Tag: Notfallmedizin

  • Wegen Sparzwangs springen Freiwillige auch im Rettungsdienst ein

    Wegen Sparzwangs springen Freiwillige auch im Rettungsdienst ein

    In der Notfallmedizin kommt es auf jede Sekunde an und es gibt wenige Fachbereiche, wo der Personalmangel solch katastrophale Folgen haben kann. Als die Finanz- und spätere Staatsschuldenkrise Rumänien in den Jahren 2010-2011 erreichte, reagierte die Politik mit Sparma‎ßnahmen und der Bukarester Rettungsdienst sah sich in der Folgezeit vor gro‎ße Schwierigkeiten gestellt. Das war der Hintergrund, vor dem Dr. Cristian Grasu den Freiwilligendienst aufbaute.



    Es war damals die schiere Not, die uns dazu geführt hat, aber dann habe ich mich stark emotional auch dank der Freiwilligen engagiert. Am Anfang war der Gedanke, wie wir den Personalmangel in Bukarest und Ilfov überbrücken können — die Regel im öffentlichen Dienst war damals, dass eine Stelle nur dann frei wurde, wenn sieben Beschäftigte den Dienst verlassen. Wir waren also dazu gezwungen, mit Freiwilligen zu arbeiten. Wir waren nach geltenden Vorschriften gehalten, den jeweiligen Patienten in Bukarest innerhalb von 15 Minuten und in Ilfov in unter 20 Minuten zu erreichen, und die Personalressourcen reichten nur für 90 Prozent dieser Leistung aus — also mussten wir auf Freiwillige setzen.“



    Dr. Cristian Grasu baute das Programm auf eine sehr funktionale Weise auf, erzählt er:



    Wir arbeiten sehr einfach. Bei der Fahrdienstleitung des Rettungsdienstes haben wir eine Schnittstelle und eine Softwareanwendung eingerichtet. Wenn ein Notruf kommt und Alarmstufe Gelb oder Rot gilt, wird die Meldung an die Anwendung weitergegeben und das System sucht im Opferumkreis von 1000 Metern nach verfügbaren Freiwilligen. An diese ergeht dann eine Meldung über den Vorfall. Von da an geht es demokratisch zu — die Freiwilligen sind gut vorbereitet, sie entscheiden selbst, ob sie den Fall übernehmen oder nicht.“




    Das Programm besteht seit vier Jahren und innerhalb dieses Zeitraums wurden über 5000 Vereinbarungen mit Freiwilligen abgeschlossen — und je mehr es sind, desto mehr Chancen haben Patienten, dass im Notfall Hilfe sehr schnell da ist. Und das Programm steht kurz davor, auf das ganze Land erweitert zu werden. Die Hardwareteile sind gekauft, die Sicherheitsstandards umgesetzt worden — jetzt fehlt nur die Finanzierung, um die mobile Anwendung mit den aktuellen Fassungen der mobilen Betriebssysteme Android und iOS vereinbar zu gestalten. Hinter den vielen technischen Details stecken aber natürlich Menschen und ihre persönliche Geschichten, sagt Dr. Cristian Grasu.



    Eine sehr beeindruckende Story, für mich persönlich zumindest, war eine Begegnung vor zwei Jahren in Poiana Braşov bei dem Jahreskongress der Notfallmediziner: zwischen dem Freiwilligen Mihai Moldoveanu und dem Mann, den er gerettet hat. Das Herz des fast 50-jährigen Patienten hatte versagt, Mihai war als erster am Ort und begann sofort mit der Wiederbelebung und das Herz des Patienten schlug wieder, als die Profi-Mediziner eintrafen. Die beiden verbindet sozusagen eine Freundschaft fürs Leben. Es kommt oft dazu, dass Freiwillige das eine oder das andere Schicksal verändern“, erinnert sich Dr. Grasu.




    Für viele Freiwillige war das Programm ein Neustart im eigenen Leben. Sie verzichteten auf die damaligen Berufe, lernten um auf Pfleger oder Assistenzarzt oder begannen sogar ein Medizinstudium an der Uni. Sie fühlten einfach, dass ihre neue Existenz mehr Sinn macht. Und manchmal sind die Freiwilligen sogar schneller an der Stelle, als das System vom Vorfall erfährt, erzählt der Freiwillige Alexandru Andraşi, der auch die Freiwilligen Rettungsdienste in Bukarest leitet:



    Ich war unten in der U-Bahn am Universitätsplatz in Bukarest, eine Person war gestürzt, sie war in Herz- und Atemstillstand. Eine Menschenmenge stand da, ich bahnte mir einen Weg durch die Menge und begann nach Protokoll mit der Wiederbelebung. Ich habe dann die Notrufnummer 112 angerufen — und dann meldete mir auch die App auf meinem Smartphone den Vorfall.“




    Andraşis Beispiel beweist einmal wieder, dass in diesem Beruf einige Sekunden den Unterschied machen können — zwischen Leben und Tod.

  • Notfallmedizin in Rumänien: Spitzenleistung bei unausreichender Ausstattung

    Notfallmedizin in Rumänien: Spitzenleistung bei unausreichender Ausstattung

    Rumänien ist ganz nah an dem Gipfel der Notmedizin in Europa“ war eine der Schlussfolgerungen der ersten Auflage des Mehrbereichskongresses für Notmedizin. Dieser fand im Zeitraum 26.-28. Juni in Klausenburg statt. Die Erklärung ist darauf zurückzuführen, dass es nur fünf europäische Länder gibt, die dieses Sonderfach haben, mit fünfjähriger Ausbildung als Assistenzarzt an der Medizinfakultät.



    In Rumänien wurde ein landesweites Programm zur Ausstattung der Notaufnahmen und der Notdienstwagen umgesetzt, was zur Schaffung eines guten Standards für die Arztpraxis geführt hat. Zu den bestehenden Problemen des Systems zählten die damaligen Teilnehmer an dem Kongress die Tatsache auf, dass zu wenige rumänische Krankenhäuser über alle Spezialisierungen verfügen. Somit werden Patienten in kritischem Zustand von einem Gebäude zum anderen befördert, was für die Kranken sicherlich schwer verständlich ist.



    Eine weitere gute Nachricht für die Notmedizin ist die Information, dass das Gesundheitsministerium diesen Herbst bei der Haushaltsanpassung den Notdiensten zusätzliche Gelder zuweisen wird. Die Beträge sollen für die Freigabe von Stellen und für die Beförderung des bereits eingestellten Personals, für Investitionen in Infrastruktur und für Reparaturen des Fuhrparks genutzt werden. Darüber hinaus hat das Gesundheitsministerium die Ausschreibung von 160 Stellen im Rahmen der Notdienste genehmigt. Dieser Prozess soll fortgeführt werden.



    Alexandra Tănase ist freiwillige Helferin beim Notdienst Bukarest-Ilfov. Sie arbeitet seit zwei Jahren auf dem Krankenwagen und möchte ihre Erfahrung mit uns teilen:



    Mit der Zeit stelle ich Verbesserungen fest. Die Koordinatoren setzen sich ein, damit wir so viel Komfort wie möglich genie‎ßen, damit wir unseren Beruf so gut wie möglich ausüben können. Der Notdienst verfügt über drei Typen von Krankenwagen. Es sind Krankenwagen des Typs A, nur mit Krankenwagenfahrer, der sich um die Beförderung der Patienten kümmert. Dann gibt es jene des Typs B, die einen Assistenten, einen Krankenwagenfahrer und ggf. einen freiwilligen Helfer haben. Die Krankenwagen des Typs C haben einen Assistenten und einen Arzt, einen Krankenwagenfahrer und ggf. einen freiwilligen Helfer. Abhängig von dem Schweregrad des Falls werden z.B. im Falle von Herz-Lungen-Versagen oder eines Unfalls die Krankenwagen des Typs C ausgesendet. Je schwerer der Fall ist, desto kompetenter muss die entsandte Mannschaft sein. Für gängige Probleme werden Mannschaften des Typs B ausgesendet. Falls diese vor Ort Probleme haben oder Verstärkung benötigen, rufen sie eine Mannschaft des Typs C.“




    Da eines der angesprochenen Probleme beim Mehrbereichskongress für Notmedizin die Tatsache war, dass zu wenige rumänische Krankenhäuser über alle Spezialisierungen verfügen, haben wir Alexandra Tănase gefragt, welche Verfahrensweise befolgt wird, abhängig von der das Krankenwagenpersonal entscheidet, in welches Krankenhaus ein Patient eingeliefert werden soll:



    Wir kommunizieren über Funk. Abhängig von dem Patientenzustand fordern wir Einweisung an, in welches Krankenhaus der betreffende Patient eingeliefert werden soll. Oder wir liefern ihn ins nächstgelegene Krankenhaus ein. Wir hatten einen Fall mit einem Patienten in Dekompensation. Obwohl deutlich war, dass wir ihn in ein bestimmtes Krankenhaus einliefern mussten, beschlossen wir, für die Sicherheit des Patienten ihn in das nächstgelegene Krankenhaus einzuliefern.“




    Aus ihrer Praxis wei‎ß Alexandra, dass, obwohl es viele Notfälle gibt, jedem Patienten die Dienstleistungen geboten werden, die er braucht, auch wenn er vielleicht länger warten muss. Welche weiteren Verbesserungen sind noch notwendig? Alexandra Tănase:



    Die Modernisierung der Krankenwagen, die Erhöhung der Krankenwagenanzahl und die Aufstockung des Personals. Eindeutig haben wir hier ein Problem. Auch die Einbeziehung der Bürger spielt eine Rolle, denn es ist wichtig, wie die Leute in den ersten Minuten regieren, nachdem sich ein Unfall ereignet. Es gibt ein landesweites Programm mit dem Namen »Jedermann ist ein Held«, denn jeder von uns kann helfen, wenn er das Richtige tut. Die ersten Minuten nach einem Unfall oder nach einem Trauma sind lebenswichtig für den Patienten.“




    Was die Ausstattung angeht, da gibt es auch Verbesserungen. Z.B. soll das Kreisnotkrankenhaus Sf. Ioan cel Nou“ in Suceava einen Tomografierechner neuester Generation mit Finanzierung von dem Gesundheitsministerium und von dem Kreisrat erhalten. Au‎ßerdem wurde der schon seit 2007 bestehende Fuhrpark des Kreisnotdienstes Brăila mit der Unterstützung des Gesundheitsministeriums erneuert. Es wurden drei neue Krankenwagen des Typs B erworben und es gibt Versprechen, dass das Programm fortgesetzt wird.