Tag: Moldauische Autonome Sozialistische Sowjetrepublik

  • Rumänisch-russische Beziehungen: Zankapfel Bessarabien

    Rumänisch-russische Beziehungen: Zankapfel Bessarabien

    Mit Zustimmung von Nazi-Deutschland stellte die Sowjetunion am 26. und 27. Juni 1940 Rumänien zwei Ultimaten, Bessarabien und die nördliche Bukowina abzutreten. Diese Aggressionen bestätigten die Gewalttätigkeit der beiden Arten des Totalitarismus, der Nazis und der Kommunisten. Für die Rumänen zwischen dem Pruth und dem Dnister folgte bis Juni 1941, als die rumänische Armee Bessarabien kurzzeitig befreien konnte, ein Jahr voller Morde, Raubüberfälle und Deportationen.



    Die Beziehungen Rumäniens zu Russland waren im Laufe der Zeit kurvenreich. Die politische Russophilie im rumänischen Raum beginnt im ersten Jahrzehnt des 18. Jahrhunderts mit dem moldauischen Fürsten und Humanisten Dimitrie Cantemir, einem Bewunderer und Verbündeten des russischen Zaren Peter der Gro‎ße. Die Annäherung an Russland wird in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts fortgesetzt, als die Rumänen ihren Weg suchten, um einen modernen Staat aufzubauen und dem osmanischen Einfluss mehrerer Jahrhunderte zu entkommen. Russland war somit der beste militärische Verbündete und ein Vorbild für die Modernisierung. Nach der Revolution von 1848, nach dem Krimkrieg von 1853 bis 1856 und insbesondere nach dem russisch-rumänisch-türkischen Krieg von 1877 bis 1878, durch den Rumänien seine Unabhängigkeit erlangte, wurde Russland in der Wahrnehmung der Rumänen ein Feind, sogar der am meisten gefürchtete Feind. Ab dem 20. Jahrhundert kommt es jedoch zu einer leichten Erwärmung der rumänisch-russischen Beziehungen: Zar Nikolaus II. besuchte 1914 Rumänien mit seiner gesamten Familie und die beiden Königshäuser planten die Hochzeit des Kronprinzen von Rumänien, Karl, mit der Gro‎ßherzogin Olga von Russland. Auch die Übergabe der rumänischen Goldreserve an Russland zwecks sicherer Aufbewahrung im Jahr 1916 und das Militärbündnis an der Front im Jahr 1917 waren Schritte, die die beiden Länder näher zusammenbrachten. Aber was vielversprechend aussah, würde sich um 180 Grad drehen.



    Die Revolutionen vom Februar 1917 und insbesondere die sozialistische vom Oktober 1917 in Russland waren der Moment des Bruchs in den russisch-rumänischen Beziehungen. Die bolschewistische russische Armee auf rumänischem Gebiet sollte von der rumänischen Regierung wegen des Chaos, das sie verursachte, gewaltsam evakuiert werden. Rumäniens legitimer Akt der Wiederherstellung der Ordnung wurde jedoch als feindselig angesehen, und am 13. Januar 1918 beschloss die Sowjetregierung, die Beziehungen zu Rumänien abzubrechen. Hinzu kam, dass Bessarabien, das 1812 von Russland annektiert worden war, im März 1918 aus eigenem Willen und aufgrund des leninistischen Prinzips der nationalen Selbstbestimmung mit Rumänien vereinigt wurde. Zweitens war die rumänische Militärkampagne im Sommer 1919 gegen das Räterepublik-Regime in Ungarn, das Rumänien im Frühjahr angegriffen hatte, von der UdSSR als neuer feindlicher Akt eingestuft worden. Die Intervention Rumäniens im Norden zur Unterstützung der Polen gegen die rote Armee und die Blockierung der Verbindung zwischen der russischen und der ungarischen roten Armee vereitelten den leninistischen Plan der sozialistischen Revolution. Der Historiker Ioan Scurtu erklärte, dass das Ende des Ersten Weltkriegs den Beginn der Spannungen zwischen Rumänien und Russland einläutete.



    Dann kam der Friedenskongress in Paris und die Unterzeichnung des Vertrags zwischen Rumänien und den USA, Gro‎ßbritannien, Italien und Japan am 28. Oktober 1920, in dem die Vereinigung Bessarabiens mit Rumänien anerkannt wurde. Die Sowjetregierung gab am nächsten Tag eine Erklärung ab, in der sie bekannt gab, dass sie weder die Legitimität der ‚Entführung‘ Bessarabiens am 27. März 1918 noch den ‚imperialistischen‘ Akt vom 28. Oktober 1920 anerkannte, so dass sich die Beziehungen verschlechterten. Es gab Versuche, sie wieder aufzunehmen, einige Verhandlungen begannen 1924 in Wien, wurden aber nicht fortgesetzt, und erst nach 1928–1929 begannen sich diese Beziehungen zu verbessern, und die diplomatischen Beziehungen wurden am 4. Juni 1934 wieder aufgenommen.“




    In der Zwischenkriegszeit versuchte Rumänien wiederholt, die Beziehungen zur UdSSR zu normalisieren, wurde jedoch abgelehnt. Und die gescheiterten Verhandlungen in Wien im Jahr 1924 sind ein Beweis dafür. Darüber hinaus setzte die UdSSR die feindlichen Aktionen gegen Rumänien fort. 1924 lie‎ß Moskau am linken Ufer des Dnisters eine Art Arbeiterstaat für Propagandazwecke, die Moldauische Autonome Sozialistische Sowjetrepublik gründen. Ebenfalls 1924 infiltrierten sowjetische Agenten das Gebiet Tatar-Bunar in Südbessarabien und provozierten einen Bauernaufstand, der die Errichtung der Sowjetmacht in Bessarabien proklamierte. Es wurde immer deutlicher, dass die Sowjetunion die Beziehungen zu Rumänien erst dann normalisieren wollte, wenn sie die Gebiete annektieren würde, die zuvor das zaristische Russland annektiert hatte. Aber Rumänien hat die Idee der Versöhnung nicht aufgegeben. Weitere Schritte in diese Richtung unternahm der rumänische Au‎ßenminister Nicolae Titulescu Anfang der 1930er Jahre. Der Historiker Ioan Scurtu dazu:



    Die Sowjetregierung, die die Erklärung von 1920 nicht aufgegeben hatte, stimmte nicht zu, die Vereinigung Bessarabiens mit Rumänien anzuerkennen. Auf der anderen Seite vertrat Titulescu den Standpunkt, dass Rumänien nicht um die Genehmigung der Sowjetunion für die Vereinigung von Bessarabien mit Rumänien bitten sollte, da dies ein Willensakt der Rumänen gewesen war und die Sowjets diese Realität berücksichtigen mussten. Titulescu versuchte, von den Sowjets die Anerkennung der Grenzen zwischen Rumänien und der Sowjetunion am Dnister zu erhalten. Infolgedessen verhandelte er mit dem sowjetischen Au‎ßenminister Maxim Litwinow und erhielt einen Entwurf eines gegenseitigen Hilfspakts, in dem der Dnister viermal als Grenze zwischen Rumänien und der Sowjetunion erwähnt war.“




    Titulescus Illusion zerplatzte im Sommer 1940. Nach dem Zusammenbruch Frankreichs und dem Rückzug Englands aus Europa teilten sich die Nazis und die sowjetischen Kommunisten den Kontinent. Es war eine echte Tragödie für die Rumänen, Polen, Litauer, Letten und Esten, die unter die Besatzung der Sowjetunion fielen, ein echtes Gefängnis für die Völker, aus dem sie 1941 zeitweilig befreit wurden.

  • Rundfunkgeschichte: Radio Bessarabien als Gegenmittel zur sowjetischen Propaganda

    Rundfunkgeschichte: Radio Bessarabien als Gegenmittel zur sowjetischen Propaganda

    Radio Rumänien war von Anfang an ein nationales Projekt. Das war Teil der Bemühungen der rumänischen Gesellschaft, die Bürger zu informieren und zu erziehen. Die Abdeckung des gesamten Territoriums war auch Teil der Strategie zur Konsolidierung des rumänischen Staates in einer neuen Form nach der Vereinigung der Gebiete mit mehrheitlich rumänischer Bevölkerung, die den multinationalen Imperien angehört hatten, mit dem Königreich Rumänien im Jahr 1918. So entstanden neben dem Rundfunksender in Bukarest, der am 1. November 1928 mit der Ausstrahlung begann, die regionalen Rundfunksender Cluj, Iaşi und Chişinău. Der Regionalsender in Chişinău, Radio Bessarabien, sollte die antirumänische Propaganda bekämpfen, die über den Radiosender Tiraspol aus der Moldauischen Autonomen Sozialistischen Sowjetrepublik (teilweise deckungsgleich mit dem heutigen Transnistrien) seit 1930 über den Dnjestr ausgestrahlt wurde.



    Chişinău war der erste regionale Sender des Rumänischen Rundfunks, da die Programme aus Bukarest dort einen schwächeren Empfang hatten. Das Programm war das gleiche wie beim zentralen Rundfunksender in Bukarest, hinzu kamen mehrere Stunden pro Woche mit Regionalprogramm. Der Verwaltungsrat der Rumänischen Rundfunkgesellschaft genehmigte in seiner Sitzung vom 29. Oktober 1937 die Gründung des Senders in Chişinău, der unter dem Namen Radio Basarabia wirken und auf einer Wellenlänge von 291,2 Metern mit einer Leistung von 20 Kilowatt senden sollte.



    In den 1930er Jahren war Gheorghe Crisbășanu Techniker bei Radio Rumänien und arbeitete an der Einrichtung des Rundfunksenders in Chişinău. In einem Interview mit dem Zentrum für mündlich überlieferte Geschichte des rumänischen Rundfunks vom Jahr 1997 erinnerte er sich an den Stand der Arbeiten bei der Einweihung des Senders Radio Basarabia.



    Der 20-Kilowatt-Sendeanlage wurde auseinander gelegt und nach Chişinău gebracht. Die Reise dauerte etwa zwei Tage. Wir fuhren einen Tag lang bis Bacău, danach von Bacău nach Iaşi, wo wir auf einem Hof Halt machten, um aufzutanken. Wir fuhren mit mehreren 4 Tonnen schweren Lastwagen, International, Ford, Plymouth und Dodge, da wir bei der Rundfunkgesellschaft nur amerikanische Autos hatten. Von Iaşi fuhren wir weiter nach Chişinău. Wir luden alle Geräte ab und die Rundfunktechniker begannen, den Rundfunksender aufzubauen. Das Gebäude war bereits für die Antenne vorbereitet. Wir waren zu zweit in jedem Lastwagen, plus zwei Autos, für den Generaldirektor Ionescu und den technischen Direktor Lohan. Nachdem die Montagearbeit abgeschlossen war, kehrten alle nach Bukarest zurück. In Chişinău blieben nur einige Rundfunktechniker.“




    Im Einklang mit dem Fortschritt der Arbeiten gab die Zeitschrift Radio Universul“ vom 1. Oktober 1938 bekannt: Ab 1. Januar 1939 können die Funker in Bessarabien rumänische Nachrichten und rumänische Musik hören, ohne dass Gro‎ßgeräte benötigt werden, sondern nur mit einfachen Geräten, die allen zugänglich sind. Der Rundfunksender in Chişinău ist fertig und die Einwohner der Region können darauf stolz sein. Die technischen Montagearbeiten stehen kurz vor dem Abschluss, ebenso die Einrichtung des Studios im Zentrum von Chişinău, in der Puschkin-Stra‎ße.“



    Am 8. Oktober 1939 hatte Radio Basarabia seine erste Sendung und am 3. November 1939 schrieb die gleiche Zeitschrift Radio Universul“ voller Zufriedenheit: Bei der Inbetriebnahme des Senders in Chişinău ist ein deutlicher Anstieg der Abonnentenzahlen in Bessarabien und der Moldau zu verzeichnen. Natürlich können jetzt auch die Besitzer von Kristall-Detektor-Radios und die Besitzer von Radiogeräten mit einer oder zwei Lampen jetzt rumänische Sendungen hören, die auch von ihren kleinen Geräten laut und deutlich zu empfangen sind.“



    Die Tätigkeit des Radiosenders Basarabia endete aber abrupt im darauffolgenden Jahr. Nach dem Ultimatum an Rumänien im Juni 1940 besetzte die Sowjetunion das rumänische Gebiet zwischen den Flüssen Pruth und Dnjestr, also Bessarabien. Unter den Verlusten, die Rumänien erlitt, gehörten damals auch die Mitarbeiter und die Ausrüstung des Radiosenders Chişinău. 90.000 Abonnenten und 150 Millionen Lei gingen verloren, das waren etwa 50% des gesamten Budgets von 300 Millionen Lei. Im Juni 1941 befreite Rumänien das vor einem Jahr verlorene Bessarabien, und am 25. Juni 1941 hatten die Zerstörungsbataillons“ des NKWD unter anderem den Auftrag, viele wichtige Gebäude, die nicht evakuiert werden konnten, komplett zu zerstören. Darüber hinaus erschossen die Sowjets alle ehemaligen Angestellten des Radiosenders Basarabia in Chişinău standrechtlich. Ihnen wurde angelastet, Verräter und Agenten des rumänischen Imperialismus“ zu sein. Die Leichen der hingerichteten Rundfunkmitarbeiter wurden später in einem verlassenen Brunnen gefunden. Gheorghe Crisbășanu erinnerte sich, was er bei nach der Befreiung von 1941 auf dem Gelände von Radio Basarabia vorfand:



    Als der Krieg begann, war ich in der Panzerdivision I, und wir besetzten Chişinău. Nachdem wir mit der Besetzung von Chişinău fertig waren, nahm ich am nächsten Tag zwei bewaffnete Soldaten mit und wir gingen zum Radiosender. Wir orientierten uns an einer Säule, die noch stand, denn die zweite Säule war bereits zerstört worden. Wir gingen zu Fu‎ß dorthin und als wir dort ankamen, fanden wir die Rundfunkstation. Das ganze Gebiet war vermint, aber die Rundfunkstation war nicht komplett zerstört. Ich informierte den Generaldirektor des Rundfunks über einen Motorradfahrer, der zum Generalstab nach Bukarest fuhr. Wir baten den Direktor, mehrere Wagen zu schicken, um den Rundfunksender und alle restlichen Teile abzuholen. Etwa vier Tage später gingen wir wieder dorthin, um zu sehen, was passiert war. Der Generaldirektor Ionescu war mit vier Lastwagen, zwei Autos und den notwendigen Leuten gekommen. Anschlie‎ßend ging ich zu meiner Militäreinheit zurück und wir nahmen die Verfolgung der Sowjets in Richtung Odessa auf.“




    Nach 1941 konnte der Rundfunksender Radio Basarabia nicht mehr wiedereingerichtet werden, sein Auftrag wurde von Radio Iaşi übernommen. Seit Dezember 2011 ist der rumänische Rundfunk in der heutigen Moldaurepublik (die aus einem Teil der ehemaligen Region Bessarabien besteht) mit dem Radiosender Chişinău auf dem Medienmarkt vertreten.