Tag: Mittelalter

  • Frühmittelalter: die Deutschordensritter im rumänischen Siedlungsgebiet

    Frühmittelalter: die Deutschordensritter im rumänischen Siedlungsgebiet

    Mittelalterliche militärisch-klösterliche Orden wurden gegründet, um sowohl die Botschaft des Christentums zu verbreiten als auch die von Muslimen besetzten Gebiete zu befreien oder zurückzuerobern. Die berühmtesten mittelalterlichen militärisch-klösterlichen Orden waren der Johanniterorden, der Templerorden und der Deutsche Orden. Nach Johannitern und Templern war der Deutsche Orden der dritte der gro‎ßen geistlichen Ritterorden der Kreuzzugszeit. Der Deutsche Orden, dessen Mitglieder sich nach einem ehemaligen deutschen Spital in Jerusalem Brüder vom Deutschen Haus Sankt Mariens in Jerusalem“ nannten, wurde 1190 in Akkon gegründet, zunächst als Spitalbruderschaft und seit 1198 auch als ritterliche Kampfgemeinschaft zum Schutz der Pilger im Heiligen Land.



    Die Deutschordensritter kamen in das Karpatenbecken als Teil einer Expansionsstrategie, die der Westen erarbeitete, unterstützte und in den Osten führte. Der ungarische König Andreas II. versuchte, die Grenze zu den Ostkarpaten zu befestigen und die katholische Lehre im Norden und im Osten zu verbreiten. Infolge dieser Strategie kamen die Deutschordensritter in diese Region. Die strengen, kriegerischen, in der deutschsprachigen Welt bereits etablierten Deutschordensritter konvertierten heidnische Wandervölker und Mitglieder der orthodoxen Gemeinschaften zum Katholizismus, um die Einheit der christlichen Kirche wiederherzustellen. Die Strenge der Deutschordensritter zeigte sich auch in ihrer äu‎ßeren Erscheinung: Auf dem wei‎ßen Mantel und dem wei‎ßen Schild in der Farbe des reinen religiösen Glaubens war ein schwarzes Kreuz zu sehen, das Symbol des Opfers im Krieg zur Verteidigung des Glaubens. 1211 setzten die Deutschordensritter ein starkes Verteidigungszeichen innerhalb des Karpatenbogens, in den Krümmung-Karpaten und nach Südosten, im Gebiet des heutigen Landkreises Vrancea.



    Akademiemitglied Ioan Aurel Pop, Professor für mittelalterliche Geschichte an der Babeş-Bolyai-Universität in Cluj (Klausenburg), spricht über den Beitrag der Deutschordensritter zur Kultur und Zivilisation des rumänischen Raumes, auch wenn sie nicht sehr lange Zeit hier geblieben waren:



    Die Deutschordensritter haben ziemlich viel gebaut, und die uns vorliegenden Beweise zeigen, dass damals mindestens eine sehr wichtige Festung, die Kreuzfestung, existierte. Sie bauten sogar weitere Festungen ‚ultra montes nivium‘, zu dt. ‚über den schneebedeckten Bergen‘, und dehnten sich dabei mehr aus, als der ungarische König Andreas II. zugelassen hatte, im Widerspruch zu seiner Politik, die mit der Präsenz der Deutschordensritter eher auf lokale als auf allgemeine Ziele abzielte. Der Heilige Stuhl wollte einen Staat schaffen, der in das päpstliche Erbe eingehen sollte, eine Art Brückenkopf. Warum haben wir so wenig Daten über die Deutschordensritter? Vor allem gab es zu jener Zeit noch keine Kanzleien. Damals fing Siebenbürgen erst an, als Woiwodschaft innerhalb des Königreichs Ungarn zu funktionieren. Südlich und östlich der Karpaten waren die Gebiete, zu denen die Deutschordensritter Beziehungen hatten, noch keine zentralisierte Staaten, und daher gibt es sehr wenige Dokumente, hauptsächlich aus ausländischen Quellen.“




    Aus päpstlichen Dokumenten, die die Ansiedlung der Deutschordensritter im Burzenland beweisen, geht hervor, dass, als die Deutschordensritter ankamen, das Burzenland von einer gemischten Bevölkerung, bestehend aus Rumänen, Slawen und Petschenegen, bewohnt war. Um seine Kriegs- und Missionsaufgaben zu erfüllen, musste der Deutsche Orden auch einen gesicherten Lebensunterhalt haben, und so erhielten die Deutschordensritter das Privileg, in Siebenbürgen Gold und Silber abzubauen.



    Die Deutschordensritter waren auch Baumeister, die im Burzenland zahlreiche Holzfestungen errichteten, unter anderem die Festung Feldioara (Marienburg), auch als die Schwarze Festung oder die Kreuzfestung bekannt. Neben Rumänen, Slawen und Petschenegen wurden auch deutsche Bauern und Handwerker als Kolonisten nach Burzenland gebracht, was zur Entwicklung der Siedlungen von Feldioara (Marienburg), Braşov (Kronstadt), Codlea (Zeiden), Râşnov (Rosenau) und Prejmer (Tartlau) beigetragen hat.



    Die Deutschordensritter wurden aber zu Konkurrenten Ungarns, weil sie die päpstliche Macht zum Nachteil der ungarischen Macht unterstützten. Nachdem sie einige Schlachten gegen die Kumanen im Südosten Siebenbürgens gewonnen hatten, besetzten die Deutschordensritter deren Gebiete und stellten diese Gebiete unter die politische Autorität des Papstes und nicht des Königreichs Ungarn. Im Jahr 1225 beschloss der König von Ungarn den Rückzug des Deutschen Ordens aus dem Burzenland; die Deutschordensritter gingen dann in Richtung Norden, in die nordöstlichen Gebiete des heutigen Polen.



    Es war aber nicht einfach, einer solchen Elitegemeinde anzugehören. Welche Bedingungen musste ein Anwärter erfüllen, um Mitglied des Deutschen Ordens zu werden? Vor allem Glaube, Disziplin und Bildung, sagt Professor Ioan Aurel Pop:



    Ein Mitglied des Deutschen Ordens musste ein Mönch sein, um die klösterlichen Lebensregeln wie Keuschheit und Gebet zu akzeptieren, aber gleichzeitig musste er auch ein Kämpfer, ein Soldat sein. Die Berufung der militärisch-klösterlichen Orden war, mit der Waffe in der Hand zu kämpfen, um den christlichen Glauben zu verteidigen und zu verbreiten. Die meisten Deutschordensritter waren Söhne von Adeligen, gehörten einer höheren Kategorie an und dienten dem Christentum, indem sie höheren Idealen dienten, die zu jener Zeit vielleicht zu den wichtigsten moralischen und religiösen Prinzipien bei der Verbreitung des Christentums gehörten. Der mittelalterliche Mensch konnte sich sein Leben au‎ßerhalb des Glaubens und der Kirche nicht vorstellen, er hatte eine unerschütterliche Bindung an das religiöse Leben. Deshalb spielte beispielsweise die Exkommunikation im Mittelalter eine verhängnisvolle Rolle, sie konnte die Gesellschaft zersetzen und desorganisieren. Diejenigen, die sich direkt in den Dienst der Kirche stellten, waren Mönche, aber die Mönchsritter mussten im Vergleich zu den einfachen Mönchen einer ganz besonders strengen Hierarchie folgen und besondere Eigenschaften erweisen, wie körperliche Stärke, Entschlossenheit und Überzeugungskraft.“




    Die mittelalterlichen militärisch-klösterlichen Orden hatten auch eine ethnische Komponente, die sich nach Ansicht von Ioan Aurel Pop zu Formen der zukünftigen nationalen Identität entwickelte. Dies war auch bei den Deutschordensrittern der Fall:



    Es gab auch eine ethnische Komponente: Der Deutsche Orden wurde hauptsächlich von Deutschen gegründet, und der Templerorden von Franzosen. Der Konflikt, den die Templer mit dem König von Frankreich, Philipp IV. dem Schönen, hatten, besiegelte ihr Schicksal. Die militärisch-klösterlichen Orden hatten eine ethnische Färbung, die dann national wurde. Mit dem Fortschreiten des Mittelalters in die Renaissance stellten sich die Mitglieder des Deutschen Ordens im Dienste des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation und kämpften gegen die Polen, die ebenfalls Katholiken sind.“




    Nach ihrem Abzug aus Siebenbürgen und dem Burzenland tauchten die Deutschordensritter noch einmal in der Geschichte der Rumänen auf. Im Jahr 1410 schickte der Herrscher der Moldau, Alexander der Gute, ein Armeekorps, um an der Seite der polnisch-litauischen Allianz in der Schlacht von Marienburg gegen die Deutschordensritter zu kämpfen.

  • Nachrichten 29.07.2018

    Nachrichten 29.07.2018

    In Rumänien ist am Sonntag der Tag der Nationalhymne begangen worden. In einer Botschaft zu diesem Anlass bezog sich Präsident Klaus Iohannis auf das Jahr des Hundertjährigen Jubiläums seit der Gründung des rumänischen Staates. Der Tag der Nationalhymne in diesem besonderen Jahr biete einen guten Anlass dafür, sich für die Festigung eines starken Rumänien in Europa und demokratische und rechtstaatliche Werte zu engagieren, so Iohannis. Die Nationalhymne habe den Rumänen im Laufe der Geschichte mehrmals Mut eingeflößt, so die Ministerpräsidentin Viorica Dăncilă. 1998 war der 29. Juli zum Tag der Nationalhymne erklärt worden. Die aktuelle Hymne Erwache Rumäne gilt als nationales Symbol und wurde nach dem Ende des kommunistischen Regimes im Dezember 1989 gewählt. Ausgangspunkt für den Text ist das patriotisch anmutende Gedicht Ein Widerhall von Andrei Mureşanu, das 1848 veröffentlicht wurde, die Melodie sammelte Anton Pann.



    Drei Militärschiffe der NATO haben am Samstag für drei Tage im Militärhafen von Constanţa am Schwarzen Meer angelegt. Nach den Aufenthalten in den Häfen Burgas in Bulgarien und Odessa in der Ukraine docken der rumänische Schwimmbagger Leutnant Lupu Dinescu, der türkische Minenjäger TCG Anamur, sowie das deutsche Versorgungsschiff FGS Rhein zum dritten Mal in der zweiten Julihälfte an. Die Schiffe haben in diesem Zeitraum an der multinationalen Übung Breeze 18 in bulgarischen und internationalen Schwarzmeer-Gewässern teilgenommen. Ferner beteiligten sie sich mit ukrainischen Schiffen an gemeinsamen Übungen auf hoher See. Der Sonntag ist der Tag der Offenen Türen auf den drei Schiffen, die rumänischen, deutschen und türkischen Militärs werden dabei interessierte Zivilbürger empfangen.



    Die 25. Ausgabe des Mitterlalterlichen Festivals im siebenbürgischen Schässburg ist am Sonntag zu Ende gegangen. 270 Künstler und Tänzer aus Rumänien und vier weiteren Ländern haben in diesem Jahr gut 100 Darbietungen präsentiert. Das Motto des Festivals lautete Legenden des Mittelalters“. Am letzten Festivaltag waren Konferenzen, Lautenkonzerte, ein Schattentheaterstück zu Tristans Legende, Kavalierskämpfe sowie eine Jonglieraufführung mit Feuerbällen programmiert. Das traditionsreichste mittelalterliche Festival in Rumänien habe sich in diesem Jahr vorgenommen, die Veranstaltungen mit der verdienten Bedeutung auszustatten und die Schässburg durch Authentizität in neuem Licht erscheinen zu lassen, so die Organisatoren.

  • Auf den Spuren mittelalterlicher Kochkunst in Rumänien

    Auf den Spuren mittelalterlicher Kochkunst in Rumänien

    Vor nicht allzu langer Zeit wurde ein im 17. Jahrhundert verfasstes Kochbuch wiedergefunden. Die Rezeptsammlung wurde im Auftrag von Anna Bornemisza, einer siebenbürgischen Prinzessin (1663–1688), zusammengefasst. Der Fund des genannten Rezeptbuches regte die Veranstaltung eines ungewöhnlichen Festivals an — Die Tage der mittelalterlichen Küche“. Das Festival fand im Monat September statt. Gastgeber war eine der schönsten Burgen weltweit, nämlich die Fogarascher Burg (rum. Cetatea Făgăraşului). Das Ereignis regte zu einer authentischen mittelalterlichen Erfahrung an, mit mittelalterlichen Speisekarten, historischen Kostümen und Gewändern, mittelalterlicher Musik und dazugehörigem Tanz.



    Das Kochbuch, welches die Veranstaltung des Festivals anregte, ist in der Tat das erste Kochbuch in Siebenbürgen. Es wurde in der Fogarascher Burg im Jahr 1680 verfasst. Das Kochbuch wird als Meisterwerk der Kochkunst betrachtet und ist eine Übersetzung eines im Jahr 1581 erschienenen und 1604 neuveröffentlichten Kochbuchs, geschrieben von Rumpolt, dem Chefkoch des Kurfürsten in Frankfurt am Main.



    Im rumänischsprachigen Raum sind im Laufe der Zeit mehrere Kochbücher erschienen, die Rezepte zusammenfassten, welche an verschiedenen Fürstenhöfen und in adligen Häusern verwendet wurden. Anfang des 18. Jahrhunderts erschien in Siebenbürgen das Kochbuch von Constantin Cantacuzino, der sich im Laufe von 40 Jahren mit der Organisierung feierlicher Mahlzeiten am Fürstenhof in Bukarest beschäftigte. Das Kochbuch von Constantin Cantacuzino umfasste 293 Rezepte. Manche von ihnen waren aus dem Französischen, dem Deutschen oder dem Englischen übersetzt. Das Kochbuch war bis gegen Ende des 19. Jahrhunderts in Umgang. In der Zwischenzeit erschienen weitere Kochbücher. Eines davon trug den Titel 200 probierte Rezepte von Speisen, Kuchen und anderen Haushaltsaufgaben“. Verfasst wurde das Buch von zwei bedeutenden Persönlichkeiten des 19. Jahrhunderts. Einer von ihnen war Mihail Kogălniceanu, ein liberaler Politiker und Literat, der abwechselnd das Amt des Innen- und des Au‎ßenministers in der Regierung der damaligen Zeit bekleidete und zeitweilig sogar die Regierung leitete. Der zweite Verfasser war Costache Negruzzi, ein politischer Amtsträger und bekannter Schriftsteller und Übersetzer. Ihr Buch erlangte eine grö‎ßere Anerkennung, denn es wurde im Laufe der Zeit mehrmals wiederveröffentlicht. Dabei wurden die ursprünglichen Beschreibungen und die archaischen Begriffe beibehalten.



    Chef Mircea Iovan, ein Koch mit Erfahrung im In- und Ausland, schlägt uns ein mittelalterliches Menü vor:



    Am Fürstenhof begann das Essen mit einer polnischen sauren Suppe, wie aus Costache Negruzzis Aufzeichnungen hervorgeht. Danach folgten unterschiedliche griechische Spezialitäten und der türkische Reis. Zum Schluss kamen verschiedene Braten-Spezialitäten. Die Vorspeisen durften selbstverständlich nicht fehlen. Und auch die Butter und das Brot, zu Beginn der Mahlzeit. Schweine- und Rindfleisch waren hoch angesehen, wie auch die vom Wildfleisch zubereiteten Speisen. Hauptsache, die Tische waren reichlich gedeckt. Alle Speisen wurden gleichzeitig serviert, alles lag von Anfang an auf dem Tisch. Das Kochen war als Kunst betrachtet, die Gäste konnten zuschauen, wie die Gerichte zubereitet wurden oder wie z.B. das Rehfleisch tranchiert wurde. Im Anschluss daran wurden reichlich köstliche Nachspeisen serviert.“




    Falls wir zu Hause ein mittelalterliches Essen probieren möchten, so empfiehlt Meisterkoch Mircea Iovan Folgendes:



    Ich würde ein typisch rumänisches Essen vorschlagen. Demnach würde ich mit einer Krabbensuppe anfangen, gefolgt von gefülltem Lammbraten. Als Nachspeise würde ich ein Waldbeeren-Mousse empfehlen.“




    Heute noch werden alte Kochbücher wieder gefunden und neu interpretiert. Der Phantasie wird selbstverständlich freien Lauf gestattet. Die Historikerin Georgeta Filitti erzählte über die Gewohnheit, dass bei einem festlichen Essen nichts auf dem Teller bleiben durfte. Jegliche übrig gebliebenen Stückchen seien eine Beleidigung gegenüber dem Koch und dem Gastgeber gewesen. Zitat: Die angebotene Speisevielfalt war ein Grund zum Stolz. Es wurden viele Gänge serviert. Besonders wichtig war, alles aufzuessen. Die Diener durften die Teller vor den Gästen nicht abräumen. Diese häuften sich an, bis ein Teller-Turm entstand, so dass die Gäste Schwierigkeiten hatten, miteinander zu reden, weil sie einander nicht mehr sahen.“



    Die rumänische Küche wurde in der modernen Zeit stark durch die internationale Küche beeinflusst. Nichtdestotrotz überschritten auch einige rumänische Gerichte die Grenze zu anderen Ländern und blieben in deren Küche verankert. Es hei‎ßt, die Schweden hätten die rumänische Küche so sehr geliebt, dass sie einen Koch mit nach Schweden nahmen. Derzeit bietet die schwedische Küche Frikadellen an, die nichts anderes seien als eine Form der moldauischen Frikadellen (rum. pârjoalele moldoveneşti).

  • Fürstenburg Neamţ: Auf den Spuren der mittelalterlichen Moldau

    Fürstenburg Neamţ: Auf den Spuren der mittelalterlichen Moldau

    Unsere heutige Reise geht wieder einmal in die Moldau. Doch diesmal geht es eher um eine historische Reise — wir wollen nämlich die Burg Neamţ (rum. Cetatea Neamţului) besuchen. Die Burg wurde im Auftrag des Fürsten Petru Muşat I. in unmittelbarer Nähe zur Stadt Târgu Neamţ errichtet. Im Zeitraum 2007–2008 wurde sie im umfangreichen Ausma‎ß saniert. Ab 2009 dürfen Touristen wieder hinein schauen. Der Zugang zur Burg erfolgt über eine Pfeilerbrücke, die auf den Ruinen der alten Brücke errichtet wurde. Die Besucher können derzeit über den nordöstlichen Eingang die Burg betreten. Dieser Eingang wurde im Auftrag des Fürsten Stefan der Gro‎ße gebaut. Ioan Butnariu ist der Kurator der Burg Neamţ. Er lieferte uns mehr Einzelheiten zur Geschichte der Festung:



    Die Burg wurde in Form eines Vierecks mit vier ungleichen Seiten errichtet. An jeder Ecke des Vierecks stand einst je ein Verteidigungsturm. Heute sind nur noch Ruinen zu sehen, doch mit ein bisschen Fantasie können Sie sich vorstellen, wie die Burg in der Vergangenheit aussah. Stefan der Gro‎ße lie‎ß einen über elf gemauerte Pfeiler führenden Brückenzugang errichten. Vermutlich waren die elf Pfeiler durch Steinarkaden untereinander verbunden. Der höchste Pfeiler war 40 m hoch.“




    Im Mittelalter erfolgte der Zugang in die Burg über ein Arkadentor. Ebenfalls am Eingang war eine Falle angebracht — die sogenannte Mäusefalle“. Sie war ein Hindernis im Wege potentieller Angreifer. Im Laufe der Zeit gab es mehrere Versuche, die Burg in Brand zu setzen, doch die 3 m dicken Mauern schützten die Burg vor der Vernichtung. Sie blieb stehen und konnte weiterhin als Fluchtstätte und Widerstandsnest verwendet werden. An manchen Stellen können heute noch die Spuren der damaligen Brände erkannt werden. Ioan Butnariu, der Kurator der Burg, erzählte uns, warum die Burg einen Besuch wert sei:



    21 Räume können derzeit besucht werden. In den Räumen können auch verschiedene Exponate besichtigt werden. Manche sind Originalteile, andere Replikate. Wir haben uns bemüht, so viel wie möglich nachzubauen. Die Burg Neamţ ist immer noch eine Ruine, doch kann man nun die Umrisse einer Kuppel oder eines Raums erkennen. Es wurden nämlich mehrere Mauern nachgebaut. Im Saal des Gro‎ßen Rates sind mehrere Holzelemente zu sehen, allerdings stammt das Holz nicht aus dem Mittelalter. In den Schaufenstern können Speer- und Pfeilspitzen, verschiedene Keramikteile, Replikate alter Kirchenbücher bewundert werden. An den Wänden hängen Schilder mit Erläuterungen zur Geschichte der Burg sowie zur Entwicklung der Moldau im Mittelalter. Die Besucher können Replikate von Waffen sehen, mit denen Stefan der Gro‎ße kämpfte. Sein Originalschwert ist im Geschichtsmuseum in Istanbul ausgestellt, er wurde nämlich als Kriegsbeute nach einer Schlacht mitgenommen. In einem weiteren Schaufenster ist eine mittelalterliche Ritterrüstung ausgestellt. Allerdings gehörte sie einem polnischen Ritter. Die rumänischen Krieger trugen ungerne derartige Panzerungen, denn sie waren sehr schwer, sie wogen um die 40 Kg.“




    Au‎ßerdem kann eine fürstliche Schlafkammer, eigentlich eine Geheimstube, besichtigt werden. Dazu hatten nur die höher gestellten Adligen Zugang, um sich mit dem Fürsten zu beraten. Wachsfiguren warten hier immer noch auf den moldauischen Fürsten. Die Küche steht bereit, als ob ein königliches Fest zuzubereiten wäre. Die volle Vorratskammer und der Kerker für Gefangene ergänzen die Reise zurück in die glorreichen Zeiten der Burg Neamţ.



    Die Burg kann im Winter zwischen 9 und 17 Uhr und im Sommer zwischen 9 und 18 Uhr besichtigt werden. Bei gro‎ßer Nachfrage bleibt die Burg während der Hauptsaison gelegentlich bis 20 Uhr offen. Erwachsene müssen 5 Lei (umgerechnet ca.1,10 Euro) für den Eintritt bezahlen. Studenten und Kinder besuchen die Burg zum ermä‎ßigten Preis.

  • Ausstellung: Überlappte Zivilisationen im rumänischen Raum

    Ausstellung: Überlappte Zivilisationen im rumänischen Raum

    Es gibt kaum geopolitische Räume mit nur einer einzigen Kultur oder Zivilisation. Auch Rumänien hat nicht nur eine einzige Kultur und Zivilisation geerbt. Von der Prähistorie bis heute haben die Archäologen und Anthropologen versucht, verschiedene Spezifika und Einflüsse bei den Artefakten, die man in Museen und auf archäologischen Stätten findet, zu erkennen. Das Konzept der überlappten Zivilisationen erzählt dem Publikum etliche Geschichten, die in der Vergangenheit stattgefunden haben, Geschichten, die von keiner Chronik, Zeichnung, keinem Gemälde und keiner Ikone erzählt werden. Eine überlappte Geschichte bedeutet, dass zum Erbe eines heutigen Landes mehrere Völker beigetragen haben. Und da Zivilisation und Kultur Hand in Hand gehen, könnte man behaupten, dass überlappte Zivilisationen auch überlappte Kulturen darstellen.



    Es gibt viele überlappte Zivilisationen im rumänischen Raum, von der Prähistorie bis heute bilden sie ein spezifisches Identitätserbe. Die neolithischen Völker, die griechischen Einflüsse, die Kimmerer, die Skythen, die Daker, die Römer und die Siedler, die mit ihnen kamen, dutzende Wandervölker zwischen dem 2. und dem 13. Jh. nach Christus, alle bildeten eine Mischung aus materiellen und spirituellen Wechselwirkungen, die die Rumänen geerbt haben. Die Ausstellung Rumänien, überlappte Zivilisationen“, die von dem Nationalmuseum für die Landesgeschichte Rumäniens veranstaltet wurde, möchte ihren Besuchern Geschichten über die Vielfalt der Kultur- und Zivilisationselemente erzählen, die in das europäische und asiatische Einmündungsuniversum einflie‎ßen. Archäologin Corina Borş, Veranstalterin der Ausstellung, fasste die Anwesenheit der Zivilisationen zusammen, die sie in die Museumausstellung eingeschlossen hat.



    Von dem Paläolithikum, also von der Altsteinzeit bis zur Vormoderne werden zahlreiche prähistorische Zivilisationen von dem Neolithikum und dem End-Neolithikum, von dem Metallzeitalter, von der dakischen und der römischen Zivilisation und alles andere vorgestellt, was danach in der Geschichte des aktuellen Raumes Rumäniens kommt, im Mittelalter und in der Vormoderne. Ich bin Prähistorik-Archäologin und habe eine Leidenschaft für prähistorische Artefakte. Seit über eineinhalb Jahrzehnten hat man in Rumänien die absoluten Schätze der neolithischen Zivilisation nicht mehr bewundern können. In den letzten Jahren wurden mithilfe der rumänischen Behörden, aber auch durch internationale Zusammenarbeit, die zwei Stadttafeln von Troesmis, historische Urkunden von höchster Bedeutung, die sich in einer Weltrangliste wiederfinden, zurückgewonnen. Es ist richtig, zu behaupten, dass alle Gegenstände ihre Bedeutung haben, es handelt sich nicht nur um Ästhetik oder monetären Wert. Jedes Teil ist einzigartig und erzählt eine Geschichte über die Vergangenheit.“




    In den Vitrinen der Museen erscheinen die Gegenstände fragil, sie schienen keine Bedeutung für den Betrachter und keinen aktuellen Nutzen zu haben. Dennoch sich die Gegenstände der Vergangenheit besonders wertvoll, aus mehreren Gesichtspunkten, nicht nur aus Sicht der Ästhetik. Ihre Einzigartigkeit spricht auch über die Geschicklichkeit und den Geist jener, die sie geschaffen oder verwendet haben. Ganz wichtig in der Ausstellung ist die Cucuteni-Keramik, die einmalig in Europa ist. Es gibt gro‎ße Ähnlichkeiten mit einer neolithischen Kultur aus China. Die Cucuteni-Keramik hat viele spiralförmige Verzierungen in verschiedenen Kombinationen und Varianten. Archäologen haben Frauenstatuen mit flachem Oberkörper gefunden, die mit geometrischen Motiven geschmückt sind. Corina Borş.



    In der Keramik des Neu-End-Neolithikums ist die Keramik der Cucuteni– und Gumelnitza-Zivilisation die bedeutendste. Erstmalig gibt es einen Goldschatz aus der Bronzezeit, den Schatz von Sarasău zu sehen. Dieser wird gerade von dem Kulturministerium für das Geschichtsmuseum Rumäniens erworben. Es gibt auch noch die Tafeln von Troemis, die ich erwähnt habe, und die mittelalterlichen Artefakte, die eine gro‎ße Vielfalt bieten. Ich würde sagen, es ist eine der seltenen Gelegenheiten, bei denen man Schmuck aus Edelmetallen sieht, überwiegend Silber, aus dem Mittelalter, aus dem 11. bis 14 Jahrhundert.“




    Die Ausstellung Rumänien, überlappte Zivilisationen“ ist nicht nur ein Werk der Historiker und der Archäologen, sondern auch der Architekten, die ihr Persönlichkeit und Struktur verliehen haben. Die Gegenstände der überlappten Zivilisationen sind selbst eine Schöpfung des polyvalenten menschlichen Geistes, der oft anonym bleibt. Corina Borş.



    Die Ausstellung wurde von dem jungen Architekten Andrei Câmpean entworfen. Ausgehend von dem Konzept der überlappten Zivilisation wurden vier Bereiche definiert: die Prähistorie, die Antike, das Mittelalter und die Vormoderne. Gleicherma‎ßen wurde die Ausstellung in einem flie‎ßenden Sinne entworfen, nicht unbedingt zeitlich eingeteilt, sondern als eine Laufbahn, als eine Rückkehr in die Geschichte. Der Besichtigungsfluss kann von jedem Besucher frei gewählt werden. Die überlappte Zivilisation ist ein geografisches Merkmal, es ist der Ort, wo sich das heutige Rumänien befindet. Ausgehend von dem geografischen Merkmal werden die Zivilisationsüberlappungen im Laufe der Zeit vorgestellt. Es werden verschiedene Einflüsse, sei aus dem Osten, dem Westen, Süden oder Norden und natürlich die Einflüsse gro‎ßer Zivilisationen der Antike, besonders des Römischen Reiches, auf den Rumänischen Raum hervorgehoben.“




    Das Konzept der überlappten Zivilisationen regt zum Nachdenken über die Vergangenheit an, eine Vergangenheit, in der Qualität, Exzellenz und Überlegenheit nicht Merkmale eines einzigen Volkes sind. Die Zivilisationen und Kulturen schöpfen, leihen von den anderen aus und erfinden sich neu in den nachfolgenden historischen Zeitaltern. Die überlappten Zivilisationen sind dynamisch und der rumänische Raum bietet viele Beispiele von Quellen, die die Richtungen zeigen, von wo die Austausche gekommen sind oder wo diese hingegangen sind. Das Rumänien der überlappten Zivilisationen und Kulturen ist nicht nur das von heute, es ist insbesondere das von gestern.

  • Waffengeschichte: Bogenschützen im Heer der rumänischen Fürstentümer

    Waffengeschichte: Bogenschützen im Heer der rumänischen Fürstentümer

    Der Bogen ist eine der ältesten Waffen in der Geschichte der Menschheit — mit ihm gingen die Männer sowohl in den Krieg als auch zur Jagd. Die organisierten Armeen gründeten später Bogenschützen-Truppen, mit denen sie richtige Schlachten gewannen. Vor allem die Völker im Morgenland nutzten den Bogen als Waffe, aber es gab auch im Abendland renommierte Bogenschützen, etwa die in England.



    Auf dem heutigen Gebiet Rumäniens wird der Bogen bereits im Altertum erwähnt. Die griechischen Autoren berichten, dass die Bogenschützen der Geto-Daker bei bedecktem Himmel ihre Pfeile in den Himmel schossen, um den Donnergott Gebeleizis anzubeten. Im Mittelalter zogen rumänische Fürsten mit Pfeil und Bogen in den Krieg und jagten mit der Waffe, wie es inzwischen in ganz Europa gebräuchlich war. Die Bogenschützentruppen in der Moldau und Walachei galten als die besten und wurden zur Unterstützung der Alliierten in so manche Schlacht geschickt. Etwa 1410, als der moldauische Fürst Alexander der Gute 400 Schützen zur Unterstützung der polnisch-litauischen Truppen in der Schlacht bei Tannenberg gegen den deutschen Orden entsandte.



    Kriegshistoriker und Archäologen haben versucht, die Art und Weise zu rekonstruieren, in der der Bogen im Mittelalter eingesetzt wurde. Der Schie‎ßstil der Schützen würde Hinweise auf ihr kulturelles Einzugsgebiet bieten, glaubt Alexandru Matei, Historiker und Trainer für das Bogenschie‎ßen.



    Je nach Grifftechnik, also der Handstellung an der Bogensehne, kann man zwischen dem abendländischen und dem morgenländischen Gebiet unterscheiden; das letztere umfasst den arabischen, persischen, türkischen, byzantinischen, chinesischen, mandschurischen, koreanischen und japanischen Raum. Der mediterrane Griff ist einfach, mit zwei oder drei Fingern an der Sehne eines einfachen Bogens. Dann gibt es noch den Griff mit Daumentechnik, bei der man sich auch eines Rings bedient. Gemä‎ß einigen Urkunden bedienten sich vor allem die zahlreichen antiken Reitervölker wie Mongolen, Tataren und Hunnen der Technik, aber auch die Walachen und Moldauer sollen Tatarenbögen benutzt haben. Das sind kleine Bögen, es ist gut möglich, dass man beim Spannen drei Finger benutzt hat. Der Daumenring ist eine etwas ältere Erfindung. Ähnliche Elemente werden im skythischen und asiatischen Raum identifiziert. Es ist sehr wahrscheinlich, dass die Römer den Daumenring beim Bogenschie‎ßen noch vor der Ankunft der Mongolen benutzten. In Siebenbürgen hat man wohl ebenfalls mit drei Fingern gespannt, es kann sein, dass es sowohl lange Bögen, also vom Typ ‚longbow‘, als auch kleine Tatarenbögen waren. Alle Bojaren in der Walachei und in der Moldau nutzten den Bogen, es gab keine gesonderten Bogenschützentruppen. Der Bogen war für die Kavallerie gedacht, also waren die Reiter generell auch Bogenschützen. Die Adeligen wurden bei ihrer Militärausbildung im Bogenschie‎ßen trainiert. Die Heere der rumänischen Fürstentümer verlie‎ßen sich auf die Bogenschützen, die moldauischen Schützen wurden als Berufssoldaten in der Schlacht bei Tannenberg eingesetzt.“




    Die archäologischen Fundstücke erklären die Schie‎ßkultur der Bogenschützen. Oftmals führte eine fehlerhafte Interpretation der Gegenstände dazu, dass deren Gebrauch und Zweck nicht ausreichend beleuchtet wurden. Das treffe zum Beispiel auf die Ringe zu, sagt Alexandru Matei.



    Es gibt nicht zu viele Quellen zur Geschichte des Bogenschie‎ßens. Historiker denken nicht unbedingt an die Art des Bogens und der Pfeile, für sie sind eher der Griff und die Schie‎ßkultur interessant. Es wurden bei Ausgrabungen Ringe gefunden, kegel- und kugelförmig, und auch andere geometrische Formen; dennoch hat man sie für Schmuck gehalten. Vor 10 Jahren, als die Daumenring-Technik wiederentdeckt wurde, haben sich viele Historiker mit der Schie‎ßkultur erneut auseinander gesetzt. Ihnen gelang aber keine genaue Zuordnung. In den Museen sind diese Ringe jedenfalls nicht als Daumenringe für Bogenschützen ausgestellt.“




    Wie jedem Gegenstand, kommt dem Bogen auch eine symbolische Bedeutung zu. Auch wenn die Waffe von den Menschen schon immer gehasst wurde, weil sie menschliche Opfer und Sachschäden verursachte, wurden die Kriege unter Berücksichtigung einer Art Ehrenkodizes geführt. Und Bogen und Pfeil hatten in dieser Hinsicht keinen guten Ruf. Gefangene Bogenschützen wurden nach ihrer Hornhaut an den Fingern als solche identifiziert. Man schnitt ihnen einen oder zwei Finger ab und dann wurden sie als Zwangsarbeiter auf die Galeeren geschickt, da sie als feige angesehen wurden, berichtet Matei.



    (Der Historiker) Nicolae Iorga sagt, dass der Bogen die am meisten gefürchtete Waffe der Walachen war. Die Bogenschützen ragten nicht irgendwie heraus. Nach westlicher und christlicher Auffassung galt der Bogen als Teufelswaffe. Es war rühmlicher, mit dem Schwert aus nächster Nähe zu kämpfen. Der Bogen war die Waffe der Feigen und des Teufels. Der Heilige Johannes von Damaskus erzählte einst, dass ein Heiligenbild des Heiligen Theodor von den Gottlosen mit Pfeilen beschossen wurde. Und das ist eine mögliche These dafür, dass der Bogen als Teufelszeug gehandelt wurde, auch wenn der byzantinische Kaiser Leon VI. darüber klagte, dass die Byzantiner nicht wussten, wie man mit dem Bogen schie‎ßt. Das hätten sie seiner Ansicht nach meistern müssen, um effizienter gegen die Perser und Araber vorzugehen.“




    Der Bogen hatte in der Armbrust auch einen starken Mitbewerber. Die Armbrust verfügte über eine komplexere Rückhaltevorrichtung für die Sehne. Deshalb brauchte man für deren Bau und Reparatur spezialisierte Handwerker. Auch war die Armbrust schwieriger handzuhaben als der Bogen, der sich vor allem auf dem Pferd leicht manövrieren lie‎ß. Weitere Konkurrenten des Bogens waren das Katapult und die Kanone, die später den Bogen als Kriegswaffe ablösten. Die Erfindung des Schie‎ßpulvers lie‎ß den Bogen auch als Jagdwaffe verschwinden. Und dennoch gibt es ihn noch bis heute, vor allem ist er eine Lieblingswaffe der Sportschützen.

  • Der Asseniden-Staat (12.-13. Jh.)

    Der Asseniden-Staat (12.-13. Jh.)

    Im Jahr 1185 waren die Steuerzahler im byzantinischen Reich sehr aufgeregt. Die zentrale Verwaltung hatte die Steuern angehoben, um die Hochzeit des Kaisers Isaak II. Angelos mit der Tochter des ungarischen Königs finanzieren zu können. Zwei Brüder, die rumänischen Bojaren Petru und Ioan Asan, Anführer der Gemeinden im nördlichen Teil des heutigen Bulgariens, haben dem Kaiserhof in Konstantinopel ein formelles Protestschreiben eingereicht. Ihr Antrag wurde abgelehnt. Zurück in Veliko Tarnovo haben die beiden Brüder einen antibyzantinischen Aufstand gestartet. Dieser führte zur Gründung des rumänisch-bulgarischen Staates oder des 2. Bulgarischen Reiches, unter der Führung der Asan-Dynastie (auch Assen od. Asseniden genannt). Der Staat funktionierte bis etwa 1260, als es sich spaltete. 1396 wurden alle Nachfolgestaaten vom Osmanischen Reich erobert.



    Das rumänisch-bulgarische Reich war ein multiethnischer Staat, in dem mindestens drei Volksgruppen gelebt haben: Rumänen, Bulgaren und Kumanen. Der Historiker Alexandru Madgearu meint, man könne kaum eine Karte des Staates erstellen.



    Es gibt mehrere Quellen, die zugleich — manchmal im selben Satz — die Wlachen, die Bulgaren und die Kumanen erwähnen. Man machte einen klaren ethnischen Unterschied bei der Teilnahme an einer Militärkampagne, bei einer Belagerung. Man machte sogar den Unterschied zwischen Gebieten, zwischen Bulgarien und der Walachei. Anscheinend gab es eine Walachei. Der Name wurde aber nicht von den Rumänen benutzt, weil die Rumänen sich nie selbst als Walachen bezeichnet haben. Die Quelle ist ein päpstliches Dokument. Wenn im selben Satz über die Walachei und Bulgarien berichtet wird, bedeutet das, dass der Staat Gebiete hatte, die sich einer Autonomie erfreuten. In dieser Hinsicht wissen wir kaum etwas. Wir wissen nur, dass man in byzantinischen Quellen, insbesondere des byzantinischen Historikers Niketas Choniates, einen klaren Unterschied zwischen Walachen und Bulgaren gemacht hat.“




    Auch wenn die mittelalterliche Nation nicht der modernen Nation entspricht, waren sich die Assen-Brüder ihrer Herkunft bewusst. Alexandru Madgearu:



    Natürlich waren sie sich ihrer ethnischen Herkunft bewusst. Wir müssen aber bedenken, dass die Idee des Volkes, der Nation nicht dieselbe Bedeutung wie beginnend mit dem 18.-19. Jahrhundert hatte. Damals handelte es sich mehr um die Zugehörigkeit zu einer Gruppe, einer Religion oder sozialen Schicht. Direkt von ihnen wurde uns nur die Information, die mehrmals in der Korrespondenz mit dem Papst erscheint, dass sie römischer Herkunft seien, übermittelt. Bei diesen Aufständen war die Beteiligung multiethnisch. Die Feinde waren nicht die Griechen als Volksgruppe. Der Feind war die Macht in Konstantinopel, die Steuern einnahm. Alles ging von wirtschaftlichen Gründen aus, nicht unbedingt die Armen, sondern die Reichen haben den Aufstand gestartet. Insbesondere diese hatten zu leiden und haben dann auch die anderen zum Aufstand verleitet.“




    Der antibyzantinische Aufstand hatte auch eine mystische Komponente. Die Religion wurde im Mittelalter sehr oft für politische Zwecke eingesetzt. Alexandru Madgearu dazu:



    So haben die Assen-Brüder die Rumänen und Bulgaren in Tarnovo zum Aufstand aufgefordert. Sie haben eine komplizierte Geschichte erfunden, mit dem Heiligen Demetrios, der Thessaloniki verlassen hatte. Sie haben der Bevölkerung gesagt, der Heilige hätte die Griechen wegen ihrer Sünden verlassen und wäre zu ihnen nach Tarnovo gekommen. Sie haben am Fu‎ße der Burg eine Art Kapelle gebaut und haben dann einige Menschen dorthin gebracht, die meiner Meinung nach unter dem Einfluss von halluzinogenen Pilzen standen. So beschreibt es der Historiker Niketas Choniates. Diese begannen zu singen und schrien ‚Der Heilige Demetrios ist mit uns‘ und ‚Kämpfen wir gegen die verfluchten Griechen!‘. Niketas Choniates berichtet, die Bevölkerung war nicht kampflustig. Eine solche Strategie des psychologischen Kriegs war ma‎ßgebend für den Start des Aufstandes.“




    Den Staat der Assen-Brüder kennt man nicht näher, weil es nur wenige historische Quellen gibt. Alexandru Madgearu berichtet:



    Es fehlen die Quellen, wir können nicht wissen, wieviele Leute in einer Stadt Rumänen und wieviele Bulgaren waren. Wir haben auch keine Friedhöfe gefunden, sie darauf hinweisen könnten. Wenn die Anführer schwach waren, kam es zu abtrünnigen Bewegungen, so während der Herrschaft von Borilă und dann von Constantin Assen. Es hing von der Autorität des Herrschers ab. Wenn dieser nicht autoritär war, haben sich Bojaren in unterschiedlichen Gebieten autonom oder sogar unabhängig gemacht.“



    Die ersten drei Anführer – Petru, Ioan und Ioniţă Asan waren rumänischstämmig. Nachher wird die Dynastie bulgarisch. Das zweite bulgarische Reich bleibt auch nach dem Fall Konstantinopels selbstständig. Nach der Eroberung Konstantinopels durch die Kreuzritter im Jahr 1204 wurde das byzantinische Reich sehr geschwächt. Die Eroberungen des Osmanischen Reiches in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts brachten einen gro‎ßen politischen Wandel in der Region mit sich.

  • Waffen im rumänischen Mittelalter

    Waffen im rumänischen Mittelalter

    Theoretisch hätten Waffen oder deren Abbildung in Sakralbauten nichts zu suchen. Aber die Menschen der vergangenen Epochen hatten eine etwas andere Einstellung. Die Militärgeschichte des mittelalterlichen rumänischen Raumes widerspiegelt sich auch in den Ikonen oder Fresken der Kirchen. Auf Fresken aus dem 16. Jahrhundert tragen die Militärheiligen, Beschützer des Christentums, Waffen, mit denen damals die Heere der rumänischen Fürstentümer kämpften.



    Historiker haben auf den Wänden rumänischer Kirchen so manche au‎ßergewöhnliche Entdeckungen gemacht. Carol König, Spezialist auf dem Gebiet der mittelalterlichen Waffen, berichtet:



    Im Kloster Voroneț habe ich auf einer Freske eine Arkebuse entdeckt. Bis 1978 wusste man überhaupt nichts über diese sehr interessante Arkebuse aus dem 16. Jahrhundert. Das war die Hakenbüchse, die damals europaweit benutzt wurde. Der Auslösemechanismus war mit Luntenschloss. Auch dieser Mechanismus wurde damals in ganz Europa benutzt. Bis zu dem Zeitpunkt hatten wir kein Bild einer rumänischen Arkebuse, es gab nichts in den Museen. Ein Teil der Waffen auf den Fresken stimmte mit dem aus Dokumenten der Epoche überein. Der Maler hat die Waffentypen dargestellt, die damals benutzt wurden.“



    Unter allen Waffen besitzt aber die Glefe die stärkste religiöse Symbolistik. Die Militärheiligen tragen die Glefe als Zeichen ihres Kampfes gegen die Ungläubigkeit. Als Muster dient die Glefe des Erzengels Michael, des Anführers der Engel-Armee. Er kämpft mit der Glefe gegen den Teufel in Gestalt eines Drachens. Die Glefen wurden aus Stahl hergestellt und die Klingen waren sehr flexibel. Das waren wiederum zwei starke Symbole im Christentum: die Stärke des Glaubens und der harte Kampf gegen die Ungläubigkeit. Die Flexibilität der Klinge stellte die Seele des Menschen dar, die den Verlockungen widerstehen musste. Carol König beschreibt die Glefe, so wie sie auf dem Bild eines Militärheiligen im Kloster Curtea de Argeș erscheint:



    Die wichtigste Waffe war die Glefe, eine Stangenwaffe mit einer Schlag- oder Hiebklinge in der Form eines Messers. Die Klinge ist immer gerade und beide Seiten der Klinge sind scharf. Das ist auch der Unterschied zum Schwert. Nur eine Seite der Klinge des Schwertes ist scharf und sie kann gerade oder verkrümmt sein. Ich wurde auf den Handgriff der Glefe aufmerksam. Er war typisch für die Epoche. Als man die Freske malte, gab es im Westen denselben Glefen-Typ. Eine andere Waffe, die auf der Freske abgebildet ist, ist der Speer. Der Speer ist eine Wurf- und Stichwaffe. Da gibt es eigentlich zwei solche ähnliche Waffen, den Speer und die Lanze. Der Speer wurde von der Infanterie benutzt. Er war länger und die Spitze war entweder dreieck- oder blattförmig. Die Lanze wurde von der Kavallerie benutzt, war kürzer, die Spitze war härter, verstählt. Die metalischen Elemente waren kleiner, um die Rüstung des Gegners zu durchbrechen.“



    In den Heeren der rumänischen Fürstentümer war aber der Bogen die am meisten verbreitete Waffe. Carol König erklärt:



    Die Rumänen waren gute Bogenschützen. Alexander der Gute schickte im Jahr 1422 der polnischen Armee in Marienburg 400 Soldaten zur Hilfe, die meisten davon waren Bogenschützen. Die rumänischen Bogenschützen waren damals in Osteuropa bekannt. Fast alle Militärheiligen tragen Bögen. Der Bogen, der hier abgebildet ist, ist aber orientalischer Herkunft. Auf dem Bild sieht man auch, wie die Bogensehne fixiert ist. Auf der Freske ist zudem der Pfeilköcher zu sehen. Man sieht, was es für Pfeile damals gab. Die Defensiv-Waffen sind die Brustplatte, die Schulterplatten, die seitlichen Elemente und der Hüftenschutz. Der Brustplatten-Typ entspricht nicht mehr der Epoche, er war geschmückter, schöner. Ich glaube, die Phantasie des Malers spielte hier eine Rolle. Nichtsdestotrotz gab es zu der Zeit die Brusplatte, das ist klar, so wie es auch Schulterplatten und die anderen Schutzelemente gab.“



    Es ist anzunehmen, dass es im Mittelater auch typisch rumänische Waffen gegeben hat. Es handelt sich dabei um eine moldauische Glefe. Diese wird in einem Brief des moldauischen Fürstens Stefan der Gro‎ße an die Meister in Mailand erwähnt. Der Brief war ein Auftrag zur Herstellung von zehn solcher Glefen. Materielle Bestätigungen dieses Dokuments gibt es in Istanbul, wo drei moldauische Glefen zu sehen sind. Eine davon gehörte dem Fürsten selbst.



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