Tag: Nationale Bauernpartei

  • 1946: Wie die Kommunisten und ihre Handlanger die demokratische Parteienlandschaft aufmischten

    1946: Wie die Kommunisten und ihre Handlanger die demokratische Parteienlandschaft aufmischten

    Über die Kollaboration in der Politik wurde viel geschrieben, insbesondere über die Kollaboration der Intellektuellen. Kollaboration bedeutete aber auch die Zusammenarbeit einiger Fraktionen der demokratischen Parteien mit den kommunistischen Parteien in der zweiten Hälfte der 1940er Jahre, um an den Wahlen teilzunehmen. Dies war eine der grundlegenden Strategien der Kommunisten bei den Wahlen: Dissidenten aus traditionellen Parteien zu gewinnen, um die Wählerschaft zu verwirren und dazu zu bringen, ihre Stimme den Handlangern der Kommunisten zu geben.



    Kurz vor den Wahlen vom November 1946 in Rumänien trennten sich von allen traditionellen rumänischen Parteien, der Nationalen Bauernpartei, der Nationalen Liberalen Partei und der Sozialdemokratischen Partei, Fraktionen, die mit ihren Führern nicht einverstanden waren und die von den Kommunisten geführte Koalition unterstützten. Von der Nationalen Bauernpartei trennte sich die Nationale Bauernpartei-Anton Alexandrescu, von der National-Liberalen Partei die National-Liberale Partei-Gheorghe Tătărescu-Gruppe, während die Sozialdemokratische Partei vollständig in der Kommunistischen Partei aufging. Der am meisten respektierte Anführer der Sozialdemokraten, Constantin Titel Petrescu, mussten deswegen eine neue Partei — die unabhängige sozialdemokratische Partei gründen. Diese Partei stellte auch die wahre Sozialdemokratie in Rumänien dar.



    Der Rechtsanwalt Dan Amedeo Lăzărescu, ein politischer Gefangener in den 1950er Jahren, war Mitte der vierziger Jahre Mitglied der Jugendorganisation der Liberalen und war Zeuge all dieser politischen Machenschaften. Lăzărescu, der 1996 vom Zentrum für mündlich überlieferte Geschichte des rumänischen Rundfunk interviewt wurde, erinnerte sich daran, wie der Anführer der liberalen Dissidenten der Tătărescu-Gruppe, Petre Bejan, bei dem Treffen, bei dem die Wahlstrategie der Nationalliberalen Partei etabliert werden sollte, alle Liberalen aufforderte, sich den Kommunisten bei den Wahlen anzuschlie‎ßen:



    Man hat uns gesagt, dass die kommunistische Partei eine Null bei den Wahlen sein wird, dass das ganze Land Maniu [den Chef der Bauernpartei — Anm. d. Red.] wählen wird. Unsere Partei war auch eine Null. Folglich hätten die uns in Grund und Boden gestampft. Es hie‎ß, nur wenn wir zusammen kandidieren, könnten wir es schaffen. Da ergriff das Wort der gro‎ße Anwalt Patriciu Popescu, mein guter Freund, der sehr beredsam war. Er sagte: »Herr Präsident, Sie haben sich für eine Handlung eingesetzt, die nicht sehr logisch ist. Sie sagten: Aus Sicht der Wähler ist die Kommunistische Partei gleich Null. Aus der Sicht der Wähler ist unsere Partei gleich Null. Aber wenn sie diese Parteien zusammenführen, bedeutet das, dass sie die parlamentarische Mehrheit gewinnen werden? Aber was kann sich ergeben, wenn eine Null zu einer anderen Null addiert wird? Etwas, das sehr schlecht riecht!« Es folgte Beifall und erneut wurde eine geheime Abstimmung gefordert. Petre Bejan verlangte aber nachdrücklich eine offene Abstimmung und mehr als zwei Drittel stimmten für gemeinsame Listen.“




    Liberale, die ihre Wahlbeteiligung an der Seite der Kommunisten ablehnten, traten der Nationalen Liberalen Partei unter der Führung von Dinu Brătianu bei. Dieser war der wahre Vertreter des rumänischen politischen Liberalismus. Dan Amedeo Lăzărescu berichtet weiter:



    Sie entschieden sich für Dinu Brătianu. Da ich mit allen befreundet war, insbesondere mit Dumitru Alimăneşteanu, Bentoiu und vor allem mit Costel Tătăranu und Aznavorian, vermittelte ich ihre Wiederaufnahme in der Partei. Es gab aber heftigen Widerstand der Brătianu-Anhänger gegen die Wiederaufnahme der Abtrünnigen. Alexandrescu Guranda, der Chef der Partei-Filiale im Landkreis Neamţ, war zum Beispiel ein erbitterter Gegner der Liberalen, die mit den Kommunisten paktiert hatten. Dinu Brătianu war aber klug genug, sich mit ihnen zu versöhnen, so dass Tătărăscu mit seinen Leuten sich für gemeinsame Listen mit den Kommunisten entschieden, und die anderen gingen zu Dinu Brătianu über.“




    Die Sozialdemokraten hatten ein hartes Schicksal, ihre Partei wurde einfach durch einen internen Putsch konfisziert und mit den Kommunisten zwangsvereinigt. Dan Amedeo Lăzărescu dazu:



    Titel Petrescu beschloss, auf getrennten Listen zu kandidieren, und hielt eine berühmte Rede im Athenäum. Ich habe gehört, wie er die Vereinigten Staaten, die den Krieg mit Hilfe der Sowjetunion gewonnen hatten, pries. Da war eine gro‎ße Begeisterung, der Saal war voll, und auf dem Schlossplatz vor dem Athenäum skandierte die sozialdemokratische Jugend: »Sozialismus und Titel / Alle Leute stehn ihm bei!« Titel Petrescu, der fest entschlossen war, keine gemeinsamen Listen mit den Kommunisten zu führen, organisierte einen Parteitag und war überzeugt, dass er die Mehrheit hinter sich haben würde. Er hatte seinen Freund, Voitec, zum Minister für öffentliche Bildung genannt, obwohl Maniu ihm dieses Amt nur unter der Bedingung zugesprochen hatte, dass er ihn persönlich bekleiden würde. Er verlie‎ß sich weniger auf [den kommunistischen Politiker] Pătrăşcanu, noch weniger auf Tudor Ionescu, der aus der Radikalen Partei stammte. Die Radikale Partei um Grigore Iunian bestand aus sechs Mitgliedern, und jedes dieser sechs Mitglieder entschied sich für eine andere politische Partei: Ion Gheorghe Maurer lief zu den Kommunisten über, Mişu Paleologu, der Generalsekretär der Partei, blieb bei der Bauernpartei, und Tudor Ionescu, mein ehemaliger Physiklehrer am Spiru-Haret- Gymnasium, später Universitätsprofessor und Minister für Minen und Erdöl in der Regierung von Petru Groza, wechselte zu den Sozialdemokraten über.“




    Das Ergebnis der Wahlen vom 19. November 1946 bewies, dass die rumänischen Wähler nicht getäuscht werden konnten. Die Nationale Bauernpartei und die Nationale Liberale Partei bekamen zusammen 78% der Stimmen, während die von den Kommunisten geführte Koalition zusammen mit ihren Handlangern trotz der gemeldeten gro‎ßen Betrugsfälle nicht mehr als 22% der Stimmen gewannen. Aber am Ende wurde das Ergebnis auf den Kopf gestellt, und bis 1989 waren die politischen Wahlen in Rumänien eine Reihe von Maskeraden.

  • Wahlfälschung 1946: Kommunisten zählten auf Einschüchterung und Betrug

    Wahlfälschung 1946: Kommunisten zählten auf Einschüchterung und Betrug

    Am 19. November 1946 fand die grö‎ßte Fälschung einer Wahl in der Geschichte Rumäniens statt. Die Folgen waren entscheidend für die politische Geschichte des Landes in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Nach dem 6. März 1945 und der Amtseinführung des prosowjetischen Kabinetts unter Petru Groza hatte sich das politische Klima in Rumänien erheblich verschlechtert: Sowjetische Soldaten nehmen entgegen der im September 1944 vereinbarten Waffenruhe Kriegsgefangene mit, die verheerenden Folgen des Kriegs führen das Land in die Krise, Politiker, Parteien und Oppositionsmedien werden verfolgt, die von Kommunisten besetzten Staatsbehörden geben sich Gewaltakten hin — eine Strategie für die Machtübernahme, dafür hatte die kommunistische Partei auch unterschiedliche Banden mit Waffen ausgerüstet.



    Die Wahlfälschung am 19. November 1946 war brutal und offensichtlich, sie gilt bereits als Fallstudie für den Missbrauch totalitärer Systeme, die ihre politische Autorität so ausüben. Der wirkliche Ausgang der Wahl bleibt unbekannt, für den Betrug bedienten sich die Kommunisten einer einfachen Methode: Sie tauschten die Urnen aus.



    Aller Wahrscheinlichkeit nach hätten die beiden demokratischen Traditionsparteien Rumäniens, die Nationale Christdemokratische Bauernpartei und die National-Liberale Partei, gemeinsam mehr als 78% der Stimmen bekommen. Der von den Kommunisten geführte sogenannte Block Demokratischer Parteien wäre auf geschätzte 22% gekommen. Nachdem das Wahlergebnis genau auf den Kopf gestellt worden war, erklärte sich die prosowjetische Regierung zum Wahlsieger und berief sich dabei auf eine Legitimität, die ihr während der eigenen Regierungszeit nie zuteil werden sollte. Schlie‎ßlich sei es nicht wichtig, wie das Volk wählt, es ist wichtig, wer die Stimmen zählt“ — lautet ein dem sowjetischen Anführer Stalin zugeschriebenes Zitat. Alles, was folgte, kann als Auswirkung der Parlamentswahl vom 19. November 1946 gesehen werden, am Wochenende sind genau 70 Jahre seitdem vergangen.



    Im Archiv des Zentrums für Mündliche Geschichte des Rumänischen Rundfunks sind mehrere Aussagen von Zeitzeugen aufgezeichnet, die den gro‎ßen Wahlbetrug mit eigenen Augen gesehen oder bestätigt bekamen. Nicolae Magherescu war Büroleiter des liberalen Ministers Mihail Romniceanu in der Regierung Rădescu, zwischen Dezember 1944 und März 1945. Er erinnerte sich im Interview für das Archiv an die Stimmung vor der Wahl.



    Am 19. November wohnte ich für einen Monat im Landkreis Galatz. Ich kann Ihnen nicht beschreiben, was ich alles gesehen habe: wie die Menschen geschlagen wurden, alles wurde mit Gewaltanwendung erreicht. Die sogenannten Kommunisten kamen aus der Kreishauptstadt Galatz, sie fuhren in einem Autokonvoi durch die Dörfer und bedrohten die Menschen, sollten sie die Liberalen wählen, würden sie aus ihren Häusern vertrieben und ihr gesamtes Hab und Gut verlieren. Es waren unvorstellbare Dinge, die geschahen. Ich kann mich noch erinnern, dass ich in einer Gemeinde wohnte, wo ein Kollege von uns namens Dimofte sich getraut hat, einigen von diesen Menschen, die uns angehalten hatten, zu erwidern. Und da hat Dimofte sofort eine Ohrfeige bekommen, weil man wusste, dass er in der Familie eine liberale Tradition hatte. Und da bin ich mir bewusst geworden, dass gegen solche Menschen kein gerechter Kampf geführt werden kann.“




    Dumitru Pop, Bürgermeister der Maramurescher Gemeinde Ieud, und Ştefan Balea, Mitglied der ortsansässigen Filiale der Nationalen Bauernpartei, waren Zeugen des Urnengangs in ihrer Region.



    Die Wahlen waren eine Zumutung. Anstatt in unserer oder der benachbarten Gemeinde Wahllokale einzurichten, schickten sie uns in eine dritte Gemeinde, ein fast verlassenes Dorf. Wir mussten dorthin laufen, unter ganz schlechten Wetterbedingungen. Die armen Leute gingen zu Fu‎ß, und ihre Opanken (die traditionellen Bundschuhe, rum. ‚opinici‘) hielten die Strecke nicht aus, die Riemen und Schnüre rissen. Und dennoch gingen die Leute zu Fu‎ß ins Wahllokal. Die rumänischen Bauern wollten nichts von den Kommunisten wissen, diese wurden von allen missachtet und verabscheut. Ihre politische Grundlage war die Lüge, ihre Politik war auf Lügen aufgebaut und kein normaler Mensch mit gesundem Verstand und Anstand hätte sich an so etwas beteiligen können. Man hat Soldaten in das Dorf mit dem Wahllokal gebracht, es sah aus, als ob unser Dorf unter Belagerung stand, die Soldaten hatten den Auftrag, uns am Überqueren einer kleinen Brücke zu hindern, die zum Lokal führte. Die Bauern haben sich aber durchgeschlagen und sind doch in das Gebäude vorgedrungen. Und dann begann der Urnengang. Ich war Helfer in der Validierungskommission. Die Parteisymbole hatten sich geändert, die Bauernpartei hatte davor das Rad als Symbol gehabt, jetzt hatte war ein Auge ihr Parteizeichen. Und die Älteren wussten nicht so genau, wo sie ihre Stimme abgeben sollten und fragten mich: ‚Wo ist das Auge?‘ Und hin und wieder zeigten wir ihnen, wo es war. Der Vertreter der Kommunisten hatte all das beobachtet und er nahm die Wahlzettel, um sie in die Urnen zu stecken. Und wenn er den Wahlzettel eines älteren Wählers hatte, bohrte er seinen Finger durch das Papier, um den Zettel nichtig zu machen.“




    Eva Hirsch war in der Zwischenkriegszeit zu den Kommunisten gesto‎ßen und 1996 beschrieb sie die Welle der Gewalt, die zur Wahlfälschung von 1946 geführt hatte.



    Im Vorfeld der Wahlen hat [die spätere Vizeministerpräsidentin und Au‎ßenministerin] Ana Pauker angeordnet, dass wir in den Fabriken und auf den Baustellen Beitrittserklärungen verteilen. Sie meinte, dass wer eine solche Erklärung unterzeichnet, uns auch seine Stimme schenken wird. Aber die Wahl wurde gefälscht. Wir haben die Wahllokale eingerichtet und die Beobachter in die Wahlkommissionen entsendet, in denen theoretisch jede Partei einen Vertreter hatte. Nur waren alle Beobachter eigentlich unsere Hintermänner. Dann hatte Maniu, der Vorsitzende der Bauernpartei, vor den Wahlen eine Konferenz im Athenäum abgehalten, und wir sind dorthin geschickt worden, um Unruhe zu stiften und Maniu nicht sprechen zu lassen. Wir sind dorthin und haben uns mit den Bauernparteileuten gerauft. Ich hatte überhaupt keine Angst, ich war so überzeugt, dass meine Werte die richtigen waren! Und als die Wahl begann, haben sie uns in mehrere Lokale geführt, um mehrere Stimmen abzugeben. Wenn unsere Leute in Schlüsselpositionen waren, haben wir dort gewonnen. Und es waren viele so wie ich, sehr viele.“




    Für die Menschen des 21. Jahrhunderts kann eine so grobe Wahlfälschung eigentlich nur ein Gefühl der Empörung, gemischt mit Bestürzung und Mitgefühl, verursachen. Die gefälschte Parlamentswahl vom 19. November 1946 ist der Beleg dafür, dass das kommunistische Regime von allen verabscheut wurde. Als ob es nach der Erfahrung mit der Sowjetunion noch eines Belegs bedürft hätte.

  • Kämpfer für die Freiheit: Corneliu Coposu (1914-1995)

    Kämpfer für die Freiheit: Corneliu Coposu (1914-1995)

    Corneliu Coposu war der Exponent der rumänischen Politik, der Mann, der die Verbindung zum demokratischen Rumänien aus der Zeit vor der Machtübernahme durch die Kommunisten aufrechterhielt. An der Seite von Ex-König Mihai I. leistete Coposu nach der Wende einen beträchtlichen Beitrag zur Wiedergeburt des demokratischen Geistes in Rumänien. Die rumänische Gesellschaft fühlt sich ihm zutiefst verpflichtet, weil er als Vorbild diente, für seine Überzeugung, dass man sich die Freiheit, Gerechtigkeit und Ehre erkämpfen muss, für die Rechtschaffenheit und Hingabe, mit der er seinen Kameraden im rumänischen Gulag folgte. Für all das bekam er den Beinamen Der Senior“.



    Corneliu Coposu wurde am 20.Mai 1914 als Sohn eines griechisch-katholischen Priesters im Nordwesten Rumäniens geboren. Er studierte Jura und promovierte in Rechtswissenschaften an der Universität Klausenburg. Coposu sollte später zum engen Vertrauten des Anführers der Christlich-Demokratischen und Nationalen Bauernpartei (PNŢCD), Iuliu Maniu, werden. Ihm diente er als persönlicher Sekretär. Am 14. Juli 1947 wurden Coposu und die gesamte Führung der Bauernpartei infolge einer Inszenierung der kommunistischen Regierung verhaftet. Er wurde zu lebenslänglicher Zwangsarbeit verhaftet und nach einer 17-jährigen Haft 1964 freigelassen. Davon hatte Coposu 9 Jahre in vollständiger Isolationshaft im berühmt-berüchtigten Gefängnis von Râmnicu Sărat verbracht.



    Und dennoch überlebte der Politiker das Vernichtungsregime, dem die rumänische Demokratie nach 1945 ausgesetzt worden war. Die Journalistin Lucia Hossu-Longin fragte Coposu in einem Interview 1993, ob er einen anderen Weg wählen würde, wenn er die Zeit zurückdrehen könnte.



    Nein. Ich habe mich einer Gewissensprüfung unterzogen, habe alle Leiden, das ganze Elend Revue passieren lassen, das ich während meiner Haftzeit und während meiner Verfolgung nach der Freilassung erlebt habe, und ich glaube, ich hätte keine andere Wahl gehabt. Ich würde mich mit geschlossenen Augen für dasselbe Schicksal entscheiden. Wahrscheinlich ist unser Schicksal bereits vorher besiegelt. Ich bin kein Fatalist, aber ich glaube, dass, wenn mir Alternativen vor die Augen geführt werden sollten, ich genau dieselbe Vergangenheit wählen würde, die ich erlebt habe und die ich gelassen wiederholen würde.“




    Eine Begegnung mit derartigen Menschen ist ein Privileg. Die höchste existentielle Erfahrung war das Gefängnis, für Corneliu Coposu war es die Justizvollzugsanstalt in Râmnicu Sărat.



    Das Gefängnis in Râmnicu Sărat hatte 34 Zellen, davon jeweils 16 im Erdgeschoss und im ersten Stock, die durch ein Drahtnetz voneinander getrennt waren. Dann gab es noch zwei seitliche Zellen und weitere Strafzellen im Untergeschoss. Jede Zelle war 3 Meter lang und 2 Meter breit. Sie waren wie Zellen eines Wabengebildes, nebeneinander aufgestellt. In 3 Metern Höhe war ein kleines, unzugängliches Fenster, 45×30 Zentimeter gro‎ß, mit einem Rolladen davor, das kein Tageslicht zulie‎ß. Es gab eine 15 Watt-Birne, die ununterbrochen an war und die im Inneren ein gruftartiges Licht spendete. Eine Heizung gab es nicht, der Knast stammte vom Anfang des 20. Jahrhunderts, es hatte sehr dicke Mauern. Der Komplex war von zwei Reihen von Mauern umgeben, die 5-6 Meter hoch waren, dazwischen war ein Kontrollstreifen. Entlang der zweiten Mauer waren die Wachtürme, in denen bewaffnete Soldaten standen.“




    Das totalitäre Regime betrachtete die Menschen nicht als Wesen mit Vornamen und Familiennamen, sondern als Zahlen. Corneliu Coposu erinnerte sich 1993 an sein Leben und das Leben anderer im Gefängnis.



    Jedem Gefangenen wurde eine Nummer zugewiesen, das war auch die Zellen-Nummer. Keiner hatte einen Namen, unsere Namen waren unbekannt. Wir wurden nach unserer Zellen-Nummer identifiziert. Jeder Gefangene war allein in der Zelle und jedwedes Gespräch und jedwede Beziehung zu anderen Gefangenen aus anderen Zellen war ausgeschlossen. Lange Zeit wurde durch das Morsealphabet, durch Schläge gegen die Wand kommuniziert. Dieses System flog dann auf und die Haftinsassen wurden hart bestraft. Nachher wurde durch ein Morse-Husten kommuniziert. Das war erschöpfend, insbesondere weil wir, alle Gefangene, uns in einem schwachen Zustand befanden. Ich war in der Zelle Nr. 1, über mir, in der Zelle Nr. 32, war [der Vizepräsident der Bauernpartei] Ion Mihalache. Mit diesem konnte man am Anfang noch durch das Morsealphabet kommunizieren. Nach 4-5 Jahren lie‎ß sein Hörsinn nach, er reagierte nicht mehr auf die Wand-Schläge.“




    Nach der Wende von 1989 sagte Corneliu Coposu, Rumänien müsse eine Wiedergeburt erfahren. Seiner Meinung nach brauchte dafür das Land eine Persönlichkeit, um das Selbstvertrauen wiederherzustellen. Diese Persönlichkeit war für Coposu König Michael I.



    Meine prodynastische Einstellung beruht auf meiner festen Überzeugung, dass heute in Rumänien keine andere Person die Sympathie und das Vertrauen der Mehrheit der Bevölkerung besser als König Michael polarisieren kann. Es gibt keine andere Person. Und wenn es unter unseren Politikern keine solche Person gibt, der die Mehrheit der Bevölkerung vertraut und die intern die Stabilität und extern die Glaubwürdigkeit garantieren kann, dann kehren wir zum König zurück. Für ihn war 1944 das Land das Wichtigste, er hatte eine klare antikommunistische Einstellung. Er kann ein neutraler Schlichter in der rumänischen Politik sein. Die Motivation dieser promonarchischen Einstellung ist pragmatisch. Legen wir die Sentimentalität und jedwede Romantik zur Seite. Würde es eine Person geben, die das Vertrauen der Bevölkerung und die Sympathie der Mehrheit der Rumänen polarisieren könnte, bräuchten wir keine Rückkehr zum König. Wir können aber nicht über Nacht erstrangige Persönlichkeiten bilden. Wir bräuchten dazu weitere 30-40 Jahre.“




    In 2014 jährt sich zum 100. Mal der Ausbruch des 1. Weltkriegs. Corneliu Coposu wäre dieses Jahr auch 100 Jahre alt geworden.



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