Tag: neurumänischer Stil

  • Schloss Cantacuzino in Buşteni: ein Juwel der neurumänischen Architektur

    Schloss Cantacuzino in Buşteni: ein Juwel der neurumänischen Architektur

    Eines der berühmten Schlösser Rumäniens, das Touristen aus ganz Europa anzieht, ist das Schloss Cantacuzino im Ferienort Buşteni. Das Gebäude, dessen Bau 1911 fertiggestellt wurde, wurde auf Wunsch des Prinzen Gheorghe Grigore Cantacuzino vom Architekten Grigore Cerchez entworfen. Es ist im neurumänischen Stil erbaut; die Gesamtfläche beträgt über 3.000 Quadratmeter und der Garten erstreckt sich über 60.000 qm. Das Schloss ist von einem Park mit zahlreichen Alleen umgeben, die zu einer Wasserfallgrotte und Springbrunnen führen. Im zentralen Pavillon befindet sich eine Sammlung einzigartiger rumänischer Heraldik, die die mit der Familie Cantacuzino verbündeten Familien darstellt, sowie Porträts der Familienmitglieder. Die Geschichte des Schlosses fasst in die PR-Beauftragte Diana Pârvulescu zusammen:



    Das Schloss liegt auf dem ehemaligen Grundstück eines Jagdhauses, das ebenfalls im Besitz der Familie Cantacuzino stand. Der Architekt des Schlosses, Grigore Cerchez, hat ebenfalls das Gebäude der Architekturuniversität in Bukarest entworfen. Das Schloss ist ein Wunder der Architektur aus gemei‎ßeltem Stein im neurumänischen Stil.“




    Ein touristischer Anziehungspunkt stellen auch die Skulpturen, dich sich seit 2018 im Park des Schlosses Cantacuzino befinden. Unsere Gesprächspartnerin kommt erneut zu Wort mit Einzelheiten:



    Derzeit gibt es über 30 Skulpturen im Hof des Schlosses. Die Gäste können auch den Innenhof mit dem Jagdturm bewundern und aus diesem Punkt kann man einen herrlichen Rundblick auf die Berge genie‎ßen. Ein Rundgang durch das Schloss beginnt natürlich im Erdgeschoss, wo die Familie Cantacuzino damals ihre Freunde zu Soireen und anderen Abendveranstaltungen einlud. Sogar der berühmte Komponist George Enescu ist auf der Bühne des kleinen Ballsaales im Schloss Cantacuzino aufgetreten. Ein Rundgang durch das Schloss dauert 35 Minuten und wir bieten auf Anfrage auch Rundgänge auf Englisch und Französisch. Die ehemaligen Schlafzimmer der Familie Cantacuzino wurden 2015 in eine Kunstgalerie umgewandelt. Während des Kommunismus wurden die ursprünglichen Möbel entfernt und ein Teil der Innenwände übermalt.“




    Nicht nur die beeindruckende Architektur, sondern auch der herrliche Blick auf die Berge Bucegi von der Terrasse des Schlosses faszinieren die Gäste, sagt unsere Gesprächspartnerin Diana Pârvulescu:



    Besonders beeindruckend finden unsere Gäste auch den Ballsaal, dort haben alle Fenster Buntglasfesnter und es gibt auch eine in Rumänien einzigartige Heraldik-Sammlung. Das weckt die Neugier unserer Gäste über das Leben von Grigore Cantacuzino. Der Prinz Grigore Cantacuzino wollte die Allee zum Schloss mit Silbermünzen bedecken, um sein Vermögen offenbar zu zeigen. Er war als der Nabob bekannt, weil er über ein riesengro‎ßes Vermögen verfügte. Er hat neben diesem Schloss auch den Palast Cantacuzino auf der Siegesstra‎ße in Bukarest besessen, heute ist es das Museum »George Enescu« sowie, den Palast in Floreşti, der jetzt leider in Ruinen liegt.“




    Das Schloss in Buşteni gehörte der Familie Cantacuzino bis zur Zwangsverstaatlichung 1948, als es zum Präventivzentrum des Innenministeriums wurde. Nach 1989 wurde das Schloss an die Nachkommen der Familie Cantacuzino zurückgegeben, die es 2004 an private Investoren verkauften.

  • Zur Entwicklung der Bukarester Stadtarchitektur: Jugendstil leitete Moderne ein

    Zur Entwicklung der Bukarester Stadtarchitektur: Jugendstil leitete Moderne ein

    In der Modernisierung spielt aber nicht nur die rumänische Hauptstadt eine Rolle, sondern auch der Rest des Landes — eine Residenzstadt wächst nämlich niemals von alleine. Also ist Bukarest die Synthese der allgemeinen städtischen Entwicklung in Rumänien, mit Einflüssen aus der westlichen Architektur, die mit der Moderne gleichgesetzt wurden, aber auch mit Wurzeln in der traditionellen rumänischen Baukunst.



    Bukarest hat in der Zwischenkriegszeit seine bedeutendste Verwandlung erfahren, während der Herrscherzeit Karls II., also zwischen 1930 und 1940. Sorin Vasilescu ist Professor an der Bukarester Universität für Architektur und Stadtplanung Ion Mincu“. Er berichtet, die Architektur der Zwischenkriegszeit sei in Bukarest stets in enger Verbindung mit dem Königshaus gewesen.



    Wenn es um die rumänische Architektur der Zwischenkriegszeit geht, können wir eigentlich nur von der königlichen Architektur reden. Auch für Bukarest gibt es eine Phase Karls I., eine Phase, die der Herrscherzeit von Ferdinand I. zugeordnet werden kann, und die unglaubliche Phase Karls II., der dem damaligen Bürgermeister träumerisch sagte, er wollte von der Stadt aus das Meer sehen. Es war keine uninteressante Idee, er wollte eigentlich vom Königspalast bis auf den Hauptboulevard sehen können, die Aussicht war ihm damals von den Königlichen Stiftungen versperrt. Er wollte sie verschwinden sehen. Das Unterfangen, das zum heutigen Gesamtbild des Palast-Platzes geführt hat, wurde unter seiner Aufsicht abgeschlossen, dadurch wurde der Platz völlig verändert. Links und rechts von den Königlichen Stiftungen, der aktuellen Zentralen Universitätsbibliothek, standen zwei wichtige Gebäude. In einem hatte der Rumänische Jockey-Club den Sitz, und das Innenministerium, das ehemalige Zentralkomitee der Kommunistischen Partei, war hinter einem Gebäude verborgen, praktisch auf einem anderen Platz. Dieser Platz wurde erweitert und, wie bei jeder lobenswerten und umstrittenen Architektur-Aktion, entstand dort eines der Jugendstil-Wunder der Stadt, das Meisterwerk von Daniel Renard und Téophile Bradeau, das Athénée-Palace-Hotel.“




    Den stärksten Einfluss auf die Bukarester Architektur hatte der Jugendstil. Vertreten sind ferner auch die sogenannte Staatsarchtitektur“, die faschistische Architektur aus Italien, und gegen Ende der 1920er und in den 1930ern der nordamerikanische Art-Noveau-Stil. In der rumänischen Architektur hat der Jugendstil aber die Moderne eingeleitet, wei‎ß Sorin Vasilescu.



    Der glänzende Jugendstil hier kann in mehrere Kategorien eingeteilt werden. Es gibt ein französischer Art Noveau von französischen Architekten, ein französischer Art Noveau von rumänischen Architekten, einen siebenbürgischen Jugendstil ungarischer Architekten der Ödön-Lechner-Schule, die ihrerseits in der Wiener Secession ihren Ursprung hatte. Für Rumänien gab es vielfache Inspirationsquellen. Für das Alte Königreich ist der Jugendstil der Übergang von einer Welt zur anderen, ein Schnitt der Nabelschnur zwischen der Moderne und dem Historismus. Der italienische Kunsthistoriker Giulio Carlo Argan hatte also nicht umsonst gesagt, dass die erste Form der Moderne der Jugendstil war. Unser Jugendstil, egal ob wir ihn als Ur-Art-Nouveau bezeichnen, wie etwa den neorumänischen Stil, oder ob wir vom Sezessionsstil sprechen, wenn es um Siebenbürgen, das Banat und die Bukowina geht — damit meinen wir immer ein und denselben Baustil. Es war der erste Moment, in dem wir den Anschluss geschafft hatten, in dem unsere Architektur nicht mehr minderwertig und abgekupfert war und die Baukunst im Westen nicht mehr überlegen war.“




    Der Einfluss der Tradition war nicht weniger wichtig, als in der Bukarester Architektur ein moderner rumänischer Stil entstand. Das sei der neurumänische Stil gewesen, erklärt Sorin Vasilescu.



    Unser junge Art Nouveau, der mit Ion Mincus Namen stark in Verbindung steht, ist ein Stil gewesen, der mit den ganzen Invarianzen und den spezifischen Stilelementen durch Grundformen in die Geschichte unserer Architektur eingegangen ist. Das bedeutet nicht, dass wir jemals die westliche Architektur geprägt hätten, aber mit dem Gespür eines Jagdhundes ist es unseren Architekten kategorisch gelungen, die Realität jener Zeit zu erfassen, den stilistischen Werdegang der Epoche, das, was in der Architektur geschah, und die Art und Weise, in der die traditionellen Elemente in eine unterschiedliche Sprache übersetzt werden konnten. Würde man die Tradition literweise messen, so würde man bei der Moderne ein Meterma‎ß nehmen. Wir sehen uns also mit unterschiedlichen Ma‎ßeinheiten konfrontiert, die nicht vollständig ineinanderflie‎ßen können. Aber der Versuch unserer Architekten, eine Identität zu finden, ist ein Element, das bereits seit der Brâncoveanu-Zeit pulsiert. Die Werte des neuen rumänischen Stils verarbeiten und verändern die Skala nicht zufällig. Die Skala der gro‎ßen, raffinierten Elemente der Brâncoveanu-Zeit bekleidet orientalische Werte in westlicher Planimetrie und Kompositionsgrundsätzen. Das ist die Quelle der ersten Form rumänischer Moderne. Man muss nur durch Bukarest spazieren und die neorumänischen Werke von Petre Antonescu sehen. Sie waren beeindruckend, stie‎ßen aber auch auf Kritik, weil sie die traditionelle Werteskala auf den Kopf stellten. Doch die Wenigsten waren darauf gekommen, dass die veränderte Skala im Baustil von Petre Antonescu auch auf die vor genau 100 Jahren verdoppelte Bevölkerungsskala Rumäniens zurückzuführen war. Ein Bürgermeisteramt für 8 Millionen Einwohner hatte eine Verwaltung von einer gewissen Grö‎ße, aber eines für 18 Millionen Einwohner, die rumänische Bevölkerung vor 100 Jahren nach der Vereinigung, ist von einer ganz anderen Grö‎ßenordnung.“




    Die Architektur in Bukarest erreichte in der Zwischenkriegszeit ein Höchstma‎ß an Integration westlicher Ideen und an Innovation. Trotz der eher unglücklichen Veränderungen nach 1945 trägt die rumänische Hauptstadt noch die Handschrift der Architekten aus der Zeit der Monarchie.