaft einherging, auch höhere Löhne.

    In den letzten 17 Jahren wurde der Mindestlohn 20 Mal erhöht und liegt nun bei 3.300 Lei brutto (660 Euro). Marcel Bolos erwähnte auch die Dutzenden von Schulen und Kindergärten, die mit europäischen Mitteln neu gebaut oder modernisiert wurden, auch in kleinen Städten und Dörfern, sowie die 1.300 km Straßen, die gebaut oder modernisiert wurden. Mit europäischen Mitteln wurden im Zeitraum 2014-2020 mehr als 95.000 Unternehmen in Rumänien dabei unterstützt, ihre Produktivität durch Investitionen in Automatisierung, erhöhte Energieeffizienz und Mitarbeiterschulung zu steigern, so der Finanzminister. Weitere Projekte, die mit europäischen Mitteln durchgeführt wurden, sind die Modernisierung oder der Ausbau von Regionalflughäfen sowie Tausende Kilometer an Versorgungsnetzen. Wichtiger als der Zugang zu Ressourcen ist jedoch die Einhaltung der Werte und Grundsätze, die die Union prägen – die Rechtsstaatlichkeit, die Meinungsfreiheit, die soziale Integration, die Toleranz – als Bestandteile einer funktionierenden Demokratie.

  • Medienpluralismus-Monitor: Rumäniens Medienlandschaft weist gemäßigte Risiken auf

    Medienpluralismus-Monitor: Rumäniens Medienlandschaft weist gemäßigte Risiken auf

    Jedes Jahr wird Anfang Mai der Internationale Tag der Pressefreiheit begangen. Das Ereignis wird gewöhnlich von Studien zum Stand der Ausdrucksfreiheit und der Rechte von Journalisten begleitet. Darunter der sogenannte Medienpluralismus-Monitor“, der von der Europäischen Kommission und dem Europäischen Parlament geführt und finanziert wird. Der Medienpluralismus-Monitor ist ein Bericht mit 19 Fallstudien zu den untersuchten Mitgliedsstaaten der EU. Sein Ziel ist es, mögliche Risikobereiche für die Pressefreiheit innerhalb der Staatengemeinschaft zu identifizieren. Es wurden insgesamt vier gro‎ße Risikobereiche analysiert: der Grundschutz, der Pluralismus des Medienmarktes, die politische Unabhängigkeit und die soziale Inklusion.



    Bei der Untersuchung der Gefahren für den Grundschutz“ wurden die Meinungsfreiheit, das Recht auf Informationen öffentlichen Interesses, die journalistischen Standards und die Unabhängigkeit von nationalen Behörden berücksichtigt. Bei der Untersuchung der politischen Unabhängigkeit“ wurden das Ausma‎ß der politischen Kontrolle über die Medienanstalten und die Vertriebskanäle sowie die finanzielle Unabhängigkeit der Presse ermittelt.



    Lediglich der Bereich Grundschutz der Medien weise ein niedriges Risiko auf, lautet die allgemeine Schlussfolgerung des Berichts. Bei den anderen Bereichen gehe man auch auf europäischer Ebene von gemä‎ßigten Risiken aus. Trotzdem wurde für Rumänien ein gemä‎ßigtes Risiko für alle vier Analysebereiche ausgerechnet. Die Kennzahlen für den Bereich Grundschutz würden zudem Rumänien als Einzelfall erscheinen lassen, sagt Adina Marincea, Forscherin am Median Research Center, das für den Länderbericht zu Rumänien verantwortlich war.



    Rumänien ist das einzige Land von den 19, das ein gemä‎ßigtes Risiko im Bereich Grundschutz des Journalismus und Einhaltung der Branchenstandards aufweist. Zu den dringendsten Problemen der rumänischen Journalisten, die wir vor allem in der gedruckten Presse identifizieren konnten, zählt die prekäre wirtschaftliche Lage. Das spiegelt sich in der unregelmä‎ßigen und verzögerten Auszahlung der Gehälter wider oder in der Ungewissheit über den eigenen Arbeitsplatz, aber auch in Einsparungen und kurzfristigen Arbeitsverträgen, die sicherlich einen geringen sozialen Schutz in Sachen Arbeitslosengeld und Rente bieten. Darüber hinaus ist es mit diesen Verträgen viel einfacher, einem Journalisten zu kündigen.“




    Die prekäre wirtschaftliche Lage ist oftmals eng mit den Interessen der Medienunternehmer verflochten — deren Interessen stimmten nicht mit dem Auftrag der Berufsgruppe überein, glaubt der Journalist Petrişor Obae, Betreiber der Internetseite paginademedia.ro”.



    Die Probleme der rumänischen Presse sind in zwei Hauptbereichen zu suchen. Da ist zum einen der Makrobereich, also der Unternehmer, der irgendwann entdeckt hat, wie man mit den Medien spielen kann und diese zum eigenen Zwecke nutzt. Und hier entsteht auch der ökonomische Druck. Es gibt Journalisten, die nicht schreiben und recherchieren können, die die Grundregeln der Branche nicht kennen. Die sozialen Probleme spielen hier eine wichtige Rolle, an diesem Hebel sitzt der Medienunternehmer. Wenn man die eigenen Grundbedürfnisse nicht befriedigen kann, wenn man sich wortwörtlich um das Brot von morgen Sorgen machen muss, dann ist es klar, dass die Grundnormen des Berufs in den Hintergrund geraten und dass die Deontologie sich veraltet anhört.“




    Überhaupt sei die Einhaltung beruflicher Standards vor allem bei privaten Medienunternehmen problematisch, fasst Adina Marincea ein weiteres Kapitel des Medienpluralismus-Berichts zusammen.



    Oftmals fehlen die journalistischen Standards oder der Kodex, bzw. sie werden entweder nicht angewendet oder von der Unternehmensleitung und nicht von den Berufsverbänden der Journalisten bestimmt. All diese Faktoren führen zu Einmischungen in die Redaktionsarbeit. Es hat viele Fälle gegeben, in denen Medienunternehmen illegale Finanzierung durch unterschiedliche Wirtschaftsvertreter oder Politiker und sogar Zensur vorgeworfen wurde.“




    Über Einmischungen und Zensur wird ein weiterer Problembereich erreicht, und zwar die politische Unabhängigkeit. Adina Marincea wei‎ß, welche Gefahren hier lauern.



    Im Risikobereich der politischen Unabhängigkeit gibt es zwei Kennzahlen, die Alarmzeichen senden. Ähnliche Fälle gibt es in der Slowakei, Slowenien und Litauen.“




    Die übermä‎ßige Politisierung mehrerer Medienunternehmen, vor allem privater Medienkonzerne, wird auch in dem Bericht der NGO ActiveWatch“ erwähnt. Dargestellt sind dabei mehrere Fälle, in denen Medienunternehmer Druck ausgeübt haben, um die negative Berichterstattung über bestimmte Politiker und deren Missbräuche zu vermeiden. Auch werden Beispiele von Journalisten genannt, denen infolge der Veröffentlichung kritischer Artikel der Vertrag aufgekündigt wurde. Nicht zuletzt beschreibt der Bericht die Fälle mehrerer Bürgermeister, die die lokale Presse zur Erpressung politischer Gegner instrumentalisierten. Für Răzvan Martin von ActiveWatch ist die politische und wirtschaftliche Abhängigkeit auch auf die schlechte Finanzlage zurückzuführen, die sich für bestimmte Medienanstalten nach Ende der Wirtschaftskrise nicht verbessert habe.



    Da sie aus wirtschaftlicher Sicht sehr verwundbar sind, ist ihre Haltung gegenüber Politikern oder Geldgebern auch recht fragil. Gleichzeitig bin ich mir nicht ganz sicher, dass eine verbesserte Finanzlage die Presseanstalten weniger anfällig für externe Einflüsse machen würde. Ich befürchte, sie haben es zu ihrem Existenzziel gemacht, politische Spielchen zu treiben und nicht die Öffentlichkeit zu informieren oder einen legitimen wirtschaftlichen Gewinn zu erzielen. Und hier meine ich die präsentesten Presseanstalten, die Mainstream-Konzerne, die Nachrichtensender, die die öffentliche Agenda gestalten. Ich will aber nicht verallgemeinern, denn es gibt nach wie vor sehr viele aufrichtige Journalisten und absolut ordentliche Medienanstalten. Vor allem im Online-Bereich findet man Medienportale, die Qualitätsjournalismus machen.“




    Die beiden öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, die Fernsehanstalt TVR und die Hörfunkgesellschaft SRR, haben entgegengesetzte wirtschaftliche und redaktionelle Situationen aufzuweisen. Auch ihnen blieben die Probleme im vergangenen Jahr nicht erspart, berichtet Răzvan Martin von ActiveWatch.



    Dem öffentlichen Hörfunk geht es wirtschaftlich gesehen gut, es hat aber hier Probleme gegeben, als eine Kampagne gegen eine absolut logische Gesetzesänderung betreffend den öffentlichen Dienst gestartet wurde. Es gibt auch eine Rüge seitens des Medienrates CNA, weil die Sendezeit für Kritik gegen den Gesetzentwurf missbraucht wurde. Die Fernsehanstalt TVR steht vor dem Abgrund, dort haben sich riesige Schulden angehäuft und die Politik hat sich noch nicht für die Verbesserung der Lage eingesetzt.“




    Unlängst hat das Parlament infolge einer Abstimmung im Plenum die Ernennung eines neuen Intendanten der Fernsehanstalt TVR bestätigt.

  • Samisdat im kommunistischen Rumänien

    Samisdat im kommunistischen Rumänien

    Im Kommunismus kontrollierte die Zensur alle gedruckten Texte. Der Samisdat als subversives Kommunikationsmittel verbreitete regimekritische Ideen und Einstellungen und schlug politische und wirtschaftliche Reformen vor. Die Herkunft des Begriffes ist russisch (Kurzform von Samoisdatelstwo = Selbstverlag“) und zeigt, dass ein Text nicht offiziell von einem Verlag, sondern heimlich vom Autor veröffentlicht wurde. Bekannte Samisdat-Autoren sind der sowjetische Arzt und Schriftsteller Wladimir Bukowski und der tschechische Dramaturg Václav Havel.



    Auch in Rumänien entstanden mehrere Samisdat-Werke, aufgrund des sehr restriktiven Ceauşescu-Regimes war das Phänomen aber beschränkt. Um Samisdat-Veröffentlichungen zu bekämpfen oder vorzubeugen, verpflichtete das Regime in den 1980er Jahren alle Bürger, die eine Schreibmaschine besa‎ßen, ihre Maschinen anzumelden und ein Druckmuster bei der Miliz vorzulegen. Trotzdem gab es Versuche, mittels im Samisdat veröffentlichter Schriften zur Verteidigung der Menschenrechte und zur Gründung von geheimen Widerstandgruppen aufzurufen. Eine dieser Untergrundorganisationen war die Union der Ungarn in Siebenbürgen, die vom Philosophie-Professor Ernő Borbély gegründet wurde. Dieser wurde 2002 vom Zentrum für Mündliche Geschichte des rumänischen Rundfunks interviewt. Ernő Borbély berichtete über die von ihm gegründete Organisation und erinnerte sich an Samisdat-Aktivitäten:



    Infolge mehrerer Gespräche mit Kollegen und Freunden, mit mehreren Intellektuellen in Rumänien, und nachdem ich mehrere Samisdat-Schriften, die wir aus dem Ausland bekamen, gelesen hatte, habe ich diese Untergrundorganisation gegründet. Eines Tages haben wir uns gesagt, wir müssten auch etwas unternehmen. Das Gefühl, nichts unternehmen zu können, war erdrückend. Deshalb haben wir beschlossen, eine Organisation zu gründen. Die Samisdat-Schriften bekamen wir in erster Reihe aus Ungarn, andere kamen aus Österreich und Frankreich. Die rumänische Diaspora-Gemeinde in Frankreich war sehr stark und es gab Samisdat-Schriften, die das kommunistische Regime attackierten. Sie versuchten die Mängel des kommunistischen Regimes und die Diktatur in Rumänien objektiv darzustellen. In Ungarn gab es schon seit Anfang der 1970er Jahre eine solche Bewegung. Dort gab es etwas mehr Freiheit. Auch wenn die Oppositionellen immer verfolgt und bespitzelt wurden, hatten sie viel mehr Spielraum. Das Regime war nicht so steif und es erschienen sehr viele Samisdat-Schriften. Die meistern wurden von Philosophie- und Soziologie-Universitätsprofessoren geschrieben.“




    Während des Kommunismus wurden alle, die ohne offizielle Genehmigung einen Verein gründeten, als Staatsfeinde angesehen und ins Gefängnis gesteckt. Ernő Borbély wusste von Anfang an, dass der kommunistische Staat in Rumänien viel mächtiger als im Nachbarland war, und wollte daher nur eine kleine Untergrundgruppe gründen.



    In unserer Organisation wollten wir nicht allzu viele Mitglieder haben, wie es in politischen Systemen üblich ist, mit vielen Partei- oder Vereinsmitgliedern. Es war ein etwas engerer Kreis, der Kern bestand aus drei Personen, die über viele Kontakte verfügten. Ich führte auch Gespräche mit Regimekritikern, die damals schon bekannt waren, so zum Beispiel mit Károly Király. Aber den Kern der Organisation bildeten ich, Katalin Biró und László Buzás. Wir wussten, dass sie uns jederzeit schnappen könnten, die Securitate war wachsam und hatte viele Informanten in den Reihen der Bevölkerung.“




    Welches war aber überhaupt das Ziel der Organisation? Ernő Borbély erinnert sich weiter:



    Wir wollten mehrere Texte, die auch in Samisdat-Form von Experten in unterschiedlichen Bereichen geschrieben wurden, veröffentlichen. Weiter wollten wir noch unsere eigenen Samisdat-Schriften schreiben und eine gewisse Gegenpropaganda in Umlauf bringen. Natürlich konnten wir unsere Propaganda nicht direkt führen, aber wir wollten Programmschriften und kleine Zeitschriften in unterschiedlichen Ortschaften verbreiten. Wir wollten auch, dass diese den Westen, und insbesondere die Radiosender Deutsche Welle, Freies Europa und die Stimme Amerikas erreichen, damit diese dann in die Heimat ausgestrahlt werden. Durch diese Methode hätten wir versucht, eine bestimmte Propaganda für uns zu machen, die Aufmerksamkeit auf uns zu lenken. Wären wir nicht entdeckt, hätten wir mehr Anhänger gewonnen. Mit Freunden im Westen hätten wir uns in der Öffentlichkeit als offizieller Verein vor der ganzen Presse erklären können. Zwei-drei Leute konnte man schnell ausschalten, 50-100 zu beseitigen, wäre schwieriger gewesen.“




    Der Samisdat war mehr als eine einfache Möglichkeit, Programmschriften zu verbreiten, er war das Röntgenbild eines todgeweihten Regimes. Wir haben Borbély auch nach dem Inhalt der Samisdat-Schriften gefragt, die er verfasst hat.



    In erster Reihe handelten die Texte von Freiheit: von der Pressefreiheit, der Meinungsfreiheit, der Reisefreiheit. Wir wollten eine Studie über die Abkommen, die Ceauşescu in Helsinki gerade unterschrieben hatte und die in Frankreich veröffentlicht wurde, herausgeben. Separat wollten wir auf einem Blatt die Menschenrechte drucken. Dann gab es noch soziale Themen und Themen, die die Jugend betrafen. Auch wenn wir ein Verein von Rumänienungarn waren, waren wir uns dessen bewusst, dass die ganze Bevölkerung im Land zu leiden hatte. Ohne die Lösung der grundsätzlichen Probleme hätte man die Probleme der ungarischen Minderheit nicht lösen können.“




    Der Samisdat stellte in Rumänien einen Versuch dar, die Bevölkerung mit dem Ziel zu mobilisieren, zivilen Widerstand gegen die Missbräuche des Regimes zu leisten. Auch wenn der Samisdat in Rumänien nicht so verbreitet wie in der Sowjetunion, in Ungarn, in der Tschechoslowakei oder Polen war, gab es auch hierzulande Regimegegner, die entschlossen waren, etwas zu ändern.

  • Attentate in Paris: Krise in ganz Europa?

    Attentate in Paris: Krise in ganz Europa?

    Der blutige Anschlag auf Charlie Hebdo“ von letzter Woche schockierte die ganze Welt. Die internationale Gemeinschaft verurteilte aus Schärfste das Attentat im Zentrum von Paris. Bei dem Anschlag auf die Zeitungsredaktion starben 10 Journalisten und zwei französische Polizisten. Ein anderer Terrorist erschoss eine weitere Polizistin auf der Stra‎ße und nahm in einem jüdischen Supermarkt mehrere Geiseln. Vier unschuldige Menschen wurden dabei getötet.



    Das Satire-Blatt Charlie Hebdo“ veröffentlicht jede Woche Karikaturen. Dabei ist die Zeitschrift sarkastisch gegenüber Personen oder Ideen, die das freie Denken und die Ausdrucksfreiheit gefährden. Die erste Stellungnahme eines ausländischen Vertreters kam vom britischen Ministerpräsidenten David Cameron. Er verurteilte den Anschlag als barbarisch. Wir stehen dem französischen Volk im Kampf gegen den Terrorismus und bei der Verteidigung der Pressefreiheit bei. Wir werden weiterhin gegen diejenigen, die unsere Werte und Lebensweise bedrohen, zusammenstehen“, erklärte David Cameron.



    In einem Interview mit Radio Rumänien International hat der ehemalige Präsidenten-Berater für nationale Sicherheit, der Professor Iulian Fota, die Ereignisse in der französischen Hauptstadt unter die Lupe genommen.



    Es ist nicht nur eine Krise Frankreichs, sondern eine Krise ganz Europas. Die Werte, die in Frankreich attackiert wurden, sind grundlegende Werte für ganz Europa. Vielleicht erleben wir eine neue Offensive dieser fundamentalistischen und extremistischen Elemente gegen die westliche Zivilisation, insbesondere der europäischen. Es gibt viele Elemente, die man diskutieren muss. Die Bedeutung und die Folgen dieser Krise, die — ich betone das — nicht nur eine französische Krise darstellt, sind zahlreich. Es wird soziale und politische Folgen haben, viele dieser Folgen nicht unbedingt günstig für die Gesellschaft, die wir aufbauen möchten. Das Unsicherheits-Gefühl wird zunehmen. Das könnte die Verwirrung mancher vertiefen. Wir wissen, dass eine Krise zwei Elemente mit sich bringt: Bedrohung und Opportunität. Eine bessere Organisierung der Gesellschaft, mehr Solidarität unter uns, die Bestimmung von Anti-Terror-Instrumenten, die Steigerung der Zusammenarbeit innerhalb, aber auch au‎ßerhalb der EU. Natürlich gibt es auch Opportunitäten.“




    In diesem Kontext gibt es das Risiko, dass manche politische Akteure die Tragödie in Paris ausnutzen, um Stimmen zu gewinnen. Professor Iulian Fota dazu:



    Manche dieser Spitzenpolitiker wünschen sich nichts anderes als die Umgestaltung der EU. Auch die Idee der Solidarität wird in Frage gestellt. Dieser Anschlag könnte tiefgreifende Folgen für uns haben. Es könnte uns nicht nur zu einer Bedeutungsanalyse zwingen, sondern auch zu einer besseren internen Organisierung — ich meine damit sowohl die Gesellschaft als auch den rumänischen Staat.“




    Die Attentäter könnten als einsame Wölfe bezeichnet werden, meint Iulian Fota. Diese handeln aber aufgrund von Aufforderungen, vielleicht auf Befehl oder Empfehlungen von anderen Leuten, die eine sehr aggressive Einstellung haben. Sie sind Teil eines breiteren, komplexeren und langfristigen Phänomens des fundamentalistischen und extremistischen Islams. Iulian Fota:



    Wir können davon ausgehen, dass sie einsame Wölfe sind. Warum? Weil in den letzten Jahren die westlichen Sicherheits-Systeme leistungsfähig waren und Organisationen zerstört haben. Sie haben die Offensive solcher Organisationen bekämpft und diese haben daraus gelernt, dass es gefährlich ist, in gro‎ßen Gruppen zu handeln. Sie haben dann die Strategie gewechselt und eine andere, die der einsamen Wölfe, angenommen. Die Gewalt-Franchise wurde in die Welt gestreut, man hat dafür unterschiedliche Kanäle benutzt, auch das Internet und bestimmte Internetseiten, um diese Botschaft der Gewalt in die ganze Welt auszustrahlen. Und diejenigen, die sich entscheiden, die westliche Zivilgesellschaft anzugreifen, wissen, was sie zu tun haben. Was genau? Das müssen sie selbst bestimmen.“




    Was in Frankreich geschehen ist, war im ersten Moment ein Schock. Langfristig wird es ein Test sein. Ein neuer Test. Die westliche Gesellschaft hat sich in ihrer Geschichte immer wieder mit solchen Herausforderungen konfrontiert.

  • Pressefreiheit 2013: Freedom House stellt generellen Rückgang fest

    Pressefreiheit 2013: Freedom House stellt generellen Rückgang fest

    Für die Pressefreiheit war das Jahr 2013 das dunkelste im letzten Jahrzehnt, insbesondere in Ägypten, in der Türkei und in der Ukraine, aber auch in den USA, in puncto Probleme der nationalen Sicherheit. Ein Bericht der Nichtregierungsorganisation Freedom House, der vor kurzem veröffentlicht wurde, zeigt, dass 44% der Weltbevölkerung in Ländern leben, in denen die Presse nicht frei ist. Zudem leben 42% der Weltbevölkerung in Regionen, in denen die Presse nur teilweise frei ist. Wir erleben einen generellen Rückgang der Pressefreiheit, mit Regierungen und privaten Akteure, die Journalisten angreifen oder deren Zugang zu Veranstaltungen durch die Zensierung des Inhalts einschränken. Manchmal werden Journalisten aus politischen Gründen auch gefeuert“, so Freedom House. Ein erheblicher Teil der Presse wird von den Eigentümern für politische und wirtschaftliche Zwecke benutzt. Die freieste Presse gibt es in den Niederlanden, Norwegen und Schweden. Die letzten Plätze der Rangliste werden von Turkmenistan, Usbekistan und Nordkorea eingenommen.



    Zu den Ländern, in denen die Presse nicht frei ist, zählt auch China. In Indien ist die Presse teilweise frei. In diesen beiden Ländern lebt über ein Drittel der Weltbevölkerung. Auch in Russland ist die Presse nicht frei und die USA verzeichnen einen Rückgang gegenüber dem Freedom-House-Bericht von 2012. Grund dafür sei die eingeschränkte Lieferung von Informationen an Journalisten und die gegen sie eingeleiteten Ermittlungen.



    71 Journalisten wurden getötet und mehr als 800 verhaftet. Im Jahr 2013 gab es zudem über 2000 Übergriffe auf Journalisten. Die EU-Kommission hat dieses Jahr vier spezielle Projekte für die Unterstützung der Pressefreiheit eingeleitet. Die Vertreter der EU-Kommission haben über die von Freedom House erstellte Rangliste debattiert. Ryan Heath, Sprecher der EU-Kommissarin für die digitale Agenda, erklärte:



    Wir sind stolz darauf, dass es in Europa einige der freiesten Länder in puncto Pressefreiheit gibt. Wir haben mehrmals beteuert, dass wir alles daran setzen werden, die Pressefreiheit zu unterstützen. Es ist jedoch besorgniserregend, wenn unabhängige Organisationen schlussfolgern, dass manche Länder in Europa nicht die ersehnten Standards erreicht haben. Die Europäische Union verfügt über eingeschränkte Macht, wenn es darum geht, weil es nicht nur um Gesetze geht, sondern um Kultur und Professionalismus der Journalisten-Gemeinde.“



    Rumänien nimmt in der Rangliste von Freedom House einen mittleren Platz ein, in der Kategorie der Länder mit einer teilweise freien Presse. Die rumänische NGO Active Watch hat ebenfalls einen Bericht über die Pressefreiheit veröffentlicht. Der Vorsitzende dieser Organisation, Mircea Toma, berichtet über die wichtigsten Probleme der rumänischen Presse.



    Die Medien-Unternehmer setzen ihre eigene politische und wirtschaftliche Agenda ihrer Medien-Institutionen durch. Es sind Informationen, die manipulieren. Der beste Weg, das Risiko der Manipulation zu umgehen, ist, mehrere Medien-Produkte unterschiedlicher Medien-Gruppen zu analysieren. Wenn auf dem Tisch 3-4 Informationen erscheinen, die miteinander nichts zu tun haben, muss man sich fragen, ob die Wahrheit vorliegt, oder ob man weiter nachhacken muss.“



    Im Bericht von Active Watch wird auch der Einfluss der Fu‎ßball-Clubs und deren Leitung erwähnt. Diese haben in der Presse eine positive Berichterstattung über sie durchgesetzt. Schwerwiegend ist auch die Tatsache, dass Journalisten ihre Kollegen warnen, sie nicht mehr zu kritisieren und mit der Justiz drohen. Einige Medien-Institutionen missbrauchen die Ausdrucksfreiheit, mit dem Ziel, Personen, soziale Gruppen, die Justiz und politische Gruppierungen einzuschüchtern. Der Koordinator des Projekts FreeEx, Razvan Martin, über die heutige Lage der rumänischen Presse:



    Die Medienlandschaft ist sehr gespalten und unfähig, sich eine Reihe von Werten und Berufs-Standards anzueignen. Sie ist unfähig, für die eigenen Rechte zu kämpfen, und verliert an Glaubwürdigkeit. Die Lage des Journalisten gegenüber dem Arbeitgeber ist verwundbar, und deshalb sind auch seine beruflichen Rechte, insbesondere die Ausdrucksfreiheit verwundbar. Diese hat unter dem Einfluss und den Interessen der Arbeitgeber zu leiden.“



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  • FreeEx-Bericht: Medien in Rumänien nur teilweise frei

    FreeEx-Bericht: Medien in Rumänien nur teilweise frei

    Das Jahr 2013 war für die Presse weltweit alles andere als günstig, so mehrere NGO, die die Medien beobachten. Freedom House schreibt, dass nur einer von sieben Menschen in Ländern lebt, wo die politischen Nachrichten glaubwürdig sind, wo die Sicherheit der Journalisten garantiert ist, wo der Staat sich in Medienangelegenheiten wenig einmischt und wo die Presse nicht unter wirtschaftlichem Druck steht. Laut Freedom House sei die jetzige Lage noch schlechter im Vergleich zu den letzten Jahren. Schuld dafür sei der Wunsch autoritärer Regierungen, den Inhalt der Nachrichten zu bestimmen, sei es durch Drangsalierung der Journalisten, sei es durch Kontrolle des Internets und der sozialen Netzwerke. Rumänien stellt keine Ausnahme dar. Was dem Jahresbericht für 2013 von Freedom House zu entnehmen ist, erfahren wir von Cristina Guseth, Leiterin der rumänischen Zweigstelle der internationalen Organisation:



    Rumänien hat 41 Punkte erreicht und gilt ein Land mit einer teilweise freien Presse. Der Bericht analysiert den gesetzlichen, den politischen und den wirtschaftlichen Rahmen. Ungarn erzielte 35 Punkte und belegt einen besseren Platz als Rumänien. Rumänien liegt näher an Ländern, die keine EU-Mitglieder sind, wie Albanien, Kosovo, Mazedonien oder Bosnien.“




    Cristina Guseth meint, Grund dafür sei die besondere wirtschaftliche Lage Rumäniens:



    Rumänien hat — verglichen mit seiner wirtschaftlichen Entwicklung — sehr viele Medien-Institutionen. Die private Presse wird im Allgemeinen von der Wirtschaft befördert. Die Wirtschaft kann aber in Rumänien nicht so viele Medien-Institutionen unterstützen. Ich spreche über Zeitungen, private Radio- und Fernsehsender. Die Medien-Institutionen sind politisiert. Das kann unmittelbar geschehen, durch Medieneigentümer, die zugleich Politiker sind, oder indirekt. Es gibt eine massive Politisierung der Presse. Das Geld, das in die Presse flie‎ßt, kommt nicht aus der Wirtschaft oder aus einer wirtschaftlichen Tätigkeit, so wie es natürlich wäre. Der zweite Aspekt bezieht sich auf die Gesetzesordnung. Es geht nicht nur um den gesetzlichen Rahmen, so wie er auf dem Papier steht, sondern auch darum, wie das Gesetz umgesetzt wird. Hier wurde ich den Nationalrat für audiovisuelle Medien (CNA) erwähnen, der zwar über Gesetze verfügt, sie aber nicht umsetzt.“




    Jahr für Jahr veröffentlicht die Organisation Active Watch in Rumänien ihren Bericht namens FreeEx, in dem die Lage der rumänischen Presse analysiert und Gründe für etwaige Einschränkungen der Pressefreiheit genannt werden. Der FreeEx-Jahresbericht für 2013 bestätigt die Informationen von Freedom House über die Verschlechterung der Medienunabhängigkeit und bringt Einzelheiten. Răzvan Martin, Vertreter von Active Watch, sagte über den Bericht für 2013 folgendes:



    Ich würde mit der auf der Strecke bleibenden redaktionellen Unabhängigkeit und dem Hintergehen des öffentlichen Interesses beginnen, was die Folge der exzessiven Politisierung des Medienmarktes und der Zusammensetzung der Eigentümerschaft ist. Zahlreiche Pressemagnaten sind auf der politischen Bühne aktiv. Es gibt viele bedeutende Presse-Institutionen, die von einflussreichen politischen Akteuren in Rumänien kontrolliert werden. Es gibt genügend Fälle, die beweisen, dass sie diese Institutionen nutzen, um politische und wirtschaftliche Vorteile zu erzielen und um Druck auf die Justiz auszuüben.“




    Eine besondere Form, Druck auszuüben, ist die Art und Weise, in der einige Medien Journalisten in Bedrängnis bringen. Răzvan Martin mit Einzelheiten:



    Im vergangenen Jahr haben zwei Journalisten Haftstrafen bekommen. Sie waren der Erpressung beschuldigt worden. Die Medien selbst haben sich zu einem der schlagfertigsten Mittel entwickelt, um Journalisten oder Bürgeraktivisten unter Druck zu setzen oder einzuschüchtern. Auch im Jahr 2012 hatten wir einen ähnlichen Fall. Ein gefährliches Phänomen ist die Abmahnung der Journalisten, um ihre kritische Berichterstattung zu unterlassen. Andernfalls hat man ihnen mit Prozessen gedroht. Es scheint mir absurd, dass Vertreter eines Berufes, der sich von Pressefreiheit nährt, Branchenkollegen drohen, um ihr Schweigen zu gewinnen.“




    Die Autoren des FreeEx-Berichts meinen weiter, nebst diesen Neuigkeiten im Jahre 2013 sei auch die gängige Praxis der Informationsverweigerung fortgesetzt worden. Răzvan Martin dazu:



    Informationen werden dem Publikum aus Sicherheitsgründen vorenthalten, zum Beispiel das Thema der mutma‎ßlichen CIA-Gefängnisse in Rumänien. Der Staat hat in diesem Fall eine regelrechte Informationsblockade errichtet, damit die Journalisten nicht mehr recherchieren können. Es gab ferner zahlreiche Übergriffe der Ordnungskräfte gegen Demonstranten. Ich beziehe mich hier in erster Linie auf die Situation [der gegen Schiefergas-Bohrungen Protestierenden] in Pungeşti, wo mehrere verfassungsrechtlich verbriefte Grundrechte wie Reisefreiheit, Versammlungsfreiheit und Meinungsfreiheit verletzt wurden.“




    Die beschriebenen Fehlentwicklungen kamen vor dem Hintergrund der Wirtschaftskrise, die die finanzielle Unabhängigkeit der Medien erschwert. Viele Zeitungen haben ihre Printausgaben aufgegeben und erscheinen nur noch im Internet. Einigen privaten TV-Sendern geht es auch nicht gut, sie sind bereits knapp bei Kasse. Die Ausgaben für Werbung sind sichtbar gesunken. Es gibt aber einen Schimmer Hoffnung: Die wenigen Produkte des Qualitätsjournalismus scheinen dennoch gefragt zu sein. Das widerspricht der These, dass nur Unterhaltung und Boulevardjournalismus Einschaltquoten und Leser bringen.



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