Tag: Minderjährige

  • Nachrichten 19.03.2023

    Nachrichten 19.03.2023


    Der rumänische Präsident Klaus Iohannis besucht heute im Rahmen einer offiziellen Reise in den Vereinigten Arabischen Emiraten Masdar City, ein Beispiel für nachhaltige Stadtentwicklung mit Lösungen, die auf Energieeffizienz und Umweltschutz ausgerichtet sind. Dem Präsidenten wurden Lösungen für den Verkehr, die städtische Kühlung und Belüftung, die Energieerzeugung in Gebäuden und die optimale Nutzung des natürlichen Lichts in Forschungs- und Bildungseinrichtungen vorgestellt. Die in Masdar City getesteten Lösungen können auch in anderen Städten, darunter auch in Rumänien, Inspiration sein. Das Land zeigt zunehmendes Interesse an Nachhaltigkeit. Die rumänischen Forscher, die mit den Forschungsinstituten von Masdar City verbunden sind, tragen ebenfalls zur Entwicklung dieser Lösungen bei, wie es in einer Pressemitteilung der Präsidentschaft in Bukarest heißt. Der Präsident Rumäniens befindet sich bis Dienstag auf Einladung seines Amtskollegen, Scheich Mohamed bin Zayed Al Nahyan, in den Vereinigten Arabischen Emiraten. Die wichtigsten Ziele des Besuchs sind die Vertiefung des politischen und diplomatischen Dialogs über Themen, die für beide Seiten von großem Interesse sind. Zudem sollen die bilateralen Wirtschaftsbeziehungen, die sich bereits im Aufwärtstrend befinden, gestärkt und die Förderung von Investitionen in die rumänische Wirtschaft durch Projekte in den Bereichen Infrastruktur, Energie und Bekämpfung des Klimawandels, Cybersicherheit und Ernährungssicherheit gefördert werden.



    – Am Sonnabend kamen 86.342 Personen über die Grenzübergänge in Rumänien ein, darunter 8.510 ukrainische Staatsbürgerinnen und Bürger. Dies teilte die Grenzpolizei mit. Von 10. Februar 2022 an, zwei Wochen vor dem Einmarsch der russischen Armee in die Ukraine, sind fast 3,8 Millionen Ukrainerinnen und Ukrainer nach Rumänien eingereist. Die meisten von ihnen gingen in westeuropäische Länder, aber etwa 100.000 entschieden sich, in Rumänien zu bleiben.




    – Grenzschutzbeamte hinderten mehr als 5 300 rumänische Minderjährige daran, im Jahre 2022 ins Ausland zu reisen, weil ihre Eltern oder Begleitpersonen nicht über die erforderlichen Dokumente verfügten, um mit den Minderjährigen legal ins Ausland zu reisen. Laut einer Erklärung des Innenministeriums vom Sonntag ist diese Zahl doppelt so hoch wie im Jahr 2021. Zudem konnten seit Jahresbeginn mehr als 800 rumänische Kinder ihre Reise nicht fortsetzen, weil sie keine gültigen Reisedokumente besaßen, der begleitende Elternteil nicht die Zustimmung des anderen Elternteils in Form einer notariellen Vollmacht vorweisen konnte und die Begleitpersonen der Minderjährigen, mit Ausnahme der Eltern, ihr Strafregister nicht vorlegen konnten. Minderjährige können das Land mit einem gültigen Reisedokument – Reisepass oder Personalausweis (Minderjährige über 14 Jahre) – nur dann verlassen, wenn sie von einer volljährigen natürlichen Person begleitet werden und die Zustimmung der Eltern vorliegt.



    – Das Wetter in Rumänien ist in den meisten Regionen sonnig und warm. Im Osten und Südosten ist mit leichtem Regen zu rechnen. Die Höchsttemperaturen lagen am Sonntag zwischen 10 und 17 Grad Celsius. Die Temperatur in Bukarest wurde am Nachmittag mit 14 Grad angegeben.

  • Gewalt gegen Frauen:  Barometer für 2022 zeigt  differenziertes Bild

    Gewalt gegen Frauen: Barometer für 2022 zeigt differenziertes Bild





    Geschlechtsspezifische Gewalt ist eine dramatische Realität in allen europäischen Ländern, und sie macht auch vor Rumänien nicht halt. In den letzten Jahren wurde eine Reihe von Ma‎ßnahmen ergriffen, um die Täter zu bestrafen und Frauen vor Übergriffen zu schützen, die sich hauptsächlich gegen sie richten. Dazu gehören z.B. einstweilige Verfügungen und Tätern das Tragen von elektronischen Armbändern aufzuerlegen.



    Die von der rumänischen Polizei erfassten Daten über häusliche Gewalt zeigen, dass in den ersten sechs Monaten des Jahres 2022 18 507 Frauen Opfer von Gewalt wurden, darunter 18 Fälle von Mord, 13 Mordversuche und 12 801 Körperverletzungen. Experten sind jedoch der Ansicht, dass die vorhandenen Daten nach wie vor nicht aussagekräftig sind, da sich die Statistiken nur auf körperliche Gewalt beziehen, ohne die anderen Arten von Gewalt gegen Frauen zu berücksichtigen, die im rumänischen Gesetz beschrieben sind. Ionela Băluță, Professorin an der Fakultät für Politikwissenschaft der Universität Bukarest und Mitverfasserin des Barometers für geschlechtsspezifische Gewalt im Jahr 2022, erklärt, warum umfassende Informationen notwendig sind:



    Im Mittelpunkt dieses Barometers steht die Gewalt gegen Frauen. Wie wir in der einleitenden Studie dargelegt haben, war unser Anliegen, auf die Art und Weise einzugehen, wie das Phänomen sowohl im akademischen Bereich als auch im politischen Diskurs betrachtet und erklärt wird. Übrigens hat Rumänien ja auch die Istanbul-Konvention ratifiziert und im vergangenen Jahr eine erste Bewertung vorgenommen. Dieses Übereinkommen verfügt über einen internationalen Überwachungs- und Bewertungsausschuss namens GREVIO, der Länderberichte erstellt. Und im Länderbericht über Rumänien ist einer der Punkte, der von den GREVIO-Experten nachdrücklich als negativ hervorgehoben wird, die Erhebung von Daten. Wenn wir den online verfügbaren und in einschlägigen Kreisen bekannten GREVIO-Bericht lesen, dann stellen wir fest, dass wir keine handfesten Daten über Gewalt gegen Frauen haben. Dies ist eines der grö‎ßten Probleme, denn wir können keine angemessenen politischen Ma‎ßnahmen fordern, wenn wir nicht genau wissen, wie das Phänomen Gewalt gegen Frauen tatsächlich gewichtet ist. Zweitens wird dadurch auch deutlich, dass die Geschlechterperspektive in der Art und Weise, wie die rumänischen Behörden die Gesetzgebung geändert und die öffentliche Politik gestaltet haben, nicht oder nur unzureichend berücksichtigt wird.“



    Das vom FILIA-Zentrum (einer feministischen NGO) koordinierte und durch einen Zuschuss der deutschen Botschaft in Bukarest finanzierte Gender Violence Barometer 2022 ist erst die zweite Studie zu diesem Thema seit 2003. Damals hie‎ß die Untersuchung Barometer für häusliche Gewalt“ und hatte somit einen engeren Begriff im Mittelpunkt. Dennoch sei es möglich, die 20 Jahre auseinanderliegenden Daten zu vergleichen, sagt die Politikwissenschaftlerin Ionela Băluță:



    Ich glaube nicht, dass wir nach diesem Vergleich sagen können, dass wir einen spektakulären Fortschritt in Bezug auf das Bewusstsein, die Sensibilisierung und die Ablehnung von Gewalt gegen Frauen erzielt haben. Die Toleranz gegenüber körperlichen Übergriffen hat sich in der Tat deutlich verschoben. Es wäre ziemlich bösartig, Schläge, Ohrfeigen und sogar Beleidigungen nicht als körperliche Übergriffe zu bezeichnen. Selbst aus unserem Barometer geht hervor, dass diese Erscheinungsformen als Formen der Gewalt anerkannt werden. Im Vergleich zu 2003 hat der Grad der Ablehnung stark zugenommen. Im Allgemeinen werden diese Formen der Gewalt von mehr als 80 % der Bevölkerung abgelehnt, was 2003 noch nicht der Fall war. Bei den weniger bekannten Formen der Gewalt, die jedoch im Gesetz verankert sind, d.h. soziale Gewalt, wirtschaftliche Gewalt und psychologische Gewalt, ist hingegen nur eine leichte Zunahme der Ablehnung zu verzeichnen. Es ist nicht viel, aber es sind immerhin sieben Prozent. Ich möchte Ihnen ein Beispiel nennen. Gegenwärtig halten etwa 25 % der Befragten es für kaum oder gar nicht schlimm, wenn eine Frau ihr Geld nicht nach Belieben ausgeben darf, wenn eine Frau nicht ohne Begleitung ihres Partners aus dem Haus gehen darf oder wenn eine Frau keinen Freundeskreis haben darf.“




    Weitere Daten des Barometers zur Gewalt gegen Frauen zeigen ein in Teilen der Bevölkerung ebenfalls rückständiges Bild: 19 % der Befragten halten es für kaum oder überhaupt nicht verwerflich, wenn eine Frau vergewaltigt wird, nachdem sie zugestimmt hat, in das Haus eines Mannes mitzugehen, und 12 % finden es nicht verabscheuenswert, wenn eine aufreizend gekleidete Frau vergewaltigt wird. Ionela Băluță kommentiert:



    Wenn wir uns die Einstellung zu Vergewaltigungen ansehen, werden die in der Bevölkerung weit verbreiteten Stereotype sehr deutlich. Und je niedriger das Bildungsniveau oder je patriarchalischer die Werte sind, desto besorgniserregender sind die Prozentzahlen. Selbst wenn die Befragten beispielsweise eine Vergewaltigung für inakzeptabel halten und diese von der Mehrheit als sehr schwerwiegende Straftat angesehen wird, wollten wir herausfinden, was die Menschen denken, die eine andere Einstellung dazu haben. Denn auf die Frage, was sie davon halten, wenn eine Frau vergewaltigt wird, nachdem sie zugestimmt hat, mit einem Mann zu ihm nach Hause zu gehen, kommt die Antwort, dass es in so einem Fall nicht mehr so schlimm sei. Als ob, wenn Frauen in ihrem sozialen Leben sich mit Männern verabreden, um bestimmte Orte aufzusuchen, oder zu sich oder zu ihm zu gehen, um sich zu unterhalten, die Vergewaltigung automatisch dazugehören würde. Das hört sich an, wie wenn man sagen würde: »Passt ja auf, ihr Frauen, wenn ihr dem einem oder dem anderen Vorschlag eines Mannes zustimmt!« Leider glaubt ein gro‎ßer Teil der Menschen in Rumänien, die so denken, dass Frauen in solchen Fällen eine Vergewaltigung stillschweigend hinnehmen müssten. Und es gibt noch etwas, das besorgniserregend ist. Wir haben insbesondere gefragt: »Wie schlimm ist es Ihrer Meinung nach, wenn ein minderjähriges Mädchen Sex mit einem erwachsenen Mann hat?« In Wirklichkeit gibt es diese Situation gar nicht. Eine Minderjährige kann von einem Mann nur vergewaltigt werden. Zumindest nach dem Gesetzestext, wenn wir uns nicht mit anderen Fragen der Ethik, Moral usw. befassen, denn die juristische Definition besagt, dass man in dem Moment, in dem man einer Handlung nicht ausdrücklich zustimmt, man genötigt wird, etwas zu tun. Aber unsere Befragten erachteten es als weniger schlimm, wenn eine Minderjährige Sex mit einem erwachsenen Mann hat, als wenn eine Frau von einem Fremden vergewaltigt wird.“




    Mit dem Barometer für Gewalt gegen Frauen 2022 wollten die Autorinnen dem Mangel an offiziellen Daten über die Verbreitung geschlechtsspezifischer Gewalt in all ihren Formen entgegenwirken. Es soll ferner auch den Behörden als Arbeitsinstrument dienen, um geeignete Ma‎ßnahmen von der Politik zu fordern.

  • Jugendgerichtsbarkeit in Rumänien: Pilotprojekt nicht weitergeführt

    Jugendgerichtsbarkeit in Rumänien: Pilotprojekt nicht weitergeführt



    Anders als in Deutschland gibt es in Rumänien keine weitgehend verankerte Jugendgerichtsbarkeit in der Justiz. Die Institution der 2004 als Pilotprojekt gegründeten Jugendkammer sollte ursprünglich bis 2007 auch auf weitere Landgerichte in den grö‎ßeren Städten ausgeweitet werden. Doch das Projekt blieb auf der Strecke, im Jahr 2022 ist die Jugendkammer in Kronstadt immer noch das einzige Fachgericht dieser Art in ganz Rumänien.



    Schon in den ersten Jahren nach der Gründung des Jugendgerichts in Kronstadt wurden Stimmen laut, die seine Auflösung forderten — mit der Begründung, der Aufwand würde sich nicht rechtfertigen, denn die Anzahl der zu behandelnden zivilrechtlichen wie strafrechtlichen Fälle sei nur gering. Gabriela Chihaia, Richterin und amtierende Präsidentin des genannten Jugendgerichts, hat unlängst im Rahmen einer öffentlichen Debatte auf dem Portal PressHub.ro gegen diese Auffassung argumentiert. Zu den wichtigsten Errungenschaften, die die Kammer für Jugendliche und Familienrecht ermöglichte, gehört die Einrichtung eines speziellen Raumes für die Vernehmung von Kindern und Heranwachsenden. Jugendliche und Heranwachsende, die in Straftaten oder zivilrechtliche Streitigkeiten involviert werden, sind ohnehin traumatisiert. Es sei daher wichtig, dass dieser Raum, der durch Spenden von einem gemeinnützigen Frauenverein eingerichtet wurde, eine freundliche Atmosphäre bietet, die etwa durch farbenfrohe Möbelstücke und eine entspannende Innendekoration erreicht wird. Hören wir die Argumentation der Richterin Gabriela Chihaia:



    Ein gewöhnlicher Gerichtssaal ist in der Regel ein karger Raum, in welchem zudem im Rahmen des Verfahrens ein trockenes Zeremoniell über die Bühne läuft — z.B. das verpflichtende Aufstehen der Anwesenden, wenn die Richter den Saal betreten, oder das Aufrufen der Gerichtsparteien oder die Vorführung des Beschuldigten u.a.m. Für Minderjährige als Geschädigte oder Opfer ist die visuelle Konfrontation mit dem Beschuldigten, dem mutma‎ßlichen Täter oder anderen Beteiligten ohnehin eine Herausforderung und sie kann zu einer erneuten, zusätzlichen Traumatisierung führen, selbst wenn die Konfrontation au‎ßerhalb eines Gerichtssaals stattfindet. Daher ist es wichtig, für die Anhörung oder Vernehmung von Minderjährigen einen besonderen Raum zu haben, der ihnen die Aussage erleichtert. Insbesondere bei Kindern haben wir das beobachtet: Nach einem lockeren Anfang, bei dem sie sich zunächst entspannen und sogar spielen dürfen, erzählen sie über die abgefragten Vorgänge oder Sachverhalte viel leichter, als sie es in einem herkömmlichen Gerichtssaal tun würden.“




    Dem Einwand, dass Rumänien keine gesonderte Jugendgerichtsbarkeit und mehr Fachgerichte brauche, widerspricht die Richterin Gabriela Chihaia entschieden — ganz im Gegenteil, sagt sie: Die Zahl der Gerichtssachen, in denen Jugendliche und Heranwachsende involviert sind, sei im Wachsen begriffen, und gerade deshalb sei das Jugend- und Familiengericht in Kronstadt ein gutes Beispiel für mehr Zügigkeit in der Lösung der Fälle, verglichen mit ordentlichen Gerichten:



    Die Zahl der Gerichtsverfahren im Bereich Jugendgerichtsbarkeit hat zugenommen und befindet sich nach meiner Auffassung immer noch in einem leichten Aufwärtstrend. Ich bin seit 1. Januar 2019 Vorsitzende des Jugend- und Familiengerichts und kann Ihnen bestätigen, dass die Zahl der Strafsachen mit Jugendlichen als Geschädigte oder Opfer — insbesondere Opfer von Sexualdelikten — gestiegen ist. Es ist zwar keine exponentielle Zunahme, wir haben jedoch ständig und regelmä‎ßig mit solchen Straftaten zu tun. Mit einem Fachgericht kann man sich solcher Strafsachen effizienter annehmen; wenn wir es beispielsweise mit Fällen von Handel mit Minderjährigen zu tun haben, bei versuchten oder vollbrachten Tötungsdelikten, in denen Täter wie Opfer minderjährig sind, gilt unser Jugendgericht als erste Instanz, und das ermöglicht uns, die Verfahren mit der gebotenen Zügigkeit abzuwickeln.“




    Fachgerichte für Jugend- und Familienrecht ermöglichen auch den Richtern und anderen Justizangestellten, zu Experten auf diesem Teilgebiet des Zivil- und Strafrechts zu werden, führt zum Schluss die Richterin Gabriela Chihaia noch aus, die zugleich Präsidentin des einzigen Jugendgerichts in Rumänien ist:



    Zivil- oder strafrechtliche Sachen, in denen Jugendliche oder Familien involviert sind, werden von gewöhnlichen Gerichten zusammen mit anderen Akten derselben Rechtsmaterie behandelt. Es liegt auf der Hand, dass nicht jeder Richter auf allen Teilbereichen des Rechts spezialisiert sein kann. Die in den letzten Jahren viel geforderte Spezialisierung der Spruchkörper kann folglich dem Jugendrecht im Besonderen, der Justiz im Allgemeinen und dadurch der gesamten Gesellschaft nur zuträglich sein.“

  • Sexuelle Ausbeutung von Minderjährigen: Menschenhandel und Gewalt gegen Kinder

    Sexuelle Ausbeutung von Minderjährigen: Menschenhandel und Gewalt gegen Kinder

    Frauen und Mädchen machen erwartungsgemä‎ß mehr als zwei Drittel der insgesamt registrierten Opfer aus. Der Anteil würde bei 77%, also mehr als drei Viertel liegen, wenn wir die statistischen Daten aus dem gerade aus der EU ausgetreten Vereinigten Königreich ausklammern würden. Die ersten fünf europäischen Herkunftsländer der Opfer waren Rumänien, Ungarn, die Niederlande, Polen und Bulgarien.



    Die Situation scheint sich aktuell nicht wesentlich geändert zu haben, da Rumänien laut der Nationalen Agentur gegen Menschenhandel im Jahr 2018 immer noch eines der gro‎ßen Herkunftsländer des Menschenhandels war und die Hälfte der Gesamtopfer minderjährig waren. Einige der jungen Frauen, die es irgendwie geschafft haben, aus dieser Art der heutigen Sklaverei auszubrechen, werden von der Aktivistin Iana Matei unterstützt, die vor 20 Jahren ein Heim für den Schutz und die soziale Eingliederung der Opfer von Menschenhandel gründete. Laut Iana Matei hat die oben genannte NGO mit dem Titel Reaching Out Romania“ seit ihrer Gründung über 600 Opfern von Sexploitation, wie die sexuelle Ausbeutung noch hei‎ßt, Hilfe angeboten:



    Wir haben mit einer Wohnung begonnen, die wir damals gemietet haben, danach stieg die Zahl der Mädchen, und ich glaube, im Jahr 2000 haben wir die grö‎ßte Zahl von Mädchen registriert. Die meisten von ihnen wurden in den Ländern des ehemaligen Jugoslawiens Opfer von Menschenhandel. Später mussten wir eine Unterkunft für sie bauen und fügten eine weitere hinzu, da ihre Zahl weiterhin zunahm. Die beiden Zentren, die wir derzeit haben, können 18 Mädchen aufnehmen, und derzeit leben 12 Mädchen hier. Wir haben noch eine weitere Unterbringungsmöglichkeit in einer Lavendelfarm in Craiova, weil wir eine Alternative für die Mädchen schaffen wollten, die nicht weiter zur Schule gehen wollen. Die meisten von ihnen kommen vom Land, und auf unserer Lavendelfarm bringen wir ihnen bei, wie sie ihr eigenes Geschäft und ihren eigenen Beruf entwickeln können. Die Mädchen in unseren Zentren sind zwischen 12 und 14 Jahre alt, und aus meiner Sicht sollten wir hier über Pädophilie sprechen, nicht über Menschenhandel. Das ist Gewalt nicht gegen Frauen, sondern gegen Kinder.“




    Auf der Lavendelfarm wird diesen Mädchen die Möglichkeit geboten, die für einen Beruf notwendigen Fähigkeiten zu erlernen, damit sie nicht wieder in die Prostitution gehen, aber in dem von Iana Matei gegründeten Heim wird ihnen auch psychologische Betreuung angeboten. Die Ausbeutung verursacht spezifische Traumata, die nur schwer zu überwinden sind; die Opfer leiden an einem geringen Selbstwertgefühl, da ihnen schon in sehr jungen Jahren Zuneigung vorenthalten wurde. Diese Probleme werden in der Regel von Menschenhändlern ausgenutzt, die oft auf die sogenannte Loverboy“-Methode zurückgreifen, um junge Mädchen zur Prostitution zu verführen, führt die Aktivistin weiter aus:



    Die Loverboy-Methode ermöglicht es dem Menschenhändler, die Identität des jungen Mädchens zu vernichten. Wir sprechen hier von jungen Mädchen, die eigentlich nicht wissen, was Liebe ist, und das macht sie zu einer leichten Beute für diese Raubtiere. Leider werden diese jungen Mädchen mit der Zeit sexsüchtig. Wenn sie ihr Sexualleben mit etwa 11 oder 12 Jahren beginnen und etwa 10–15 Freier am Tag haben, entsteht eine gewisse Art von Abhängigkeit; aber dieses Thema ist tabu, da niemand darüber sprechen will. Darüber hinaus müssen diese jungen Mädchen oft mit vielen Schuldzuweisungen umgehen, da die Menschen sehr voreingenommen sind und gerne mit dem Finger zeigen. Die ersten drei Monate sind die schwierigsten, weil sie vor allem wieder in ihren Beruf, in ihre Sucht, zurückkehren wollen. Staatliche Institutionen sind in dieser Hinsicht nicht sehr hilfreich. Nach dem Gesetz muss zum Beispiel jedes Kind zur Schule gehen, aber diese Mädchen, die Opfer von sexueller Ausbeutung sind, haben eine besondere Situation und können nicht sehr bald wieder zur Schule gehen.“




    Iana Matei zufolge erfordert die Bekämpfung des Menschenhandels einen integrierten Ansatz, also gemeinsame Handlungen der Ressorts Bildung, Gesundheit und Inneres sowie verschiedene Methoden der Bekämpfung des organisierten Verbrechens. Die Behörden sollten mit den Vereinen zusammenarbeiten, die die Situation aus erster Hand kennen. Darüber hinaus muss sich die kollektive Optik in den ländlichen Gemeinden ändern, aus denen diese Mädchen stammen — dort werde die Ausbeutung missverstanden und die Schuld den Opfern gegeben. Das findet auch häufig bei dem Umgang mit häuslicher Gewalt statt, sagt Elena Samoilă, Programmkoordinatorin des FILIA-Zentrums, einer Vereinigung, die sich für die Rechte der Frauen einsetzt.



    Dass die Schuld bei den Opfern gesucht wird, ist heutzutage ein weit verbreitetes Muster in der Gesellschaft. Oft werden die Opfer für ihre Entscheidung beschuldigt, an einer Beziehung festzuhalten, in der sie missbraucht werden. Oder sie werden zum Sündenbock für das Verhalten der Täter gemacht. Die Leute sagen oft: ‚Nun, jede Geschichte hat zwei Seiten, die Frau muss doch etwas getan haben.‘ Um es kurz zu machen: Wir leben in einer Gesellschaft, in der Frauen für das Auslösen der Gewalt ihres Partners verantwortlich gemacht werden, und sie sollen Gewalt durch ihre Partner ertragen und die Dinge einfach stoisch aushalten. Männer, die meistens die Täter in einer Beziehung sind, kommen in der Regel damit durch.“




    Experten warnen davor, dass unter den gegenwärtigen Umständen der Pandemie die Zahl der Fälle häuslicher Gewalt weltweit zunimmt, da viele Frauen in der Isolation mit aggressiven Partnern gefangen sind.

  • „Foreplay“: Theaterstück problematisiert das Thema Teenie-Mütter

    „Foreplay“: Theaterstück problematisiert das Thema Teenie-Mütter

    Die Eltern sollten allerdings darauf vorbereitet sein, denn die Entscheidung bringt viele Änderungen mit sich. Und das ist eben bei den Teenie-Müttern Rumäniens nicht der Fall. Wenn Kinder Kinder kriegen — ein Phänomen, das mittlerweile auch hierzulande hohe Wellen schlägt. Wieder einmal ein Bereich, in dem Rumänien zu den Schlusslichtern in der EU gehört. Laut Eurostat hatten 14% der 2016 in Rumänien erstgeborenen Kinder eine Mutter unter zwanzig. Und 2015 zeigten die EU-Statistiken sogar, dass über 350 der jungen Mütter zwischen 10 und 14 Jahre alt waren. Weitere circa 13.000 Frauen hatten ihr Kind mit 15-19 Jahren zur Welt gebracht.



    Hinter den trockenen Zahlen stecken aber aus den Fugen geratene Menschenleben, wobei manche Mütter sich zusätzlich mit der Ablehnung durch die Gesellschaft konfrontieren. Die Regisseurin Ozana Nicolau hat die für sie beeindruckenden Fälle in ihrem Theaterstück Foreplay“ verarbeitet. Dabei sei sie von persönlichen Erfahrungen ausgegangen.



    Die Aufführung hat einen sehr persönlichen Kern. Es geht um meine Kindheit in den 1990er Jahren, in einem Randviertel von Bukarest. Ich bin dort vielen jugendlichen Müttern begegnet. Ich habe auch Schulkameradinnen gekannt, oder Nachbarinnen und Freundinnen aus unserem Wohnblock, die in dieser Situation waren. Und dazu war es — so gut wie jedes Mal — nach dem gleichen Szenario gekommen: Die Mädchen wurden schwanger und hatten nicht den Mut, es den Eltern zu sagen, nur die Klassenkameraden oder Freunde wussten es... Ich rede hier von den ersten Gymnasiumsjahren, der sechsten, siebten und achten Klasse in den Jahren 1996–1998. Und irgendwann, als die Schwangerschaft sichtbar wurde, waren sie auf einmal weg, entweder aus der Schule oder vom Spielplatz verschwunden. Ich kann davon ausgehen, dass sie entweder aufs Land oder in eine kleinere Stadt geschickt wurden — als Lösung des Problems. Es galt auf jeden Fall als eine gro‎ße Schande und es war undenkbar, dass man mit 13 oder 14 als schwangeres Mädchen weiter in die Schule geht. Es war inakzeptabel.“




    Der dadurch erzwungene Schulabgang macht es für betroffene Frauen später unmöglich, einen anständigen Arbeitsplatz zu finden. Darüber hinaus sind sie von der Gesellschaft gebrandmarkt. Bei der Recherche für die Aufführung von Foreplay“ unterhielt sich Ozana Nicolau mit über 30 schwangeren Mädchen. Einige von ihnen sagten ihr, in ihrem Umfeld würde man ihr das als Verfehlung vorwerfen. So würden Mütter irgendwann das eigene Kind als ein Fehler sehen, glaubt die Regisseurin.



    Anstatt sich doch über diese Erfahrung des Mutterwerdens zu freuen, wird daraus eine Art Belastung. Die Erfahrung, die man als Mutter oder Vater macht, ist ohnehin schon schwierig und voller Herausforderungen. Wenn das mit 14 oder 15 Jahren passiert, wenn die eigene Persönlichkeit noch nicht gefestigt ist, muss man auf einmal für eine andere Person die Verantwortung tragen, obwohl man nicht einmal gelernt hat, für sich selbst verantwortlich zu sein. Es entsteht ein innerer Konflikt und darüber hinaus gibt es noch die Gesellschaft, die mit dem Finger auf einen zeigt, weil man einen Riesenfehler begangen hätte.“




    Die Künstler hätten im Foreplay- Projekt auch eine interessante Tatsache herausgefunden, und zwar, dass die Situation der Teenager-Mütter nicht ausschlie‎ßlich auf ein wirtschaftlich benachteiligendes Umfeld zurückzuführen sei. Es seien in allen sozialen Kategorien Fälle anzutreffen, berichtet die Regisseurin Ozana Nicolau.



    Das hängt eher mit unserer Vergangenheit zusammen. Rumänien ist immer noch von der tabuisierten Sexualität vorbelastet, es fällt uns immer noch schwer, über dieses Thema zu reden. In den Schulen findet Sexualkunde so gut wie gar nicht statt, aber auch zu Hause schweigt man zum Thema. Das ist das Problem.“




    Immerhin gibt es seit 2004 im öffentlichen Schulwesen ein Wahlfach — die sogenannte Gesundheitserziehung“. Das Fach ist von der ersten bis zur zwölften Klasse verfügbar, die Materie wird in den Schulen von den Biologie- oder den Grundschullehrern unterrichtet. Alles infolge eines spezifischen Fortbildungsprogramms. Zu den Trägern des Programms gehörte auch die NGO Jugend für Jugend“. Die Fortbildung beginnt mit Grundbegriffen in den Bereichen Hygiene und Umweltschutz und geht hin bis zur gesunden Fortpflanzung und Familienplanung. All diese Begriffe werden den Kindern altersgemä‎ß vermittelt — versicherte uns die Leiterin der Stiftung Jugend für Jugend“, Adina Manea. Im Schuljahr 2014–2015 haben ungefähr 6% aller Schüler den Unterricht im Fach Gesundheitserziehung besucht. Wir wollten zudem von Adina Manea erfahren, wieviele Schulen in Rumänien das Wahlfach eingeführt haben.



    Aus den Statistiken des Bildungsministeriums für das Jahr 2017–2018 geht hervor, dass dieses Wahlfach in über 3500 Schulen landesweit unterrichtet wird. Das entspricht etwa 6-7% der Gesamtanzahl der Schüler. Es ist viel für ein Wahlfach, aber wenig, wenn man die Bedürfnisse der rumänischen Schüler eines jeden Alters berücksichtigt.“




    Die Zivilgesellschaft plädiert für einen breiteren Zugang der Bevölkerung zu dieser Art von Erziehung. Doch das soll nicht unbedingt im schulischen Umfeld geschehen, denn ein Teil der jungen Mütter geht nicht mehr zur Schule. Und da spielen auch andere Faktoren eine negative Rolle, etwa die Schulabgänger-Quote, die in Rumänien ebenfalls hoch ist. Nichtsdestotrotz werde ein allgemeiner Zugang zur Erziehung für eine gesunde Fortbildung gebraucht, sagt Adina Manea.



    Es geht hier um einen Anteil von 10% aller Frauen. Das ist sehr viel, denn eine Schwangerschaft im jugendlichen Alter geht mit anderen Gesundheitsrisiken für Mutter und Kind einher. Während eines Schuljahres gelingt es im Schnitt nur zwei jungen Frauen, die Schwangerschaft bis zum geplanten Ende zu führen. Es ist auch klar, dass die Schulen bereit sind, sie zu unterstützen, wenn sie nicht die Schule schmei‎ßen wollen. Das mit diesem Phänomen früher verbundene Stigma gibt es zwar nicht mehr, aber gleichzeitig wird über das Thema nicht gesprochen. Wenn es um das Umfeld und die Schulkollegen geht, da sind die Dinge von Fall zu Fall unterschiedlich. In den Fällen, die unser Verband kennt, werden die Kinder zur Welt gebracht und von der Familie hochgezogen. Weil wir sehr oft in den Gymnasien arbeiten (ab der 9. Klasse), treffen wir hier Jugendliche, die über genügend Finanzmittel verfügen, denn um diese Bildungsstufe zu erreichen, braucht man eben Geld und auch die Unterstützung der Familie.“




    Die Unterstützung der Familie ist auch nach Ansicht der Regisseurin Ozana Nicolau wichtig. Sie kenne auch Glücksfälle in diesem Zusammenhang.



    Wenn sie das Glück haben, in einer emotional ausgewogeneren Familie zu leben, die versteht, was das betreffende Mädchen gerade durchmacht, dann legen sich die Probleme in der Regel nach zwei Jahren. Ich kenne den Fall eines Mädchens aus Vaslui, das seinerseits Mutter geworden war und das eine sehr gute Note beim Abitur bekommen und weiterhin das Studium an einer Hochschule begonnen hat, wo sie sogar eine Stipendiatin ist. Es ist also möglich, wenn die Familie sie unterstützt und auch der Partner in der Nähe ist.“




    Die Aufführung von Foreplay“ löste beim Publikum Emotionen aus. Eltern, die ursprünglich alleine ins Theater gekommen waren, erzählten auch anderen Eltern über die Aufführung oder sahen sie noch einmal in Begleitung ihrer pubertierenden Kinder. Foreplay“ soll au‎ßerdem in den Bukarester Gymnasien und den Schulen mehrerer Gro‎ßstädte aufgeführt werden.

  • Familienplanung Fehlanzeige: Schwangerschaft und Abtreibung unter Minderjährigen besorgniserregend

    Familienplanung Fehlanzeige: Schwangerschaft und Abtreibung unter Minderjährigen besorgniserregend

    Fast jedes zehnte Kind wird in Rumänien von einer jugendlichen Mutter im Alter von 15 bis 19 Jahren auf die Welt gebracht. Damit nimmt Rumänien einen der ersten Plätze in der EU in puncto Teenage-Schwangerschaften ein. Unter diesen Umständen muss man sich fragen: Gibt es überhaupt so etwas wie Familienplanung hierzulande?



    Eine Schwangerschaft sollte in der Theorie einen Kinderwunsch erfüllen und zu dem Zeitpunkt erfolgen, wenn die Eltern erwachsen genug sind, um ein Kind gro‎ßziehen zu können. In der Praxis sieht die Lage anders aus: Laut einer UNICEF-Statistik von 2012 gab es in Rumänien die meisten minderjährigen Mütter europaweit. Und eine Studie, die das Nationale Statistikinstitut zwischen Januar 2012 und März 2013 durchgeführt hat, zeigte, dass von etwa 12.000 schwangeren jungen Frauen im Alter zwischen 15 und 19 Jahren etwa 7.500 sich für eine Abtreibung entschlossen haben. In den letzten Jahren stieg die Zahl der Schwangerschaftsabbrüche in Rumänien kontinuierlich, warnen die Frauenärzte. Die Frauenärztin Monica Cârstoiu von der Universitätsklinik Bukarest bringt weitere Details:



    Wie die jüngste UNICEF-Studie zeigte, belegt Rumänien den ersten Platz bei minderjährigen Müttern — durchschnittlich 8.500 pro Jahr. In Rumänien wählen die Frauen am häufigsten die Abtreibung als Verhütungsmethode gegen eine unerwünschte Schwangerschaft, und wir haben uns vorgenommen, diese Situation zu ändern. Es gibt doch viele andere Verhütungsmethoden zum Vermeiden einer unerwünschten Schwangerschaft. Laut Angaben der Weltgesundheitsorganisation hat Rumänien die höchste Abtreibungsrate in Europa: 480 Abtreibungen bei 1000 lebend geborenen Kindern.“




    Diese besorgniserregenden Statistiken werden dadurch bestätigt, dass rumänische Frauen nicht regelmä‎ßig zum Frauenarzt gehen. Die Hauptursache dafür ist der Mangel an sexueller Erziehung über die Bedeutung der regelmä‎ßigen Untersuchungen, meinen die Frauenärztin Monica Cârstoiu und ihre Berufskollegen. Dabei fehlt es an mehr als nur an Erziehung über die gesunde Fortpflanzung; in Rumänien gibt es nur wenig Informationen darüber, wie eine moderne Frau über ihren eigenen Körper entscheiden kann. Daniela Drăghici setzt sich für sexuelle Erziehung und Information im Rahmen der Gesellschaft für Feministische Analysen ANA ein:



    Ein gro‎ßes Problem besteht aus der Methode und Möglichkeit, junge Frauen (und nicht nur) darüber zu informieren, dass sie das Recht haben, in voller Kenntnis der gesunden Fortpflanzung über ihren eigenen Körper zu bestimmen. 2003 hatte der rumänische Staat gewisse Fortschritte in diesem Bereich erzielt — es gab ein Zusammenarbeitsprotokoll zwischen dem Gesundheitsministerium, dem Bildungs- und Jugendministerium und der rumänischen Regierung. Besagtes Protokoll sah vor, dass Grundschüler bereits in der zweiten Klasse Sexualerziehung auf dem Stundenplan haben. Diese Initiativen wurden aber nicht verwirklicht — unter anderen haben die amerikanischen Stiftungen, die Fonds dafür angeboten hatten, nach dem EU-Beitritt Rumäniens ihre Finanzierungen zurückgezogen.“




    Im Rahmen dieses leider nicht mehr existierenden Programms wurde sogar ein Lehrbuch für Sexualkunde erarbeitet und von allen beteiligten Ministerien angenommen. Das Lehrbuch war das Resultat einer Zusammenarbeit mit fachkundigen NGOs. Alles war so bedacht worden, damit bei den Stunden für Gesundheit in der Familie“ (das war die offizielle Bezeichnung des neuen Schulfachs) die Empfindlichkeit und das Unbehagen der Beteiligten berücksichtigt werden sollten. Daniela Drăghici dazu:



    Wenn dieses Projekt sehr langsam, mit kleinen Schritten gelaufen wäre, wäre alles stufenweise geschehen, so dass weder die Eltern noch die Kinder sich dadurch gestört oder beängstigt gefühlt hätten. Ferner hätten sich auch die Ärzte für Familienplanung daran beteiligt. Mit externer Finanzierung wurden Ärzte für Allgemeinmedizin im Fach Familienplanung weitergebildet — diese Ärzte sind jetzt Experten für Familienplanung, aber sie können leider ihre Fachkenntnisse nicht voll einsetzen.“




    Eine solche Ärztin ist Iuliana Balteş, stellvertretende Direktorin einer Klinik, wo auch eine Praxis für Familienplanung funktioniert. Es ist eine der weniger noch funktionierenden Stellen für Familienplanung, die von der Verwaltung des 1. Bukarester Bezirks finanziert wurden. Iuliana Balteş spricht über die Folgen der mangelnden Informationen über die gesunde Fortpflanzung:



    Vor einigen Jahren hatten wir ein gesamtes Nationalprogramm zur Familienplanung erarbeitet — alles lief sehr gut, die Abtreibungsrate war gesunken. Das Programm wurde aber gestoppt, und inzwischen gibt es leider immer mehr Abtreibungen und unerwünschte Schwangerschaften bei Teenagers. Finanziell betrachtet wäre es viel günstiger, ein gut strukturiertes nationales Programm zur Familienplanung durchzuführen, als die Folgen der unerwünschten Schwangerschaften oder der Abtreibungen zu behandeln.“




    In den Anfangsjahren der Familienplanung gab es in ganz Rumänien etwa 240 Fachpraxen für Familienplanung. Mit der Zeit wurden die meisten dieser Fachpraxen geschlossen — in Bukarest gibt es nur noch 4 oder 5, und nur wenige Frauen nehmen sie in Anspruch. Warum? Iuliana Balteş antwortet:



    Erstens weil die Frauen keine korrekte Informationen bekommen. In der Regel informieren sie sich gegenseitig, und schlie‎ßlich kommen sie auch in die Fachpraxis. Zweitens: Durch das erwähnte Nationalprogramm für Familienplanung hatten wir vor einigen Jahren kostenlose Verhütungsmittel für Schüler und Studenten, die nicht genug Geld hatten, um Verhütungsmittel zu kaufen und zu Risikogruppen wurden. Leider ist unser Programm in Vergessenheit geraten, die Regierung hat nichts mehr dafür getan, und wir können keine kostenlosen Verhütungsmittel mehr verteilen. Folglich sind auch immer weniger Frauen in die Praxen für Familienplanung gekommen. Zwei Drittel der Frauen waren vom Lande, aus ärmlichen Verhältnissen, sie kamen regelmä‎ßig und waren sehr zufrieden, dass sie Verhütungsmittel gratis erhielten. Jetzt, da wir keine kostenlosen Verhütungsmittel mehr haben, kommen die Frauen nicht mehr zu uns.“




    Fazit: Die Fachärzte für Familienplanung empfehlen, dass die Behörden, die Ministerien und die Nichtregierungsorganisationen ihre Zusammenarbeit wiederaufnehmen und die Informationsprogramme über gesunde Fortpflanzung und Familienplanung wieder ins Leben rufen.

  • Initiativen gegen Kinder- und Müttersterblichkeit

    Initiativen gegen Kinder- und Müttersterblichkeit

    Auch wenn viel Geld in die Sanierung der Krankenhäuser investiert wurde, gibt es noch viele Regionen, in denen medizinische Leistungen angeboten werden, die nicht den europäischen Standards entsprechen. Durch das Projekt Mütter für Leben, Leben für Mütter“ möchten die Stiftung World Vision Romania und das Unternehmen MSD Rumänien diese Lage verbessern. Die Einführung des Projekts erfolgte nach öffentlichen Debatten über die die Gesundheit der gefährdeten Frauen in Rumänien. Zur Sprache kamen auch Themen wie die hohe Zahl unerwünschter Schwangerschaften und der Minderjährigen-Abtreibungen, das sinkende Alter, in dem Kinder geboren werden, und die Probleme der Frauen aus ländlichen Gebieten, Zugang zu medizinischen Leistungen zu bekommen. Daniela Buzducea, Exekutivdirektorin bei World Vision Rumänien erläutert:



    Es ist ein Programm, das im März dieses Jahres eingeführt wurde, und es wird in drei Landkreisen implementiert, in Dolj, Valcea und Vaslui. Hier werden hohe Kinder- und Müttersterblichkeitsraten verzeichnet. Es gibt auch hier, so wie in vielen anderen Gegenden Rumäniens, gro‎ße Unterschiede zwischen Stadt und Dorf in puncto Zugang zu medizinischen Leistungen und in puncto soziale Problematik, die alle anderen sozialen Gesundheits- und Bildungsindikatoren beeinflusst. Es ist ein Programm, das in 30 Gemeinden abgewickelt wird. Man möchte in einer Periode von zweieinhalb Jahren das Leben von 15 Tausend Jugendlichen und Müttern beeinflussen, denn wir bei World Vision Rumänien sind der Meinung, dass jedes Kind mit gleichen Entwicklungschancen auf die Welt kommen muss.“




    Im Rahmen dieses Projekts wurde auch eine Studie über die Probleme vorgestellt, mit denen sich die Frauen in ländlichen Gebieten konfrontieren, wenn es um Zugang zu medizinischen Leistungen geht. Über die Ergebnisse dieser Studie erfahren wir mehr von der Projektmanagerin Cornelia Paraschiv:



    Die Wahlkriterien für effiziente Verhütungsmittel sind nicht bekannt, man kennt nicht die Verwendungsweise und die Nebenwirkungen der unterschiedlichen Methoden. Viele Frauen, insbesondere aus der jüngeren Generation, wussten nicht, dass es Familienplanung-Dienstleistungen gibt. Zudem stellt die Abtreibung die bevorzugte Option im Falle einer unerwünschten Schwangerschaft dar. Und das auch, wenn die befragten Frauen sich der möglichen Folgeschäden bewusst waren. Ein kleiner Teil der Befragten wusste, dass die schwangeren Frauen versichert sind, auch wenn sie zuvor nicht zur Krankenkasse beigetragen haben. Manche setzen die unerwünschten Kinder aus, wenn aus religiösen Gründen eine Abtreibung abgelehnt wird. Die Zahl der Jugend-Schwangerschaften hat in Rumänien stark zugenommen. Wir nehmen den ersten Platz in Europa ein. 90 Tausend Jugendliche sind in Rumänien zwischen 2009 und 2012 schwanger geworden und 37 Tausend haben in dieser Periode abgetrieben.“




    Laut dem rumänischen Gesetz haben die Schwangeren in Rumänien das Recht auf kostenlose Behandlung. Aber in der Praxis nutzen sie dieses Recht nicht aus. Sie glauben, sie müssten zahlen und verzichten entweder auf den Arztbesuch oder zahlen dafür. Raluca Zoltanu, Staatssekretärin im Gesundheitsministerium, erläutert:



    Es gibt zwei Dimensionen dieses Phänomens. Die eine betrifft die Schwangere, die versichert ist, die es aber nicht rechtzeitig schafft, die Bluttests durchzuführen. Das zweite Problem ist das Problem der nichtversicherten schwangeren Frau. Auch wenn das rumänische Gesetz besagt, dass alle Schwangeren versichert sind, gibt es leider einige Schritte, die die Schwangere befolgen muss, um dieses Recht genie‎ßen zu dürfen. Das Gesundheitsministerium möchte jetzt das Gesetz novellieren.“




    Lidia Onofrei, Beraterin im Gesundheitsministerium und Koordinatorin der Tätigkeit für gemeinschaftliche Assistenz, fügt hinzu:



    Im letzten Jahr hat das Gesundheitsministerium das Personal im Bereich der gemeinschaftlichen Medizin-Tätigkeit praktisch verdoppelt. Es gibt zurzeit 1.351 medizinische Assistenten in den gefährdeten Gebieten, weitere 200 sollen angestellt werden. In den Roma-Gemeinden gibt es 460 Sanitäts-Schlichter und weitere werden angestellt. Wir haben bereits im Rahmen einer Analyse die armutsanfälligen Gebiete in ganz Rumänien identifiziert und versuchen Fördermittel für die kommenden Monate und Jahre zu finden und in die armen Gebiete rauszufahren. Wir versuchen einen integrierten sozial-medizinisch-bildungstechnischen Ansatz, es gibt bereits Landesprojekte, an denen sich das Gesundheitsministerium als Partner beteiligt, es laufen UNICEF-Projekte in Nordrumänien, darunter das Projekt in Bacău, bei dem mit einem Gesundheitspfleger aus der Gemeinschaft, dem Hausarzt, dem Schulberater und anderen Experten aus der Gemeinschaft zusammengearbeitet wird. Wir danken World Vision für die ersten Schritte in den Kreisen Dolj, Vâlcea und Vaslui, unterdessen versuchen wir unsere Humanressourcen in die Gemeinschaften reinzubringen. Sie müssen wissen, dass die Region Dolj in diesem Jahr über 90 gemeinschaftliche Gesundheitspfleger verfügt, es ist eine Deckungsrate von über 90%.“




    Die drei Landkreise Dolj, Vâlcea und Vaslui sind aufgrund der Armutsrate und der Müttersterblichkeit ausgewählt worden. Im Landkreis Dolj ist die Müttersterblichkeit viermal so hoch wie der Landesdurchschnitt, in Vâlcea und Vaslui ist sie zweimal so hoch. Die Projekte in den 30 Gemeinschaften werden zur Verbesserung der Kompetenzen der ärztlichen Fachkräfte verbessern. Als Instrument dienen die integrierten ärztlichen Dienstleistungen vor und nach der Geburt.



    Das Programm Mütter für Leben. Leben für Mütter“ der Stiftung World Vision România in Zusammenarbeit mit dem Unternehmen MSD România wird in den kommenden drei Jahren abgewickelt und aus von World Vision România erhaltenen Fördermitteln finanziert. Das Unternehmen hatte sich für einen sogenannten Global-Grant in Höhe von 500.000 US-Dollar aus dem MSD for Mothers“-Projekt beworben.

  • Nachrichten 07.09.2016

    Nachrichten 07.09.2016

    Rumäniens neuer Innenminister Dragos Tudorache hat am Mittwoch den Amtseid vor Präsident Klaus Iohannis abgelegt. Tudorache übernehme eine schwierige Aufgabe, da das Innenministerium bei den Parlamentswahlen vom 11. Dezember eine wichtige Rolle zu spielen habe, sagte der Präsident. Es sei vital, dass die Wahlen in perfekter Ordnung und in einem Klima der Sicherheit stattfinden und das Ergebnis in keinster Weise verfälscht wird. Der 41jährige Tudorache war bis jetzt Kanzleiamtschef des Premierministers. Sein Vorgänger, Petre Tobă, musste zurücktreten, nachdem er zum Ziel von Strafermittlungen wegen Täterbegünstigung in einem Veruntreuungssfall wurde.



    Der rumänische Staatspräsident, Klaus Iohannis, und der Präsident des Europäischen Rates, Donald Tusk, haben am Mittwoch in einem Telefongespräch über die Vorbereitung des bevorstehenden EU-Gipfeltreffens in Bratislava diskutiert. Ein wichtiges Thema auf der Agenda des EU-Gipfels am 16. September ist die Zukunft der Europäischen Union nach dem Brexit. Bei seinem Telefonat mit Donald Tusk sagte Klaus Iohannis, die EU-Mitgliedstaaten sollten vereint bleiben und sich darum bemühen, das Vertrauen der EU-Bürger für das europäische Projekt wiederzugewinnen. Die Konsolidierung der Europäischen Union bleibe für Rumänien ein strategisches Ziel, so Iohannis. Am Freitag wird der rumänische Staatspräsident in Berlin auch mit der deutschen Bundeskanzlerin, Angela Merkel, über die Vorbereitung des EU-Gipfels diskutieren.



    Der rumänische Senat hat eine Gesetzesvorlage zur Novellierung des Steuergesetzbuches angenommen. Demnach sollen auf keine Renten mehr Steuern bezahlt werden, die enstprechenden Krankenversicherungsbeiträge der Rentner übernimmt der Staatshaushalt. Im Moment müssen Rentner 16 Prozent Steuern und Krankenversicherung auf Beträge zahlen, die über 1.050 Lei (umgerechnet 235 Euro) liegen. Der Gesetzesentwurf wird demnächst der Abgeordnetenkammer, dem Entscheidungsgremium, vorgelegt. Bei den Debatten im Senat kam es zu Wortgefechten zwischen der Nationalliberalen und der Sozialdemokratischen Partei. Die Sozialdemokraten sagten, viele Rentner warteten schon lange auf diese Novellierung, und warfen den Liberalen vor, sie hätten die Einkommen gekürzt, als sie an der Regierung waren. Die Nationalliberalen entgegneten, das neue Gesetz würde die Rentner mit hohen Renten bevorzugen, und den Haushalt stark belastet. Die Regierung äußerte Kritik an der Initiative.



    Die Abgeordnetenkammer des Bukarester Parlaments hat als entscheidendes Gremium die Vereinfachung der Normen betreffend Auslandsreisen von rumänischen Minderjährigen angenommen. Laut dem novellierten Gesetzesentwurf dürfen Eltern von jetzt an eine Grundsatzzustimmung für mehrere Auslandsreisen der minderjährigen Kindern äußern; die Zustimmung soll über eine Zeit von bis zu drei Jahren gültig sein. Minderjährige, die ihren festen Wohnsitz im Zielland haben, müssen keine Zustimmung der Eltern mehr volegen.



    Die Spendenaktion zum Kauf der Skulptur Weisheit der Erde von Constantin Brancusi droht zum Flop zu werden. Einen Monat vor Ablauf der Aktion sind rund 700 Tausend Euro gesammelt worden – notwendig sind sechs Millionen. Weitere fünf Millionen soll die Regierung in Bukarest bezahlen. Die jetzige Privatbesitzer lassen sich das 1907 gestaltete Werk der rumänischen Bildhauerlegende Brancusi für 11 Millionen Euro abkaufen. Der Kulturausschuss der rumänischen Abgeordnetenkammer beugt schon vor und hat ein Papier verabschiedet, das die Regierung zum Kauf verpflichtet, auch wenn die Spendenaktion scheitern sollte. Die Resolution soll noch dem Plenum vorgelegt werden.