Tag: Nationalismus

  • Ausstellung: Massenkultur im Kommunismus – größtenteils ideologisch manipuliert

    Ausstellung: Massenkultur im Kommunismus – größtenteils ideologisch manipuliert

    In den 1970er und 1980er Jahren war die Kultur bekanntlich ein bedeutendes Propagandainstrument. Die Ausstellung Cultura de masă în Epoca de Aur“ (Massenkultur im Goldenen Zeitalter des Kommunismus“), die im Bukarester Museum Nicolae Minovici“ stattfindet, wird den zwei Kulturphänomenen der damaligen Zeit gewidmet: dem vom Regime anfangs tolerierten Literaturkreis Flacăra“ (Die Flamme“) und dem öffentlich geförderten nationalen Kunstwettbewerb Cântarea României“. Flacăra“ war eine kulturelle und künstlerische Bewegung, geführt vom Dichter Adrian Păunescu. Der Kunsthistoriker und Kurator der Ausstellung Cosmin Nasui kommt zu Wort mit Einzelheiten über die Ausstellung:



    Kie Kultur ging damals mit Patriotismus, Nationalismus, mit der Folklore einher. Das war zum einen Massenkultur, die sich in erster Linie an die Arbeiterklasse richtete. Sie war als Folge der kulturellen Revolution zu verstehen, die ihr vorangeht und die einigerma‎ßen die Kunst in einem sozialistischen Sinne demokratisiert, denn sie richtet sich nun nicht mehr nur an die kulturelle Elite und Intellektuelle, sondern an das Volk. In diesem Kontext möchte ich auch die ganze Infrastruktur erwähnen, die dafür gegründet wurde, damit diese Kultur auf nationaler Ebene verbreitet wird. Vor 1965 spielten der Hörfunk und die gedruckte Presse eine bedeutende Rolle, nach 1970 sprechen wir mehr von TV und Kulturheimen, später sogar Stadien, wo solche Veranstaltungen stattfanden.“




    Am Anfang schien die kulturelle und künstlerische Bewegung Flacăra“ der westeuropäischen Linie zu folgen. Mit der Zeit wurde der Literaturkreis und der Geist der siebziger Jahre von der Bewegung Cântarea României“ (Loblied an Rumänien“) aus der Öffentlichkeit verdrängt. Die letztere hat die ganze öffentliche Kunstszene allmählich monopolisiert. Der Kunsthistoriker Cosmin Năsui kommt erneut zu Wort mit Einzelheiten:



    Die Jahre von etwa 1970, 1973 bis 1977 gelten als die Zeit, in der dieser nationale Wettbewerb allen Bürgern eine Chance gab, als Künstler in verschiedenen Bereichen aufzutreten. Dann wurde dieses kulturelle Phänomen durch das gleichnamige Festival zentralisiert. Es fand jedes zweite Jahr statt und startete in kleinen Kulturheimen landesweit. Jede Institution hatte ihre eigene Volksmusikband, ihr eigenes Theaterensemble oder ihren eigenen Literaturkreis. Die Bewegung integrierte die Volkskunst in die professionelle Kunst und erreichte somit Bukarest.“




    Die Ausstellung zeigt u.a. Werke, die die Geschichte als Inspirationsquelle hatten. Die einheimischen Inspirationsquellen waren eigen für die 1980er Jahre gedacht, eine Zeit, in der Rumänien sowohl von der internationalen Kultur als auch innerhalb des Ostblocks isoliert war. Infolgedessen konnten die Künstler ihre Inspirationsquelle nur in der Vergangenheit und meistens in der gefälschten Geschichte finden. Ausstellungskurator Cosmin Năsui:



    Zum einen legt die Ausstellung den Akzent auf das Thema der Huldigungen an den kommunistischen Führer, die in der Literatur der 1980er oft vorkamen. Gro‎ße Namen der rumänischen Kunst galten als Autoren dieser Huldigungen, die einen deutlichen Beitrag zum Personenkult des Paares Ceauşescu brachten. Wir, die Forscher, sind der Ansicht, dass man diese Aspekte im Kontext der Zeit verstehen sollen, damit wir auch die Mechanismen dieser Art von Kultur besser verstehen, denn das ist Teil unserer modernen Geschichte, die noch nicht als nationale, einverleibte Geschichte gilt, sondern in der Gegenwart immer noch für Polemik sorgt.“

  • Nachrichten 30.03.2017

    Nachrichten 30.03.2017

    Rumäniens Staatschef Klaus Iohannis hat am Donnerstag beim Kongress der Europäischen Volkspartei (EVP) in der maltesischen Hauptstadt Valletta erklärt, Rumänien sei gegen ein Europa der konzentrischen Intetgrationskreise und gegen ein Europa mit mehreren Geschwindigkeiten, das zu einer Vertiefung der sozialen und wirtschaftlichen Unterschiede zwischen den EU-Mitgliedsstaaten führen könnte. Die Europäische Union befinde sich in einer komplizierten Lage, mit komplexen Krisen von höchster Intensität. Die wichtigsten Herausforderungen seien in diesem Moment die Terrorangriffe, die Migration, der Nationalismus, der Populismus, der Brexit und vor allem die Eskalation des Euroskeptizismus, so Klaus Iohannis. Ich habe die Hoffnung, dass dieser Kongress, der in Malta, dem Land, der zur Zeit die turnusmäßige EU-Ratspräsidentschaft innehat, die Kohäsion innerhalb der EU stärken wird“, sagte noch der rumänische Staatspräsident in seiner Rede beim Kongress der Europäischen Volkspartei.



    Die linksgerichtete Regierung in Bukarest bereitet ein Memorandum über die Auswirkungen des Brexits auf Rumänien vor, sagte die Vizepremierministerin Sevil Shhaideh am Donnerstag. Sie erklärte, jeder Minister analysiere seit einer Woche den Impakt des EU-Austritts Großbritanniens. Das Memorandum werde in zwei Wochen vorgelegt und werde Maßnahmen, die nach dem Brexit getroffen werden müssen, enthalten. Die Exekutive in London legte am Donnerstag ein Plan vor, wie die EU-Normen ins nationale Recht übernommen werden können. EU-Ratspräsident Donald Tusk gab bekannt, er werde am Freitag einen Vorschlag mit den Hauptrichtungen des Verhandlungsprozesses präsentieren.



    Der britische Thronfolger Prinz Charles, der einen Rumänienbesuch unternimmt, ist am Donnerstag mit dem rumänischen Premierminister, Sorin Grindeanu, zusammengekommen. Themen der Gespräche waren die bilateralen Beziehungen, vor allem im militärischen und politischen Bereich, die Außenpolitik und die Situation der rumänischen Gemeinde in Großbritannien. Ebenfalls am Donnerstag traf Prinz Charles mit dem Patriarchen der Rumänischen Orthodoxen Kirche, Daniel, zusammen, und besuchte das Dorfmuseum in Bukarest. Am Mittwoch hatte der rumänische Staatspräsident, Klaus Iohannis, dem britischen Thronfolgers, Prinz Charles, den Nationalorden Stern von Rumänien im Großkreuz-Rang, die höchste Auszeichnung der Republik Rumänien, verliehen. In den letzten 20 Jahren war Prinz Charles oft in Rumänien, dies ist erst sein zweiter offizieller Besuch. Prinz Charles gründete in Rumänien seine eigene Stiftung, mit dem Zweck, die Pflege des Kulturerbes und die nachhaltige Entwicklung zu unterstützen. Prinz Charles hat eine Vorliebe für die mittelalterliche sächsische Architektur in Siebenbürgen und besitzt auch einige Häuser in Rumänien. Während seines Besuches erklärte der britische Thronfolger, er versuchte in den letzten 20 Jahren, seit er Rumänien regelmäßig besucht, den Rumänen zu helfen, sich immer wieder an die Einzigartigkeit ihrer Kultur, an ihr Architekturerbe und besonders an ihr Potential in der heutigen Welt zu erinnern. Prinz Charles hat am Mittwoch in Bukarest einen Kranz am Denkmal des unbekannten Soldaten niedergelegt.



    Das europäische Unternehmen Airbus Helicopters und das rumänische Unternehmen IAR Ghimbav haben am Donnerstag einen Vertrag für die Herstellung des Hubschraubers H 215 in Ghimbav unterzeichnet. Zur Zeit wird das Modell in Frankreich hergestellt, aber das europäische Unetrnehmen will die ganze Produktion nach Ghimbav übertragen. Die Investition in Ghimbav beziffert sich auf 50 Millionen Euro; dadurch werden 350 Arbeitsplätze entstehen. In der Fabrik werden jährlich 15 Hubschrauber gebaut. Ebenfalls am Donnerstag kamen die Vertreter des europäischen Unternehmens mit dem rumänischen Premierminister Sorin Grindeanu und dem Wirtschaftsminister zusammen. An den Gesprächen beteiligte sich auch Olivier Michalon, der erste Vizepräsident von Airbus Helicopters für Europa. Am Mittwoch waren der rumänische Ministerpräsident und der Wirtschaftsminister mit den Vertretern der US-Unternehmen Bell Helicopters und Boeing zusammengekommen.



    Zwei rumänische Spielfilme, ”Doar o răsuflare” Nur ein Atemzug, von Monica Lăzurean-Gorgan, und ”Câini” Hunde von Bogdan Mirică, sind beim Filmfestival LETS CEE in Wien mit Preisen ausgezeichnet worden. Der Streifen ”Doar o răsuflare” Nur ein Atemzug, von Monica Lăzurean-Gorgan, wurde bester Film im Dokumentarfilm-Wettbewerb und das Soziale Drama ”Câini” Hunde von Bogdan Mirică erhielt eine Lobende Erwähnung in der Abteilung Promising Debuts. Bei der 5. Auflage des Internatinonalen Filmfestival LETS CEE in Wien, das vom 21. bis 27. März stattgefunden hat, wurden 17 rumänische Produktionen und Koproduktionen vorgeführt – 7 Streifen im Festival-Wettbewerb und 10 Filme in der Sonderabteilung Fokus Rumänien.

  • Der umstrittene rumänische Philosoph Nae Ionescu

    Der umstrittene rumänische Philosoph Nae Ionescu

    Die starken Persönlichkeiten sind gewöhnlich Meinungsbildner, sie sind kontrovers und einflussreich. In Rumänien war in der Zwischenkriegszeit der Philosoph, Logiker und Professor Nae Ionescu eine der umstrittensten Persönlichkeiten im rumänischen Kulturleben. Er war ein Theoretiker des rumänischen Nationalismus und des Antisemitismus. Er gehörte der philosophischen Strömung des Existentialismus an. Nae Ionescu war Leiter der Zeitschrift Cuvântul“ (Das Wort“). Er hat einige der wichtigsten Intellektuellen Rumäniens in der Zwischenkriegszeit beeinflusst: Mircea Eliade, Mircea Vulcănescu, Mihail Sebastian, Emil Cioran. Er wurde auch in der Politik aktiv, unterstützte König Karl II., wurde dann aber zum Mentor der Eisernen Garde.



    Nae Ionescu wurde 1890 in Brăila geboren. Bis 1912 studierte er an der Bukarester Universität und wurde dann Gymnasiallehrer. In seiner Jugend war er ein Sozialist, wechselte dann zum italienischen Faschismus. In den 1920er und -30er Jahren wurde er dem Publikum bekannt. In dieser Periode veröffentlichte er auch viel. Nae Ionescu äu‎ßerte sich gegen die Tradition der akademischen und offiziellen Kultur in Rumänien. Sowohl von den Rechten als auch von der Linke wurde er widersprüchlich eingeschätzt. Der Historiker Florin Müller von der Bukarester Geschichts-Fakultät dazu:



    Er wurde von Mircea Eliade gepriesen, aber auch von der marxistischen Linke oder von rationalistischen Intellektuellen wie Tudor Vianu, Şerban Cioculescu und Mihail Ralea scharf kritisiert. Für Eliade war Ionescu ein philosophisches Hirn, ein echter reflexiver Geist, der sich der Philosophie des Lehrstuhls widersetzte. Ohne populär zu sein, war Nae Ionescu immer auf der Seite der schöpferischen, dynamischen und heldenhaften Elemente. Für Mihail Sebastian, ein enger rumänisch-jüdischer Mitarbeiter von Nae Ionescu bei der Zeitschrift »Cuvântul«, war der Philosoph ein echter Gewissensleiter. Ionescu hatte die Befreiung der schöpferischen Energien der jungen Intellektuellen erlaubt. Die linken Intellektuellen und die Rationalisten sowie die Akademiker hatten ein anderes Bild von Nae Ionescu. Lucreţiu Pătrăşcanu, ein radikaler Kommunist, sah in Ionescu ein typisches Beispiel der Degeneration der rumänischen Intellektuellen. Ionescu verforme das Denken und fördere die peinlichste nationalistische und antisemitische Politik, so die Auffassung Pătrăşcanus. Es gab auch Anhänger der radikalen Rechten wie Nichifor Crainic, die der Ansicht waren, dass Nae Ionescu sich unlauterer Mittel bedient habe, um Leiter der Zeitung »Cuvântul« zu werden.“




    Nae Ionescu wurde auch als Plagiator enttarnt, so der Historiker Florin Müller:



    Zevedei Barbu hat unter anderen die Filiationen, das knappe Plagiat von Nae Ionescu nach Werken einiger westlicher Denker wie Spengler bemerkt und analysiert. Barbu hat bemerkt, dass einige Themen und Absätze, sogar einige Ausdrücke und Beispiele abgeschrieben wurden. Max Scheler ist ein anderer Autor, von dem Nae Ionescu fast betrügerisch abkupfert. Wenn wir uns das Ganze nach heutigen technischen Kriterien ansehen, werden wir bemerken, dass Nae Ionescu ein ziemlich sichtbares Plagiat praktiziert hat. Es hat praktisch nichts Akademisches in sich und diesem Unterfangen sollte komplett mit Ablehnung begegnet werden. Zugleich war für Nae Ionescu wichtig, dass diese Ideen, Konzepte und spirituelle Konfiguration in die intime Struktur seines eigenen Schöpfens eindringen. Nur dann konnte man von einer Verinnerlichung sprechen und von einem legitimen Transfer in das Gewissen anderer. Nae Ionescu befindet sich in einer Zone der parallelen Spiegel. Er wurde als Gewissens-Schöpfer betrachtet, aber auch als Mentorgeist des Nationalismus, Antisemitismus und als anti-demokratisch angesehen.“




    Das Denken von Ionescu war nicht linear. Historische Ereignisse haben, wie auch in anderen Fällen, Meinungen und politische Einstellungen beeinflusst. Der Historiker Florin Müller:



    Welcher ist eigentlich der Grundriss des politischen Denkens des Theoretikers und des Philosophen in der Periode 1924 bis 1940, dem Jahr seines Todes? Das Denken von Nae Ionescu umfasst drei wichtige Etappen. In einer ersten Etappe versucht er ein Modell der Massen-Demokratie, das die Wurzeln auf dem Lande hat, aufzubauen. Die zweite Etappe sieht die Begründung der Monarchie von Gottes Gnaden, eine peripherische Theorie im rumänischen politischen Denken, vor. Diese gehört eher dem Mittelalter als der Modernität an. Die letzte Etappe beginnt 1933 und umfasst das totalitäre, kollektivistische und sogar krypto-sozialistische Modell der Eisernen Garde. Warum die drei Etappen wichtig sind? Weil man den Antisemitismus in unterschiedlicher Form in allen drei Etappen wiederfindet.“




    Nae Ionescu ist 1940 unten ungeklärten Umständen gestorben, was zu vielen Gerüchten und zum Entstehen eines Mythos rund um den Philosophen beitrug. Seine starke Persönlichkeit hat auch in den folgenden Jahrzehnten polarisiert: Manche waren von ihm fasziniert, andere verabscheuten ihn.



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